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“Sweeney Todd” mit Johnny Depp - oh, it’s a Musical!

“Sweeney Todd”, die Verfilmung des gleichnamigen Musicals von Stephen Sondheim, startete am 21. Februar 2008 in Deutschlands und Österreichs Kinos. Tim Burton und eine gigantische Marketingmaschinerie haben ihr Möglichstes getan, um “Sweeney Todd” ja nicht als “Musicalfilm” zu verkaufen. Eher schon sollen die Zuschauer mit dem Etikett Horror in die Kinos gelockt werden. Wenn dann Johnny Depp anfängt zu singen … wer wird wegen ihm schon das Kino verlassen?

Stephen Sondheim ist nun nicht gerade ein immer leicht zugänglicher Komponist, und so muss es niemanden wundern, wenn sogar ein Medium wie der Spiegel sich nicht entblödet, die folgenden Zeilen zu schreiben:

Der Komponist Stephen Sondheim hat für das Musical “Sweeney Todd” Songs geschrieben, die einem durch Mark und Bein gehen. Das hat den Erfolg des Werks, das seit 1979 an vielen großen Bühnen der Welt gespielt wird, vermutlich noch befördert; es ist aber für die meisten Johnny-Depp-begeisterten jungen Frauen, die sich jetzt die Musicalverfilmung des Regisseurs Tim Burton ansehen werden, bestimmt eine harte Prüfung. Ganz grob ausgedrückt: Der sagenhafte Mister Depp singt hier fast pausenlos ausgesucht scheußliche Lieder.

Ganz grob ausgedrückt macht sich der Autor der Filmrezension, sein Name muss hier nicht extra erwähnt werden, recht lächerlich, wenn er meint:

Großartig ist der Film trotzdem (…)

Trotzdem? Nunja, was soll man aus dem Land von “Ich war noch niemals in New York” und “Mamma Mia!” sowie “Mamma Mia!” und nochmals “Mamma Mia!” erwarten, könnte man genauso plump erwidern. Keine Ahnung von dem, was man tatsächlich einstmals als Musicalgenre entwickelte, bevor abgetakelte Poprockstars ihre Hits aus vergangenenen Jahrzehnten in Shows für alle jene zusammengatschten, die auf Schlager für Altgewordene stehen. Wird dann einmal ein tatsächliches Musicalmeisterwerk in ein filmisches Meisterwerk transponiert, dann muss ausgerechnet ein Freddy-Krüger-Fan das Original antatschen, ohne offensichtlich auch nur die leiseste Ahnung zu haben, womit er es zu tun hat. “Horror eben”, schließt der Spiegel-Rezensent seine Story. Wie wahr, wie wahr, was das Niveau betrifft.

Ein wenig pfiffiger geht da schon das österreichische Kinomagazin “skip” an die Sache heran, wenn es schreibt:

Musicals haben es im Kino oft nicht leicht. Aber das hier ist ein völlig anderes Kaliber. Nicht nur wegen der überaus blutigen und makabren Story. Sondern vor allem wegen der herausragenden Talente, die sie auf der Leinwand zum Leben erwecken. Kultregisseur Tim Burton und sein Leibdarsteller Johnny Depp haben eine lange, gemeinsame Tradition: Ihre bisherigen Filme (…) sind zeitlose Meisterwerke. Dass sie auch unter den verschärften Bedingungen der Tatsache, dass Sweeney Todd ein Musical ist, in bewährter Weise brillieren, verdanken wir Burtons unvergleichlichem Gefühl für gruselromantische Optik und den Darstellungs-, hier vor allem aber auch Sangeskünsten eines Johnny Depp, dessen Stimme vergleichsweise den Putz vom Raimund Theater bröckeln ließe.

“Sweeney Todd”, derzeit im Kino und definitiv einen Kinobesuch wert.

2 Kommentare »

  Martin Bruny wrote @ Februar 22nd, 2008 at 17:27

Keine Frage, auch das Land von Barbarella und Wake Up zeigt sich nicht von seiner besten Seite, wenn es um tatsächliche Musicals geht :-)

  Jochen wrote @ Februar 22nd, 2008 at 12:49

Ist bei Claus Phillip in seiner “Standard”-Rezension leider nicht viel anders: “Die Vorlage des Films, das ist eigentlich nur ein Musical (von Stephen Sondheim)” … und das war dann auch schon die einzige namentliche Erwähnung des Komponisten in diesem Artikel.

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