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Archiv - 2020

broadwayworld.com: Es wird nur einen Sieger geben …

Das Corona-Jahr 2020 war bisher schon an Absurditäten nicht zu übertreffen. Auf ein paar davon komme ich noch im Zuge einer »Rezension« (die keine sein wird) der in diesem Jahr veröffentlichten »Wildhorn & Friends: Live in Vienna«-DVD demnächst zu sprechen. Den Vogel abgeschossen hat am Sektor Musical bzw. Theater aber nun der Österreich-Ableger von broadwayworld.com. In einer Umfrage, die die besten Leistungen am Theatersektor der letzten Dekade abfragen will, ist die Auswahl mitunter derart gelenkt und absurd, dass der Ausgang der Wahl wohl auch ohne Wahl klar ist. Nur ein Beispiel: In der Kategorie »Set Design of the Decade« (und hier wären an sich Sprech- und Musiktheater gemeint) kann man von drei vorgeschlagenen VBW-Produktionen (»Schikaneder«, »Cats« oder »Tanz der Vampire«) eine wählen oder eben nichts (siehe Screenshot hier). Das heißt: Der Sieger heißt in jedem Fall: Vereinigte Bühnen Wien. Im Vorjahr war der Ausgang dieser Awards der rührigen VBW-Pressedame eine Pressemeldung wert. Heuer wird es wohl nicht anders sein. Ernst zu nehmen ist das jedoch nicht.

Richard Barrios: »West Side Story«

west-side-story.jpgDas vorliegende Buch ist nicht zuletzt aufgrund eines Ereignisses entstanden, das am 18. Dezember 2020 in den USA und bereits am 17. Dezember in Deutschland stattfinden soll. Wenn die Pandemie es zulässt, wird an diesen Tagen die Neuverfilmung der »West Side Story« Steven Spielberg (Regie) und Tony Kushner (Drehbuch) die Lichtspieltheater erreichen. Das Ganze wird anders ablaufen als gewohnt. Noch kann man zum Beispiel nicht abschätzen, welche Teile der USA tatsächlich »bespielt« werden können. In Anspielung auf den Begriff Cinemascope haben US-Medien lakonisch den Begriff Coronascope geprägt. Spielbergs Film ist nun nicht einfach einer von mehreren programmierten Blockbuster-Hits der Weihnachtszeit, die Medien reihen ihn in die Gruppe jener Streifen ein, die in der Lage sein könnten, »Hollywood [finanziell] zu retten«. Die Dreharbeiten konnte das Coronavirus zumindest nicht beeinflussen, die waren im Oktober 2019 abgeschlossen. Die Message, mit der Spielberg den Film ins Rennen um die Zuschauergunst und die Oscars schickt, ist formuliert: »This story is not only a product of its time, but that time has returned, and it’s returned with a kind of social fury. I really wanted to tell that Puerto Rican, Nuyorican experience of basically the migration to this country and the struggle to make a living, and to have children, and to battle against the obstacles of xenophobia and racial prejudice.« Das Branchenblatt »Variety« sagt für die »West Side Story« derzeit mögliche Oscarnominierungen in neun Kategorien voraus, was auch immer man von solchen frühen Prognosen halten mag. Was feststeht, sind die Daten des Originals aus dem Jahr 1961: Der Film lief buchstäblich jahrelang in den Kinos, brachte 44 Millionen Dollar Einspielergebnis und zehn Oscars. Leicht wird es die Neuverfilmung nicht haben, denn am 18. Dezember starten auch: »Coming 2 America« (Eddie Murphy), »Dune« (Timothà©e Chalamet) und vor allem: »The Father« mit Anthony Hopkins und Olivia Colman, laut »Variety« ein heißer Kandidat für eine Vielzahl an Oscarnominierungen.
Richard Barrios widmet der Neuverfilmung in seinem Buch zwar nur wenige Seiten, bietet aber interessante Überlegungen, etwa, was die erste Verfilmung so einzigartig macht und eine Neuverfilmung nie erreichen kann: »In 1961, West Side Story was, for all but those who had seen the show, an unknown quantity. Perhaps they knew the music, but there were many millions of people who went to see it and were all but unprepared. What did those audiences feel? The film was so immediate and audacious that its impact was probably like that legendary early movie screening when the spectators in the first rows leaped from their seats to avoid being run down by the train they saw barreling toward the camera. With the poetry and tragedy of the love story, the emotional and physical violence of the conflict, and the constant momentum of the music and dance, this was new, all new. An audience seeing West Side Story in 2020 is carrying far different baggage, both going to the movie theater and then departing it. For one thing, the basic material is far more familiar than it was when the first film opened; everyone, essentially, knows West Side Story now. And, among the millions who know and love the original film, apprehension and suspicion about a new version are likely.« Kein Wunder, dass der Drehbuchautor der Neuverfilmung Tony Kushner schon im Vorfeld meinte: »Regardless of merit or quality, a film can be remade, but it cannot be replaced.« Carole D’Andrea, die in der Broadway-Produktion als Velma zu sehen war: »It is so wonderful they are giving a new generation a chance to make and experience this beautiful classic.«
Aber die heiße Phase der Filmpromotion steht erst bevor, Bücher über die Neuverfilmung werden eventuell noch erscheinen. Barrios konzentriert sich in erster Linie auf den Film von 1961 und auf die erste Broadway-Produktion. Sein Werk ist eine Fundgrube an Geschichten und Fakten und nicht zuletzt auch an Fun Facts. So kosteten etwa Tickets für die Broadway-Produktion der »West Side Story« 1957 zwischen 2,50 und 8,05 Dollar (für die 2020er-Produktion zahlt(e) man zwischen 49 und 299 Dollar). Für die Filmrechte bezahlten die Produzenten bescheidene 350.000 Dollar. Nur wenige Jahre später wechselten für die Rechte an »My Fair Lady« 5,5 Millionen Dollar die Besitzer. Der Grund dafür? Geringe Erwartungen an die verfilmte »West Side Story«, immerhin lief die erste Broadway-Produktion weniger als zwei Jahre (732 Vorstellungen), »My Fair Lady« dagegen mehr als sechs (2712 Vorstellungen). Leonard Bernstein und Stephen Sondheim akzeptierten in ihren Verträgen einen Paragrafen, der besagte, dass sie für (zusammen) 7500 Dollar drei neue Songs für den Film schreiben würden, sofern das die Produzenten wünschten. Das Produktionsbudget für den Film betrug am Beginn fünf Millionen Dollar.
Detailliert schildert der Autor den Entstehungsprozess des Films, etwa die anstrengenden Tanzszenen. »The dancers spent hours, days even, down on their knees, and found to their great pain that the knee pads they wore offered precious little protection. Finally, after the directors ordered ‚Print‘ for the last time, they gathered up those pads for a ceremonial bonfire. […] the blaze occurred in front of [Jerome] Robbins’s office.The aching knees, sore muscles, and pneumonia were not isolated cases by any means. Susan Oakes’s knee was punctured by a nail when she jumped down onto the floor, and there were countless torn ligaments, sprains, shin splints, scrapes, and burns, as well as dehydration and mononucleosis.«
Kleines Detail am Rande: Der Designer des Logos der »West Side Story«, also der Kombination aus Schrift, Stiegen und stilisierten Tänzern, stammt von Joseph Caroff, einem Künstler des Grafikgewerbes, der später mit seinem Design des 007-Logos der James-Bond-Filme in die Geschichte einging.

