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Archiv - 2005

Wien: Mitsuko – Uraufführung von Frank Wildhorns Multikulti-Musical

Produziert von der japanischen Weltfirma Kyodo Tokyo und koproduziert von der Wiener Agentur GlanzLichter ging am 9. Dezember 2005 im Wiener Museumsquartier die Uraufführung von »Mitsuko«, einem der vielen neuen Musicals von Frank Wildhorn (weitere Projekte: »Cyrano de Bergerac«, »Mary Shelley’s Frankenstein«, »Rudolf«, »Excalibur«, »Camille Claudelle«, »Dracula«, weiters: »Carmen«, »Alice In Wonderland« und »Bonnie & Clyde«) als konzertante Fassung über die Bühne. Das Medienecho war erstaunlich gering. Warum das so ist, das müsste man vielleicht einmal genauer untersuchen. Vielleicht hat es mit der Einstellung der Wiener Journaille Musicals gegenüber zu tun – ganz sicher sogar. Vielleicht ist eine Uraufführung nichts Besonderes für Wien, schon gar nicht die eines Musicals, hat doch hier die schlimmste Lohengrin-Inszenierung mehr Echo als ein Welterfolg wie »Elisabeth«. Dass Namen wie Frank Wildhorn und Uwe Kröger nicht für fette Schlagzeilen sorgen, mag ein wenig wundern, aber Wien ist eben anders. Hier holt man extra zwei japanische Superstars und den deutschsprachigen Musicalstar für eine Show nach Wien, engagiert ein 28-köpfiges Orchester – und das Event versickert dann doch eher als Insider-Veranstaltung denn als glitzernde Uraufführung mit rotem Teppich und Medienteams aus aller Welt.

Aber beginnen wir bei der Story. Worum geht’s? Der junge Adelige Heinrich Coudenhove-Kalergi kommt 1892 als Gesandter der Österreichisch-Ungarischen Monarchie nach Japan. Bald nach seiner Ankunft trifft er auf die junge Japanerin Mitsuko Aoyama, die sich nach einem Reitunfall aufopfernd um ihn kümmert. Zwei Wochen später reichen Heinrich und Mitsuko ihre Eheschließungsdokumente ein. Japan ist zu dieser Zeit in den Augen der meisten Europäer ein unzivilisiertes, kleines Land im Fernen Osten, Mitsuko eine Bürgerliche, was schnell zu Diskriminierungen führt. Mitsuko bringt in Japan zwei Kinder, Hans und Richard, zur Welt. 1896 kehrt die Familie aus Asien zurück und lässt sich in Böhmen nieder. Heinrich zieht sich aus dem Diplomatenleben zurück und widmet sich der Verwaltung seiner großen Besitztümer. Verwandte und Freunde kommen der Asiatin Mitsuko wenig wohlwollend entgegen, mehr als einmal hegt Mitsuko den Gedanken, zurück nach Japan zu flüchten. 1906 stirbt Heinrich unerwartet. Für Mitsuko, alleingelassen in einem fremden Land, bricht die Welt zusammen. Heinrich hat testamentarisch seinen ältesten Sohn Johann zum Nachfolger bestimmt, doch sein gesamtes restliches Vermögen Mitsuko vermacht, was die Familie erbost. Doch Mitsuko lässt sich nicht einschüchtern und schafft es, Land und Vermögen bestens zu verwalten. Während des 1. Weltkriegs herrscht in der Monarchie eine geradezu hysterische Anti-Japan-Stimmung. Alle in Wien lebenden Japaner werden außer Landes gebracht, doch Mitsuko bleibt. Der älteste und der dritte Sohn gehen an die Front, Mitsuko meldet sich mit drei Töchtern beim Roten Kreuz. Richard hat mittlerweile die Universität Wien absolviert und schreibt seine Gedanken 1923 in dem Buch »Paneuropa« nieder. Er macht darin den kühnen Vorschlag, die 28 Demokratien Europas in einem Staatenbund nach dem Vorbild der Vereinigten Staaten von Amerika zu vereinen. Richards Ideen lassen weniger das analytische Denken des Westens als vielmehr das ganzheitliche Denken der östlichen Philosophie durchscheinen. Als bekannt wird, die Mutter des Autors sei Japanerin, bedenken die Zeitungen Mitsuko mit einem neuen Namen: »Mutter der Idee einer europäischen Union«. Die Ideen und Aktionen, von denen Richards Leben geprägt ist, haben großen Einfluss auf die politische Denkweise in Europa und finden ihre Weiterentwicklung und Verwirklichung nach dem 2. Weltkrieg in der Bildung der EWG (der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft) und schließlich in der heutigen Europäischen Union. 1941 stirbt Mitsuko unerwartet an einem Schlaganfall.

