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Archiv - 2017

Linz: »Ghost« (2017)

Eine Show, anhand derer man den Zustand der Musicalkritik derzeit ganz gut belegen kann, ist »Ghost« (Bruce Joel Rubin, Dave Stewart und Glen Ballard). So schreiben die »Oberösterreichischen Nachrichten«: »… und Peter Lewys Preston überzeugt in seiner Darstellung von Carl, Sams vorgeblichem Freund.« Die »Tiroler Tageszeitung« dagegen meint »Lediglich Peter Lewys Preston blieb in der Rolle des Carl etwas blass.« 
Das sind zwei Pole. Man kann nicht »überzeugen« und dabei »blass bleiben«. Waren wir nicht alle in derselben Vorstellung, in der Premiere?
Ich habe Peter Lewys Preston vor seinem Engagement in Linz als Singer/Songwriter schätzen gelernt. Auf seiner ersten (zum Teil per Crowdfunding finanzierten) Solo-CD hat er nicht wie viele andere alte Hadern aus den immer gleichen Musicals nachgesungen oder versucht, sich von Songwritern und Managern mit Billigsdorfer-Pop auf Charts hinschnalzen zu lassen, sondern mit melodiösen Songs überzeugt. In Linz war Preston bisher in kleineren Rollen in »The Full Monty« zu sehen, in einer größeren und mit einem Solo-Song in »Prà©ludes« und schließlich in einer der Hauptrollen in »Ghost«. Was seine Performance in »Ghost« betrifft, so würde ich mich keiner der beiden Kritiken anschließen wollen. Weder war Preston blass, noch hat er vollkommen überzeugt. Stimmlich war er in »Prà©ludes« bei seinem Solosong in der von mir besuchten Vorstellung nicht zu hundert Prozent sicher, aber hervorragend inszeniert die ganze Show hindurch. Sein Solosong am Ende der Show war ein Event (eines von mehreren) innerhalb der Produktion. Schade, dachte ich mir damals, dass er diesen Moment nicht optimal nutzen konnte. In »Ghost« erlebte ich Preston sicherer als Sänger, aber schauspielerisch? Nicht wirklich. Vor allem zwei Szenen sind mir in Erinnerung, die man als Regisseur so nicht freigeben sollte. Gegen Ende des ersten Akts sucht Carl (Preston) Sams Mörder in dessen Wohnung auf. Der Dialog, den die beiden führen, ist nicht glaubhaft, sowohl was das Schauspiel betrifft als auch den Text selbst, mit dem eher dem Publikum noch einmal erklärt wird, was bisher geschah. Die Szene ist schon im englischen Original ein Schwachpunkt, in Linz ist sie um nichts besser. Preston hat hier nach der Premiere in einer Folgevorstellung leicht variiert (im Tonfall) und ist etwas glaubhafter geworden, aber nach wie vor gerät alles aus dem Ruder. Tonfall, Lautstärke, Mimik, Timing, er verliert hier die Kontrolle. Wenig später dann die zweite wenig geglückte Szene. In einem Wutanfall kokst Carl, dann krempelt er sich die Ärmel hoch, dann stampft er wütend durch die Szene, kickt mit einem Bein in die Luft – völliges Overacting. Das ist nicht »blass« oder »überzeugend«, es könnte aber ein Resultat von zu wenig Probenzeit sein, zu wenig Regiearbeit.
Was die Regiearbeit betrifft, so hakt es aber nicht nur in diesen Szenen. Erinnern wir uns an eine Szene am Anfang des Stücks. Sam und Molly sitzen in einem Restaurant, der Kellner kommt und schenkt nach. Molly hat mehr im Glas als Sam. Sam nimmt ihr Glas und schüttet etwas Wein von ihrem Glas in seines. Nun haben beide gleich viel Wein und zehn Sekunden später gehen sie, ohne davon etwas getrunken zu haben. Währenddessen lässt man auf der rechten Bühnenseite schon die ganze Zeit über reichlich Nebel in die Szene. Vielleicht gibt es dafür ja eine Überlegung. Auf der Hand liegt sie nicht.
Die Londoner Inszenierung war eine exakt komponierte Show aus Ton, Licht, Effekt, Schauspiel, Tanz. Was passiert, wenn man hier an den Feinheiten rummurkst, hat man nach dem Transfer an den Broadway gesehen. In London musste die Show bald schließen, weil man die beiden Hauptdarsteller Richard Fleeshman und Caissie Levy, die von Beginn der Entwicklung des Musicals an dabei waren, an den Broadway exportiert hatte, und am Broadway wollte die Show nicht in die Gänge kommen. Ein Popmusical hat es am Broadway schon aus Prinzip bei Kritikern schwer. In diesem Fall entschied sich auch das Publikum dagegen.
