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Theater an der Wien: Kann man den Intendanten noch ernstnehmen?

Zur Witzfigur macht sich Roland Geyer, Intendant des Theaters an der Wien, mit seinen morgen in News erscheinenden Aussagen die Musicalsparte der Vereinigten Bühnen Wien betreffend, wenn er sinngemäß meint, der Opernbetrieb im Theater an der Wien finanziere den Musicalbetrieb des Unternehmens.

Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Geyer schafft es nicht einmal, bei seinen Produktionen, die er durchschnittlich drei Mal (!) ansetzt, auf eine hundertprozentige Auslastung zu kommen, erklärt aber per Interview, wie es um die Musicalbranche derzeit bestellt ist und schädigt sein eigenes Unternehmen, indem er erklärt, dass die Musicalbranche einem “Verfall” unterzogen ist. Vielleicht, Herr Geyer, sollte man auch ein bisschen über die Wiener Decke hinaussehen, dann würde man vielleicht erkennen, was alles in der Musicalwelt heute vor sich geht.

Das seit 2006 wieder für den Opernbetrieb gewidmete Theater an der Wien finanziert die Musical-Sparte der Vereinigten Bühnen. Das erklärt Opernintendant Roland Geyer in der morgen erscheinenden NEWS-Ausgabe. Die soeben gemeldeten Abgänge von 2,2 Millionen Euro für das Jahr 2008 würden sich laut Geyer auf fünf Millionen belaufen, hätte das Theater an der Wien nicht Überschüsse von 2,78 Millionen in das Gesamtbudget eingebracht.

Schuldzuweisungen nimmt Geyer dabei nicht vor. Das minder betuchte Musical-Publikum sei von der Krise eben stärker betroffen, und bis zu fünf Mal soviele Musical- wie Opernkarten müssten erst abgesetzt werden. “Außerdem”, so Geyer, “scheint das Musical einen Lebenszyklus wie seinerzeit die Operette zu haben. Die hat zwischen 1870 und 1930 einen ständigen Verfall vollzogen und war dann vorbei. Auch das Musical ist jetzt 60 Jahre alt und in einer sehr ähnlichen Situation.”

Laut NEWS-Information schreibt “Frühlings Erwachen”, die aktuelle Musical-Produktion im Ronacher, pro Monat 200.000 bis 400.000 Euro Minus. Auch “Rudolf” im Raimund Theater liegt unter Budget.

Geyer, der derzeit mit 94 bis 97 Prozent Auslastung bilanziert, befürchtet nun angesichts steigender Abgänge der Musical-Sparte auch Auswirkungen auf die Oper. Er sieht “ein Damoklesschwert, aber noch nicht unmittelbar vor mir. Ich würde jedenfalls auf die Barrikaden steigen, wenn die Oper auf noch mehr Subventionen verzichten müsste.”

Geyer kündigt zudem in NEWS Spektakuläres für 2010 an: Die Saison wird mit Händels “Semele” unter Robert Carsen und William Christie eröffnet. Für diese Produktion kehrt Cecilia Bartoli nach Jahren auf eine Wiener Bühne zurück. Im Dezember kommt Placido Domingo als Pablo Neruda mit der für ihn geschriebenen Oper “Il Postino” von Daniel Katan. Und zwischen 2011 und 2013 koproduziert man mit den Festwochen “Rigoletto”, “Traviata” und “Troubadour” von Verdi. Alle drei Werke sollen dann zum Verdi-Jahr 2013 zwischen Mai und August im Theater an der Wien gezeigt werden.” [Live-PR]

Man sollte hier noch einmal festhalten, dass nur aufgrund der völlig unsinnigen Umwidmung des Theaters an der Wien, also eines hochmodernen Musicalhauses, in ein Opernhaus, der Umbau des Ronachers nötig wurde. Man sollte festhalten, dass Geyer es bis jetzt nicht schafft, Produktionen auf die Beine zu stellen, die er mehr als drei Mal auf den Spielplan setzen kann, und man sollte nach wie vor festhalten, dass das Theater eine unzumutbare Anzahl an Schließtagen hat.

5 Kommentare »

  Someone wrote @ Mai 8th, 2009 at 08:18

Ob jemals jemand den Fehler eingestehen wird dass man das Theater an der Wien nie der Oper überlassen hätte dürfen? Meiner Meinung nach wären auch Stücke wie die Producers oder Frühlings Erwachen im Theater an der Wien besser besucht gewesen. Wie man schon öfters las, das Ronacher ist eine lebende Leiche. Der Standort ist nicht gut, die Akustik furchtbar, die Plätze ihr Geld nicht wert, die Renovierung hat nicht viel gebracht ausser quietschende Stühle und günstige Plätze wie die pinken 5 Euro Karten gibt es im Parkett/Parterre wieviele? 2?
Eine Schande!

  Michael Kaden wrote @ Mai 7th, 2009 at 17:41

Wie man aus erster Hand erfährt, sind eh schon die Fetzen geflogen im Haus, sprich: Drozda hat ein Bisserl geschimpft und jetzt alle sind wieder lieb. Der Arschloch-Faktor der VBW-Opernintendanz ist jedenfalls nicht zu überbieten.

  KB wrote @ Mai 7th, 2009 at 15:33

Kann dem nichts wiedersprechen.
Vielleicht ein Paar Hinzufügungen:
Das Theater an der Wien kostet dem Steuerzahler das 5-fache mehr als
die zwei Musicaltheater pro Sitzplatz.
Und wenn der Herr Geyer meint, nicht auf Subventionen wie letztes Jahr verzichten zu wollen, so soll er doch bitte dies auf die Kartenpreise für sein “betuchtes Publikum” draufschlagen.

  stixi292 wrote @ Mai 7th, 2009 at 06:17

Das Musical wird nie aus Wien verschwinden. Von den 570.000 Besuchern der Vereinigten Bühnen Wien fallen wenn überhaupt garantiert nur 100.000 auf die Oper aus. Mehr gehts sich wegen der Schliesstage gar nicht aus. Alleine deshalb kann die Oper nicht das Musical finanzieren. Die Aussage von Indentant Geyer ist meiner Meinung nach Schwachsinn.

  M. wrote @ Mai 6th, 2009 at 20:39

Sehr richtig, viel bleibt eigentlich nicht hinzuzufügen.
Wenn man nicht einmal diese weniger als eine Handvoll Vorstellungen vollbekommt, sollte man doch einfach öfter mal den Mund halten. Dass der werte Herr auf die Barrikaden steigen möchte, wenn er weniger Subventionen bekommt, muss einen doch sehr wundern. Wie wäre es denn, mal selbstkritisch den eigenen Laden unter die Lupe zu nehmen statt derart inhaltlos herumzuschwadronieren?
Und wenn er es sich auch noch so sehr wünscht, das Musical als Genre wird nicht einfach so sterben. Mag die selbsternannte Intelligenz von Wien es auch eines - scheinbar nicht mehr allzu fernen - Tages mit Mistgabeln aus der Stadt jagen, weiterleben wird es andernorts ohne jeden Zweifel.
Wenn Geyer den Fortbestand der Oper am so unglaublich quirligen Leben im Theater an der Wien messen möchte, dürfte dort wohl auch bald die Götterdämmerung auf dem Programm stehen.

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