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“Die Habsburgischen” - als donnernd-dröhnende Medienschlacht

Fast könnte man dieser Tage meinen, jemand hätte die Kunstform Musical mit Pomp und Gloria neu erfunden, ausgerechnet einem Wiener sei der Nobelpreis für die geilste Musicalpraline der Welt zugesprochen worden - eigentlich jedoch ist es nicht erklärbar, das Mediengewitter, das derzeit ganz Wien fiebrig zittert. Alle großen Tageszeitungen bringen Vorabberichte über “Die Habsburgischen”, vornehmlich ganzseitig, im “Profil” findet man nicht eine oder zwei Seiten, sondern gleich ein 6-seitiges Porträt über die Intendantin der Vereinigten Bühnen Wien, Kathi Zechner, unter dem wenig witzigen Titel “Kiss me, Kate”. In Medien, die nicht freiwillig berichten, kauft man sich ein, mit Advertorials, beispielsweise im “STANDARD”. Den Vogel schießt der ORF ab, der in seinen Morgenjournalen gleich mehrfach über die Habsburgischen und den vermeintlichen Höhenflug des Musicals in Europa berichtet, selbstverständlich auch über die “groß angelegte” ORF-Castingshow “Musical! Die Show” für die aus “200 Teilnehmern die zehn besten ausgewählt wurden”. Vielleicht sollte man in diesem Zusammenhang dann, um die Jubelei nicht zu zerstören, nicht erwähnen, dass zur Audition von “The Producers” 1500 Bewerber gemeldet waren.

Es spricht ja auch gar nichts dagegen, dass endlich einmal positiv über ein Musical in Wien berichtet wird, aber genau das ist der Punkt: Die RonacherMobile-Produktion “Die Habsburgischen” ist kein Musical. Die Vereinigten Bühnen Wien haben im Zusammenhang mit den “Habsburgischen” kein einziges Mal den Begriff “Musical” verwendet, vermutlich wohl wissend, dass das für die Rezeption einfach wurscht ist. Die Konzeption der Marketingkampagne ist ähnlich einem Billardspiel angelegt. Man weiß, dass Musicals in Wien aus reinem Prinzip vernichtet werden, ein Mal ums andere wird das Image des Musicals ein Stück weiter zerstört, also versucht man diesen Imageverlust “über die Bande” wieder wettzumachen, engagiert unter anderem Stars vom Wiener Burgtheater, um ein Stück Musiktheater auf die Bühne zu bringen, das berechtigte Hoffnung aufkommen lässt, in Wien bei der Kritik nicht durchzufallen.

Am Samstag, den 20. Oktober 2007, wird also im Museumsquartier die Premiere des Nicht-Musicals “Die Habsburgischen” über die Bühne gehen, vor den Kritiken muss man sich nicht allzu sehr fürchten. Und es werden Kritiken sein, die von einem “Musical” schreiben werden. Damit kann vielleicht das angeschlagene Image ein wenig aufpoliert werden, aber es dauert nicht lange, und die Tageszeitungen werden sich mit Wonne in “We Will Rock You”, “The Producers” und “Rudolf” verbeißen.

Links
- Die Presse schreibt von einem “Dynastie-Musical”.
- Der ORF berichtet über ein “Satire-Musical” oder wahlweise auch einfach von einem “Musical”.
- Auch die “Wiener Zeitung” kündigt ein “Musical” an.
- Für das Profil sind die Habsburgischen eine “Familiensatire”, aber natürlich selbstverständlich ein “Musical”.

1 Kommentar

[…] Ich war der Meinung, dass man diese Show nicht ins Musicalgenre einreihen sollte (siehe –> hier). Die meisten Medien meinten: Musical, ganz […]