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Archiv - Mai, 2005

Die Schlacht um die Drama Desk Awards 2005 ist geschlagen …

… und die Verantwortlichen (130 New Yorker Theaterkritiker, Reporter und Zeitungsherausgeber) haben sich in diesem Jahr dazu entschieden, ihre Awards auf recht viele Produktionen zu verteilen, nämlich auf genau 14 Shows. So ist es nicht verwunderlich, dass Monty Phyton’s “Spamalot” sich trotz 12 Nominierungen mit 3 Preisen begnügen musste - immerhin wurde die Show als “Outstanding Musical”, also mit einem der Hauptpreise, geehrt.
Die beiden Gewinner der diesjährigen Verleihung sind Adam Guettels “The Light in the Piazza” und “Doubt” - John Patrick Shanleys Schauspiel über einen Priester, dem man sexuellen Mißbrauch vorwirft. Beide Produktionen wurden mit je 5 Preisen ausgezeichnet.
“Doubt” erhielt Preise in den Kategorien “Outstanding Play”, “Best Actress” (Cherry Jones), “Best Actor” (Brian F. O’Bryne), “Best featured Actress” (Adriane Lenox), “Regie” (Doug Hughes).
“Piazza” konnte folgende Kategorien für sich entscheiden: “Actress in a Musical” (Victoria Clark), “Music” (Adam Guettel), “Orchestrations” (Guettel, Ted Sperling, and Bruce Coughlin), “Lighting” (Christopher Akerlind) und “Set Design for a Musical” (Michael Yeargen).

Alle Gewinner auf einen Blick:

Play: “Doubt” (John Patrick Shanley).
Musical: “Monty Python’s Spamalot”
Revival (Play): “Twelve Angry Men.”
Revival (Musical): “La Cage Aux Folles.”
Musical Revue: “Forbidden Broadway: Special Victims Unit.”
Actor (Play): Brian F. O’Bryne (”Doubt”).
Actress (Play): Cherry Jones (”Doubt”).
Actor (Musical): Norbert Leo Butz (”Dirty Rotten Scoundrels”).
Actress (Musical); Victoria Clark (”The Light in the Piazza”).
Featured Actor (Play): Michael Stuhlbarg (”The Pillowman”).
Featured Actress (Play): Adriane Lenox (”Doubt”).
Featured Actor (Musical): Denis O’Hare (”Sweet Charity”).
Featured Actress (Musical): Jan Maxwell (”Chitty Chitty Bang Bang”).
Director (Play): Doug Hughes (”Doubt”).
Director (Musical): James Lapine (”The 25th Annual Putnam County Spelling Bee”).
Choreography: Jerry Mitchell (”La Cage Aux Folles”).
Music: Adam Guettel (”The Light in the Piazza”).
Lyrics: Eric Idle (”Monty Python’s Spamalot”).
Book of a Musical: Rachel Sheinkin (”The 25th Annual Putnam County Spelling Bee”).
Orchestrations: Ted Sperling, Adam Guettel, Bruce Coughlin (”The Light in the Piazza”).
Set Design of a Play: Santo Loquasto (”Glengarry Glen Ross”).
Set Design of a Musical: Michael Yeargan (”The Light in the Piazza”).
Costume Design: Tim Hatley (”Monty Python’s Spamalot”).
Lighting Design: Christopher Akerlind (”The Light in the Piazza”).
Sound Design: Paul Arditti (”The Pillowman”).
Solo Performance: Billy Crystal (”700 Sundays”).
Unique Theatrical Experience: “Slava’s Snowshow.”
Special Awards: The casts of “Glengarry Glen Ross” and “The 25th Annual Putnam County Spelling Bee” (ensemble performance); Julie Harris (career achievement); Keen Company; The Public Theatre.