Richard Barrios: West Side Story. The Jets, the Sharks, and the Making of a Classic. Turner Classic Movies, Inc. / Running Press. Hachette Book Group, New York 2020. 232 Seiten. (Hardcover) ISBN 978-0-76-246948-2. $ 28,00. runningpress.com

PS: Aufgrund der Pandemie-Dynamik wurde der Premierentermin auf Ende 2021 verschoben.

Stacy Wolf: »Beyond Broadway«

stancy_wolf.jpgAm 5. November 1987 ging im Martin Beck Theatre (heute: Al Hirschfeld Theatre) nach 43 Previews die Broadway-Premiere von Stephen Sondheims Musical »Into the Woods« (ITW) über die Bühne. Die Kritiker reagierten damals, sagen wir, nicht überschäumend. Frank Rich schrieb in der »New York Times«: »Unfortunately, the book is as wildly overgrown as the forest. […] Mr. Sondheim’s numerous songs, though often outfitted with incomparably clever lyrics, sometimes seem as truncated as the characters, as if they were chopped off just when they got going to make way for the latest perambulations of the book.[…] The show stands still during the huffing and puffing of voluminous plot information. Worse, the convoluted story has a strangulating effect on the musical’s two essential sources of emotional power, its people and its score.«
Drei Tony Awards und 765 Vorstellungen. Es wurde kein Flop für Sondheim, doch dessen Blick auf diese Show war ohnedies ein gänzlich anderer: Er spekulierte damit, mit ITW einen Moneymaker für den Rest seines Lebens im Köcher zu haben. In seinem Buch »Look, I Made a Hat« (2011) schrieb er: »At one point in the collaborative joy of our early discussions I brashly predicted that if the piece worked, it would spawn innumerable productions for many years to come, since it dealt with world myths and fables and would therefore never feel dated.« Sondheim spürte: »[ITW] would appeal to schools and amateur theatres as well as professional ones, expecially in conservative parts of the country which are hesitant to support shows that deal with contemporary themes in contemporary ways and use four-letter words (there are none in the show). I predicted that ITW could be a modest annuitiv for us.«
Im vorliegenden Buch analysiert Stacy Wolf, was alles »beyond Broadway« in Amerika über die Bühne geht und wiederum erst die Voraussetzungen dafür schafft, dass Broadway-Shows überhaupt entstehen können. Ein Standbein ist das High School Musical, das sie ausführlich anhand von ITW auf etwa 46 Seiten untersucht. Warum diesem Werk Sondheims ein solcher Stellenwert eingeräumt wird? In den 2010er-Jahren erreichte ITW zum ersten Mal die Top 3 der »Most Popular High School Musicals«, die NPR für jede Dekade zusammengestellt hat. Es landete auf Platz zwei nach »Beauty and the Beast« und vor »Little Shop of Horrors«, »The Addams Family«, »The Wizard of Oz« und »Seussical«. In den 1990er-Jahren hatte die Show Platz 13, in den 2000er-Jahren Platz 7 belegt. Wie viele Schulproduktionen von ITW stattfinden, lässt sich nicht beziffern. Stacy Wolf schreibt von Hunderten pro Jahr. Seit drei Jahrzehnten also bewahrheitet sich die Prognose Sondheims.
Jede Schule setzt bei ihrer Inszenierung auf andere Schwerpunkte. Die Autorin hat sich drei Schulen und ihre Umsetzungen näher angesehen. Sie porträtiert die Bildungsstätten, die Lehrer, die Schüler, schildert die Proben … Natürlich kommt sie auch auf die Kosten zu sprechen. So hat die Worthington High School in Worthington, Minnesota, dem Lizenzgeber MTI 365 Dollar pro Vorstellung an Lizenzgebühren bezahlt, plus 600 Dollar für Text- und Notenmaterial sowie 100 Dollar extra, damit die Schüler schon vor den Weihnachtsferien über das Material verfügen konnten und genügend Vorbereitungszeit hatten. Große Ausgaben für eine kleine Schule mit 823 Schülern. Die Aufführungen fanden in Worthingon in einem Art-deco-Theater mit 680 Sitzplätzen statt, das 1931 errichtet worden war. Erst vor Kurzem wurde in eine moderne Lobby investiert. Vor drei Jahren brachte die Schule eine Produktion von »Little Mermaid« auf die Bühne. Die Studenten