In Linz funktioniert die Show vor allem deshalb, weil sie es schafft, Gefühle zu erzeugen, weil die entscheidenden Momente, und das sind nicht unbedingt jene, für die man Spezialeffekte benötigt, überzeugend gespielt werden. Da funktioniert die Chemie zwischen Riccardo Greco und Anaà¯s Lueken, das zärtliche Spiel mit der Liebe, dem Tod, der Melancholie und der Sehnsucht. In einem Musicalmagazin habe ich über die Musik der Show gelesen, dass die Songs nicht für die Kategorie »Ohrwum« taugen. Interessant, so ungefähr formulierten es auch die Wiener Kritiker bei »Rudolf«, dem Musical von Frank Wildhorn. Beide Shows sind wahre Hitfeuerwerke mit tollen Melodien. Man muss ja für Popmusicals nichts übrighaben, aber man sollte funktionierenden Melodien nicht ihre Wirksamkeit absprechen. Wer Lieder hören will, die nicht funktionieren, muss nur nach Wien fahren und sich »Don Camillo und Peppone« ansehen.
»Ghost« funktioniert in Linz sicher nicht aufgrund der Spezialeffekte. Was mich interessieren würde: Ist das eine Probeversion für die deutsche Version, das heißt, werden die Effekte noch verbessert, oder war’s das? In einem Online-Magazin stand zu lesen, dass Linz die »schwierige Aufgabe hatte, keinen Klon aus London zu produzieren, sondern eine eigene Inszenierung zu liefern, die sich jedoch nicht hinter der bekannten verstecken muss. Gleichzeitig sollte sie tourneetauglich sein und sich am deutschen Markt behaupten können. Dieses Kunststück ist gelungen. Von Anfang bis Ende wohnt der Show unter der Regie von Matthias Davids ein Zauber inne.« Nett, doch übersehen wir nicht die Tatsache, dass Stage Entertainment hier angeblich Geld investiert hat in die »Tricks«, in die »Illusionen«. Dafür ist die Wirkung aber dann doch etwas bescheiden. Das bekommt das Theater der Jugend in Wien bei ihren oft fantasievollen Bühnenillusionen auch ohne deutsche Partner hin.
Nehmen wir nur den Moment, in dem Sam als Geist durch eine Tür geht. Während man am West End hier tatsächlich eine perfekte Illusion kreiert hat, für die es immer Szenenapplaus gab, hat es in Linz den Anschein, als würde sich der Darsteller einfach durch einen kleinen Spalt seitlich an der knallrot beleuchteten Tür durchzwängen. Nicht wirklich ein toller Effekt. Carl lässt man an einer Wand durch »Geisterkraft« hochschweben. Nur schade, dass man genau sieht, wie das gemacht wird. Andererseits auch logisch, weil ja die Darsteller keine Illusionisten sind. Man könnte natürlich etwas besser kaschieren, dass Preston in der Szene unter seinem Hemd einen Gurt trägt, sich mit einem am Haken an einer Vorrichtung an der Wand einhakt und dann nach oben geliftet wird. Das könnte man etwa durch Licht kaschieren. Da haben wir aber das nächste Problem. Die ersten Reihen des Theaters bekommen von dem im Ansatz vorhandenen Versuch, durch grelles Licht das Publikum abzulenken, nicht viel mit, weil die Spots eher nach hinten ausgerichtet sind. Hinten hat man den Eindruck, dass es viel zu wenig Scheinwerfer sind, um wirklich einen tollen Effekt (welchen auch immer, man wundert sich bisweilen über die Blendlichter) zu haben. An den Dimensionen des Theaters scheitert auch ein eigentlich recht netter Trick. Um zu lernen, wie man als Geist physische Objekte tatsächlich fassen kann, statt nur hilflos durch sie hindurchzugreifen, stellt Sam eine Zigarettenschachtel auf eine Bank. Die ersten Male hat es den Anschein, als würde er durch die Packung einfach durchgreifen, doch schließlich klappt es, und er kann sie bewegen. Zwei Probleme haben wir bei diesem Trick. Von weiter hinten bekommt man nicht mit, dass auf der Bühne überhaupt eine Illusion stattfindet, und in der ersten Reihe sieht man natürlich, dass beim »Durchgreifen« die eine Packung nach unten kippt und dahinter eine nächste Packung hochkippt. Es müssen also in einer Art Rad mehrere Zigarettenpackungen angebracht sein. Dass man das sieht, macht den Trick nicht besser, so funktionieren Illusionen nicht. Aber wie gesagt, die Darsteller sind keine Illusionisten.