Die Tony-Awards 2005 oder wer ist Adam Guettel

The Light in the Piazza - Adam Guettels Masterpiece
Die Tony Awards sind immer für eine Überraschung gut. In diesem Jahr konnte das Monty Phython-Musical Spamalot gleich 14 Nominierungen (2001 setzten “The Producers” mit 15 Nominierungen einen wohl nur mehr sehr schwer zu toppenden Rekord) einstecken - nicht wirklich eine große Überraschung, doch da gibt es noch eine Show, die gleich zweistellig nominiert wurde: The Light in the Piazza von Adam Guettel hat die Chance auf gleich 11 der begehrten Preise.
Adam Guettel ist hierzulande wohl nur wenigen ein Begriff, und es darf bezweifelt werden, dass er in den USA ein Household-Name ist, im Gegensatz zu seinem Großvater etwa, dem legendären Richard Rodgers (die eine Hälfte des legendären Komponisten-Teams Rodgers & Hammerstein). Guettel startete seine Karriere mit dem Musical Floyd Collins (1996). In einem Artikel, der 2004 in der New York Times publiziert wurde, bezeichnete kein Geringerer als Stephen Sondheim “The Riddle Song” aus “Floyd Collins” als eines von jenen 50 Liedern, die er gerne komponiert hätte. 1998 feierte Guettels zweites Werk Myths and Hymns seine Off-Broadway-Premiere, auf der gleichnamigen Cast-CD brillieren Audra McDonald, Mandy Patinkin und Theresa McCarthy.
Mit Stephen Sondheim hat Guettel unter anderem seine Liebe zu einer gewissen komplizierten Melodienstruktur gemein, einen Hang zur Dissonanz, einhergehend mit dem weniger angenehmen Nebeneffekt, nicht gerade blockbusterfähig zu sein.
Wie auch immer, mit “The Light in the Piazza” scheint Adam Guettel ein Wurf gelungen zu sein. Die Cast-CD erscheint in den nächsten Tagen, und auch wenn die Tony-Ausbeute gering ausfallen sollte, 11 Nominierungen sind zumindest bemerkenswert. Die sonst so gestrengen Kritiker ließen sich zu Statements wie folgt hinreißen:

“The Light in the Piazza” is one of the most sophisticated, emotionally and dramatically well-realized shows I’ve seen. It’s a reminder that high art can be both accessible and infinitely complex, that a simple love story is still among the most difficult tales to tell, and that artists like Lucas and Guettel can still deliver a piece that touches the heart, challenges the mind, and both enriches and engages our experience.

Zu den großen Verlieren dieses Jahres gehören “All Shook Up”, “Brooklyn the Musical”, “Steel Magnolias”, “Julius Caesar” und “The Glass Menagerie”. Zumindest die Tony-Jury konnten diese Produktionen nicht überzeugen - keine Nominierung. Doch auch bei den Shows, die für sagen wir mal bis zu 4 Tonys nominiert wurden (und das sind von insgesamt 40 teilnahmeberechtigten neuen Produktionen immerhin um die 30), werden die nächsten Wochen hart. Am Broadway steht und fällt vieles mit den Tonys, und es ist fast schon Gesetz, dass bei zu geringem Erfolg bei diesen Awards ein Dernierentermin zumindest schon mal ins Auge gefaßt wird.

Die Tony-Awards-Nominierungen im Überblick:
14 - Monty Python’s Spamalot
11 - Dirty Rotten Scoundrels
11 - The Light in the Piazza
08 - Doubt
06 - Edward Albee’s Who’s Afraid of Virginia Woolf?
06 - Glengarry Glen Ross
06 - The Pillowman
06 - The 25th Annual Putnam County Spelling Bee
05 - Chitty Chitty Bang Bang
05 - Gem of the Ocean
04 - La Cage aux Folles
04 - Pacific Overtures
03 - A Streetcar Named Desire
03 - Sweet Charity
03 - Twelve Angry Men
02 - On Golden Pond
02 - The Rivals
01 - Glengarry Glen Ross
01 - Dame Edna…
01 - Laugh Whore
01 - 700 Sundays
01 - Whoopi
01 - Sight Unseen
01 - Reckless
01 - Little Women