entwarfen und fertigten dafür derart beeindruckende Kostüme, dass die Schule diese seitdem gegen ein Entgelt verleiht und so die Kosten für neue Shows gegenfinanzieren kann. Man lernt viel aus den Erzählungen Stacey Wolfs über die Probenarbeiten. Etwa welche Probleme sich bei dieser komplexen Show für junge Darsteller ergeben und wie Schulen versuchen, eine bestimmte Thematik, die ihnen wichtig ist, zu betonen. An der Garrison Forest School etwa, einer Privatschule für Mädchen in Baltimore, Maryland, nutzte man ITW, um das Thema Rassismus nach dem Tod von Freddie Gray aufzuarbeiten. Gray war 2015 nahe seiner Wohnung in einem von Armut und Kriminalität geprägten Viertel der Stadt Baltimore wegen des Vorwurfs verhaftet worden, im Besitz eines illegalen Springmessers zu sein. Zu diesem Zeitpunkt war Gray bei guter Gesundheit. Ihm wurden Handschellen und Fußfesseln angelegt, er wurde im Arrestantenwagen aber nicht angeschnallt. Eine Stunde später lag er mit einer schweren Wirbelsäulenverletzung im Koma und wurde in ein Krankenhaus eingeliefert. Er starb sieben Tage später. Die Polizisten, die ihn verhaftet hatten, stritten ab, Gray misshandelt zu haben. Keiner der sechs Polizeibeamten wurde verurteilt. Die Hinterbliebenen erhielten von der Stadt Baltimore 6,4 Millionen Dollar, damit sie auf eine Klage gegen die Stadt verzichteten. An der San Francisco Jewish Community School wiederum wurde die Show dafür verwendet, jüdische Werte zu thematisieren. Stacy Wolf liefert anschauliche Milieuschilderungen, mit viel Einfühlungsvermögen geschrieben.
Die Autorin, heute Professorin am Lewis Center for the Arts an der Universität Princeton, war in ihrer Kindheit selbst begeisterte Darstellerin in Schulaufführungen und hatte mit elf Jahren schon in Produktionen wie »The Sound of Music«, »The King and I«, »The Music Man« und »How to Succeed in Business Without Really Trying« mitgewirkt. Tanzunterricht bekam sie in einem sogenannten Dinner Theatre. Dinner Theatres ist ein zweites großes Kapitel in diesem Buch gewidmet. Sie entstanden 1959 in Chicago oder 1960 in Washington, DC, zuerst in den Stadtzentren, danach wanderten sie in die Vororte ab. Ihre Blütezeit erlebten sie Mitte der 1970er-Jahre., als es amerikaweit mehr als 250 von ihnen gab. Professionelle Darsteller boten das Broadway-Repertoire für die Zuschauer zu einem Schnäppchenpreis, zudem wurden auch noch Häppchen bzw. eben ein Dinner serviert. Die Autorin besuchte einige heute noch existierende Dinner Theatre in Colorado und schildert, welch wichtige Funktion sie in ihrer Region besitzen.
Weitere Kapitel sind der Bedeutung des Community Theatre gewidmet, dem »Musical Theatre at Girls’ Jewish Summer Camps«, dem »Outdoor Summer Musical Theatre« (am Beispiel von »The Sound of Music«) und der Firma Disney, deren Marketingstrategien ausführlich besprochen werden. Etwa am Beispiel von »Newsies«. »[The show] was never intended to enjoy a long Broadway run. The musical just needed to play in New York long enough to earn the as seen on Broadway imprimatur. For Disney, scores of local productions of Newsies were always the goal. In this way, local musical theatre, more and more, inspires the repertoire.«
Im Epilog schreibt Wolf: »Beyond Broadway tells a story about entertainment, civic engagement, community conections, identity formation, and creative expression. It also tells stories about the value and importance of doing something for fun. […] These stories are about kids who do musical theatre with no professional aspirations, about adults who spend their leisure time working at a theatre, and about the professionals who sustain a vast national network of local, often amateur practices. […] In a 2011 New York Times article, Robin Pogrebin observes that much of America’s artistic activity does not happen in major recital halls and theaters, but rather in places like Lucas, Wichita and Junction City, Kansas. My travel across the United States proved this to be true.« Lesenswert.