Für Komponist Frank Wildhorn ist die Botschaft, die er mit dieser Show transportieren möchte, eine ganz simple: »Liebe überwindet alle Grenzen«. »Mitsuko« ist, so Wildhorn, letzten Endes die Geschichte einer großen Liebe. Egal welche Hindernisse überwunden werden müssen, wenn die Liebe wahrhaftig und groß genug ist, wird sie siegen. Mitsuko als Story, die Kontinente umspannt, spiegelt sich auch in der Arbeit an diesem Musical wider: Frank Wildhorn (Musik) und Jack Murphy (Text; »The Civil War«, »Rudolf«), zwei Amerikaner, auf der einen Seite, Shuichiro Koike, der berühmte japanische Regisseur (Buch & Regie; Regie auch bei den japanischen Inszenierungen von «Elisabeth”, «Mozart”) auf der anderen. Und kam einst Mitsuko von Japan nach Europa, so soll das Musical von Europa aus nach Japan ziehen. Wien als Ort der Uraufführung passt gut in dieses kontinentübergreifende Konzept, ist doch Mitsuko in Japan eine Kultfigur, mehr noch als Kaiserin Sisi für Österreich, und das Symbol für die Verständigung zwischen Europa und Asien. Auch auf Darstellerseite wurde der kontinentübergreifende Ansatz durchgezogen. Uwe Kröger als Heinrich, Boris Eder als Erzähler bildeten mit Maki Ichiro (Misuko) und Yoshio Inoue (Richard) eine äußerst attraktive Besetzung. Das Musical Festival Orchestra Vienna unter der Leitung von Adrian Manz lieferte den süffigen Sound, genau so süffig, wie er in der Halle des Museumsquartiers gerade mal akustisch möglich ist. Auch der Background-Chor (Gen Seto, Minako Futori-Winkler, Stefanie Schönleitner, Iris Morakis, Jelena Simic, Ingolf Unterrainer, Dietmar Seidner und Mike Lebar) repräsentierte eine kontinentübergreifende Einheit.

Die Uraufführung ging in Form einer konzertanten Version als 1. Akt der Veranstaltung über die Bühne. Insgesamt 9 verschiedene Songs (die zum Teil als Reprisen und Instrumentalversionen wiederholt wurden, sodass der erste Akt aus insgesamt 17 Liedern bestand) wurden vorgestellt. Auch hier hat Wildhorn das »internationale Konzept« voll durchgezogen. Gesungen in deutscher, japanischer und englischer Sprache, war »Mitsuko« für den Komponisten sowohl einzigartige Herausforderung wie auch herausragende Gelegenheit, die musikalischen Sprachen des Ostens und Westens zu verbinden. Motivierend kam hinzu, für so prominente internationale Musicalstars wie Uwe Kröger, Maki Ichiro und Yoshio Inoue zu komponieren. Die drei Musicalstars zeigten sich an diesem Tag bei blendender Laune und guter Stimme. Kleine Textunsicherheiten kann man angesichts des hektischen Zeitplans und der kurzen Vorbereitungszeit nachsehen. Maki Ichiro liebt große Gesten, und so wird ihre Mimik und Gestik vielen Europäern wohl hemmungslos übertrieben vorkommen, allein, das kann man diesem Multikulti-Ansatz auch zugute halten: Überdeutlich wird vor Augen geführt, wie unterschiedlich die Ausgestaltung von Rollen sein kann, und da sich auch Uwe Kröger in den letzten Jahren eine Tendenz zu übergroßen Gesten angeeignet hat, fügten sich die unterschiedlichen Interpretationen letztlich doch zu einem harmonischen Ganzen. In manchen Szenen ähnelt der Clash of Cultures-Reiz jenem von Shows wie »The King and I«. Boris Eder als Erzähler ist der rote Faden, das verbindende Element, der den Erzählfluss in Gang hält und durch die Handlung, die fast fünf Jahrzehnte umspannt, führt. Yoshio Inoue interpretierte seine Songs mit enormer Stimmkraft.