Von Kritikern, die gerne nachtreten, Pferderennbahnen und Off-Broadway-Ensembles, die Hippes nach Wien bringen

Ja, es gibt ein “musicalisches” Theaterleben abseits der großen Bühnen in Wien, unbestritten. Allerdings bestreiten einen großen Prozentsatz dieser “alternativen” “musicalischen” Aufführungen Schulen der unterschiedlichsten Art, Tanzschulen, Schauspielschulen, alles übergreifende Schulen … und da ist in den letzten Jahren ein bedenklicher Trend zu beobachten: Abschlußveranstaltungen/Abschlußprüfungen als Showevent zu verkaufen, ist an und für sich eine schöne Sache. Das Theater Akzent bietet sich da als idealer Veranstaltungsraum an … Fakt ist aber, dass die Eintrittspreise für diese Schulaufführungen von Jahr zu Jahr in höhere Dimensionen angesiedelt werden. Vorläufiger Höhepunkt war eine Abschlußveranstaltung der Performing Arts Ende April um 30 Euro. Das ist so nicht mehr akzeptabel. Wenn einmal Tickets für Schulaufführungen teurer sind als Eintrittskarten für Solo-Shows von Musicalstars, stimmt etwas nicht.

Wien hat eine wahre Vielfalt an Ausbildungsmöglichkeiten für Darsteller. Die Frage ist, WO finden diese Absolventen Arbeit? Hoffentlich nicht auf Rennbahnen, die ihre Las Vegas-Ambitionen mit kreativem Talent aufpeppen wollen. Wien ist nicht Las Vegas, schon gar nicht publikumsmäßig, und Ebreichsdorf nun schon überhaupt nicht. Wie man hört, will Frank Stronach in Kürze in Ebreichsdorf mit einer neuen Show für seine Pferderennbahn ein attraktives Nebenprogramm auf die Bühne stellen. Sein Erstversuch mit den Performing Arts Studios Vienna ist unlängst in die Hose gegangen. Die Frage ist, warum sich Musicalstars dafür hergeben sollten, das Wetten auf Pferdebahnen populär zu machen. Nö, Wien ist nicht Las Vegas.

Aber um auf das alternative “musicalische” Theaterleben zurückzukommen. Am 6. und 7. Mai gastierte das Ensemble Off-Broadway im Wiener Interkulttheater mit einem Showabend.
Das Ensemble Off-Broadway, 7.5.2005; Foto: Martin Bruny
Leider vor nicht ausverkauftem Haus sangen sie Tunes aus derzeit in den USA angesagten Shows wie “Avenue Q”, “The Last 5 Years” oder “I love you, you’re perfect, now change”.
Das Ensemble Off-Broadway, 7.5.2005; Foto: Martin Bruny
Schön, zu sehen, dass diese ambitionierte Gruppe immer wieder topaktuelle Musicaltrends und -hits auch in Österreich präsentiert.
Das Ensemble Off-Broadway, 7.5.2005; Foto: Martin Bruny
Das Ensemble Broadway (Anna Bolyos, Birgit Breinschmid, Britta Steffan, Markus Jandrisits und Markus Puchberger; Band: Sara Bondi (fl), Verena Larsen (vlc), Michael Krenn (sax), Johannes Kurz jun. (p), Paul Öller (dr), Paul Schreier (b, cl, g); Gesamtleitung: Johannes G. Hauer) ist wieder am 23. September 2005, um 19.30 Uhr, im Theater am Steg in Baden zu sehen.

Gar Lustiges war heute in einer im KURIER veröffentlichten Kritik zu einer Aufführung von Mozarts “Lucio Silla” am Theater an der Wien zu lesen. Der Kritiker, Gert Korentschnig, beginnt seine Rezension mit dem Absatz:

“Sollte es noch Zweifler gegeben haben, die die Richtigkeit der Umwandlung des Theater an der Wien in ein Opernhaus in Frage stellten: Nach diesem “Lucio Silva” sollten sie bekehrt sein”.