Stacy Wolf: Beyond Broadway. The Pleasure and Promise of Musical Theatre Across America. Oxford University Press, New York 2020. 384 Seiten. (Softcover) ISBN 978-0-19-063953-2. $ 29.95. oup.com

Ronacher-Reopening mitten in der Corona-Pandemie. Ein gefährliches Spiel

Am 3. und 4. Juli 2020 fanden im Wiener Ronacher, mitten in der Corona-Pandemie, die erst mit einem wirksamen Impfmittel besiegt werden könnte, Vorstellungen der Produktion »Cats« statt. Die VBW bezeichneten diese Vorstellungen als »Probedurchläufe«. Jeweils 250 geladene Gäste waren zugelassen. Auf seiner Website beschreibt das Unternehmen der Wien Holding die getroffenen Schutzmaßnahmen folgendermaßen: »Neben der Umsetzung der vorgeschriebenen COVID-19-Maßnahmen der österreichischen Bundesregierung wurde von den VBW ein detailliertes, maßgeschneidertes Konzept erstellt, das zusätzlich strengste Sicherheits- und Hygienebedingungen im Zuschauer- und Backstage-Bereich beinhaltet.«
Der Satz ist inhaltlich falsch. Die Maßnahmen der Regierung zielen ja genau auf das, was die VBW hier quasi als »Fleißaufgabe« verkaufen wollen: Sicherheits- und Hygienebedingungen. Wie streng diese sind, ist irrelevant, sie müssten wirken. Welche Maßnahmen aber wie wirksam sind, darüber sind sich nicht mal die Experten derzeit einig.
Der Intendant des Hauses, Christian Struppeck, wird auf der VBW-Website folgendermaßen zitiert: »Wir sind so bestens für den regulären Spielbetrieb ab Herbst vorbereitet.« Es wird keinen »regulären« Spielbetrieb geben im Herbst. Einen solchen dem potenziellen Publikum vorzugaukeln, mag aus der Sicht des Unternehmens im Sinne der Finanzen richtig sein, aber Fakt ist, dass eine Ansteckung mit Covid-19 im Theater nicht verhindert werden kann. Jeder Besuch kann letzten Endes tödlich enden. Bis ein Impfstoff dieser unsicheren Zeit ein Ende setzt. Es liegt allein am Theaterbesucher, ob er dieses nicht gänzlich vermeidbare Risiko eingeht oder nicht.
Daher ist es auch schwer verständlich, dass dem Kartenvorverkauf derzeit ein Saalplan hinterlegt ist, der sich nicht deutlich merkbar vom üblichen unterscheidet. Man sieht darauf nichts, was auf einen Sicherheitsabstand zwischen den Sitzen hindeutet (Stand: 7. Juli). Entspricht die Zahl aller eingezeichneten Sitzplätze (egal ob in der Auswahl aktiv auswählbar oder nicht) tatsächlich der Anzahl der Tickets, die verkauft wird? Wie viele Besucher werden im Herbst in die Vorstellungen eingelassen? Das ist eine wichtige Eckzahl, die das Unternehmen dringend veröffentlichen sollte. Sollte man am Saalplan nicht exakt sehen, wo man im Theater sitzen wird, ist er unbrauchbar und eigentlich ein Fall für den Konsumentenschutz.

Julian Woolford: Rodgers and Hammerstein’s »The Sound of Music« (The Fourth Wall) (2020)