Frank Wildhorn hat für »Mitsuko« im Wesentlichen das komponiert, was man Adult Contemporary Songs nennen könnte, anders formuliert, es gibt kaum ein Lied, das stilmäßig nicht auf einem Barbra Streisand- oder Barry Manilow-Album zu finden sein könnte. Nach wie vor sind seine Melodien mit Sicherheit chartstauglich, sehr einprägsam und gefühlvoll, wobei er für diese Show bei einigen Songs tatsächlich japanische Elemente mit westlichem Poptouch zu einem neuen Melodienkonstrukt verwoben hat. Neben den für seine Musicals typischen hymnischen Tunes prägt eine enorme Melancholie und Sehnsucht die durchwegs starken Songs.

Der 2. Akt des Abends war ein da capo der Konzerttour »Divas 2004«, die Uwe Kröger gemeinsam mit Yoshio Inoue und Maki Ichiro 2004 in Japan gegeben hat. Ohrwürmer aus »Jekyll & Hyde«, »Mozart!« und »Elisabeth« standen auf dem Programm. Uwe Kröger führte charmant durch diesen Teil des Konzerts, hatte starke Momente (»Wie kann es möglich sein« aus Mozart!, »This is the moment«, Jekyll & Hyde) und einen weniger starken (»Die Musik der Nacht«, Phantom der Oper), aber den vergessen wir schnell wieder. Dominiert wurde dieser Best of-Teil des Abends von Yoshio Inoue, der beweisen konnte, warum er in Japan als Star gilt. Ichiro Maki war die wahre Diva des Abends, ein Hauch von außer-/überirdischer Magie umgab ihre Performance von »Ich gehör nur mir«, sehr überschwänglich in Gestik und Mimik, theatralisch bis zum Exzess – umjubelt vom japanischen Teil des Publikums, bestaunt vom Rest.

Komponist Frank Wildhorn zeigte sich von der Leistung der Mitwirkenden des Abends begeistert: »Jeder Trip nach Wien ist magisch, aber dieses Mal war es etwas ganz Besonderes.« Zahlreiche Musicalkollegen kamen, um die Uraufführung in Anwesenheit des japanischen Botschafters S. E. Botschafter Itaru Umezu zu erleben. Auch die Nachkommen von Mitsuko waren anwesend und zeigten sich gerührt darüber, ihre Familiengeschichte auf diese Art miterleben zu dürfen. Die anschließende Party im Museumsquartier dauerte bis in die frühen Morgenstunden.

Rebecca – Pressekonferenz zur Uraufführung 2006 im Wiener Raimund Theater

Am 6. Dezember 2005 fand im Wiener Raimundtheater die Vorstellung des Leading Teams von »Rebecca«, der ersten Musical-Uraufführung unter der Intendanz von Kathrin Zechner, statt. Michael Kunze (Buch), Sylvester Levay (Musik), Francesca Zambello (Regie), Peter J. Davison (Bühnenbild), Birgit Hutter (Kostüme), Andrew Voller (Licht) und Caspar Richter (Musikalische Leitung) (nicht anwesend: Denny Sayers (Choreographie)) gaben in kurzen Statements und Einzelinterviews einen Einblick in die Gedankenwelt der »Macher« dieser Produktion.

Für Intendantin Kathrin Zechner ist »Rebecca« einer der interessantesten literarischen Stoffe, die es gibt, ein weltweit millionenfach verkaufter Roman, ein Hitchcock-Film, eine der faszinierendsten Liebesgeschichten, mit einer Hauptperson, die von einer unbedarften jungen Frau zu einer starken, gereiften Persönlichkeit wächst, ein Stoff, der auch eine packende Kriminalhandlung enthält, ein DramaMusical, das in seiner Vielfältigkeit und Herausforderung sehr spannend ist.

