Bereits vorgestern, am Freitag, dem 29. April 2011, fand um 14:30 Uhr im Wiener Ronacher die Castpräsentation von “Sister Act” statt, einer Produktion, die die Vereinigten Bühnen Wien aus Deutschland eingekauft haben, und nun hier, adaptiert, am 15. September 2011 als österreichische Erstaufführung auf die Bühne bringen.
Ungewöhnlich großen Andrang gabs vor und im Ronacher an jenem Freitag. Teile der Journalistenzunft zeigten sich von ihrer Butterseite. ORF-Redakteurin Marion Benda etwa stapfte, sich links und rechts rüde mit missmutigem Gesichtchen durch die Meute boxend und ihr “Chili”-Kamerateam hinter sich her lotsend, lautstark in den Saal - wenn man all die Aufregung in zwei Worte fassen wollen würde, sie lauteten “Whoopi Goldberg”. Ein echter Hollywood-Star kam zur Castpräsentation, und prompt war alles anders als sonst. Es hat halt was, wenn eine Goldberg auf der Bühne scherzt, dass sie zwar bei der Besetzung viel akzeptieren würde, aber Deloris “has to be black”, weil sonst wohl, so Goldberg, Meryl Streep diese Rolle auch noch spielen würde.
War es aber notwendig, eine “Sperrfrist” für Meldungen über die Castpräsentation zu verhängen? Die galt fürs TV bis Samstag, 18 Uhr, was man noch damit erklären konnte, dass die englische Prinzenhochzeit wohl auch eine Whoopi untergehen hätte lassen. Wieso aber Print & Online eine zusätzliche Sperrfist bis 1. Mai auferlegt bekamen, das ist nicht nachvollziehbar. Interessant wäre auch die Frage, wie man den Online-Medien überhaupt untersagen könnte, über die ab Samstag, 18 Uhr, gesendeten TV-Berichte zu schreiben. Es macht also wenig Sinn eigentlich. Am Ende des Tages lautet die Frage: Ist Musical so wichtig, dass man gleich ein Sperrfrist-Stakkato einführt? Hat das TV interveniert, weil es als ehemals “schnelles” Medium längst ins Hintertreffen geraten ist, was Aktualität betrifft?
Was auch klar war: Alle würden sich nicht an die Sperrfrist halten. So waren die Fotos von der Pressekonferenz, die der Fotograf der Starpix GmbH aufgenommen hat, bereits am Samstag vormittags online. Und damit waren auch im Netz am Samstag mittags die Castinfos bekannt. Und noch besser: Bereits am Vormittag waren die Infos zur Pressekonferenz auf der Website der Vereinigten Bühnen Wien zu finden, mit allen Namen der Cast. Mit einem frei zugänglichen Link zum PDF der Pressemappe. Der ORF berichtete im Radio auf Ö1 im “Mittagsjournal”, Markus Frädrich, Mitarbeiter der Website “musicalzentrale.de” veröffentlichte am Samstag um 15 Uhr sämtliche Details. Auch posteten einige der Darsteller ihre Beteiligung an der Show in ihren Facebook-Profilen und auf ihren Websites, wie zum Beispiel Herr Suanduanchai. Muss er nun als Pönale den Billeteuren, die doch tatsächlich bei der Pressekonferenz ganz in Kutte agieren mussten, einen ausgeben? Wir leben im 21. Jahrhundert, wir schreiben nicht mehr auf Tontafeln und das Internet ist schneller als Brieftauben.
Fassen wir also die “Old News” zusammen:
Cast
Deloris van Cartier: Ana Milva Gomes
Mutter Oberin: Brigitte Neumeister
Curtis Shank: Drew Sarich
Eddie Fritzinger: Thada Suanduanchai
Mary Robert: Barbara Obermeier
Mary Lazarus: Kathy Tanner
Mary Patrick: Sonja Atlas
TJ: Bernhard Viktorin
Bones: Martin Berger
Erkan: Arcangelo Vigneri
Es spielen 22 Musiker des Orchesters der Vereinigten Bühnen Wien unter der musikalischen Leitung von Koen Schoots. Die Namen der Ensemblemitglieder fehlen hier an dieser Stelle, und zwar ganz einfach deswegen, weil sie noch nicht zur Veröffentlichung freigegeben wurden.
Ein Highlight der Cast: Kathy Tanner als Mary Lazarus. Tanner ist eine der unterhaltsamsten Künstlerinnen, die in diesem Land am Theater arbeiten, ihre Auftritte mit den “English Lovers” in diversen Impro-Shows sind legendär. Sie war im Simpl und in den Kammerspielen ebenso zu sehen wie in der Fledermaus und am Vienna’s English Theatre. Seit Jahren ist sie “Dr. Chaos” bei den Clinic-Clowns mit dem Motto: “Dreimal täglich 8 Stunden lachen!”
