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Wildhorn & Friends - endlich wieder Musical im Raimund Theater

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“Wildhorn & Friends”, das war wieder mal nach vielen gefühlten Jahren echtes Musical im Matrosendschungel des Wiener Raimund Theaters. Was die VBW nicht schaffen, erledigen nun jene, die sich für einen Tag ins Theater einmieten und damit Wien für einige wenige Stunden wieder zu einer Musicalmetropole machen. Und es ist in diesem Fall ein deutsches Unternehmen gewesen, das sich eingemietet hat und “Wildhorn & Friends” in Wien ermöglicht hat.

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In solchen Stunden wünscht man sich, dass keine Manager, keine Zahlenmenschen mehr an der Spitze eines Theaterunternehmens stehen, sondern Künstler, die Kunst leben, so wie es Michael Schottenberg beim Wiener Volkstheater praktiziert oder Robert Meyer an der Wiener Volksoper. Das ist nicht gegen Kathrin Zechner persönlich gerichtet, sie hat sicher ihre guten Zeiten gehabt, aber im besten Fall dürfen wir derzeit annehmen, dass sie entmachtet wurde und ein reiner Zahlenmensch nun alles in der Hand hat, dessen Namen wir, der Tradition Caspar Richters folgend, gar nicht erst erwähnen. Scheinbar ist dieser Zahlenmensch es, der nein zu allem, was kreativ ist, sagt.

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Es gab Zeiten, da war das anders, wenn man sich an die Ära Häussler erinnert, so lange ist das ja nicht her, wenn man sich an die Produktionen eines Rolf Kutschera erinnert und seine Erinnerungen dazu in seiner in diesen Tagen erschienenen Autobiographie nachliest, da waren die Theater von echten Musicals erfüllt und von Ideen, wie man in Wien Neues, Spannendes kreieren kann. Caspar Richter durfte mit dem Orchester der Vereinigten Bühnen viel Musicalisches probieren, als man ihm die Luft für die Kunst abgedreht hat, ist er gegangen. Wenn eine Produktion in der Ära Kutschera nicht geklappt hat, hat man es wieder versucht, und wieder. Das waren Zeiten, in denen am Theater an der Wien Sondheim gespielt wurde und Stars gemacht wurden. Und es gibt keine Ausrede dafür, dass man zwar für das Ronacher internationale Schauspielstars engagieren kann, aber es nicht schafft, für eine begrenzte Spielzeit einen Sondheim zu spielen. Die sprichwörtliche Einfalt der Vielfalt hat am Ronacher nichts gebracht, nun haben wir die reine Einfalt, ohne Vielfalt. Die Kunst wird auf die Aufführung von Revivals als Cashcows reduziert und das bisschen Profit, das gemacht wird mit Musicals, steckt man in Schauspiel/Opern-Produktionen, die gute Presse bringen, statt in die Entwicklung von Musicalproduktionen. Es gibt auch keine Ausrede dafür, dass die VBW den Musicalnachwuchs dermaßen schlecht fördern. Was könnte man mit den Studenten des Konservatoriums beispielsweise für interessante Produktionen auf die Beine stellen, Tryouts, Produktionen von Shows aktueller amerikanischer, deutscher oder österreichischer Komponisten, in Form einzelner Abende, oder auf der Probebühne für eine begrenzte Spielzeit. Wozu hat man sie errichtet, wenn man sie nun fast nicht nützt?

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An all das denkt man auch, wenn man aus einem gelungenen Konzert wie “Wildhorn & Friends” kommt, in dem Musicalfans über Songs eines vielgeschmähten und völlig unter seinem Wert geschlagenen Musical wie “Rudolf” jubelten. Mehr über das Konzert selbst demnächst hier und in der Dezember/Jänner-Ausgabe von “musicals”.