Michael Kunze kennt den Roman seit seinem 15. Lebensjahr. Als Thema für großes Musiktheater ist, so der Story-Architekt, »Rebecca« besonders geeignet, weil in diesem Stoff viel Psychologie enthalten ist, etwas, was sich am besten durch Musik ausdrücken lässt. Es ist eine Art von Geschichte, wie sie auch in Opern oft verwendet wird, diese große Kombination von Liebe, Verbrechen und Gefahr. Dazu kommt, so Kunze, dass uns die Geschichte etwas zu sagen hat, es ist eine moderne Geschichte, die Geschichte einer Emanzipation, einer Selbstfindung – insofern knüpft »Rebecca« auch an Werke wie »Elisabeth«, »Tanz der Vampire« und »Mozart!« an. »Rebecca«, meint der Autor, ist ein Stoff, der faszinieren kann, es ist für das Team Levay/Kunze ein Schritt in eine neue Richtung, schon allein vom Ambiente; ein Stück, das in den späten 20er, frühen 30er Jahren in der Atmosphäre eines nebelverhangenen, meerumrauschten englischen Herrenhauses in Cornwall spielt und viel intimer ist, in dem es darum geht, was in Menschen vorgeht, die darum kämpfen, als Menschen, so wie sie sind, akzeptiert zu werden, oder, was auch eine Form der Akzeptanz ist, sich dazu bekennen, was sie sind, was sie waren, zu ihren Fehlern und in einem Fall sogar zu einem Verbrechen. War das Thema von »Elisabeth« der Weg zur Selbstständigkeit, ging es in »Mozart!« um Freiheit, so ist die zentrale Message von »Rebecca« der Selbstwert eines Menschen. Kunze: »Jeder von uns lebt mit einem gewissen äußeren Bild, das andere von ihm haben, das er aber auch selbst macht. Es gibt ein Element in unserem Leben, das uns zwingt, die Maske vom Gesicht zu ziehen, und das ist die Liebe. Die Liebe zwingt uns aufrichtig zu sein, und das passiert in diesem Stück. Die Figuren, die am Anfang Rollen spielen, werden dann ganz sie selbst, wenn es nur mehr darauf ankommt: ‚Wer bin ich’ und ‚Kann ich so, wie ich bin, geliebt werden?’ Das ist das Thema des Stückes, und das ist ein sehr modernes und wichtiges Thema.«

Sylvester Levay, dem Komponisten des Musicals, waren nicht viele Details zur Musik von »Rebecca« zu entlocken. Fast könnte man meinen, er füge sich in den von Michael Kunze skizzierten Bedeutungsraster, was Text und Musik eines DramaMusicals betrifft: »Zuallererst der Stoff, dann die Konstruktion des DramaMusicals und dann die Musik. Die Musik hat zu dienen, die Musik hat eine dienende Funktion im DramaMusical.« Grundsätzlich, so Levay, sei er seinem Stil treu geblieben, indem er versuche, klassische Elemente mit modernen musikalischen Elementen zu verbinden. Noch sei er am Feintuning, aber bei der nächsten Pressekonferenz dürfe man sich auch auf erste Musikbeispiele aus dem Werk freuen.

Francesca Zambello las das Buch das erste Mal als junge Frau und war sofort von Daphne du Mauriers einzigartiger Erzählkunst gefangen. Zambello: »Als ich das Buch nun wieder las, mit der Idee, es auf die Bühne zu bringen, war ich vom theatralischen Potential des Romans fasziniert. Es handelt sich bei ‚Rebecca’ nicht nur um einen psychologischen Thriller, sondern auch um die Geschichte einer jungen Frau, der es durch die Kraft der Liebe gelingt, sich vom Phantom der Vergangenheit zu befreien und sich zu behaupten. Der Roman vereint die dunklen Seiten einer romantischen Seele mit dem Moment der Spannung und einem Touch von makabrem Humor. ‚Rebecca’ ist eine Reise in die Welt von Träumen, des Unbewussten, Surrealen, der Magie. Rebecca selbst ist niemals auf der Bühne, sie ist nur ein Phantom, und doch ist sie die Protagonistin. Wir sehen sie niemals, die große Leistung besteht darin, sie durch ein Musikthema lebendig zu machen. Rebecca hat einen Sound, einen Ton, Rebecca ist nur Musik.«

