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Musicals. Geschichte – Shows – Komponisten

Das Buch blendet. In mehrfacher Weise. Schon allein in Größe und Ausstattung. Es ist im besten Sinne dem Genre des Coffee Table Book zuzuordnen. Ein Großformat mit 25 mal 30 Zentimeter Größe, funkelnde Glitzereffekte am Cover, mehr als 570 Fotos im Innenteil. Wow. Vorfreude. Das könnte doch mal ein ideales Weihnachtsgeschenk sein. Das englischsprachige Original ist im Oktober 2015 bei Random House erschienen, mit einem Vorwort von Elaine Paige. Das fehlt in der deutschen Ausgabe. Geschrieben hat die einleitenden Worte zur deutschen Ausgabe Kristin Freter. Wer das ist? Keine Ahnung. Nicht mal Google findet halbwegs brauchbare Details zu ihr. Und das Vorwort beginnt so: »â€šDas Phantom der Oper‘, ‚Starlight Express‘ oder ‚Das Dschungelbuch‘: Schon allein die Namen dieser Musicals stehen für außergewöhnlich emotionale Momente.« Was für ein Musical namens »Das Dschungelbuch« mag hier wohl gemeint sein? Ein Blick ins Register führt zu einem Kurzeintrag: Es handelt sich um eine Show von Christian Berg, die 2002 ihre Uraufführung hatte, im Sommertheater Cuxhaven. Na klar, da hätte man doch gleich draufkommen können. Unter dem Vorwort, gleich neben dem Bild eines schönen Theaterinnenraums, steht, statt einer Information, um welches Theater es sich handelt, der Satz: »Musicals unterhalten und machen immer gute Laune, ganz gleich, ob man sie live im Theater oder auf dem heimischen Bildschirm verfolgt.« Wie kann man ein Genre nur so leichtfertig auf eine derart billige Aussage reduzieren? Musical kann weit mehr als nur gute Laune machen, und Musical ist in erster Linie ein Live-Erlebnis.
Ein paar Highlights noch auf der Textebene: »Das dramatische Bühnenbild und die atmosphärische Musik erinnern an Wagner-Opern« (gemeint ist Levay/Kunzes »Elisabeth«). Jason Robert Brown »erregte durch seine kultige Off-Broadway-Show ‚Songs for a New World‘ (1995) Aufsehen, die den Kabarett-Liebling ‚Stars and the Moon‘ hervorbrachte.« »Kabarett« also – womit wir beim klassischen schweren Übersetzungsfehler angelangt sind. Bill Russell sucht man in diesem Buch vergeblich, ebenso Michael John LaChiusa …
Was die Bildebene betrifft, hat man leider bei der arbeitsintensiven Bildbearbeitung gespart. Etliche Fotos scheinen qualitativ nicht geeignet, dermaßen vergrößert zu werden, sodass sie nun unscharf wirken, sehr viele sind freigestellt, aber auf eine so hässliche Art und Weise, wie es bei einem solchen Buch nicht sein sollte. Retusche ist kostenintensiv, mag sein, schlecht retuschierte Bilder wirken billig.
Das Werk ist sicher ganz gut geeignet dafür, einen groben ersten Blick auf die bekanntesten Musicals zu werfen, dafür hat man auch ein flippiges Magazin-Layout gebastelt. Wer mehr erwartet, wird enttäuscht. Schade drum. Fazit: Mit jedem Geschenk gibt man auch etwas von sich her. Ich würde dieses Buch nicht verschenken wollen.
Musicals. Geschichte – Shows – Komponisten. Dorling Kindersley Verlag. München 2016. 320 S.; (Hardcover) ISBN 978-3-8310-3157-3. EUR 34,95. dorlingkindersley.de

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