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Die Broadway-»Rebecca« – (k)eine Show und ein Todesfall

Munter gehen die Diskussionen um die Broadway-Fassung von Michael Kunzes und Sylvester Levays Musical »Rebecca« weiter. Wir sind jetzt ungefähr auf folgendem Stand: Es waren zu wenig interessierte Investoren vorhanden, um die zwölf Millionen Dollar aufzubringen, die das Abenteuer am Great White Way kosten soll. Kurzerhand sind die VBW selbst eingesprungen und haben 380.000 Euro in die Produktion gepulvert. Ein weiterer Investor, ein gewisser Herr Abrams, steuerte viereinhalb Millionen Dollar bei – und verstarb. Schlecht für ihn, schlecht für den »Rebecca«-Produzenten Ben Sprecher, der nun sukzessive mit Details an die Öffentlichkeit gehen muss: Er hat mit Abrams kein einziges Mal persönlich gesprochen, auch nicht mit ihm telefoniert, man habe nur per Mail miteinander kommuniziert, so heißt es. Sprecher sei nach Bekanntwerden des Todesfalls nach England gedüst, doch habe er dort niemanden angetroffen, der ihm bei seinem Anliegen, viereinhalb Millionen Dollar aus einem Nachlassverfahren rauszuholen, helfen hätte können.
Mittlerweile haben die Fact-checking-Abteilungen diverser amerikanischer Postillen versucht, einen »Todesfall« Abrams weltweit zu verifizieren – ohne Erfolg. Gab es je einen Paul Abrams? Die Frage ist nicht unberechtigt, denn Ben Sprecher kann keine Angaben zu jenem dubiosen Produzenten machen. Patrick Healy von der New York Times zieht folgenden Schluss:

“It may also be a hoax, you know, that may have been someone out there who either wanted to invest and had sort of a dummy name or dummy corporate identity, or someone who was trying to pull a fast one on Broadway. We’re still digging around for it.
They have a cast, they have a theater, and Ben Sprecher says that he is actively trying to raise money for the show, that he has financial commitments to replace the $4.5 million. There’s no performance start date yet; all of that has been delayed. Mr. Sprecher has said he’s not going to be announcing start of rehearsals or start of performances until the money’s in the bank.”

In Wien gibt man sich derweil gelassen. Wie es seit einigen Jahren üblich ist, beantwortet nicht der Musicalintendant der Vereinigten Bühnen Wien derart relevante Fragen, sondern der Geschäftsführer Thomas Drozda. Seine Aussagen sind –> hier nachzulesen. Besonders ulkig die Bemerkung »Nichts war in letzter Zeit so verblüffend.« Oh, mir fiele da schon etwas ein. Zum Beispiel die Entscheidung, mit der aktuellen Hauptrollen-Erstbesetzung von »Elisabeth« eine Cast-CD LIVE aufzunehmen. Wer die betreffenden Vorstellungen gehört hat, rund um die Premiere, wird sich fragen: Und diese gesanglichen Leistungen (Ausnahmen: Rudolf- & Franz Josef-Darsteller) will man wirklich auf CD pressen? Lassen wir uns überraschen, und hören wir einfach dann ganz genau hin. [Der Erscheinungstermin wurde mittlerweile bereits von »Mitte Oktober« auf »Ende Oktober« verschoben.]

PS: Zur Bemerkung, dass nicht der Musicalintendant die Frage beantwortet hat, eine Zusatzbemerkung. Natürlich muss ER diese Frage beantworten, es geht um eine Musicalproduktion bzw. -investition der Musicalabteilung der VBW, und dafür ist er zuständig. Natürlich nur, wenn man kein Schattenintendantendasein führt, und das will ihm ja niemand unterstellen. Kein Mensch hätte es Robert Meyer nehmen können, eine ähnliche Frage ganz offensiv selbst zu beantworten, ist er doch eine charismatische Verkörperung des von ihm geführten Hauses. Freilich hätte er vielleicht nicht Black Jack am Broadway gespielt, sondern die 380.000 Mäuse in eine sinnvolle Produktion seines Hauses gesteckt.

UPDATE: PROBEN STARTEN AM MONTAG

The producers of the troubled Broadway musical «Rebecca” notified cast members on Wednesday that rehearsals would begin on Monday morning, yet it remained unclear if the producers had closed the $4.5 million gap in the show’s $12 million budget that they had deemed necessary for rehearsals to start.
The lead producer of «Rebecca,” Ben Sprecher, did not reply to phone and e-mail messages on Wednesday inquiring about rehearsals and the budget gap; a spokesman for the production also did not return messages. [New York Times]

Links
- Der Standard: Zweckoptimismus für Broadway-”Rebecca”
- New York Post: ‘Rebecca’ puzzle. Where’s the mystery investor?
- npr: A Broadway Mystery Worthy Of ‘Rebecca’
- TheaterMania: Broadway’s Rebecca to Begin Rehearsals October 1
- playbill.com: Rebecca Troupers Told First Rehearsal Is Oct. 1
- broadwayworld.com: REBECCA Cast Set to Start Rehearsals on October 1?

2 Kommentare »

  Rudolf II wrote @ Oktober 2nd, 2012 at 10:53

Wenn Coca-Cola und Red Bull (nur 2 Beispiele von 1000den) nur am eigenen Markt investiert hätten, wären sie ja wohl nie dort, wo sie heute sind …

  Markus wrote @ September 26th, 2012 at 21:15

Gibt es eigentlich in Wien bzw. Österreich so etwas wie einen Bundesrechnunsghof, Rechnungsprüfungsämter etc.? Ich frage mich seit Monaten, wie die das sehen, dass die VBW eine erkleckliche Summe Geld in ein Broadway-Abenteuer (und wie wir inzwischen unzweifelhaft wissen, IST es das: ein Abenteuer!) stecken, statt (wie Herr Bruny sehr richtig schreibt) in sinnvolle Produktionen vor Ort in Wien? Denn das ist doch wohl vornehmlich die Aufgabe der VBW, den Wiener Zuschauern (und Steuerzahlern) ansprechendes Musik-Theater zu bieten. Nicht, in Übersee irgendwelche dubiosen Geschäfte zu wagen.
Das ist genau das, was man sich hier in Deutschland bei all den Landesbanken im nachhinein fragen durfte: warum kann es deren Aufgabe sein, Millionen und Milliarden in obskure Geschäfte in den entlegensten Winkeln der Welt zu buttern, die dann am Ende die Steuerzahler des jeweiligen Bundeslandes wie Bayern, Nordrhein-Westfalen, Schlweswig-Hostein u. a. m. zu bezahlen haben? Hat man eigentlich noch immer nichts gelernt? WAS genau ist eigentlich Auftrag der VBW? Gibt es dazu Regelungen, gar Gesetze, Satzungen und dergleichen mehr?

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