Ich hoffe, die Szene, in der der U-Bahn-Geist auf eine Turnmatte in den Orchestergraben jumpt, wird nicht in die Reihe der Illusionen eingereiht, das ist eher einer der albernsten Momente des Stücks. Am besten funktionieren immer noch die »Illusionen«, für die man keine Technik braucht, sondern vor allem der Fantasie des Publikums vertrauen muss. Etwa, wenn der Geist Sam in das Medium Oda Mae Brown »schlüpft«. Licht, Verkleidung Schatten und danach gelungenes Schauspiel und perfekte Songs. Das reicht.
Vielleicht reichte am Ende einfach das Budget für bessere Tricks nicht oder die Zeit war zu knapp. Anders ist es auch nicht erklärbar, dass man den Song »Rain« zu Beginn des zweiten Akts gestrichen hat. Hier hätte der Choreograf Lee Proud seine Chance gehabt, sich so richtig auszutoben. Er hat großteils zwar einen fabelhaften Job gemacht, und das Ensemble tanzt sensationell, exakt, aber die überschüssige Energie, mit der Herr Proud »I’m outta here« einen Showstopper des Musicals, zuerst glänzend aufgebaut und im zweiten Teil beinhart zerstört hat, hätte er lieber in »Rain« investieren sollen. »I’m outta here«, das Solo von Ana Milva Gomes, ist das Powerstück der Show, eine Tanznummer, in der Proud die Fetzen fliegen lässt, leider im wortwörtlichen Sinn. Es ist der Song, in dem Oda Mae Brown davon fantasiert, was sie mit dem vielen Geld, das sie in Form eines Schecks vermeintlich durch Sam bekommen hat, anstellen will. Sie singt davon, auf die Bahamas zu fliegen … Ein großartiges Tanzstück von Gomes und Ensemble, rasant bis … Nein, hab ich mir in dem Moment gedacht. Bitte, das machen die nicht wirklich jetzt … Statt diese Szene ganz auf Gomes zu fokussieren und spannend zu bleiben, beginnt sich das Ensemble auszuziehen, auf einmal stehen sie in knallbunten Badehosen da und Bikinis. Man kann es nicht anders bezeichnen als den Einbruch der Peinlichkeit in eine perfekte Szene. Billigstes Musicalklischee, kunterbunter Schwachsinn. Warum kann es nicht ein Mal ein Musical geben, für das man sich nicht zumindest in einer Szene fremdschämen muss. Nichts ist weniger sexy als sich angestrengt aus ihren Klamotten schälende Tänzer, die so tun, als würden sie das wahnsinnig elegant und lasziv durchziehen können. Gleichzeitig lenken sie alle von Gomes ab. Aus. Die Szene ist kaputt. Besser könnte es Gergen auch nicht. Jetzt hätte nur noch gefehlt, dass ein paar Leute vom linken Bühnenrand zum rechten Bühnenrand gehen, und wie am Handy die Szenerie freiwischen.
»Ghost« zeigt die Grenzen des Musiktheaters Linz auf. Soundtechnisch gesehen schrammt die Produktion nahe an der Katastrophe vorbei. Sitzt man hinten, versteht man akustisch kaum was, selbst in der ersten Reihe kommt der Ton extrem hallig rüber. Was mich interessieren würde, ist, wie sich die Darsteller selbst auf der Bühne hören. Man hat den Eindruck, dass einige Probleme haben. Lichttechnisch hat Michael Grundner zwar die gegebenen Möglichkeiten gut ausgenutzt, aber eine Show wie »Ghost« hätte mehr vertragen. Erinnern wir uns, wie »We Will Rock You« ins Raimund Theater eingezogen ist und Lichttechnik bis zum Anschlag aufgefahren hat. Mit dem vorhandenen Budget wird man aber wohl kaum Besseres bekommen.
»Ghost«, um zum Schluss zu kommen, funktioniert, weil es eine packende Geschichte erzählt und das hat, was jedes gute Musical hat: ein bisschen Magie, und die kommt nicht von den »Zaubertricks«, oder sagen wir: nicht nur. Die Show hat Szenen, die man nicht vergisst und die man noch einmal sehen möchte. Und das ist das Wichtigste überhaupt: dass ein Theaterereignis süchtig macht, nach dem Kick, den man in einer Vorstellung bekommt. Das Musicalensemble und die Gäste spielen in dieser Produktion groß auf. Allen voran Riccardo Greco, der in dieser Saison einen Lauf hat, für jede Produktion eine überzeugende Interpretation gefunden hat und sich als Leading Man des Ensembles etablieren konnte. Ana Milva Gomes erhält aufgrund ihrer derzeitigen »Dancing Stars«-Prominenz viel Extraapplaus, hätte ihn sich aber auch so aufgrund ihrer Powerhouse-Leistung verdient. Eine Show zum Immerwiedersehen.

