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Alexander Klaws: “Was willst du noch?”

Alexander Klaws’ größtes Problem ist gleichzeitig auch der Grund für seine bisherigen Erfolge: DSDS. Während sich dieses Castingformat beispielsweise in den USA unter dem Titel “American Idol” zu einer ernstzunehmenden Talenteshow entwickelt hat, firmiert DSDS in Deutschland als Dieter Bohlen-Talentwerkstatt. Solange die Gewinner Songs des Jurors interpretieren, können sie Erfolge einfahren, wenn sie sich gegen Songs von Bohlen entscheiden, ist es mit ihrer Karriere vorbei - oder aber sie startet eigentlich nie richtig durch.

Das musste auch Klaws zur Kenntnis nehmen. Seine ersten beiden CDs (”Take your Chance”, 2003, und “Here I Am”, 2004) erreichten jeweils Platz 1 in den deutschen Charts. Der von Bohlen produzierte Soundbrei verkaufte sich auch in Österreich (Platz 4 bzw. 24) und der Schweiz (Platz 11 bzw. 26). 2006 kam mit der dritten CD “Attention” der Absturz. In Deutschland erreichte der bohlenfreie Tonträger nur mehr Platz 20, in Österreich und der Schweiz keine Platzierung mehr.

2008 ging Klaws mit “Was willst du noch?” an den Start, erstmals mit deutschsprachigen Songs, und schaffte es bislang auf Platz 28 der deutschen Charts (keine Platzierungen in Österreich und der Schweiz). Die erste Singleauskopplung “Welt” floppte (Platz 65), am 11. Juli erhält Klaws mit “Sie liebt dich” noch eine Chance, seine Chartstauglichkeit zu demonstrieren und zu beweisen, dass es doch ein kreatives UND erfolgreiches Leben nach Bohlen als DSDS-Gewinner gibt.

Jenseits des Musikbusiness sind die Versuche des Sängers, beispielsweise im Musical, Fuß zu fassen, recht umstritten. Als “Alfred” in “Tanz der Vampire” musste er sich von der Kritik darstellerische und gesangliche Defizite bescheinigen lassen - dass Klaws überhaupt beim Musical landen konnte, ist freilich nur ein Symptom der Misere des deutschsprachigen Musicals an sich. Ab einem gewissen Zeitpunkt jagte man insbesondere in Deutschland bei Open-Run-Produktionen jegliche künstlerische Vorbehalte über Bord und gesellte sich zum kulturellen Trash. Man schickte die Künstler in Megashows wie “Wetten, dass …” und erniedigte sie, indem man sie zu Playbacks anderer Künstler singen ließ, man loggte sich in triefend dümmliche Volksmusiksendungen ein und holte sich dann den Kapitän volkstümlicher Dümmlichkeit als “Tod” ins Theater - all das duldeten nicht nur Produzenten, Komponisten und Autoren, sondern, und somit wurden all diese Publicitystunts im Nachhinein gerechtfertigt, auch das Publikum. Musical an sich wurde spätestens ab da auf einer gewissen Ebene Trash, und wer nicht schon immer der Meinung war, dass Musicals nur für Vollkoffer unterhaltend sind, der war es nach all den Silbereisens auf jeden Fall. Von “Mamma Mia!” ausgehend startete man dann in Sachen Klon-Factory durch. Auf “Ich war noch niemals in New York” folgt “Ich will Spaß”, dem Verlangen nach Dümmlichkeiten kommt man mit “Der Schuh des Manitou” entgegen. Bald wird man es auf diese Weise nicht mal mehr in Volksmusiksendungen schaffen.

Zurück zu Alexander Klaws, der scheinbar erkannt hat, dass er im Musicalbereich aufgrund seiner Limitierungen nicht berühmt werden wird und nun eine neue Karriere ansteuert: Für die Sat.1-Telenovela “Anna und die Liebe” steht er als “Lars Hauschke” in Berlin vor der Kamera, gemeinsam mit Schauspielern/Starlets wie Jeanette Biedermann, Heike Jonca oder Mathieu Carrià¨re - und ist damit imagemäßig am unteren Ende der Entertainmentpyramide angelangt. Vielleicht hat er im Hinterkopf, dass eine solche Telenovela auch eine Titelmelodei benötigt, und das, ja das wäre vielleicht wieder eine Chance, in die Charts zu kommen, oder zumindest auf einen Fixplatz in den Hörercharts von Radio Burgenland.

