Starmania ist derzeit wieder populär. Zwar scheinbar nicht ganz so ausgesprochen populär wie bei der ersten Staffel, nicht mal so sehr wie bei der zweiten Staffel, aber sagen wir mal Starmania ist wieder mal ausgebrochen. Die Klatschmedien des Landes versuchen krampfhaft - und vergeblich - ein paar kleine Skandälchen der neuen Kandidaten auszuforschen, so war auf ATV zu sehen, dass eine der (mittlerweile Ex-)Kandidatinnen im Feuerwehrkalender 2007 recht spärlich bekleidet posiert hat. Jo mei. Klatschpostillen berichten über die katastrophalen Auswirkungen, die ein Karriereknick auf Menschen haben kann, so landete einer der Kandidaten der ersten Staffel erst jüngst in der Psychiatrie. “Was wurde aus …” ist sowieso immer und überall eines der beliebtesten Spielchen.
Was wurde aus … Michael Tschuggnall, dem Gewinner der ersten Staffel von Starmania? Wir erinnern uns, er hat mit dem selbst komponierten Lied “Tears of happiness” gepunktet, als Siegesprämie wurde von “Starproduzent” Peter Wolf in Los Angeles diesem Song die Seele geraubt, und auch der erste Longplayer von Michael Tschuggnall konnte nicht wirklich in den Charts punkten (das Erscheinen eines zweiten wurde dann gar nicht mehr wahrgenommen).
Warum das so ist? Aus den Songs des Sängers ist das gar nicht mal erschließbar, denn die haben zu einem Großteil internationales Format. Ob es etwas mit den berühmt-berüchtigten Starmania-Verträgen zu tun hat, die die Künstler für Jahre an den ORF binden und ihnen nicht viel Entscheidungsfreiheit lassen? Das müsste Michael Tschuggnall selbst einmal darlegen, beispielsweise in einem Interview, in dem er nicht die Kandidaten der aktuellen Staffel beurteilt, sondern einmal ein bisschen mehr über die Hintergünde seiner verhinderten Karriere plaudert.
Wie auch immer, vor einigen Tagen gab Michael Tschuggnall im Bösendorfersaal ein Konzert in intimem Rahmen, vor an die 70 Zuschauern. Natürlich ist kein Geld für Promotion da, Plakate kann man sich nicht leisten, in den jüngsten Berichten über Tschuggnall anlässlich des Starts der neuen Starmania-Staffel wurde mit keinem Wort eben dieses Konzert erwähnt. So war der kleine, aber feine Bösendorfersaal zwar gut, aber nicht sehr gut gefüllt. Tschuggnall bezeichnete dieses Konzert als quasi Schlusspunkt und Anfang. Als Schlusspunkt hinter seiner “Karriere”, die vor drei Jahren mit dem Starmania-Sieg begonnen hat, und als Anfang … Ja, wovon? Gerüchteweise konnte man lesen und hören, dass der Sänger wieder zu studieren begonnen hat, also quasi den Job des Performers an den Nagel hängt. Ein Dementi gabs beim Konzert nicht, eher im Gegenteil. Da hört dann der geübte Starmania-Fan die Stimme von Markus Spiegel im Hinterkopf, der dröhnend-süffisant zu bedenken gibt, dass es nur jene schaffen werden, die auch den unbedingten Willen haben, auf der Bühne zu stehen. Aber was hilft das alles, wenn man Miete zahlen muss und eine erkennbare Perpektive im Leben auch eigentlich zu schätzen weiß?
Tschuggnalls Problem sind auf keinen Fall seine Songs. Lieder wie “Book of love” müssten es bei der aktuellen Melodiearmut in den Charts mit Leichtigkeit in die Hitparaden schaffen. Tschuggnall, als einer der Piano-Men des Pop-Business, wandelt mit seinen oft melancholischen Songs ein wenig auf den Spuren eines Joshua Kadison. Joshua Kadison hat sich nach ein paar Welthits (beispielsweise “Jessie”) von der Bühne zurückgezogen und lebt seit Jahren in Malibu am Strand. Er singt natürlich nach wie vor, seine Songs stellt er großteils gratis ins Netz. Ein Comeback-Versuch ging erst vor wenigen Wochen in Deutschland in Form einer Mini-Tournee über die Bühne, aber obs was wird?
Tschuggnall ist keine Rampensau, und das ist noch untertrieben - und das ist Teil seines Problems. Er wirkt beim Performen sehr introvertiert, verschmilzt ganz mit seinen Songs und seinem Klavier. Das muss an sich kein Nachteil sein, wenn sich diese Art des Interpretierens auf ein paar Songs beschränkt. Ein ganzes Konzert so durchzuziehen, kann allerdings wenig mobilisierend wirken.
Vielleicht hätte Tschugnall aber auch mehr Chancen, wenn er der Melancholie seiner Songs Texte zur Verfügung stellen würde, die ungefähr die gleiche Richtung einschlagen und in deutscher Sprache verfasst sind: etwas, was ans Herz geht. Das könnte klappen, muss aber nicht. Musterbeispiel dafür: Manual Ortegas neue CD “Angekommen”. Ortega, von einer megamäßigen Promotionwelle in alle Medien dieses Landes gespült, konnte es trotz einer im Wiener Dialekt gehaltenen CD nicht schaffen, in den Charts nachhaltig zu punkten. Was ihn noch mit Tschuggnall verbindet? Das fehlende Konzept einer Bühnenshow. Nur auf der Bühne zu stehen und sympathisch rüberzukommen, ist zu wenig - sowohl bei Tschuggnall, der wie ein Häschen die ganze Zeit still am Piano sitzt, als auch bei Ortega, der wie eine Wirbelwind die ganze Zeit über die Bühne fegt, aber keinerlei Bühnenpräsenz in jenen Phasen des Konzerts erkennen lässt, in denen Moderation angesagt ist. Nicht umsonst nehmen viele Performer Schauspielunterricht, um gerade in diesen viel entscheidenden Phasen authentisch über die Bühne zu kommen.
Michael Tschugnall freilich ist noch jung, und egal, was sein Umfeld ihm einredet, er sollte seinen Traum durchziehen und weiter Musik machen, weiter Konzerte geben, weiter CDs einspielen. Irgendwann ist auch Starmania nur mehr Geschichte.