Home RSS Go RED Go BLACK

1938/2008

Nur zwei Meldungen von heute:

Die Wiener Linien hatten am Montag Erklärungsbedarf gegenüber der Öffentlichkeit. Ein Straßenbahnfahrer hatte die Abschiedsrunde der Straßenlinie 1, die mit 26. Oktober wie die Linie 2 ihren Dienst als klassische Ringlinie einstellte, für einen Sonderauftritt der eigenen Art genutzt.
Unter dem Gaudium eines teils biertrinkenden Publikums verlangte der Fahrer, dass er in den nächsten zwei Minuten im Fahrgastraum als auch auf “meinem Führerstand” eine Stecknadel fallen hören wolle.
Ein Video auf YouTube dokumentierte den weiteren Verlauf der Fahrt, während der der Fahrer schließlich folgende Verabschiedung durchgab:
“Sehr geehrte Fahrgäste. Wir umrunden nun ein letztes Mal mit der Linie 1 den Wiener Ring, den Orbit rund um den Stephansdom. Viele historische Ereignisse haben hier stattgefunden. Sieg Heil!”
Auf die Durchsage folgte - teils auch einige Buhrufe. Danach dokumentiert das Video, offenbar nach Kritik an der Durchsage, den Fahrer mit dem Satz: “Versteht’s ihr kan Spaß?” [orf.at]

Rund zehn Neonazis versuchten gegen 00:20 die Räumlichkeiten des linken Kulturvereins W23 in der Wipplingerstraße 23 zu stürmen und begannen wahllos in die Menge der anwesenden Personen zu prügeln. Nur durch das besonnene Vorgehen der Anwesenden konnte Schlimmeres verhindert werden, die Neonazis wurden innerhalb kürzester Zeit hinausgedrängt. Es gab zwei Leichtverletzte und geringen Sachschaden.
Der Angriff war offenbar generalstabsmäßig geplant, zufällig vorbei kommende Passant_innen hatten, noch bevor es zu dem Überfall kam, die Polizei gerufen, nachdem sie die Gruppe beobachtet hatten, wie sie in Zweierreihe und mit militärischem Auftreten im Laufschritt durch den ersten Bezirk in Richtung Wipplingerstraße unterwegs war. Alle Angreifer waren einheitlich gekleidet und mit Sturmhauben unkenntlich gemacht, sowie mit Handschuhen auf die folgende Attacke vorbereitet.
Von dem Vorfall schockiert zeigte sich auch der Grüne Bezirksrat Georg Prack, der zu diesem Zeitpunkt auf dem Fest zugegen war. “Die gezielte Attacke gegen das W23 stellt einen weiteren Beleg für die zunehmende Radikalisierung der extremen Rechten in Österreich dar”, sieht Prack einen gesamtgesellschaftlichen Hintergrund.
Fragen muss sich auch das Landesamt für Verfassungsschutz gefallen lassen: Ohne zunächst ersichtlichen Grund waren den Großteil des Abends mehrere Beamte der Behörde im Umfeld des W23 unterwegs, auch uniformierte Einsatzkräfte besuchten das Fest - beides ein Novum in der rund zweieinhalbjährigen Geschichte des Kulturvereins. Der Verdacht, dass der Verfassungsschutz über einen bevorstehenden Angriff informiert war, liegt also nahe. Die Betreiber_innen wurden über diese Bedrohung allerdings zu keinem Zeitpunkt informiert.
Der Kulturverein W23 beherbergt seit dem Frühjahr 2006 verschiedene emanzipatorische Initiativen, darunter eine Bibliothek und ein Archiv über soziale Bewegungen, auch finden regelmäßig Vorträge und Lesungen zu einer breiten Palette von Themen statt. So gab es etwa erst am vergangenen Dienstag eine Buchpräsentation zum Thema “Frauen 1938. Verfolgte - Widerständige - MitläuferInnen”. Vor kurzem fand auch ein Teil der “queer-feministischen Tage” in den Räumlichkeiten des Vereins statt, zum Bogen der Aktivitäten im W23 gehören außerdem Computer-Workshops.[no-racism.net]

»

Ihr Kommentar

Abonniere ohne zu kommentieren

HTML-Tags:
<a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <code> <em> <i> <strike> <strong>