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ALEL und die Tücken der Interaktivität

Albert Kessler; Foto: Martin Bruny
Interaktives Theater - ich mags nicht, ich sags gleich. Ich denk mir: Würde ich auf der Bühne stehen wollen, hätte ich einen anderen Beruf gewählt, sagen wir mal: Schauspieler. Hab ich aber nicht. Ich geh gerne ins Theater, um mich zu entspannen, um zu sehen, zu beobachten und die Show zu genießen, nicht, um die Show zu machen. Interaktive Bestandteile von Shows mögen ja bei einigen Menschen beliebt sein, man denke an die Rocky Horror Show oder die Sing-along-Specials diverser Volksopernproduktionen. Dafür gibt es dankbare Kundschaft, weniger beliebt machen sich wohl Darsteller, die ganz verzweifelt darauf aus sind, ein wenig Pepp auf Kosten einiger Zuschauer in ihr Programm zu bringen. Ich erinnere mich da an peinliche Momente in Shows von Alfons Haider oder Eva Marold. Man kann das machen, sicher, aber so wird man sein Publikum oder eben Teile seines Publikums eventuell auch rasch los. Man könnte sich als Zuschauer natürlich beispielsweise Plätze wählen, wo man aus gesicherter Entfernung vor den unerwünschten interaktiven Zugriffen der Darsteller sicher ist. Auch nicht jedermanns Sache, in irgendeinem Winkerl des Theaters einzuschauen. Vorstellbar wären auch interaktive “Leo”-Zonen …
Carla Almeida; Foto: Martin Bruny
Wie ich auf dieses Thema komme … Am 5. Mai gastierte Albert Kessler mit seiner Show “ALEL” im Wiener Akzent. Ich muss gestehen, ich wusste schon vorher, dass dies eine Show mit “interaktiven Bestandteilen” werden würde - da war ich also nun, und ich war selbst schuld. Nein, ich hatte keine Lust, wie ein Schwein zu grunzen oder wie ein Huhn zu gackern. Sorry, das ist einfach nicht mein Ding. Gleichwohl habe ich registriert, dass viele Besucher die Show bereits gut kannten und begeistert mitgemacht haben. Der Touch einer Sekten-Veranstaltung kam nur eine Sekunde auf, dann driftete das Ganze in die Fröhlichkeit einer Kindershow ab. In den längeren Abschnitten, in denen keine Interaktivität gefordert wurde, konnte man sich sogar auf den Tanz (Afro, Flamenco, Oriental-Indian, Modern) und das eine oder andere Lied konzentrieren, und ja, das war wirklich ansprechend.
Brian Wimpel; Foto: Martin Bruny
“ALEL” ist eine interessante Show mit Darstellern, die mit enormem Körpereinsatz alles geben, sich die Seele aus dem Leib schwitzen. Albert Kessler fungiert dabei als Autor, Komponist, Choreograph, Darsteller und Produzent. An seiner Seite agieren Brian Wimpel (ein Darsteller mit einer ganz wunderbaren Stimme), Carla Almeida, Kathrin Zurek und Stefan Trdy. Weiters wirken mit Arpad Hadnagy (Gitarre, Chorarrangements), Carlos Pino-Quintana (Bass, Orchesterarrangements), Thomas “fish” Fischdick (Percussion, Vocals, Musikalische Leitung).
Albert Kessler; Foto: Martin Bruny
Jim Libby führt Regie, kleinere Tanzeinlagen steuern Schüler und Schülerinnen der Musischulen Wien bei.
Albert Kessler; Foto: Martin Bruny
Fazit: “ALEL” ist für alle empfehlenswert, die es zulassen wollen, ihre Gefühle “die Schönen und Hässlichen, die Peinlichen und Stolzen, die Dreckigen, Erotischen, Kitschigen und vor allem die Ehrlichen” während der Show gemeinsam mit dem Darstellerteam auszuleben.
Brian Wimpel & Albert Kessler; Foto: Martin Bruny
Das ist der Anspruch, den diese Show an sich selbst stellt. Wenn es den Darstellern gelingt, ein Publikum dazu zu bringen, ist der Abend gut über die Bühne gegangen.

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