175 Jahre St. Pauli Theater, das ist ein Grund, um zu feiern. Claus G. Budelmann (Bankier, Gründer und Vorsitzender des Fördervereins für das St. Pauli Theater), Thomas Collien (seit 2001 Leiter des Theaters) und Ulrich Waller (Regisseur, Intendant und seit 2003 künstlerischer Leiter des Theaters) haben aus diesem Anlass eine prächtige Monografie des ältesten Privattheaters in Hamburg herausgegeben. 240 Seiten stark, mit mehr als 200 Abbildungen. 13 Gastautoren konnten sie gewinnen, u. a. Journalisten von »Die Welt«, »Spiegel«, »BILD Hamburg« und »Hamburger Abendblatt«.
Die Autoren führen uns bis an den Beginn der Geschichte des Theaters mit Bedeutung zurück, ins Jahr 1841. Da wurde am 30. Mai das »Urania Theater« eröffnet. Man spielte den eigens für dieses Ereignis geschriebenen Prolog »Uranias Weihe« und Ernst Raupachs Stück »Schule des Lebens«. Eine im Buch abgebildete Lithografie zeigt das Theatergebäude, eine weitere den Spielbudenplatz zwischen Hamburg und Altona, der damals bereits eine Vergnügungsinsel mit Spiel- und Holzbuden war. Immer schon kamen die Hamburger gern nach St. Pauli, um sich zu amüsieren. Das heutige St. Pauli Theater war ein Theater der vielen Namen. So hieß es von 1844 bis 1863 Actien-Theater, 1863 bis 1895 Varietà©-Theater, 1895 bis 1941 Ernst Drucker Theater, 1941 bis 2011 St. Pauli Theater und ab 2001 St. Pauli Theater – ehemals Ernst Drucker Theater. Es ist ein Erlebnis, das Buch allein anhand der Bilder durchzugehen. Da findet man etwa ein Szenenfoto aus »Der Junge von St. Pauli« (1970) mit Freddy Quinn, der diesem Theater lange Jahre verbunden war, ebenso Schnappschüsse von Marika Rökk, Manfred Krug oder etwa ein berührendes Bild von Monica Bleibtreu in »Nachtgespräche mit meinem Kühlschrank« (2007), ihrer letzten Theaterrolle. Auch das Musicalgenre kommt nicht zu kurz, fand doch hier z. B. 1988 die deutschsprachige Erstaufführung von »Little Shop of Horrors« statt. Und die Idee, ein Udo-Lindenberg-Musical zu schreiben, ging vom St. Pauli Theater aus. Sie wurde bereits 2002 geboren, erste Songs gab es auf einer Gala 2010 im St. Pauli Theater, das Musical selbst aber wurde woanders produziert. Knapp formuliert es Armgard Seegers so: »Ein Udo-Lindenberg-Musical zu schreiben, wurde dann aber doch ein so gigantisches Projekt, dass es für das gar nicht mal so kleine St. Pauli Theater zu groß wurde und Lindenberg zusammen mit Regisseur Uli Waller für das Musical ein Theater suchte, das zu den größten in Deutschland zählt, das Stage Theater am Potsdamer Platz in Berlin (…)« Anekdoten, Hintergrundinformationen, Interviews – es ist ein Vergnügen, diese Theatergeschichte zu lesen. Kleines Manko: Gerade bei einer solchen Theatergeschichte würde man sich im Anhangsteil mehr Datenfülle wünschen. Produktionen bis 1970 finden sich gar nicht aufgelistet, jene von 1970 bis Mitte 2003 nur als Auswahl, und erst ab dann ist die Auflistung perfekt. Dennoch: empfehlenswert.
Claus G. Budelmann, Thomas Collien und Ulrich Waller (Hg.): Broadway auf dem Kiez. 175 Jahre St. Pauli Theater. Ellert & Richter Verlag, Hamburg 2016. 240 S.; (Hardcover) ISBN 978-3-831-90641-3. EUR 25,–. ellert-richter.de