Frank Wildhorn & Friends
4. Oktober 2010, Raimund Theater

Setlist

1. Teil

I Will Be There (”Monte Christo”) - Pia Douwes & Thomas Borchert
When The World Was Mine (”Monte Christo”) - Pia Douwes
The Man I Used To Be (”Monte Christo”) - Thomas Borchert
Bring On The Man (”Jekyll & Hyde”) - Linda Eder & Girls
Someone Like You (”Jekyll & Hyde”) - Linda Eder
The Longer I Live (”Dracula”) - Thomas Borchert
Please Don’t Make Me Love You (”Dracula”) - Pia Douwes
Advice From A Caterpillar” (”Wonderland”) - Thomas Borchert & Girls
How ’bout A Dance (”Bonnie & Clyde”) - Pia Douwes
Something More (”Rudolf”) - Linda Eder & Thomas Borchert
Swing Medley (”Money To Burn”/”Mad hatter”/”Big Time”) - Alle

2. Teil
Viva (”Carmen”) - Pia Douwes & Girls/Dancer: Steven Seale
Living In The Shadows (”Victor/Victoria”) - Linda Eder/Frank Wildhorn
Where Do Broken Hearts Go - Linda Eder/Ensemble
Hell To Your Doorstep (”Monte Christo”) - Thomas Borchert
Only Love (”Rudolf”) - Pia Douwes
In His Eyes (”Jekyll & Hyde”) - Linda Eder & Pia Douwes
Go With The Flow (”Wonderland”) - Thomas Borchert & Ensemble
Gold (”Camille Claudel”) - Linda Eder
This Is The Moment (”Jekyll & Hyde”) - Thomas Borchert
Finding Wonderland (”Wonderland”) - Pia Douwes
Vienna - Linda Eder

Solisten
Linda Eder
Pia Douwes
Thomas Borchert

Ensemble/Backing Vocals
Natalya Bogdanis
Daniella Foligno
Linda Geider
Carina Kärcher
Björn Klein
Norbert Kohler
Andreas Lichtenberger
Steven Seale

Das Orchester der Vereinigten Bühnen Wien

Musikalische Leitung: Koen Schoots
Produzent: Walter Feucht/Tanja Feucht
Künstlerische Produktionsleitung: cre-ma Creative Management, Renate Gritschke, Henriet Wunnink
Regie: Alex Balga
Technische Leitung/Tondesign: Ricccardo von krugten
Lichtdesign: Rick Belzer/Michael Grundner
Regie-Assistenz: Olivia Rode
Technische Assistenz: Alexa Koch
Künstlermanagement: Diabelli Management, Michael Staringer
Public Relations: Rina Bohland

Link
- BroadwayWorld.com: Photo Coverage: Eder & Wildhorn Reunite Onstage in Vienna
- Musical Awakening: Frank Wildhorn & Friends
- Das Kultur-Channel-Flickr-Foto-Set –> hier

13 Kommentare »

  Klaus wrote @ Oktober 6th, 2010 at 17:02

@lila könig: Das hatte ja Martin Bruny gemeint mit “Matrosen-Disneyland”
Der Pausenkeller ist das Unterdeck und die Ränge die Oberdecks. Es ist ja an Peinlichkeiten nicht mehr zu übertreffen.

  lila könig wrote @ Oktober 6th, 2010 at 14:18

eine wunderbare kritik die mir, und bestimmt auch vielen anderen aus dem herzen spricht.

zu ergänzen wäre noch die optische verunstaltung des raimund theaters. auf eine ganz banale art und weise will man den zuschauern den eindruck vermitteln, dass sie sich auf einem schiff befinden. wie in aller welt kommt man auf die idee dieses wunderschöne altbauhaus mit dem großen vorplatz durch einen schiffsbug zu verdecken? und dem nicht genug. betritt man das raimund theater sichtet man schnell billig und ohne stil wirkende geklonten matrosen aus pappe, die im ganzen haus verteilt auf den wänden kleben. weiters stellt sich mir die frage, ob es notwendig ist aus den rängen decks zu machen? sind wir in einem theater oder am rummelplatz? wohl eher zweiteres, weil wir mittlerweile auch in wien so weit sind, in der pause eis zu verkaufen(!).

ich gehe ins theater, nicht ins kino oder in den vergnügungspark. obwohl das gefühl für ersteres leider immer mehr verschwindet.

  Axel wrote @ Oktober 6th, 2010 at 08:44

Björn Klein war auch im Ensemble

  klaus wrote @ Oktober 5th, 2010 at 11:11

@Andreas: Denke, Rudolf kam zum falschen Zeitpunkt während der Hochblüte der Wirtschaftskrise. Da wollte man sich nichts depressives “eine zah´n”

  klaus wrote @ Oktober 5th, 2010 at 11:08

Bei Pia Douwes und Linda Eder kam bei mir ein Gefühl auf, wie ich es schon länger in Wien nicht mehr gehabt habe.
Ein fantastischer Abend, den man geniesen konnte.
Sehr loben will ich auch den Produzenten, die wahrscheinlich auch privat dafür gerade stehen müssen. Wer mietet schon ein Theater samt 60köpfigen Musikern? Das ist liebe zum Theater.