Nun, ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass es ein Skandal erster Güte ist, ein Theater wie das Theater an der Wien in einen Aufführungsort umzuwandeln, der an dreiviertel aller möglichen Spieltage einfach geschlossen bleibt. Wegen einer Aufführung sind noch lange keine Skeptiker “bekehrt”, und eine solch unsachliche Einleitung, die mit dem eigentlichen Thema der Kritik niente zu tun hat, kann man eigentlich nur als Nachtreten bezeichnen, unwürdig eines wahren Kritikers. Es ist entzückend zu beobachten, wie Herr Korentschnig seinen persönlichen Feldzug gegen die Kunstform Musical in Wien weiter fortsetzt.

The Outer Critics Circle Awards 2005

Schön langsam bricht in den USA die “Awards-Season” für den (Off-)Broadway an. Heute wurden die Gewinner der diesjährigen Outer Critics Circle Awards bekanntgegeben. Die Nominierten und Gewinner (fettgedruckt) lauten:

OUTSTANDING BROADWAY PLAY:
Brooklyn Boy
Democracy
Doubt
Gem of the Ocean
The Pillowman

OUTSTANDING BROADWAY MUSICAL:
All Shook Up
Chitty Chitty Bang Bang
Dirty Rotten Scoundrels
The Light in the Piazza
Monty Python’s Spamalot

OUTSTANDING OFF-BROADWAY PLAY:
Fat Pig
Going to St. Ives
Moonlight and Magnolias
Romance
String of Pearls

OUTSTANDING OFF-BROADWAY MUSICAL:
Altar Boyz
Dessa Rose
Lone Star Love

OUTSTANDING REVIVAL OF A PLAY:
Counsellor-at-Law
Glengarry Glen Ross
A Streetcar Named Desire
Twelve Angry Men
Who’s Afraid of Virginia Woolf?

OUTSTANDING REVIVAL OF A MUSICAL:
La Cage aux Folles
Pacific Overtures
Shockheaded Peter
Sweet Charity

OUTSTANDING DIRECTION OF A PLAY:
John Crowley, The Pillowman
Doug Hughes, Doubt
Joe Mantello, Glengarry Glen Ross
Anthony Page, Who’s Afraid of Virginia Woolf?
Dan Wackerman, Counsellor-at-Law

OUTSTANDING DIRECTION OF A MUSICAL:
Walter Bobbie, Sweet Charity
Mike Nichols, Monty Python’s Spamalot
Adrian Noble, Chitty Chitty Bang Bang
Jack O’Brien, Dirty Rotten Scoundrels
Bartlett Sher, The Light in the Piazza

OUTSTANDING CHOREOGRAPHY:
Wayne Cilento, Sweet Charity
Gillian Lynne, Chitty Chitty Bang Bang
Jerry Mitchell, La Cage aux Folles
Jerry Mitchell, Dirty Rotten Scoundrels
Casey Nicholaw, Monty Python’s Spamalot

OUTSTANDING SET DESIGN:
Robert Brill, A Streetcar Named Desire
Tim Hatley, Monty Python’s Spamalot
Scott Pask, The Pillowman
Anthony Ward, Chitty Chitty Bang Bang
Michael Yeargan, The Light in the Piazza

OUTSTANDING COSTUME DESIGN:
Tim Hatley, Monty Python’s Spamalot
Junko Koshino, Pacific Overtures
William Ivey Long, La Cage aux Folles
Anthony Ward, Chitty Chitty Bang Bang
Catherine Zuber, The Light in the Piazza

OUTSTANDING LIGHTING DESIGN:
Christopher Akerlind, The Light in the Piazza
Mark Henderson, Chitty Chitty Bang Bang
Donald Holder, Gem of the Ocean
Brian MacDevitt, The Pillowman
Hugh Vanstone, Monty Python’s Spamalot

OUTSTANDING ACTOR IN A PLAY:
Alan Alda, Glengarry Glen Ross
Billy Crudup, The Pillowman
James Earl Jones, On Golden Pond
Brà­an F. O’Byrne, Doubt
John Rubinstein, Counsellor-at-Law

OUTSTANDING ACTRESS IN A PLAY:
L. Scott Caldwell, Going to St. Ives
Cherry Jones, Doubt
Laura Linney, Sight Unseen
Natasha Richardson, A Streetcar Named Desire
Kathleen Turner, Who’s Afraid of Virginia Woolf?