GHOST
Musikalische Leitung/Stefan Diederich
Nachdirigat/Borys Sitarski
Inszenierung/Matthias Davids
Choreografie/Lee Proud
Bühne und Videodesign/Hans Kudlich
Kostüme/Leo KulaÅ¡
Lichtdesign/Michael Grundner
Sounddesign/Andreas Frei
Videoanimation/Atzgerei
Illusionen/Nils Bennett
Dramaturgie/Arne Beeker

Sam Wheat/Riccardo Greco
Molly Jensen/Anaà¯s Lueken
Oda Mae Brown/Ana Milva Gomes
Carl Bruner/Peter Lewys Preston
Krankenhaus-Geist, Detective Beiderman, Furgeson/Rob Pelzer
U-Bahn-Geist, Ensemble/Gernot Romic
Clara, Officer Wallace, Ensemble/Ariana Schirasi-Fard
Louise, Ensemble/Gina Marie Hudson
Willie Lopez, Ensemble/Mischa Kiek
Ensemble/Nicolas-Boris Christahl, Rachel Colley, David Eisinger, Ruth Fuchs, Andrà© Naujoks, Raphaela Pekovsek, Thomas Karl Poms, Anna-Julia Rogers, Jan-W. Schäfer, Rita Sereinig, Nina Weiß

Swings/Wei-Ken Liao, Lynsey Thurgar
(Angaben zur Vorstellung am 2.4.2017)

Neulich bei Aschenbach

Unlängst in Baden bei einer Musicalpremiere. 1. Rang, Loge. Es erscheint eine Kabarett-Diva des legendären Simpl. Das breite Lächeln strahlt bis ins Parkett. In der Hand hat sie eine Sektflöte. Die stellt sie gleich mal auf die Balustrade. Ihr Leben hat sie dem Theater gewidmet, 40 Jahre, 50 Jahre. Das hindert sie freilich nicht daran, sich wie jemand zu gebärden, der noch nie im Theater war. Ein Billeteur verschafft sich Zutritt zur Loge, schnappt sich das Sektglas und verschwindet wieder. Nun stellt die Diva ihr Handtäschchen auf die Balustrade. Scheinbar hat sie nicht begriffen, dass es nicht um den Sekt ging. Der Billeteur klärt sie freundlich auf.