  Andreas wrote @ Oktober 5th, 2010 at 09:50

@ Matthias

stimme Dir voll zu, was RUDOLF anbelangt.

So tolle Melodien, so bewegende Lieder - Gänsehaut pur - und das ganze ein “Flop”? Ich verstehe es nicht und es wird mir immer ein Rätsel bleiben.

Ich hätte locker jede Woche reingehen können, ohne das mir langweilig wird :-)

  Kiwi wrote @ Oktober 5th, 2010 at 09:29

Das Beste, das ich seit Jahren in Wien erlebt habe! So macht “Musical” wieder Spaß.

  Andreas wrote @ Oktober 5th, 2010 at 08:47

Naja, immerhin wurden hier auch Stars gemacht: Pia & Uwe und das war lange nach Sondheim … und was ist mit Steve Barton in Tanz der Vampire? Oder Thomas Borchert, der hatte hier ebenso große Erfolge, egal ob in J&H, TDV oder mit seinen Solo-Programmen. Oder Susan Rigvava Dumas als Mrs. Danvers.

Und warum sollte um Gottes Willen Sondheim “für eine bergenzte” Spielzeit gespielt werden, wenn man schon vorhab sagen kann, dass da kaum wer hingehen wird.

Es jedem recht machen, geht wohl nicht … die Zahlen müssen aber heutzutage viel mehr stimmen, als vor 10, 20 Jahren, also der ständige “früher war ja alles soviel besser Vergleich” hinkt.

Natürlich wünsche ich mir auch das eine oder andere Stück, dass man hier noch nicht gezeigt hat, dass nicht so bekannt ist, aber wie gesagt … das Leben ist kein Wunschkonzert.

Der gestrige Abend war jedenfalls absolute Spitzenklasse. Bin nach wie vor noch berauscht :-)

  Matthias wrote @ Oktober 5th, 2010 at 08:35

Es war gestern wirklich ein perfekter Abend: tolle Lieder, toller Abend, phantastische Sänger und ein restlos begeistertes Publikum! Ich kann dem Artikel nur recht geben…mir ist es gestern auch so ergangen…meine Freundin und ich sind nach der Veranstaltung heimgegangen und haben uns mal wieder gefragt, warum Rudolf so unter dem Wert geschlagen wurde von den Kritikern: genau die Lieder von Rudolf waren der “Renner” beim Publikum gestern, würde das Musical wohl nach dem gestrigen Abend in Wien anlaufen, würde es sicherlich ganz andere Kritiken bekommen, davon bin ich überzeugt…ich finde Rudolf persönlich immer noch ein verdammt gutes Musical, umso öfter man es gesehen hat, umso öfter man die Lieder gehört hat, umso genialer wird es…

Und ich habe gestern auch daran gedach, warum es nicht solche Abende mit dem Gefühl von “Broadway” öfter in Wien geben kann…Wien braucht dringend wieder eine Musicalproduktion mit der man den Durchbruch schafft, mit der man die Menschen in den Bann zieht…Tanz der Vampire ist toll, ich liebe das Musical, mit Ich war noch niemals in New York kann ich einfach nichts anfangen…das ist eine Revue aber kein Musical, für mich passt das nicht in ein Raimund Theater, hoffentlich kommen die VBW wirklich wieder auf den richtigen Weg, neues und inovatives zu produzieren, Rudolf war meiner Meinung nach schon der richtige Weg: entweder neue Produktionen starten oder bekannte Stücke vom broadway holen, die ein voller Erfolg sind…und vielleicht wirklich auch mal kleinere Projekte wagen…

  Angela wrote @ Oktober 5th, 2010 at 07:34

So viel Wahres in diesem Artikel… Ich bin dennoch glatt noch mehr gespannt auf einen kleinen Bericht von diesem bestimmt grandiosen Konzert unter “neuer” Leitung.

  klaus wrote @ Oktober 5th, 2010 at 07:23

Blödsinn, nach den Bildern:)

  klaus wrote @ Oktober 5th, 2010 at 07:22

Gibt es auch eine Trackliste?

Steht eh ganz oben

  Mark wrote @ Oktober 5th, 2010 at 00:55

Und, wie war es? Gibt es auch eine Trackliste?

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