Julian Woolford: Rodgers and Hammerstein’s »The Sound of Music« (The Fourth Wall).22 Titel umfasst die Buchserie »The Fourth Wall«, die der Verlag Routledge 2016 mit einem Band zu Harold Pinters »Party Time« startete. Der Verlag charakterisiert die Reihe folgendermaßen: »Fourth Wall books are short, accessible accounts of some of modern theatre’s best loved works. They take a subjective but easily digestible approach to their topics, allowing their authors the opportunity to explore their chosen subject in a way that is absorbing enough to be of use both to lovers of theatre and those who are being asked to study a play more deeply. Each book in the series looks at a specific play, variously exploring its themes, contexts and characteristics while prioritising original, insightful writing over complexity or scholarly weight.« Acht Bände widmen sich Musicals: »My Fair Lady«, »Sunday Afternoon«, »Into the Woods«, »Sweeney Todd«, »Les Misà©rables«, »Hedwig and the Angry Inch«, »The Book of Mormon« und, 2020 erschienen: »The Sound of Music«.
Eine erstaunliche Verlagsstrategie vorab. Band 1 (»Party Time«), ist (nach wie vor) in drei Kaufformaten erhältlich. Das 70 Seiten starke Buch kostet in der Hardcover-Ausgabe nicht weniger als 160 Pfund, als E-Book & Paperback 8,99 Pfund. 2017 senkte man den Hardcover-Preis neu erscheinender Titel auf 120 Pfund, seit 2018 werden keine Hardcover-Ausgaben neu veröffentlichter Werke dieser Serie angeboten. Nicht wirklich verwunderlich.
Julian Woolworth, Schauspielschulleiter, Regisseur und Schriftsteller, analysiert in seinem Büchlein zu »The Sound of Music« in erster Linie das Bühnenmusical, widmet sich aber auch den Filmversionen. Seine Methodik beruht darauf, Bezüge herzustellen. Er ordnet ein, etikettiert. So zeigt er Parallelen zwischen »The Sound of Music«, »King and I« auf. Das Musical sei »a rewrite of The King and I, a kindly governess battles a despotic father for the love of the children and brings liberalism into the household«m verortet das Werk in der Biografie von Rodgers und Hammerstein in vielerlei Hinsicht, flicht ein, dass »Edelweiss« das letzte gemeinsam geschriebene Lied ihrer letzten gemeinsamen Show sei. Er vernetzt das Musical mit der Gegenwart, etwa indem er die Bedeutung des Songs »Edelweiss« als Titelmelodie (gesungen von Jeanette Olsson) der nach einer literarischen Vorlage von Philip K. Dick entstandenen Fernsehserie »The Man in the High Castle« (Amazon Studio, 2015–2019) analysiert. Die Methode der Amerikaner, aus der Geschichte der Trapps und dem deutschsprachigen, in den USA gefloppten Film »Die Trapp Familie« (1956) letztlich einen Erfolg auf der Bühne und im Film zu machen, bezeichnet er als »Ghosting«: »As is so often the case with true stories, the effect is to alter the perception of the real events so that, after time, audiences believe they are seeing something that is closer to the truth than they actually are in reality and the adaptive choices made by writers are ignored. This is sometimes referred to as ghosting; a process by which stories become reinterpreted creatively and the true story becomes merely a ghost in the background.« Ein eigenes Kapitel ist dem späten Erfolg der Bühnenversion in Österreich gewidmet, hier illustriert er auf amüsante Weise, welche Bedeutung die Show da hat: »In 2014 a contestant on Die Millionen Show was asked a € 70,000 question that would surely have been in an earlier round in any other country: What small flower is the title of a song from The Sound of Music?. The contestant didn’t know the answer and, even after phoning a friend, she chose another flower, despite Edelweiss being the national flower of Austria.« Flott geschrieben, interessante Details als Highlights. Empfehlenswert.
Julian Woolford: Rodgers and Hammerstein’s »The Sound of Music« (The Fourth Wall). Abingdon 2020. 74 S.; (Paperback) ISBN: 978-1-138-68283-2. £ 6.99 routledge.com

Peter Kamber: Fritz und Alfred Rotter (2020)

Peter Kamber: Fritz und Alfred Rotter.Deutschland 1932. Die Brüder Peter und Alfred Rotter bespielen neun Theater: das Metropol-Theater (dessen Kern in der heutigen Komischen Oper erhalten geblieben ist), das Theater des Westens, das Lessing-Theater, den Admiralspalast, Lustspielhaus, Zentraltheater Berlin, Zentraltheater Dresden, Alberttheater Dresden, Mellini-Theater Hannover. Für Komödien und Dramen haben sie auch noch das Deutsche Künstlertheater und das Theater in der Stresemannstraße (heute: Hebbel am Ufer) in ihrem Portefeuille. Und die Plaza in Friedrichshain mit 3000 Sitzplätzen. Sie manövrieren mit Wagemut zwischen Erfolg und Bankrott, mitten in der Wirtschaftskrise.
In der Weimarer Republik galten die Rotters als die Theatermacher, 1929 schrieb die »New York Times«: »The Berlin operetta situation is in the hands of the Rotter brothers.« Kaum ein Operettenschlager dieser Zeit, der nicht auf ihren Bühnen seinen Ausgang genommen hat: »Friederike«, »Land des Lächelns«, »Ball im Savoy«. Aber »in Wirklichkeit sind die Rotters […] längst weiter – auf einer neuen Spur. Ralph Benatzkys Mit dir allein auf einer einsamen Insel nach einem Libretto von Arthur Rebner weist bereits den Weg zum deutschen Musical. Diese Benatzky-Operette, die zuvor am Residenz-Theater in Dresden – ebenfalls eine Rotterbühne – uraufgeführt worden ist und mächtig eingeschlagen hat, kommt im Mai 1930 ausgereift ans Metropol-Theater, dem Haupthaus der Rotters, und verdrängt Tauber und Das Land des Lächelns in die Abspielstätte Theater des Westens. Benatzky entwickelte das musikalische Singspiel – ein Genre, in dem er führend wurde.«
Kamber, ein Schweizer Soziologe, Theater- und Romanautor sowie Journalist, der in Berlin lebt, beschäftigte sich viele Jahre mit der Biografie der Berliner Theaterdirektoren Peter und Alfred Rotter. Sein Buch ist akribisch recherchiert, jedes Detail mit überprüfbaren Fakten untermauert. Es ist erstaunlich, was er an Daten und Geschichten aus den zeitgenössischen Quellen zu dieser packenden Biografie destillieren konnte. Und der Verlag Henschel hat diesem Buch ein elegantes Layout (Layout/Satz von flamboyant) anpassen lassen: liebevolle Details, perfekte Papierwahl, ein Lesebändchen, eine Vielzahl an Bildern, wirksam eingesetzt. Ein Traum von einem Buch in jeder Hinsicht für alle, die an Theatergeschichte interessiert sind.
Peter Kamber: Fritz und Alfred Rotter. Henschel, Leipzig 2020. 504 Seiten.; (Hardcover) ISBN 978-3-89487-812-2. € 26,–. henschel-verlag.de

