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Schuberttheater: Viel Lärm um nichts [2011]

Schuberttheater, Viel Lärm um nichts 2011»Viel Lärm um nichts« – den Klassiker von William Shakespeare konnte man schon in den unterschiedlichsten Versionen auf deutschsprachigen Bühnen und im Kino erleben, von klassischen Inszenierungen und/oder opulenten Versionen bis zum dekonstruierten Regietheater. Man kann aus dem Stück fast alles machen, wie auch die Salzburger Festspiele einmal bewiesen haben, die den Schluss der Komödie nicht als Doppelhochzeit in Szene setzten, sondern am Ende zwei Frauen präsentierten, die ihre Männer verloren hatten.

Im Wiener Schuberttheater wurde Shakespeares Stück (Premiere war am 10. November 2011) auf einigen Ebenen in die Gegenwart transferiert. Man hört Musik per iPod, tippt auf Notebooks, per Videoeinspielung klinkt sich Don Pedro, der CEO von Aragon Corporations, ins Geschehen ein. Die Protagonisten sind alle in den Firmen Aragon Corporations beziehungsweise Messina Incorporations verankert. Der Switch von einer klassisch gehaltenen Inszenierung auf die aktualisierte Version findet auch gleich demonstrativ in den ersten Sekunden der Aufführung, quasi als Statement, statt. Leonato, CEO von Messino Incorporations, klickt auf seiner Stereoanlage per Fernbedienung vom gerade gespielten »Sigh no more, Ladies« (ein Track aus dem Soundtrack der »Viel Lärm um nichts«-Verfilmung von Kenneth Brannagh aus dem Jahre 1993) auf »Red Flag« von Billy Talent um – BAMM – vom Seufzer zum harten Rock. Damit ist das Schwülstige aus dem Stück mal draußen.

Die nächste Reduktion, die Jasmin Sarah Zamani (Regie/Text) durchgeführt hat, betrifft das Personal des Stücks. 16 Personen beziehungsweise mehr, je nachdem wieviele Wachen, Boten, Gefolge man sich leisten mag – das geht auch mit weniger. In der Version des Schuberttheaters haben wir 6 Personen auf der Bühne und eine, die mittels eingespielter Videosequenzen mit einbezogen wird. Nicht nur die Kürzung des Personeninventars bedingt eine Streichung jeder Menge Text, und vielleicht ist die Reduktion des Stücks auf den Kern der Beziehungsgeflechte das Radikalste an dieser aktualisierten Version.

Gestrichen auch jeglicher Pathos. Der Shakespeare’sche Text, der trotz aller Bearbeitung und neuer Passagen doch deutlich vorhanden ist, wird mit großer Spiellust gebracht, mit Nachdruck und Hingabe bisweilen bis fast in die Groteske oder ins große Beziehungsdrama inszeniert, die Charaktere liebevoll mit Spleens, Leben erfüllt vom insgesamt großartig spielenden Ensemble, ohne jetzt jemanden hervorheben zu wollen. Das Stück pendelt vom Liebespärchen Benedikt Padua und Beatrice Disdegno zu Claudio Florentin und Hero Purezza, hin und her, legt in den Konfliktsituationen enorm an Tempo zu, der Soundtrack channelt die Stimmung in die richtigen Bahnen, durch die Videoeinspielungen bricht man ein wenig, was sich an Verstaubtem anlagern hätte können, die Kostüme – ein Lacher für sich, immer an der richtigen Stelle. Es ist eine Freude, eine dermaßen heutige, witzige und stellenweise umwerfend komische Shakespeare-Inszenierung zu erleben.

VIEL LÄRM UM NICHTS
William Shakespeare

Leading Team
Regie/Textfassung: Jasmin Sarah Zamani
Regieassistenz, Inspizienz: Helene Ewert
Kostümassistenz: Iris Otterspeer
Lichtgestaltung: Simon Meusburger
Grafik, Videos: Johannes Hucek
Fotos: Anita Milena Murgu

Besetzung
Benedikt Grawe: Benedikt Padua, CFO von Aragon Corporations
Christoph Hackenberg: Leonato Gouverneur, CEO von Messino Inc.
Christian Kohlhofer: Claudio Forentin Graf, Managing Director BU Italy bei Aragon Corporations
Lena Sophie Lehmann: Dona Joanna, Don Pedros Halbschwester und Managing Director bei Aragon Corporations
Manuela Linshalm: Beatrice Disdegno, Leonatos Cousine und CFO von Messina Inc.
Christopher Ryan: Don Pedro Fürst, CEO von Aragon Corporations
Katharina Vana: Hero Purezza Gouverneur, Leonatos Schwester, Praktikantin der höheren Managementebene

Soundtrack
Sigh no more, Ladies - Much ado about nothing (O.S.T., 1993)
Red Flag - Billy Talent
Requiem for a Dream - Clint Mansell
7 Nation Army - The White Stripes
Sigh no more - Mumford & Sons
Pizzicati - Sylvia Act III Divertissiment
Dead Road 7 - The Kills
Over my shoulder - Mika
Shall I compare thee to a Summer’s day - Bryan Ferry
Tron Legacy - No.10
At Last - Etta James
Single Ladies - Beyoncà©

Link
- Schuberttheater

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