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Steven Suskin: Show Tunes

Steven Suskin ist Theater- und Musikkritiker u. a. für Variety und Playbill. 25 Jahre war der Autor im Theatermanagement und als Produzent tätig. 13 Bücher hat er bis dato veröffentlicht, darunter «Second Act Trouble”, «The Sound of Broadway Music” und «Opening Night on Broadway”.
2010 brachte Suskin die vierte Auflage seines Standardwerks «Show Tunes” auf den Markt. 1985 war die erste Auflage erschienen, mit dem Konzept als Basis, die Musicals der «bedeutendsten” Broadway-Komponisten, die sich bis 1985 aus dem Berufsleben zurückgezogen hatten oder verstorben waren, zu behandeln. Zwölf Komponisten plante Suskin für die erste Auflage ein, aber der Verlag erhob Einspruch. Ein Buch ohne Komponisten wie Sondheim, Styne oder Herman? Unvorstellbar! So wurden aus den zwölf insgesamt 30 Komponisten. Für die zweite Auflage, 1991, gab es keine Ergänzung. Der Grund: Megamusicals aus England beherrschten den Great White Way. Die dritte Auflage erschien 1999 mit einer Ergänzung um sechs Künstler, und in der nun vorliegenden Ausgabe sind wir bei insgesamt 40 Komponisten angelangt.
Suskins Ziel ist es, von jedem musikalischen Werk dieser Autoren, egal ob Broadway- oder Off-Broadway-Show, Nachtclub-Act, Eisrevue etc. das publizierte Notenmaterial und die publizierten Songs kommentiert aufzulisten. Vor Erscheinen der ersten Auflage von «Show Tunes” war das ein unübersichtliches Feld. Suskin schaffte es, wie Michael Feinstein in seinem Vorwort lobend hervorhebt, eine «komplette Chronik der verfügbaren Songs der behandelten Komponisten” zu erstellen. Das erforderte vom Autor oftmals reinste Detektivarbeit, gehen doch Rechteinhaber, Theaterbesitzer, Plattenlabels mit ihren Archivalien nicht immer sorgsam um. Feinstein weiß davon zu berichten: «I learned that many boxes of unique and irreplaceable musical theatre score housed in an old theatre basement in London had been destroyed. The theatre had been taken over by Andrew Lloyd Webber, and somebody had cleaned out the »useless« stuff taking up so much space in the basement. They saved the scores of all the warhorses like «Annie get your Gun” (those might be of use, they thought) but destroyed the obscure material – including several complete Gershwin scores and orchestrations.” Suskin machte sich auf die Suche auch nach den verschollensten Liedern und durchsuchte etwa die Bestände der Library of Congress, wo nicht katalogisiert ein reicher Schatz von Songs aus allen nur denkbaren Genres ab dem Jahre 1900 lagert.
In seinem in die Kapitel «Composers of the early years”, «New Composers of the 1940s, 1950s, and 1960s”, «New Composers of the 1970s and Beyond” und «Notable Scores by other Composers” gegliederten Werk bietet der Autor für jeden Künstler eine ausführliche Einleitung – eine Mischung aus Biographie und kritischer Einschätzung seines Werks. Untersucht wird bei allen Komponisten, warum sie so komponiert haben, wie sie komponiert haben, und wie es zur Zusammenarbeit mit ihren Partnern kam. Es wird versucht nachzuvollziehen, ob die Songs im Theater funktioniert haben und wie sich der Erfolg auf das weitere Schaffen ausgewirkt hat.
Die Aufnahme ins Buch an sich bedeutet nicht, dass mit dem einen oder anderen Komponisten nicht ordentlich ins Gericht gegangen wird. Der Autor hat eine fixe Idee, wie ein «ideales” Broadwaymusical musikalisch zu sein, welchen Kriterien es zu genügen hat. Etwas ruppig schert er vor allem die «jüngeren” Komponisten über diese seine Auffassung. Über Alan Menkens «Beauty and the Beast” meint er: »[It] was not taken seriously by critics or Broadwayites, just by ticket-buyers with plenty of spare cash for repeat visits and official souvenirs. Menken had his first Broadway musical, and a hit with a thirteen-year run at that. […] [Menken’s] stage work over the course of thirty years has had little effect: »Little shop of horrors« and not much else, other than two supermusicals centered on scores written for animated films. One tends to blame Disney for stealing him away from a potential theatre career; without Disney, though, Menken might very possibly still be unknown and unheard of, and tens of millions of dollars poorer.”
Man kann Suskin zugute halten, dass er dem wirtschaftlichen Erfolg der Werke eines Künstlers keine dominante Bedeutung zuweist. So liefert er eine der besten Biographien zu William Finn. Es ist, fast, eine Liebeserklärung an dieses musikalische Genie, »more noncommercial than Sondheim«, wie Suskin schreibt. »He has always seemed to do what he wants, the way he wants it. While he has proven to be a stubborn and sometimes indecipherable artist, it is his very unruliness that has resulted in some of the most remarkable musical theatre material of the last thirty years. And – with the addition of »A New Brain« and the songs collected in »Infinite Joy« and »Elegies« to »Falsettos« and »Falsettoland« – some of the most moving theatre music as well.”
Suskins kleine Sticheleien sind mitunter unterhaltsam, wenn er etwa über Maury Yestons »Phantom« scheibt: »The most surprising element in this twisted »Phantom« tale is that Yeston’s score is far more tuneful than you-know-who’s.«
Ein wenig zu bissig, untergriffig und auch inkonsequent zeigt Suskin sich bei einigen Komponisten. Ein Beispiel: Frank Wildhorn. Ist es Kritik oder Abrechnung? »»Jekyll & Hyde« was roundly roasted for its substandard material by critics and Broadwayites alike, but it proved to be one of those so-called audience shows, which enjoy a respectable run but eventually close several million dollars in the red. The writing is, perhaps, baldly bad at times; but then, the final director of the enterprise, Robin Phillips, wisely dressed things up with excessive, effective theatricality. Wildhorn quickly returned with «The Scarlet Pimpernel”, similar in style and quality. With the opening of «The Civil War”, Wildhorn hat three Broadway musicals running (briefly) simultaneously, which he trumpeted loudly in the press. When the final accounting was done, though, the three combined represented a loss in the neigbourhood of 15 million dollars, which Wildhorn did not trumpet loudly in the press.”
Suskins Werk ist ein Schatz, der Anhang ist massiv, mit einem Lied- und Show-Index, einer chronologischen Auflistung der Werke aller behandelten Künstler, einem Verzeichnis aller Mitarbeiter der Komponisten und einer Bibliographie. Auch wenn das Urteil manchmal hart ausfällt, die Biographien vor allem auch der Komponisten, die seit den siebziger Jahren wirken, wie Larry Grossman, Stephen Schwartz, Marvin Hamlisch, Alan Menken, William Finn, Maury Yeston, Stephen Flaherty, Michael John LaChiusa, Jason Robert Brown, Adam Guettel und Jeanine Tesori, sind großartig geschrieben, die komplette Auflistung aller ihrer Werke und Songs wird man in keinem anderen Werk finden. Sehr empfehlenswert!

Steven Suskin: Show Tunes – The Songs, Shows, and Careers of Broadway’s Major Composers. Oxford University Press, New York 2010. 600 S.; (Hardcover) ISBN 978-0-19-531-407-6. $ 60.

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