Rund um die Burg. Literatur in Zeiten von Corona.

Das Problem der Buchbranche in Zeiten von Corona ist nicht etwa, dass man keine Bücher machen könnte. Schreiben, lektorieren, setzen, drucken, alles kein Problem. Nur wie soll man sie vermarkten? Ein oft unterschätztes Mittel der Promotion sind Lesungen. Je populärer der Autor, desto höher der Anteil der bei Lesungen verkauften Bücher. Das hilft den Verlagen, aber auch dem Autor, weil er auf diese Weise, wenn er sich das clever ausverhandelt, einen höheren Prozentsatz vom Verkaufspreis bekommt.
Nun, seit Anfang März finden Lesungen nicht mehr statt. Wann es in diesem Bereich wieder losgehen kann, ist nicht absehbar. Und so versucht eine der beliebtesten Leseveranstaltungen des Jahres, »Rund um die Burg«, ins Netz auszuweichen. 45 Autoren werden am 8. Mai aus (ihren) Werken lesen. Das sind mehr als doppelt so viel wie in vergangenen Jahren. Internationale Bestsellerautoren wie T. C. Boyle, John Stralecky, Rafik Schami, Stewart O’Nan und Hilary Mantel sind genauso vertreten wie heimische Größen, so zum Beispiel Michael Köhlmeier, Erika Pluhar, Hugo Portisch und Michael Schottenberg. Das komplette Programm ist online abrufbar unter rundumdieburg.at
Auch nach dem 8. Mai werden die Lesungen online zu hören und zu sehen sein.

Dan Dietz: The Complete Book of 1920s Broadway Musicals (2019)

