Der Plan war, zuerst im Register des Buchs nachzusehen, wie oft der Name »Uwe Kröger« erwähnt wird. Marika Lichter und Uwe Kröger, das war in musicalaffinen Kreisen immerhin viele Jahre ein Faktor. Doch in der Autobiografie der Agenturchefin und Künstlerin gibt es kein Register. Der schnelle Zugriff auf die gewünschte Information war also nicht möglich. Zurück zum Anfang.
Lichters Werk, in Zusammenarbeit mit der Biografienspezialistin Silke Rabus entstanden, ist gut strukturiert. Die Themenblöcke reichen zurück bis in jene Zeit, als sich ihre Eltern kennengelernt haben, 1946, beim Fünf-Uhr-Tee im Cafà© New York in Budapest (und im Epilog bis zurück in die 1930er-Jahre). Klar in der Sprache, dicht an Informationsgehalt, angenehm und auch spannend zu lesen ist Lichters Lebensgeschichte. Lakonisch und bisweilen knochentrocken kommt die Künstlerin heute, gefiltert durch die Presse, manchmal rüber. Beim Lesen des Buches erkennt man, dass sie das von ihrer Mutter »geerbt« haben könnte. Die soll bekannt gewesen sein für markige Sprüche wie »Wer nicht älter werden will, muss sich rechtzeitig aufhängen« oder »Es gibt immer einen Grund, sich von einem Mann scheiden zu lassen.« Skurrile Sprüche findet man in Lichters Buch jede Menge, so gesehen kann man es fast als Aphorismen-Sammlung betrachten: Alice Gross-Jiresch, eine ehemals bekannte Sängerin, gab Lichter vor ihrer ersten Unterrichtsstunde am Konservatorium Wien den Rat: »Wenn du singst, darfst du niemals die Stirn runzeln. Sonst wirst du furchtbare Falten bekommen und siehst ganz hässlich aus.«
Lichter nahm an Schlagerfestivals noch vor der Matura teil, gewann Preise wie einen Filmvertrag mit Franz Antel. Aus den Filmplänen wurde freilich nichts, denn auf Lichters Frage »Herr Antel, wie wird der Film heißen?« antwortete der Regisseur: »Zieh dich aus, Liebling.« Lichter darauf: »Den Vertrag können Sie sich behalten.« Vor ihrem 18. Geburtstag textete und komponierte Lichter Schlager, interpretierte Songs etwa von Andrà© Heller und entschied, dass man mit Schlager zwar viel Geld verdienen kann (»Für einen Auftritt als Schlagersängerin bekam ich 7000 Schilling, das war Ende der 60er-Jahre ein Vermögen! Nie wieder habe ich so viel verdient wie damals.«), sie aber einen anderen Weg gehen will. Mit 18 begann sie an Oscar Bronners Cabaret Fledermaus zu singen, machte fünf Jahre sechs Tage die Woche dort Programm. Nach vielen Engagements als Operettensängerin prophezeite Lichter eine Handleserin 1977: »Sie werden eine weite Reise übers Meer machen.« Was folgte, war ihr erstes Musical-Engagement: »Mayflower« (Premiere: 2.12.1977, Theater an der Wien). Christoph Waltz, ein »Mayflower«-Kollege, wurde ein guter Freund. »Zu Weihnachten schenkte er mir ein Holzspielzeug mit einer Schnur daran. Das war ein Erfolgskletterer, und wenn ich anzog, kletterte er ein Stück nach oben.« Auch Lichters Liebes- und Familienleben kommt nicht zu kurz in diesem Buch. Sie erzählt entspannt, ohne Peinlichkeiten. Ihre gescheiterte Ehe resümiert sie so: »Als mein Sohn acht oder neun Jahre alt war, fragte er mich: Mama, was war die schwerste Entscheidung in deinem Leben? Ich antwortete, weil mir nichts Besseres einfiel: Ob ich dich zum Storch zurückschicke. Und er: War es nicht die Entscheidung, ob du den Papi rausschmeißt oder nicht? Da brach ich in Tränen aus. Warum muss ein kleines Kind so etwas wissen?« Ende der 1980er-Jahre macht Lichter Karriere als Musicalsängerin bei den VBW, gründet später ihre Agentur Glanzlichter und den Verein »Wider die Gewalt«, wird Jurymitglied bei der Castingshow »Starmania« und nimmt an »Dancing Stars« teil. Sie erzählt eine Fülle an Backstage-Storys. Lesenswert, berührend, unterhaltsam. Ach ja, Uwe Kröger kommt auch kurz vor, an vier Stellen im Buch. Keine Schmutzwäsche. Gute Entscheidung.
Marika Lichter: Mut kann man nicht kaufen. Das war’s noch lange nicht. Ueberreuter, Wien 2017. 192 S.; (Hardcover) ISBN 978-3800076840. EUR 19,95 ueberreuter-sachbuch.at