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Ronacher: “The Producers” - die Kritiken

Ganz kurz und schmerzlos :). Kritiken zur Premiere der “Producers” sind im Kultur-Channel-Account von –> del.icio.us abgespeichert und werden laufend ergänzt. Wer Lust und Laune hat, kann da gerne stöbern.

Eine kleine Anmerkung soll es nun doch noch sein. Man kennt das, es gibt Theaterkritiker, die das eine Stück verreißen und das andere in den Himmel loben. Oft versteht man weder die Gründe für das Lob noch jene für den Verriss, aber es ist dennoch sehr oft interessant, Argumente pro und kontra zu lesen oder zu hören. Es gibt aber dann auch Kritiker, denen es nicht um einzelne Stücke geht, sondern die einen lebenslangen Kampf gegen Genres führen. Einer dieser Kritiker ist Ljubisa Tosic, beschäftigt bei der österreichischen Tageszeitung DER STANDARD. Egal welches Musical in Wien, und vorzugsweise produziert von den Vereinigten Bühnen Wien auf dem Programm steht, er wird nicht müde, die beißendsten Formulierungen auszugraben, scheinbar besessen, nicht nur das Genre an sich zu vernichten, sondern auch die Komponisten, Texter und Schauspieler.

Die Vereinigten Bühnen Wien verfolgen mit diversen Premieren der letzten Jahre den Weg, weg vom Musical, hin zum ganz ganz breit gefassten Musiktheater zu kommen einerseits und und andererseits für ihre Musicalproduktionen keine ausgebildeten Musicalsänger einzusetzen, sondern unter anderem die Schauspieler-Elite des Wiener Burgtheaters und anderer Sprechtheater. Man mag dazu stehen, wie man will, ich bin der Meinung, dass es in diesem Land gute bis sehr gute Musicalschulen gibt, dass mit jedem Jahrgang Absolventen ihren Weg ins Business starten, denen man durchaus mehr Chancen als bisher geben könnte. Momentan landen sie eher als leicht bekleidete Statisten in billigen Sommerklamotten oder sind auf und davon nach Deutschland.

Wie auch immer, die Strategie der VBW, Image zu gewinnen, indem man Stücke produziert, die man nur bei einem ganz breit gefassten Musicalbegriff dem Genre zuordnen kann oder Musicals mit Darstellern aufputzt, die aus dem Sprechtheater kommen, geht nicht auf. Jedenfals nicht, wenn es um den Gesamtoutput geht. In der Öffentlichkeit erweckt man damit den Eindruck, sich selbst vom Kerngeschäft distanzieren zu wollen und “Ernsthaftes”, “künstlerisch Wertvolles” in den Nischen zu produzieren, während man dem Mob den Kitsch und Schund serviert, der dann aber mit Namen wie Levay/Kunze oder Wildhorn verbunden werden würde.

Wo das hinführt, beweist die Kritik von Ljubisa Tosic vom 1. Juli 2008, wenn er schreibt:

Eine Eigenproduktion hat man uns zum Einstand erspart, also womöglich seichten Songcontest-Bombast wie Rebecca. Stattdessen: Eine erprobte, am Broadway mit langem Leben gesegnete Reverenz an das klassische Musical, bei der man nicht wieder allen Anspruch beim Betreten eines Musicalhauses ablegen muss, um durchzuhalten.

Dass Ljubisa Tosic “The Producers” als “toll gebaut” bezeichnet und auch sonst nicht viel Negatives zu finden vermag, war klar. Er würde damit indirekt eine Produktion kritisieren, über die längst alles gesagt wurde. Natürlich sind die Vereinigten Bühnen Wien hier einen sicheren Weg gegangen, man könnte nun bestenfalls noch einen Burgtheaterstar fertigmachen oder die Übersetzer, nein, noch besser, wieder mal alles andere, was die VBW an Publikumsrennern produziert. Es ist eine recht billige Strategie, die eines Kritikers nicht wirklich würdig ist. Und es ist ein Volltreffer und eine Ankündigung zugleich. Denn die nächste Eigenproduktion der VBW wird “Rudolf” sein, und da ist eines sicher: Ljubisa Tosic wird “Rudolf” den Garaus machen.

7 Kommentare »

  Maik Lindenau wrote @ November 4th, 2008 at 23:57

Ich habe “The Producers” voller Begeisterung 2 x in London gesehen, jetzt schon 3 x in Wien. Ich halte die Show für grandios, auch wenn sie auf Grund der Thematik auf Englisch besser funktioniert hat.
Die Wiener Besetzung ist sehr, sehr gut, auch wenn ich für die Hauptrolle eine andere Wahl getroffen hätte. Herr Obonya tut einfach zu viel des Guten und agiert teilweise so hektisch, daß man anfängt, sich um seine Gesundheit Sorgen zu machen. Wie gesagt, hier wäre etwas weniger eindeutig mehr.
Aber alle anderen überzeugen, die Show hat verdientermaßen die vielen Tonys eingeheimst.
Unbedingt ansehen! Und wenn Herr Obonya einen müden Tag erwischt, ist auch er richtig gut!