Ein Heimkehrer ist Bernhard Viktorin. Derzeit steht der Wiener als Swing und Cover TJ in der Hamburger Version von “Sister Act” auf der Bühne. Bei der Wiener Version ist er als Erstbesetzung des TJ mit dabei. Viktorin hat an der Konservatorium Wien Privatuniversität Musikalisches Unterhaltungstheater studiert, war in “Musical! Die Show”, dem gefloppten Musicalcasting des ORF, dabei und arbeitete danach in diversen Produktionen in Wien (Metropol, “Go West”; Kammerspiele, “Sugar”) und der Schweiz (”Heidi”, “Die schwarzen Brüder”).
Brigitte Neumeister, die “Kaisermühlenblues”-Legende, bekam von Whoopi den Tipp, ihre Rolle als Mutter Oberin einfach zu sprechen, wenn sie sie gesanglich nicht schaffen sollte, Humor sei das wichtigste: “If you are a singer, great, if not, talk everything! Talk it all, baby, talk it all.”
Dann kam der große Moment des Amtsführenden Stadtrats für Kultur und Wissenschaft der Stadt Wien, Mailath-Pokorny, der für dem Hollywood-Star ein Geschenk mitbrachte: Nein, keine Sachertorte, sondern einen Reprint von Ralph Benatzkys “Uri und die 300 Nönnlein”. Das größte Problem Mailath-Pokornys aber waren die sagen wir Pausen oder Satzstellungen in seinen Formulierungen. Goldberg hatte sich, kaum dass sie auf der Bühne war, zum Gaudium des “Publikums” als erstes mal die Schuhe ausgezogen, um es nach dem langen anstrengenden Flug etwas bequemer zu haben. Die ersten Worte des Stadtrats an Goldberg: “I’ve watched with horror when you took off your shoes.” Kurz darauf dann das “finale Kompliment”: “They look great though, just like you.”
Auffallend vielleicht noch für alle “Sister Act”-Spezialisten der Name “Erkan”. Das dürfte wohl eine der Änderungen sein, die für die “Wiener Fassung” durchgeführt wurden. In Hamburg und am West End lautet der Rollenname “Dinero”.
Leading Team
Musik: Alan Menken
Buch: Cheri Steinkellner & Bill Steinkellner
Liedtexte: Glenn Slater
Regie: Carline Brouwer
Choreographie: Anthony van Laast
Musikalische Leitung: Koen Schoots
Musikal. Supervisor & Arrang.: Michael Kosarin
Orchestrierung: Doug Besterman
Tanz Musik Arrangements: Mark Hummel
Deutsche Übersetzung Buch: Ruth Deny
Deutsche Übersetzung Liedtexte: Kevin Schröder & Heiko Wohlgemuth
Kostüme: Lez Brotherston
Bühnenbild: Klara Zieglerova
Licht Design Natasha Katz
Ton-Design: Matthias Reithofer
Associate Choreographie: Frances Chiapetta
Associate Bühnenbild: Andrew Edwards
Associate Licht-Design: Alistair Grant
Licht-Programmierer: Stuart Porter
Perücken Supervisor: Pavel Stalmach und Darren Ware
Kostüm Supervisor: Diane Williams
Lustig liest sich eine solche Liste nicht selten, die Mixtur von Anglizismen und deutschen Berufsbezeichnungen ist manchmal kaum zu vermeiden. Speziell bei dieser Liste müsste man aber fast Anmerkungen anbringen. Was zum Beispiel ist mit “Tanz Musik Arrangements” gemeint. Und was genau macht ein “Perücken Supervisor”?
Einen Stream der Pressekonferenz gibt es hier:
Fotos von der Pressekonferenz sind bei Flickr online. Einerseits natürlich von allen Anwesenden ein paar Eindrücke, und ein paar mehr von Drew Sarich bei seinem Auftritt. Vielleicht auch einfach als Indiz dafür, warum es spannend ist, ihm beim Singen zuzusehen. Zum Fotoset mit insgesamt 117 Aufnahmen gehts –> hier. Zur Slideshow gehts –> hier.
Links
- diskothek.at: Fotos von Andreas Tischler
- Kleine Zeitung: Whoopi Goldberg lässt im Ronacher Nonnen tanzen
- news.at: Whoopi Goldberg lässt die Nonnen tanzen: Ab September im Wiener Ronacher
- orf.at: Whoopi Goldberg präsentierte “Sister Act”
- Kurier: Whoopis Nonnen rocken das Ronacher
- VIDEO: chili/ORF
- VIDEO: Wien heute
- VIDEO: Kleine Zeitung: Whoopi lässt im Ronacher die Nonnen tanzen
- VBW: Sister Act Pressekonferenz im Ronacher
- Isabell Schatz: «Sister Act†in Vienna – press conference
- Oberösterreichische Nachrichten: Whoopi bringt die Nonnen zum Singen