Hinter mir angeregtes Geplauder übers Theater. »Demut braucht ein Schauspieler am Theater.« Demut? Gerade das Gegenteil ist am Theater notwendig. Mut. Und Wahrheit. Demut ist am Theater oft nur eine Umschreibung für Verlogenheit. Ich kann mich an einen besonders entlarvenden »Auftritt« eines Musical-Couples erinnern. Es war bei der Premiere eines neuen Musicals, Schlussapplaus. Hmm, es kommen nicht wirklich Standing Ovations zustande, da stehen die beiden auf und applaudieren mit weit von sich gestreckten Händen demonstrativ. Blicken sich um, klatschen weiter. Ja Kinder, alle sehen, was ihr macht. Ein paar Minuten später, nach der Show: Man plaudert. Und hört unfreiwillig mit, wie die beiden nicht gerade positiv über das Stück reden, das sie ein paar Minuten zuvor eifrig beklatscht haben. So viel zur Wahrheit am Theater. Wirkt natürlich gut, wenn der Intendant sieht, wie die Mitarbeiter ihr Bestes geben, um den Eindruck eines geradezu fulminant-rauschhaften Premierenerfolgs zu erzeugen. Und das kommt auch billiger als die Claqueure, die man sich doch gerne ab und zu leistet.
Noch eine Erinnerung. Interview mit der Dame des Couples. Sie hat interessante Ansichten. Durchaus provokant, auch kritische, die Produktion betreffend. Die Pressedame winkt ihr kurz. Kristallklar-beißende Freundlichkeit im Gesicht, die eindeutige Botschaft: Bei FUSS. Ein paar Minuten später kommt die junge Darstellerin retour, offensichtlich auf Schiene gebracht. Die Welt ist wunderbar, die Show ist wunderbar, die Story ist wunderbar. Besser könnte selbst Scientology Menschen nicht in ihrer Meinungsfreiheit kastrieren. Scheiß auf die Demut.

Die Show in Baden ist eine der besseren. Lediglich der Tanz ist bisweilen irritierend. Junge Tänzer des Ballettensembles geben sich die Choreografie, als wäre sie ihnen um 200 Prozent zu leicht. Und gerade ihre Lässigkeit ist grandios. Der Choreograf – hat er aus Kostengründen eine Tanz-/Singrolle übernommen? – vermittelt einen angestrengten Eindruck, der mich an ein legendäres Event erinnert. Als Marika Rökk sich zu ihrem 70. Geburtstag 1983 im Wiener Raimund Theater noch mal die Ehre gab und im »Ball im Savoy« auftrat, da konnte sie natürlich noch ihre weltberühmten Haxen schwingen wie eine Junge. Aber das ist der Punkt. »Wie eine Junge«. Das angestrengt wirkende Zwangsgrinsen im Gesicht, getreu dem Motto: Wenn’s unten schiefgeht, Hauptsache im Gesicht passt’s, erregte letzten Endes Mitleid. Und so ist es auch in Baden. Die Strapazen sind dem Choreografen ins Gesicht gemeißelt. Das Zwangsgrinsen ist ausdruckslos. Da kann alles technisch so perfekt wie nur möglich sein, im Kontrast zu den sich mit der Choreografie spielenden Ballettbuben ist der Choreograf der Aschenbach der Produktion.

Nochmal zurück zur Demut und Verlogenheit, zum Gehorsam dem Theater gegenüber, weil wir gerade bei Thomas Mann waren. Der hätte auch dazu einiges auf Lager gehabt. Etwa: »Euer Gehorsam ist grenzenlos, und er wird, daß ich es euch nur sage, von Tag zu Tag unverzeihlicher.«