Dan Dietz: The Complete Book of 1920s Broadway Musicals (2019)Dan Dietz hat wieder zugeschlagen und seine 2014 gestartete, erfolgreiche Buchserie »The Complete Book of … Broadway Musicals« ergänzt – sie liegt nun von den 1920er- bis zu den 2000er-Jahren geschlossen vor. Wer alle neun Bände erworben hat, verfügt über ein Werk von 5088 Seiten zu einem Preis von rund 1300 US-Dollar.
Für die Statistiker ist dies eine wunderbare Edition. Man kann anhand der Daten spannende Zeitläufte ablesen. Wobei die 1920er-Jahre geradezu eine Blütezeit darstellen. Für diesen Zeitraum listet Dietz eine Einheit von 287 Book Musicals, neuen Opern sowie Book Musicals, die in Europa entstanden sind und am Broadway ihre US-Premiere feierten, auf. Diese Musicals aus Europa wurden im Allgemeinen mit zusätzlichen Songs amerikanischer Texter und Komponisten bestückt. Im Jahrzehnt darauf war die Situation bereits eine ganz andere: In den 1930er-Jahren gab es nur mehr 128 Produktionen dieser Art. Und bis zu den 2000er-Jahren sank der Output auf 57 Produktionen.
Für den Zeitraum von den 1930er- bis zu den 2000er Jahren lassen sich interessante Zahlenabfolgen ablesen: Die Anzahl der reinen Book Musicals (mit eigens komponierter Musik) entwickelte sich folgendermaßen (Anzahl der Shows pro Jahrzehnt): 94-80-71-98-84-50-32-37. Dem entspricht die Risiko-Kurve: Von den 1930er- bis zu den 2000er Jahren überstanden immer mehr Shows die Tryout-Phase: Am höchsten war die Anzahl der Shows, die es nicht bis zur Premiere schafften, in den 1940ern (56), in den 1970ern waren es 29 Produktionen und in den 1990ern und 2000ern 16 bzw. 13.
Aber zurück in die wilden Zwanziger: Was die Long Runs dieses Jahrzehnts betrifft, so brachten es 18 Shows auf mehr als 400 Vorstellungen. Die Top 3: »The Student Prince« (608 Vorstellungen; Buch/Texte: Dorothy Donnelly; Musik: Sigmund Romberg), »Show Boat« (572 Vorstellungen; Buch/Texte: Oscar Hammerstein II; Musik: Jerome Kern) und »Sally« (570 Vorstellungen; Buch: Guy Bolton; Texte: Clifford Grey; Musik: Jerome Kern).
Nicht in den Top 3 vertreten, aber als größte finanzielle Erfolge des Jahrzehnts gefeiert: »No, No, Nanette« (Buch: Otto Harbach, Frank Mandel; Texte: Irving Caesar, Otto Harbach; Musik: Vincent Youmans) und »Rose-Marie«/Texte: Otto Harbach, Oscar Hammerstein II; Musik: Rudolf Friml, Herbert Stothart), die auf Tourneen erfolgreich waren und sich international durchsetzen konnten.
Von »No, No, Nanette« gab es in 27 Ländern Produktionen, am Broadway reichte es indes nur für 321 Vorstellungen, und das, obwohl aus dieser Show die Evergreens »Tea for Two« und »I Want to Be Happy« stammen. Bereits vor der Broadway-Premiere (16.9.1925, Globe Theatre, dem heutigen Lunt-Fontanne Theatre) wurden am 14. Mai 1925 die Notenblätter zu »No, No, Nanette« publiziert. »Tea for Two« wurde zum Hit und danach zum Evergreen, von dem mehr als 80 Coverversionen veröffentlicht wurden. 1963 zählte das Lied zu den 16 erfolgreichsten Musikwerken aller Zeiten. Aber worauf ist das bescheidene Abschneiden des Musicals damals in New York zurückzuführen? Zum einen auf eben die erfolgreiche Tour vor der Broadway-Premiere, absolviert von drei parallel spielenden Companies mit mehrmonatigen Spielserien in Detroit, Chicago, Boston und Philadelphia. Sechs Monate vor der New Yorker Premiere war das Musical auch in London schon am Spielplan. Und dann war da noch etwas: »The season was rich in new hits, and in fact Nanette’s opening was part of a history-making Broadway week. Within the seven-day period of Nanette’s premiere, three other successes opened (Richard Rodgers and Lorenz Hart’s Dearest Enemy, Rudolf Friml’s The Vagabond King, and Jerome Kern’s Sunny), and never before and never again would four consecutive smash hit musicals open during such a short time period. And soon more new shows were on the boards, some hits, others not, but all in all, they constituted more choices for the public: Jerome Kern’s The City Chap, Sigmund Romberg’s Princess Flavia, Irving Berlin’s The Cocoanuts, the Gershwins’ Tip-Toes, George Gershwin (and Herbert Stothart’s) The Song of the Flame, and Rodgers and Hart’s The Girl Friend. In addition to a number of well-received revues, there were hold-overs from the previous season, including Rose-Marie, The Student Prince in Heidelberg, and Louie the 14th.
Die ausführliche Beantwortung solcher Fragen macht die Schmöker von Dan Dietz so lesenswert. Es handelt sich nämlich natürlich auf der einen Seite um Nachschlagewerke mit enzyklopädischem Charakter. Für jede Show gibt es Angaben zu Aufführungsort, Premierendatum, Anzahl der Aufführungen, Kreativteam, Cast; eine Auflistung aller Songs und Awards sowie eine Inhaltsangabe. Zusätzlich jedoch liefert Dietz ausführliche Kommentare und Texte etwa zur Rezeptions- und Produktionsgeschichte, seine Einschätzung, Bewertung anhand von Kritiken und Zeitungsartikeln und Angaben zu etwaigen Revivals. Im Fall von »Nanette« kam es am Broadway 1971 zu einer Neuproduktion (Premiere 19.1.1971 im 46th Street Theatre, dem heutigen Richard Rodgers Theatre), die es auf 863 Aufführungen brachte. 1986 gingen fünf konzertante Vorstellungen in der Carnegie Hall über die Bühne, 1988 kam es zu 32 Vorstellungen einer Produktion der New Yorker Equity Library, und schließlich gab es am 8. Mai 2008 einer Aufführung im Rahmen der Encores!-Serie im New York City Center. Auch für all diese Produktionen liefert Dietz interessante Facts. Weiters bespricht er die Verfilmungen des Musicals aus den Jahren 1930, 1940 und 1950 (»Tea for two«) und noch so vieles mehr.
Reichlich Stoff zum Nachschlagen und Googeln bieten die diversen Anhänge. Etwa jener, der Shows auflistet, die ihre Proben-Phase nicht überlebten. Da findet man etwa 1929 »The Dutchess of Chicago« (»Die Herzogin von Chicago«), Emmerich Kà¡lmà¡ns Operette, die 1928 ihre Uraufführung im Theater an der Wien erlebt hatte. Besser erging es einer Produktion, die 1924 im Theater an der Wien ihre Uraufführung hatte und am 18. September 1926 ihre Broadway-Premiere feierte: »Countess Maritza« (»Gräfin Maritza«), ebenfalls von Emmerich Kà¡lmà¡n und mit 321 Vorstellungen ein Erfolg.
Hoffentlich lässt Dietz demnächst noch einen Band zu den 2010er-Jahren nachfolgen.