Dabei hat Klaws mit “Was willst du noch?” eine CD im Rennen, die etwas unter ihrem Wert geschlagen wird. Man kennt das ja: Plattenkritiken sind oft was Ärgerliches. Wovon soll der Rezensent auch ausgehen als von seinem persönlichen Interesse. Legendär, die “We Will Rock You”-Cast-CD-Kritik in der österreichischen Tageszeitung KURIER anlässlich der Wien-Premiere des Queen-Musicals - also Jahre nach der Veröffentlichung der CD. Und natürlich war die KURIER-Kritik vernichtend. Keine Frage, Musical, das geht gar nicht. Da kann man in anderen Rubriken des Blattes noch so viele Features schalten, am Plattenkritiker wirst du scheitern.

Klaws zeigt sich auf seiner CD als guter Studiosänger, es gibt eigentlich keinen Grund, warum er nicht mit etwas besserem Songmaterial auch wieder einen Hit haben sollte. Was ihm und seinem Team allerdings dabei eingefallen ist mit “Zu spät zu früh” einen Song von Lukas Permans erster Solo-CD zu covern, wird eines jener Rätsel bleiben, die wir gar nicht lösen wollen. Das Lied war, gesungen von Lukas Perman, ein ganz guter CD-Track, aber ohne wirkliches Hitpotential. Es gibt also eigentlich keinen Grund, ausgerechnet dieses Lied noch einmal, und leider wesentlich schlechter produziert und nervend eintönig arrangiert, einzuspielen. Gibt es wirklich so wenig gute Songwriter im deutschsprachigen Raum?

Auf “Was willst du noch?” hören wir einerseits eine Ansammlung von Lyrics, die keinen Moment packen. Metaphern bis zum Erbrechen, keine Poesie, Reime, die mit Gewalt in Zeilen gezwängt scheinen. Am Tiefpunkt kommen wir bei “Ich erinner’ mich” an - einem völlig sinnfreien Song, der ungefähr so gebaut ist: ” Nur keine Reue, wer ist programmiert auf ewige Treue. Wir sind doch nie für immer monogam, denn unsere Herzen sind nicht so zahm […] Sie ist’ ne Tramperin schon immer und ewig. Und ich erinner mich so gern an dich, mein Herz ist frei - dein Herz ist frei - viel zu groß für nur zwei.” Das sind Texte, wie man sie in den 80ern von deutschen Schlagerschnulzern gewohnt war, insofern Retro-Nonsens schlimmster Art, Baukastengeschreibsel ohne Seele.

Was diese CD andererseits beweist, ist die stimmliche Ausdrucksarmut von Alexander Klaws. Mag sein, dass es gewollt war, dieselbe leicht melancholische Grundstimmung ein ganzes Album lang zu transportieren, viel eher aber könnte man glauben, dass der Sänger einfach derzeit nicht mehr drauf hat. Die Trübsinnigkeit beginnt spätestens nach dem dritten Lied zu irritieren, da packt nichts nachhaltig, Klaws berührt fast nie.

Und dann ist da doch ein Lied wie “Vor dir”, das zeigen könnte, was aus diesem Album hätte werden können. Es sind nicht unbedingt die Lyrics, die den Song interessant machen - aber wenn man aus dieser CD überhaupt ein Lied auskoppelt, der Song hätte es sein müssen. Und noch ein zweites Lied ist gelungen: “Schönes Leben” - ein wenig Rhythmus im langweiligen Tal der Trübsinnigkeit, auch “Es wird immer Liebe sein” ist von Melodie und Groove her nett, allerdings textmäßig nicht wirklich tragbar (”Du sagst, ich könnt jetzt gehen, du würdest mich verstehen, doch ich seh in dir die Titanic untergehen” - wie bitte?) - letztlich ist das alles jedoch leider zu wenig. Schade, aber vielleicht wird’s was mit der Telenovela-Titelmelodei.

8 Kommentare

  Tessi wrote @ Juni 22nd, 2008 at 20:04

Gut, ich bin gerade ziemlich in Eile und nachdem ich mich, durch den zum Teil sehr ermüdend, langen Beitrag von Herrn Bruny gekämpft habe, möchte ich auch einen kurzen Kommentar dazu abgeben:

Vorweg möchte ich sagen, dass ich “Tanz der Vampire” in Wien (beide Male) und in HH auch schon erlebt habe. Nun hatte ich das Vergnügen Alexander in Berlin ein paar Mal sehen zu dürfen und muss sagen, er war für mich der beste Alfred bis jetzt!!! (schauspielerisch auf jeden Fall und gesanglich ist er genauso top wie die anderen vor ihm!), Lukas Perman, kam in meinen Augen nicht sehr glaubhaft rüber (und seine Stimme ist nicht wirklich das, was ich mir bei Alfred vorstelle….) und bei Aris Sas (dessen STIMME ich liebe) war mir in damals in Wien, schauspielerisch zu wenig da, sicher die Rolle würde ausgebaut und es wurde daran gearbeitet, doch trotzdem kam Aris´ Alfred etwas langweilig (im Vergleich zu Alexander) rüber.