OUTSTANDING ACTOR IN A MUSICAL:
Norbert Leo Butz, Dirty Rotten Scoundrels
Tim Curry, Monty Python’s Spamalot
Raàºl Esparza, Chitty Chitty Bang Bang
Cheyenne Jackson, All Shook Up
Denis O’Hare, Sweet Charity

OUTSTANDING ACTRESS IN A MUSICAL:
Victoria Clark, The Light in the Piazza
Erin Dilly, Chitty Chitty Bang Bang
Sutton Foster, Little Women the Musical
Jenn Gambatese, All Shook Up
Sherie Rene Scott, Dirty Rotten Scoundrels

OUTSTANDING FEATURED ACTOR IN A PLAY:
Chris Bauer, A Streetcar Named Desire
Philip Bosco, Twelve Angry Men
Larry Bryggman, Romance
Jeff Goldblum, The Pillowman
David Harbour, Who’s Afraid of Virginia Woolf?

OUTSTANDING FEATURED ACTRESS IN A PLAY:
Ashlie Atkinson, Fat Pig
Heather Goldenhersh, Doubt
Carla Gugino, After the Fall
Adriane Lenox, Doubt
Amy Ryan, A Streetcar Named Desire

OUTSTANDING FEATURED ACTOR IN A MUSICAL:
Michael Berresse, The Light in the Piazza
Dan Fogler, The 25th Annual Putnam County Spelling Bee
Mark Harelik, The Light in the Piazza
Marc Kudisch, Chitty Chitty Bang Bang
Matthew Morrison, The Light in the Piazza

OUTSTANDING FEATURED ACTRESS IN A MUSICAL:
Sarah Uriarte Berry, The Light in the Piazza
Joanna Gleason, Dirty Rotten Scoundrels
Jan Maxwell, Chitty Chitty Bang Bang
Kelli O’Hara, The Light in the Piazza
Sara Ramirez, Monty Python’s Spamalot

OUTSTANDING SOLO PERFORMANCE:
Gareth Armstrong, Shylock
Mario Cantone,Laugh Whore
Billy Crystal, 700 Sundays
Heather Raffo, Nine Parts of Desire
Mercedes Ruehl, Woman Before a Glass

JOHN GASSNER AWARD:
(Presented for an American play, preferably by a new playwright)
David Folwell, Boise
Gina Gionfriddo, After Ashley
Ron Hutchinson, Moonlight and Magnolias

SPECIAL AWARD:
Presented to Marjorie Gunner for 25 years of service as president of the Outer Critics Circle

