Listen sind schon was Tolles. Man kann sie als Tipps verwerten, man kann sich über den Geschmack des Listenerstellers amüsieren, man kann wie ein Detektiv Rückschlüsse auf sein Leben, auf die Kultur, der er entstammt, versuchen zu ziehen. Ich hab immer schon gerne Listen gemacht und gelesen. Ich liebe Top-Ten-Listen, und so manch gute CD, manch gutes Buch wurde mir durch Listen bekannt …
Kommen wir zu Frédéric Beigbeder. In seinem Bändchen Letzte Inventur vor dem Ausverkauf stellt er uns “die fünfzig besten Bücher des 20. Jahrhunderts vor”. “Hach”, hab ich mir gedacht, “eine Liste dieses Kultautors muss eigentlich jede Mange Stoff für mich abgeben.” Doch weit gefehlt, denn es handelt sich bei dieser Top 50 um das Ergebis einer Befragung, die 1999 von Le Monde veranstaltet wurde. Beigbeder hat diese Liste also nicht erstellt. Doch es kommt noch ärger. Das, was uns der liebe Autor zu einzelnen Büchern der Top 50 zu sagen hat, ist doch stellenweise etwas sehr tief. So unterschätze ich persönlich zwar nicht den Unterhaltungswert einer Agatha Christie, aber Beigbeder geht zu weit:
Unter den sechundsechzig Romenen der nach Shakespeare meistgelesenen Autorin der Welt (zweieinhalb Milliarden verkaufte Exemplare) hätten die sechstausend Teilnehmer an unserer Abstimmung auch “Sechs kleine Negerlein”, “Tod auf dem Nil” oder “Mord im Orientexpress” wählen können, aber nein, das wäre zu einfach gewesen. Deshalb haben sie sich für “Alibi” entschieden, ein Muster an Bosheit und eine wahre erzählerische Meisterleistung.
Wenn man bedenkt, dass unter den Top 50 kein Musil zu finden ist, dann kann man diesen Lobgesang auf Agatha Christie nur als Scherz empfinden.