Dan Dietz: The Complete Book of 1920s Broadway Musicals. Rowman & Littlefield Publishers, Lanham 2019. 652 S.; (Hardcover) ISBN 978-1-5381-1281-6. $ 150,–. rowman.com

Wiener Volksliedwerk: »Musiker.Leben 2«

Im Wiener Volksliedwerk ist noch ein Mal am kommenden Samstag, dem 29.2. (Beginn: 19:30 Uhr), »Musiker.Leben 2« mit Bettina Bogdany, Daniela Fuchs, Hannah Berger und Gerhard Maxymovitz zu sehen. Idee und Konzept zu diesem Theaterabend mit Musik stammen von Erhard Pauer, der auch inszeniert hat.
Die Idee hinter dieser Produktion: Ein Mal im Jahr kommen die vier Protagonist*innen dieses Projekts zusammen (heuer das zweite Mal), erzählen von Wendepunkten in ihrem Leben und singen Lieder, die Teil des Soundtracks ihres Lebens geworden sind.
Im Fall von Bettina Bogdany ist ein Song zu hören, den sie komponiert. Komponiert …, weil er noch nicht fertiggeschrieben ist. Aber wann ist ein Song fertig, und wann weiß man, ob man die richtige Richtung im Leben oder in der Arbeit (was man, lebt man etwa in freien Berufen, nicht trennen kann) eingeschlagen hat? Es ist ein Abend, der nicht gescriptet ist, der jederzeit eine eigene Dynamik gewinnen könnte. Es ist kein Abend, in dem gelacktes Schauspiel geboten wird. Erhard Pauer hat mit den Darsteller*innen in Gesprächen den Verlauf der Show abgesprochen, gemeinsam hat das Ensemble einen sehr persönlichen Abend entwickelt, der vom authentischen Tonfall lebt und deswegen zu berühren vermag, weil jeder im Publikum ähnliche Schicksalsschläge oder Triumphe wie die erzählten selbst durchgemacht oder gefeiert hat.
Diese Show findet auf einem Gebiet statt, das Musicals immer seltener betreten: jenem echter Gefühle. Ein interessanter Aspekt: Bettina Bogdany singt unter anderem diverse Songs aus Produktionen von Disney, dem Spezialisten für gefühlsfreie Unterhaltung. Aber ebenso einen Song von Michael Legrand – und zwar gerade in dem Moment, in dem es um ein einschneidendes persönliches Erlebnis geht. Es mag nicht beabsichtigt gewesen sein, doch treffender kann man Songs, die Gefühle triggern (wie es Disney-Songs oft tun, die Erinnerungen an die Kindheit auslösen, aber selbst völlig steril in ihrer schleimerischen Vorgaukelei von Gefühlen sind. Milan Kundera würde das als »Kitsch« bezeichnen, der »zwei nebeneinander fließende Tränen der Rührung hervorruft. Die erste Träne besagt: wie schön sind doch auf dem Rasen rennende Kinder! Die zweite Träne besagt: wie schön ist es doch, gemeinsam mit der ganzen Menschheit beim Anblick von auf dem Rasen rennenden Kindern gerührt zu sein!«) und Songs, die echte Gefühle auslösen, kaum einsetzen.
Infos und Tickets gibt es –>hier.

Muth: »Aquarium«

Am 22. Februar feierte die wunderbare kleine Musicalproduktion AQUARIUM im Wiener Muth Premiere. Wie würde ich die Essenz kurz wiedergeben? Es geht quasi um einen Musicaldarsteller, der für das Musicalgenre brennt und daher NATÜRLICH, obwohl er die Kohle bräuchte, ein Engagement bei I AM FROM AUSTRIA ablehnt.
Nein, selbstverständlich geht’s darum nicht (aber wäre das nicht ein toller Plot?). Konkret geht’s um einen Musicalkomponisten, der seine Berufung, das Komponieren, leider nicht in einen Job umsetzen kann, der ihm Kohle zum Überleben bringt. Julian Loidl spielt in dieser One-Man-Show diesen Komponisten (Hob i schon gsagt FULMINANT?), der dem Publikum sein Herzblut, die Show AQUARIUM, vorstellt und nebenbei sein Scheitern als Künstler schildert. Eines aber verliert er nicht: die Selbstachtung.
Und was die einleitende erwähnte Essenz betrifft, so hat das schon seine Berechtigung, denn in den ersten sagen wir 30 Minuten ist AQUARIUM voller Jokes über das Musicalgenre an sich und auch über die VBW. Wir leben ja grade in einer sehr armen Zeit, was Musicalparodien betrifft (seitdem das System Werner Sobotka assimiliert hat), daher mein Tipp: unbedingt ansehen. Wenn ein so leidenschaftlicher Typ wie der Autor, Regisseur und Komponist dieses Stücks (und gleichzeitig der Leiter Produktion und Marketing des Muth) Otto Jankovich die Leitung der VBW übernehmen würde …

Nächste Aufführungstermine
Freitag, 1. Mai 2020, 19:30–21:00 Uhr
Samstag, 20. Juni 2020, 19:30–21:00

Team und Besetzung
Darsteller: Julian Loidl
Buch, Musik & Regie: Otto Jankovich
Liedtext: Karl Mayer-Rieckh

Infos –> hier.

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