Lukas Perman: Hier im Jetzt - OUT NOW

ALEL und die Tücken der Interaktivität

Albert Kessler; Foto: Martin Bruny
Interaktives Theater - ich mags nicht, ich sags gleich. Ich denk mir: Würde ich auf der Bühne stehen wollen, hätte ich einen anderen Beruf gewählt, sagen wir mal: Schauspieler. Hab ich aber nicht. Ich geh gerne ins Theater, um mich zu entspannen, um zu sehen, zu beobachten und die Show zu genießen, nicht, um die Show zu machen. Interaktive Bestandteile von Shows mögen ja bei einigen Menschen beliebt sein, man denke an die Rocky Horror Show oder die Sing-along-Specials diverser Volksopernproduktionen. Dafür gibt es dankbare Kundschaft, weniger beliebt machen sich wohl Darsteller, die ganz verzweifelt darauf aus sind, ein wenig Pepp auf Kosten einiger Zuschauer in ihr Programm zu bringen. Ich erinnere mich da an peinliche Momente in Shows von Alfons Haider oder Eva Marold. Man kann das machen, sicher, aber so wird man sein Publikum oder eben Teile seines Publikums eventuell auch rasch los. Man könnte sich als Zuschauer natürlich beispielsweise Plätze wählen, wo man aus gesicherter Entfernung vor den unerwünschten interaktiven Zugriffen der Darsteller sicher ist. Auch nicht jedermanns Sache, in irgendeinem Winkerl des Theaters einzuschauen. Vorstellbar wären auch interaktive “Leo”-Zonen …
Carla Almeida; Foto: Martin Bruny
Wie ich auf dieses Thema komme … Am 5. Mai gastierte Albert Kessler mit seiner Show “ALEL” im Wiener Akzent. Ich muss gestehen, ich wusste schon vorher, dass dies eine Show mit “interaktiven Bestandteilen” werden würde - da war ich also nun, und ich war selbst schuld. Nein, ich hatte keine Lust, wie ein Schwein zu grunzen oder wie ein Huhn zu gackern. Sorry, das ist einfach nicht mein Ding. Gleichwohl habe ich registriert, dass viele Besucher die Show bereits gut kannten und begeistert mitgemacht haben. Der Touch einer Sekten-Veranstaltung kam nur eine Sekunde auf, dann driftete das Ganze in die Fröhlichkeit einer Kindershow ab. In den längeren Abschnitten, in denen keine Interaktivität gefordert wurde, konnte man sich sogar auf den Tanz (Afro, Flamenco, Oriental-Indian, Modern) und das eine oder andere Lied konzentrieren, und ja, das war wirklich ansprechend.
Brian Wimpel; Foto: Martin Bruny
“ALEL” ist eine interessante Show mit Darstellern, die mit enormem Körpereinsatz alles geben, sich die Seele aus dem Leib schwitzen. Albert Kessler fungiert dabei als Autor, Komponist, Choreograph, Darsteller und Produzent. An seiner Seite agieren Brian Wimpel (ein Darsteller mit einer ganz wunderbaren Stimme), Carla Almeida, Kathrin Zurek und Stefan Trdy. Weiters wirken mit Arpad Hadnagy (Gitarre, Chorarrangements), Carlos Pino-Quintana (Bass, Orchesterarrangements), Thomas “fish” Fischdick (Percussion, Vocals, Musikalische Leitung).
Albert Kessler; Foto: Martin Bruny
Jim Libby führt Regie, kleinere Tanzeinlagen steuern Schüler und Schülerinnen der Musischulen Wien bei.
Albert Kessler; Foto: Martin Bruny
Fazit: “ALEL” ist für alle empfehlenswert, die es zulassen wollen, ihre Gefühle “die Schönen und Hässlichen, die Peinlichen und Stolzen, die Dreckigen, Erotischen, Kitschigen und vor allem die Ehrlichen” während der Show gemeinsam mit dem Darstellerteam auszuleben.
Brian Wimpel & Albert Kessler; Foto: Martin Bruny
Das ist der Anspruch, den diese Show an sich selbst stellt. Wenn es den Darstellern gelingt, ein Publikum dazu zu bringen, ist der Abend gut über die Bühne gegangen.