Und noch ganz kurz zu der CD.
Ich habe sie mir eigentlich nur gekauft, da ich Alexanders Stimme schön finde und es ja aus Berlin (leider!) keine offizielle Cast CD gibt.
Jedoch haben mich seine Lieder schon nach dem ersten Reinhören positiv überrascht!
Mittlerweile läuft die CD bei mir regelmäßig, die Lieder sind auf DEUTSCH (was heut zu Tage leider immer seltener wird) gesungen und berühren mich wirklich, da man bei vielen Texten beginnt nachzudenken.

@alle: und wisst ihr es nicht? ALLE Sachen die aus den USA kommen (Telenovelas, Talentshows,….) sind toll!!!! Aus Deutschland und Österreich kommt nur Müll!!!! *gg* ;-)

  patti wrote @ Juni 22nd, 2008 at 19:02

Lieber Herr Bruni
was mich immer wieder erstaunt,dass bei manchen sogenannten Kritikern
immer wieder Alexander Klaws herhalten muss,,
da kann man sich schon fragen warum,spielt da nicht eine gosse Portion
Neid ine Rolle,dass dieser junge Mann mit seiner einmaligen Stimme noch
immer präsent ist,ich hatte das grosse Glück ihn in Berlin ein paar mal als
Alfred zu erleben,für mich,meine Bekannten und Verwandten ein
unvergessliches Erlebnis,auch sein neuestes Album”WAS WILLST DU NOCH” allererste Sahne,ich erlaube mir dies alles zu behaupten,da sich in meinem Bekanntenkreis wirklich grosse Musikkenner befinden,
die sich alle fragen was in Köpfen wie dem ihrem Herr BRUNI so vor sich
geht,dauernd solchen Müll zu verzapfen,
was ich sie lieber Herr Bruni,noch fragen wollte,was ist gegen eine Telenova eigentlich einzuwenden,bekommen sie eine aus Amerika zu sehen,ist es der Hammer,aber aus Deutschland…………..
p.s.noch eine kleine Frage an sie lieber Herr Bruni,sind sie wirklich so von sich überzeugt,dass sie sich mit einem Roman Polanski auf eine Stufe
stellen wollen,ich glaube dazwischen stehen Welten,also auch bitte keine
KRITIKEN mehr gegen einen jungen Künstler,dem sie wahrscheinlich nie
das Wasser reichen können.

  Simone wrote @ Juni 22nd, 2008 at 13:20

Hallo Herr Bruny,

mir kam es so vor, als ich Ihren Artikel las, dass es Ihnen wie auch mach anderen einfach nicht wirklich passt das Alexander Klaws, nach 5 Jahren immer noch CD’s aufnimmt und sie auch herausbringt. Sie hätten Ihn evtl. lieber unter dem Motto “Was macht eigentlich….” gesehen, so hört es für mich zumindest an. Schade das die deutsche Presse - zum Großteil - Ihre Castingsstars einfach nicht akzeptiert (kann oder will ?). Da muss ich sagen könnte man sich an unseren Nachbarn in Österreich mal ein Vorbild nehem.

  Wabisabi wrote @ Juni 22nd, 2008 at 08:22

Im Prinzip ist der Artikel nicht schlecht, spiegelt er doch all die Bedenken, Klischees und Vorurteile des Normalbürgers wieder und regt die Diskussionen an.

Es ist richtig, die hart arbeiten Darsteller eines Musikals bekommen nicht die Annerkennung die man für diesen harten Job bekommen sollte.

Es ist Richtig, dass eine hohe Chartplazierung oft nichts über die Qualität der Musik ausagt sondern über das Budget das für die Werbung bereitgestellt wird und durch die ein Lied der breiten Öffentlichkeit bekannt gemacht wird.

Bedauerlich ist die Einstellung ein TOP 20 platziertes Album als Absturz zu bezeichen. Das ist eine Klatsche für 98% aller Sänger/innen die nie eine Nr. 1 Chartplazierung erreichen aber durchaus als ernstzunehmende Künstler anerkannt sind…. und da sind viele Topstars darunter. Leider disqualifiziert diese Aussage den Autor als ernstzunehmenden Gesprächspartner und man bekommt den Eindruck, dieser Artikel wurde nur geschrieben von dem Wunsch getragen seine Voruteile gegen Alexander Klaws zu verarbeiten.