Caspar Richter, der Musikalische Leiter der Produktion, gibt sich auf die Frage nach dem Hitpotential von »Rebecca« sehr optimistisch: »Ja absolut. Ich kann noch nicht genau sagen, wie sich das entwickelt, aber ich kenne jetzt schon drei Hits, oder sogar vier. ‚Rebecca’ ist mehr oder weniger ein 3-Personen-Stück mit drei ganz großen Rollen. Dann gibt es die zweite Reihe an Charakteren, die auch sehr wichtig sind und zur Entwicklung der drei Hauptpersonen beitragen. Der innere Zirkel hat wunderbare Balladen, sehr emotionell und sehr gut zum Hören, mit sehr großem Wiedererkennungswert, was ja sehr wichtig ist bei dieser Popularmusik. Die anderen Rollen bieten mehr symbolhaftes Kolorit. Der Chor spielt eine große Rolle, er ist der gesellschaftliche Hintergrund und der Kommentator, wie in der griechischen Tragödie und wie es in manchen guten Opern auch der Fall ist. Ich mag die Musik sehr, es ist eine, wenn ich sage Weiterentwicklung, ist das immer falsch, was heißt schon Weiterentwicklung? Es ist anders! Gerade bei den Balladen der drei Hauptpersonen sind für mich sehr viel Kurt Weill’sche Elemente drinnen, aber sehr unbewusst, so empfinde ich das, diese melancholische und manchmal auch etwas bösartige oder verzweifelte Atmosphäre, die dann aber doch am Schluss aufbricht in einen sehr schönen, hoffnungsvollen Euphorismus.«

Im Januar 2006 beginnen die Auditions in Wien, Hamburg und Köln. Über 700 Künstler haben sich angemeldet, von ihnen erhalten 400 die Möglichkeit zu einem Vorsingen. Die »Call Backs« werden im Februar stattfinden. Gesucht werden 7 Solisten und 21 Ensemble-Mitglieder. Die Uraufführung von REBECCA wird am 28. September 2006 im Wiener Raimund Theater stattfinden.

Konservatorium Wien Privatuniversität: »Casting«

»Casting«, eine Produktion des 4. Jahrgangs der Abteilung Musikalisches Unterhaltungstheater am Konservatorium Wien, könnte zu einem Meilenstein in der Geschichte der Musicaldarsteller-Schmiede werden, ist es doch die erste Show, die an einen Partner, in diesem Fall das »Theater der Jugend«, weiterverkauft werden konnte und daher nicht nur als Bestandteil der Ausbildung, sondern auch als »reguläre« Theaterproduktion (im Wiener Metropol) gegeben wird.

Am Anfang der Entwicklungsphase von »Casting« standen Improvisationen der Studenten – Selbstzweifel, Zukunftsängste, aber dann doch diese enorme Lust zu performen, Träume versus die Realität des Berufslebens als Darsteller: »Was, wenn ich es nicht schaffe? Bei der letzten Audition, da war ich wirklich gut. Ob ich jemals davon leben werde können? Was, wenn ich nach meiner Ausbildung kein Engagement bekomme? Wem möchte ich eigentlich gefallen – dem Publikum? Ich habe Angst zu versagen. Warum die mich nicht genommen haben. Was ist schon Erfolg? Wenn die Konkurrenz bloß nicht so groß wäre. Was, wenn ich irgendwelche Jobs machen muss, nur weil ich nix zu spielen habe? Bin ich deshalb schlecht? Möchte ich MIR gefallen? Und wenn die mich nicht gut finden? Was dann? Ich möchte nur auf der Bühne stehen und performen. Irgendwer wird immer die scheiß Drehung besser können als ich …« Aufbauend auf den gemeinsam geformten Szenen haben Erhard Pauer, Vorstand des Fachs Musikalisches Unterhaltungstheater und Regisseur der Produktion, sowie Michaela Ried (Text) eine »Musikalische Revue« entwickelt, deren Inhalt rasch erzählt ist: Was passiert, wenn 8 junge Künstler (Vincent Bueno, Joachim Feichtinger, Elise Hovdkinn, Jonny Kreuter, Lisa Polacek, Lutz Standop, Tomas Tomke und Gloria Wind) genau 6 Tage Zeit haben, um eine 10-minütige Ensemblenummer einzustudieren? Die Zeit ist verdammt knapp, da sagt auch noch der Choreograph unerwartet ab – ja, was nun? Auf sich allein gestellt, unterstützt nur von einem kauzigen Korrepetitor (ganz wunderbar in dieser Rolle am Klavier Lior Kretzer, gleichzeitig auch für die Musikalische Leitung der Show zuständig) haben nun die Musicalstars in spe alle Fäden selbst in der Hand. Das Publikum wird nicht nur Zeuge der unvermeidlich auftretenden Konflikte und Krisen, der (genüsslich und sehr unterhaltsam gespielten) Ticks und Spleens der Protagonisten, sondern erhält auch einen Begriff davon, was es heißt, künstlerisch zu arbeiten, also eine Ensemblenummer sängerisch und choreographisch einzustudieren.