Stephen Schwartz - von Kritikern gehasst, vom Publikum geliebt

Stephen Schwartz
Anfang der 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts waren die “Schlager” aus seinen Musical-Hits “Godspell” und “Pippin” beliebte Gassenhauer. Songs wie “Day by day” oder “Corner of the sky” kannte man in den USA einfach. Er war DER Star des Broadways.
Am Ende der Dekade war er in New York nicht länger erwünscht.
Die Rede ist von Stephen Schwartz, Komponist des derzeit regierenden Broadway-Smash-Hits “Wicked”.
Das Publikum liebte ihn schon immer, aber die gestrengen New Yorker Kritiker konnten sich mit seinem Musikstil nicht anfreunden. Für sie war sein musikalisches Output Popmusik - also nichts, was sie auf einer Broadway-Bühne haben wollten. Sie warfen ihm vor, sein enormes Talent zu vergeuden - und sie setzten alles daran, um seinem Treiben ein Ende zu bereiten. Verrisse zeitigten früher oder später Flops, und so verließ Stephen Schwartz den Broadway - in Richtung Hollywood, wo er sich im Handumdrehen einen Namen machte. Er komponierte für den Film und das Fernsehen, erntete für seine Musik unter anderem 2 Oscars (für “Pocahontas” und “The Prince of Egypt”) - und dann kam “Wicked”.
Auch “Wicked” spaltete die Kritiker. Ein Teil von ihnen ist nach wie vor der Meinung, dass Schwartz mit seinen Pop-Tunes den Tod des “Amerikanischen Musicals” herbeiführen wird - auf der anderen Seite ist da das Publikum, und das liebt die Show. Die 14 Millionen Dollar teure Produktion konnte in Rekordzeit in die Gewinnzone manövriert werden - mit “Wicked” landete Stephen Schwartz DEN Erfolg seines bisherigen Schaffens. Die Cast-CD wurde in diesem Jahr mit einem Grammy ausgezeichnet und gilt als bestverkaufte Cast-CD seit “Mamma Mia!” und “Rent”.
Stephen Schwartz über seinen musikalischen Stil: “I was very influenced by the classic musical theater writers in terms of how they structured a storytelling song, but in the early ’60s, my tastes sort of shifted toward pop music, and by the time I started writing professionally for the theater, that’s the kind of music that attracted me.
I ended up with a musical style that’s a kind of amalgamation of the structure and lyric approach of classic Broadway combined with a pop sound.
I do tend to write in a pop idiom, and the songs are meant to be sung in a kind of pop style, which perhaps makes the music more accessible than that of some other Broadway writers. But you have to remember that Kern and Gershwin and Rodgers were writing in the popular music styles of their day - and they weren’t being criticized for not writing like [early 20th century operetta composer] Sigmund Romberg. Why should people in the 21st century be writing music for the theater the way they did in the 1950s?”

In den 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts waren musikalisches Unterhaltungstheater und Popmusik eng verbunden. Stars wie Frank Sinatra und Judy Collins coverten die größten Hits der Bühnenshows und brachten sie ins Radio und die Charts. In den 60er Jahren setzte die Spaltung ein von Songs, die man im Radio hörte, und Musik, die für das Theater geschrieben wurde.
Stephen Schwartz: “Certainly the vast majority of music for the theater these days is being written in a pop style. With Elton John, it seems to be acceptable to the New York critics because he comes from the pop world and is therefore forgiven for writing in this idiom. That obviously doesn’t apply to “Wicked” - which is interesting, since “Wicked” is a show that’s doing everything that the Broadway establishment has said they want shows to do: attracting an age range to the theater that they’ve been saying for years that the theater should appeal to.”
Auf die Frage, ob er noch einmal mit einem Musical am Broadway an den Start gehen wird, meint Schwartz: “If you ask me today, I’d say no. But if you had asked me before I came across the idea for “Wicked”, I’d have said no then, too.” [Chicago Sun-Times]