Ich kenne Alexander Klaws nicht, ich habe ihn aber in Tanz der Vampire gesehen und muss entschieden der Aussage wiedersprechen, dass er die Rolle nicht ausgefüllt hätte, im Gegenteil sowohl gesanglich als auch schauspielerisch ein hervorragend Darsteller, genau wie alle anderen die da mitgewirkt haben.

Das Album habe ich mir auch gekauft weil ich mal hören wollte was er sonst so macht, ok, ist nicht so ganz mein Geschmack - da muss ich Herrn Bruni folgen, er bleibt dort weit hinter seinen gesanglichen Fähigheiten zurück, das ist richtig. Anders als dem Autor gefällt mir das rockige Lied “Was willst du noch” gute Musiker sind da am Werk und “Es wird immer Liebe sein”.

Mit dà­esem Album und mit den Texten wird Klaws junge Leute ansprechen, weil hier in den Texten die Probleme verarbeitete werden, die junge Leute bewegt.

Herr Bruni und ich wir warten dann auf die nächste Silbereisen-Show, das ist doch altersgerechte Musik, gell!! Da schunkel wir wieder mit.

  meinereiner wrote @ Juni 21st, 2008 at 23:22

Die deutschen Musikcharts begreift niemand. Da tummeln sich Kuschelhasen und Nilkrokodile wochenlang an der Spitze. Da kommt -endlich- nach fast einem Jahr das Album von Ich + Ich auf die 1. Wieso erst jetzt? Die Songs, die auch mir gefallen, werden im Radio rauf und runter gespielt. Und wenn man dort die Texte vergleicht, dann hält das Album von Alexander Klaws den Vergleich absolut aus. Aber dieser wird im Radio überwiegend ignoriert und hat auch jahrelang eine negative Presse aushalten müssen, so dass sich womögliche Liebhaber von “Was willst du noch?” gar nicht trauen, ihre Meinung öffentlich kundzutun.

Und das Sie es tatsächlich geschafft haben, die 2% der Kritiken zum Musicalsänger Alexander Klaws auszugraben, die nicht positiv waren, zeigt Ihre Einstellung zu diesem Künstler. Haben Sie persönlich ihn eigentlich mal in einer Vorstellung erlebt?

Soaps und Telenovelas haben durchaus ihre Daseinsberechtigung. Die teilweise hohen Einschaltqouten beweisen es. Sicher ist das kein Kammerspiel am Theater, aber diesen Anspruch haben die Sendungen auch nicht. Warum darf es nicht mal leichte Unterhaltung sein? Nach einem anstrengenden Arbeitstag mag nicht jeder auch noch im TV-Programm mit dem Ernst des Lebens konfrontiert werden.

Ich rechne es einem jungen Mann wie Alexander Klaws hoch an, dass er sich nicht auf den Lorbeeren der Anfangszeit nach DSDS ausruht. Er hat sich weiter ausbilden lassen und lernt auch heute ständig dazu.

Und abschließend: Mich berührt diese Stimme immer, aber ich bin ja auch kein Kritiker sondern ein ganz normaler Verbraucher.

  Birgit Leupold wrote @ Juni 21st, 2008 at 22:54

Werter Herr Bruny,

brauchten Sie eine Fortsetzung Ihrer Castingabrechnung von 2007?
Und wieder muss der untalentierte deutsche Castingfuzzi Alexander Klaws herhalten. Sehr seltsam wie intensiv Sie sich mit der “Unfähigkeit” dieses jungen Mannes auseinandersetzen. Was hat er Ihnen getan?

Zum Glück konnte ich Herrn Klaws als Alfred in Berlin sehen und mir mein eigenes postives Bild machen und zum Glück darf man sich auch selbst eine Meinung über Musik und Gesang machen.

  vaniii wrote @ Juni 21st, 2008 at 22:52

1. Album Platz 28 ist großartig
2.Das Album ist fantastisch es berührt mich total
3. Warum muss man die Musicals in Deutschland immer kaputt reden
4. Alexander hat im Musical Tanz der Vampire super gespielt und gesungen, Polanski hätte ihm sonst garantiert nicht die HAUPTROLLE gegeben
5. Und Telenovelas wercen natürlich hier auch kaputt geredet, klar die einen mögen sowas und die anderen halt nicht ist doch normal aber warum muss man hier alles kaputt reden

Alexander ist ein toller vielseitiger Künstler!!!

  Anonymous wrote @ Juni 21st, 2008 at 22:43

DAS ALBUM VON ALEX IST TOLL!!!
Und die Musicals in Deutschland auch, Alexander hat bei Tanz der Vampire super gesungen die Kritik kam nur im Vorfeld!