Die pfiffige Show besticht durch Wortwitz und verdichtet sich in ihren besten Momenten zu einer »Fame«-artigen spannungsgeladenen Stimmung. Dass die Musik, wenn mehr als Klavierbegleitung nötig ist, vom Band kommt, tut dem keinen Abbruch. Blicke hinter die Kulissen sind immer verlockend, das nützen die Macher dieser Show perfekt aus. Die Bühne und der Zuschauersaal werden mit wenig Aufwand und einigen Requisiten sehr clever zur Probebühne und zum Tanzsaal – was man nicht sieht, bleibt der eigenen Phantasie überlassen, und die wird durch den »Soundtrack« der Show geradezu beflügelt: Stephen Sondheim (»Sooner or later«, Dick Tracy), Charles Strouse (»It’s a hard knock life«, Annie), Cy Coleman (»Big Spender«, Sweet Charity; »Du bist nur, weil ich bin«, City of Angels) bis hin zu Sylvester Levay (»A bisserl für’s Herz und für’s Hirn«, Mozart!), Robert Lopez (»I wish I could go back to college«, Avenue Q), Stephen Schwartz (»Popular«, Wicked), Andrew Lloyd Webber (»I believe my heart«, The Woman in White), Andrew Lippa (»Let me drown«, Wild Party), Michael John LaChiusa (»People like us«, Wild Party) und Paul Gordon (»Sirens«, Jane Eyre) liefern das Songmaterial, das den jungen Talenten die Möglichkeit bietet, zu zeigen, was sie an Gestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung haben. Vincent Bueno ist das Energiebündel dieses Jahrgangs. Seine Mimik und Gestik, seine Bewegungen – immer exakt und voller Spannung. Er ist einer jener Performer, die auf der Bühne »erscheinen« und alle Blicke automatisch auf sich lenken, ein Strahler mit Charisma. Mit Tomas Tomke liefert er sich das mitreißende Gesangsduell »Du bist nur, weil ich bin« aus dem Musical »City of Angels«. Der deutsche Text von Michael Kunze wurde dabei von Tomas Tomke umgetextet. Auch bei »I wish I could go back to College« aus Avenue Q stellt Tomke seine Texterqualität unter Beweis. Insgesamt ein starker Jahrgang, der sich mit dieser Show ausgezeichnet zu präsentieren weiß.

»Look at me«, der Showstopper aus »The Witches of Eastwick” (Dana P. Rowe) wird zum heimlichen Motto des Abends: «Look at me/I am the music/A soaring tune upon the air/ (…) Look at me/I found the power/Look at me, in my life, I found the self esteem”. Mit einem furiosen Finale, das mit einem Broadway-»Best of« von Frank Wildhorn (»Into the fire«, The Scarlet Pimpernel) bis Jonathan Larson (»I’ll cover you«, Rent) und John Kander (»We both reached for the gun«, Chicago) in eine Chorus Line (Marvin Hamlisch, »Let me dance for you«) mündet, soll sich das erfüllen, was eines der heimlichen Ziele dieser Produktion zu sein scheint, denn wie meint Erhard Pauer so schön: »Die jungen Leute sollen erleben, was es neben »Romeo & Julia« noch alles an wunderbaren Musicals gibt.«