Künstler und ihre Websites

Websites von Künstlern - eigentlich liegt doch nichts näher als die Auffassung, dass in unserer Zeit eine gut gestaltete Homepage für jeden Künstler eine Selbstverständlichkeit ist. Sie bietet Kontaktmöglichkeit zum Publikum, sie bietet die Chance, potentielle Arbeitgeber anzusprechen, das eigene Schaffen genau so, wie man es will, darzustellen, sie bietet die ideale Plattform zur Selbstpromotion - das heißt nun nicht, dass Darsteller, Schauspieler, Komponisten selbst in ihrer Freizeit HTML- oder sonstige ähnliche Fertigkeiten freisetzen müssten. Es gibt genug Agenturen, die das gerne übernehmen, und wer dafür nicht unbedingt Geld ausgeben will, wird mehr als einen “Fan” finden, der bereit ist, eine Homepage zu gestalten. Nötig ist nur die gewisse Einstellung, das auch zu wollen. Nötig ist dazu auch, sich nicht nur in Künstlerkreisen zu vernetzen, sondern auch mit Fans, mit Förderern, nötig ist es auch, sich nicht in den Elfenbeinturm zurückzuziehen, sondern Einblick zu gewähren, förderlich ist es mit Sicherheit, das Publikum spüren zu lassen, dass Mitarbeit erwünscht ist. Ich glaube ja, dass Künstler nach wie vor völlig unterschätzen, wie stark die Bindung zwischen ihnen und ihrem Publikum gerade auch durch Homepages werden/sein kann, wieviel Energie gerade enthusiasmierte Fans freisetzen, um für den von ihnen geschätzten Künstler zu “werben” - gratis, unverbindlich, ohne den Wunsch nach einer nennenswerten Gegenleistung. Wobei natürlich eine ins Netz genudelte Site mit ein paar Bildchen und Statements nicht so viel bringen wird wie eine vom Künstler persönlich regelmäßig upgedatete Page. Wenn ich als interessierter “Fan” damit rechnen kann, regelmäßig Neuigkeiten, vielleicht sogar exklusive Schaffenssplitter auf der Homepage vorzufinden, werde ich sie häufig aufsuchen, werde ich sie weiterempfehlen. Wenn ich als “Fan” die Möglichkeit habe, an der Gestaltung der Site in irgendeiner Form mitzuarbeiten, oder auch zum Beispiel verlinkt zu werden, wird die Bindung an Stärke gewinnen.
Ich finde es immer wieder sehr bedauerlich, wie wenige Musicaldarsteller auch nur halbwegs ansprechende Sites online stellen. Es ist oft ausschließlich Fans zu verdanken, dass man den einen oder anderen Darsteller, Komponisten, Schauspieler überhaupt ergoogeln kann. Ganze Schaffensperioden eines Darstellers etwa können mit Bildern, aufgenommen von Fans, wunderbar dokumentiert werden - wenn man das als Künstler zulässt, was jedoch nur selten der Fall ist. Schade um die vielen vergebenen Möglichkeiten. Fans kommen und gehen, entweder man versteht es, sie an sich zu binden, oder eben nicht. Früher hatte man für diesen Bindungsprozeß oft ausschließlich die Bühne, das Buch, ein Konzert. Heutzutage hat man auch die Welt des WWW und, was noch wichtiger ist, die Arbeit an der Schaffung einer eigenen Region in der Welt des WWW. Ein Künstler, der diese Welt gemeinsam mit seinen Fans errichtet, wird am Ende des Tages mit Sicherheit nicht allein dastehen.
Ein Beispiel: Bill Russell, Autor der Kultmusical “Elegies for Angels, Punks and Raging Queens” oder “Side Show” bietet eine schier unglaubliche Menge an Informationen, Bildern, Notizen, Links u.v.a.m. auf seiner Site. Für die Besucher seiner Page schreibt er ein “Gedicht des Monats”, und nicht selten kommt es vor, dass die Besucher seines Gästebuchs persönliche Mails erhalten. DAS ist Commitment, so stellt sich ein Künstler professionell, aber auch persönlich dar.
Durchaus zu empfehlen ist auch die Darsteller-Site von Paul Vaes, der derzeit als Lord Capulet im Musical “Romeo & Julia” am Wiener Raimundtheater zu sehen ist. Tagebucheintragungen, Newsletter, Links zu Berichten über sein Schaffen, eine nette Multimedia-Sektion, all das macht seine Site durchaus liebenswert.
Es ist immer wieder spannend, sich auf die Suche nach liebevoll gestalteten Websites zu machen, ich wünsche allen Lesern viel Erfolg.