  Sandra wrote @ Juli 27th, 2008 at 07:55

Niveaulos, billig, und ohne irgendeinen Respekt
mehr fällt mir zu ” The producers” nicht ein .

  Andrea wrote @ Juli 17th, 2008 at 19:23

Interessant der Kritiker Krieg und die diversen Meinungen dazu. Ich selber fand die Producers gut, nur kann man dieses Stück wohl schwer als Musical bezeichnen doch eher als Musikkabarett.(eine amerikanische Simplerevue)
Rebecca, Phantom der Oper etc. sind Musicals die man sich auch öfter ansehen kann - die Producers nur einmal! Daher finde ich die Idee der VGW nicht gar so gut! Naja warten wir ab - die Zahlen werden es zeigen.

  tabsi wrote @ Juli 13th, 2008 at 21:28

also an der verpflichtung obonyas festmachen zu wollen - wie auch an einigen mehr oder weniger geglückten überbrückungsproduktionen-, die vbw würden versuchen sich vom “seichten musical” weg- und dem “ernsten theater” zuwenden zu wollen, halte ich für haarsträuend. die rolle verlangt einen guten schauspieler und wenn mal die cover, die klassische musicaldarsteller sind, diese rolle spielen, wird man ja sehen ob die das genauso gut hinkriegen. es ist auch ein unsinn, dass in öst. ausgebildete musicaldarstellerInnen von den vbw aus dem land getrieben werden, schau dir doch die bios in den vbw-programmheften an. es gibt halt max. 2 große shows in der stadt, aber mehr als 10 in deutschland.
und dann auch noch tosic anzugreifen, weil der erstmals ein musical gut findet - und glaub mir, er hätte die show verrissen wenn sie ihm nicht gefallen hätte, egal was vor ihm darüber gesagt wurde - ist auch nicht sehr smart. im übrigen hat der noch nie einen darsteller verrissen wenn der nur halbwegs gut war, halte tosic im großen und ganzen für einen der fairsten und musikalisch versiertesten kritiker des landes. webber, levay, presgurvic, vermutlich wildhorn mag er nicht - auch dafür gibts gute gründe.

Kommentar:
“Haarsträubend”, “Unsinn”, der Stil, einfach das Gegenteil zu behaupten, ohne auch irgendein vernünftiges Argument zu bringen. Wozu überhaupt solche Kommentare noch veröffentlichen? Musicaldarstellen “gute Schauspielqualitäten” abzusprechen, das sind antiquierte Ansichten, die jeglicher Relevanz entbehren. Der Weg, den die VBW eingeschlagen haben mit den RonacherMOBILE-Produktionen, ist eindeutig. Und Herr Tosic ist alles andere als ein versierter Kritiker, was Musicals betrifft, dazu müsste man sich aber mal näher mit seinen diversen Kritiken auseinandergesetzt haben.

  Markus wrote @ Juli 3rd, 2008 at 20:36

Herzlichen Dank für die rasche Antwort. Damit wird es für mich klarer, denn da ich nicht in Wien lebe (leider…), sind mir die Mobile-Produktionen nur aus Berichten (Ihre Berichte in der “musicals”) bekannt, so dass mein Focus mehr auf den Long Runs von “Elisabeth” bis “Rebecca” lag.

  Martin Bruny wrote @ Juli 2nd, 2008 at 21:04

Also an Else Ludwig hab ich nicht gedacht, ich denke, weil es für mich nun seit RonacherMOBILE gehäuft vorkommt, zum Beispiel an Maria Happel bei den Habsburgischen, ich denke an Alexander Waechter, ebenfalls bei den Habsburgischen, Robert Meyer bei den Weberischen. Natürlich sind das herausragende Schauspieler, ich frage mich nur, warum die VBW als “Spezialisten” in Sachen Musical nicht einfach, naja, Musicals machen. Es gibt so viele gute Leute im Musicalbereich, es gibt so viele gute existierende Musicals und genügend Talente, die gerne beauftragt würden. So sehr Rudi Klausnitzer vielleicht in die falsche Richtung gegangen ist, die Vision an sich war schon die richtige, meiner Meinung nach. Produktionen auf die Beine zu stellen, mit denen man vom Sprechtheater Klientel gewinnen kann und von der Kritik ein paar Pluspunkte macht aus dem Musicalproduzenten VBW keinen besseren Musicalproduzenten.

  Markus wrote @ Juli 2nd, 2008 at 16:16

Danke für den wie immer interessanten Artikel. Interessieren würde mich aber noch, wer oder was damit gemeint ist, dass die Strategie, Sprechtheaterstars im Musical zu verpflichten, nicht aufginge. Mir ist neben Obonya auf Anhieb eigentlich nur Else Ludwig als “Sophie” in “Elisabeth” bekannt, und diese Besetzung dürfte doch über jeden Zweifel erhaben gewesen sein, erfolglos war sie sicher nicht (auch, wenn die Ludwig nicht die größte Sängerin ist, aus ihrem Part mit gut gesetztem Sprechgesang aber etwas Herausragendes gemacht hat, was so keiner anderen Darstellerin in dieser Rolle auch nur annähernd geglückt wäre).

Mich würde also eine Vertiefung des Themas interessieren…

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