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Gabriel Baryllis Honigmond am Butterbrot

“Butterbrot”, das ist der Titel eines Romans von Gabriel Barylli, den ich als Hörspielversion des ORF sicher hundert Mal oder öfter gehört habe - manchmal sogar ganz. Es war das finale grande vieler Tage, ein treuer Begleiter auf dem Weg in Morpheus’ Arme. Mit automatischer Abschaltfunktion habe ich es in meinem Kassettenrekorder laufen lassen und bin dabei immer, manchmal nach ein paar Minuten, manchmal nach ein paar Viertelstunden, friedlich eingeschlafen.
“Honigmond” (derzeit in den Wiener Kammerspielen zu sehen) hätte, wenn es nicht als Theaterstück produziert worden wäre, ein legitimer Nachfolger vom “Butterbrot” werden können. Wenn man die Augen schließt, versäumt man nichts. Fast um nichts geht es auch in dem Stück:

“Sex and the City in Wien Zentrum. Drei junge Frauen. Drei verschiedene Arten, mit dem Problem “Männer” umzugehen.
Linda hat mehrere Lover gleichzeitig, Christine, geschieden, legt keinen Wert mehr auf männliche Befriedigung, Barbara glaubt an das Glück in der Ehe. Doch in kürzester Zeit wird das Leben der drei durcheinandergewirbelt. Bis nichts mehr ist, wie es war. “

Sagen wir mal fast nichts. Eva Marold, der Ex-Musicalstar mit dem Abo auf Hurenrollen (”Mozart”, “Jekyll & Hyde”, “Barbarella” und was weiß ich noch wie viele Flitscherl), gibt eine durchaus überzeugende Femme fastfatale im ersten Teil des Theaterstücks. Im teuren Pelz macht sie gute Figur, aus- und anziehen kann sie sich sehr bühnenwirksam - und die Attitude eines Männervamps konnte sie immer schon mit passender Mimik und Gestik glaubhaft über die Bühne bringen. Wenns dann daran geht, eine vom genervten Lover gedisste Schwangere darzustellen, die so ihre Zweifel hat, ob sie ihr Kind auch wirklich will, versagt bei Marold plötzlich fast alles. Die Mimik ist völlig unpassend, die Gestik unglaubhaft, die Stimmführung unsicher, da wird geschauspielt ein bisschen wie in einer Laienaufführung. Schade drum.
So weit kommt es bei Ruth Brauer erst gar nicht. Sie ist durchgehend nicht wirklich “echt”. Sie agiert, als wäre die kleine Bühne der Wiener Kammerspiele im Burgtheater angesiedelt. Zu große Gesten, zu laut serviert, zu gespielt die ganze Darbietung, ein merkwürdiger Tonfall, Outrieren als gelebtes Bühnenprinzip, das kommt leider nicht gut.
Der Star der Aufführung ist Elke Winkens. Sie ist die glaubwürdigste “Schauspielerin” auf der Bühne, die der verkörperten Rolle auch tatsächlich durchgehend Authentizität verleihen kann, sei es als betrogene Ehefrau oder als Mannervamp auf den Spuren Marolds. Das hat was.
Ganz im Gegenteil zum Stück selbst. Gabriel Barylli hat mit “Honigmond” eine halbe Lachnummer getextet, und halbe Lachnummern sind nie wirklich was richtig Feines. So mancher Mann hat sich während der Vorstellung im Saal umgesehen, vielleicht um zu checken, ob es angebracht ist, über die Witze zu lachen, die Barylli den drei Damen auf der Bühne ins Mündchen gelegt hat. Witze über Männer. Aber eben auch Witze, die längst nicht so scharf sind, wie sie sein müssten, um Männer dazu zu bringen, erst gar nicht in Versuchung zu kommen, auch mitzulachen.
Die Bühne ist aus vielerlei Hellem. Viel Plastik, viel Modernes, wie man sich das eben so vorstellt in einer hippen Frauen-WG. Wenns dann zu einem romatischen Frauenabend kommt, an dem frau sich austauscht, werden Kerzen auf die Bühne gestellt, in hippem Plexiglasmantel. Fast sieht die Deko so aus, als wäre sie schnell aus den Restbeständen der Paperbox vom Graben zusammengekauft. Die Paperbox am Graben ist nämlich geschlossen worden. Da hat jetzt eine dieser hippen Modeketten eine Filiale eröffnet. Spätestens am Ende des Stückes, wenn ein kitschiger Mond auf der Bühne aufgeht, habe ich mich auf die Hörspielfassung und auf all das, was ich dann nicht sehen werde, gefreut.

Gabriel Barylli: Honigmond

Kammerspiele Wien
Premiere: 30. November 2006
Spieldauer: ca. 1 Stunde 45 Minuten, eine Pause
Regie: Gabriel Barylli
Bühne: Rolf Langenfass
Kostüme: Michel Mayer

Christine Kowalsky: Ruth Brauer-Kvam
Linda Rosenbaum: Eva Maria Marold
Barbara Wenger: Elke Winkens

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