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“Bist du deppat, Oida”: Vincent “Rocky” Bueno gewinnt “Musical! Die Show!”

Und wenn “Musical! Die Show!” gar nichts getaugt hätte, für ein paar Momente lohnte sich das Zusehen allemal, denn die überschäumende Freude von Vincent Bueno und sein Schrei “Bist du deppat, Oida”, als er zum Sieger des Castings erklärt wurde, waren bemerkenswert, vergleichbar mit jener berühmten Szene aus dem Sylvester Stallone-Film “Rocky”, als der völlig zerschundene Boxer im Ring siegt und nur mehr Brüllen kann - von seinen Emotionen völlig überwältigt.

Auch Momente mit Sylvester Levay waren sehenswert, ein Künstler, der es versteht, Emotionen, die er empfindet, so zu artikulieren, dass man sie auch nachvollziehen kann. Wenn er bei der Bekanntgabe des Siegers mit auf der Bühne gewesen wäre, hätten Bueno und er wahrscheinlich eine Runde Csardas getanzt. Schöne Szenen, als Levay als Komponist von “Elisabeth” für ein paar Sekunden abgefeiert wurde.

Im Prinzip stellt sich bei “Musical! Die Show” die Frage, ob es eigentlich ums Musical oder nur zufällig ums Musical ging. Hat der ORF jetzt Musical abgehakt und kommt als nächstes ein Rockband-Casting, mit den besten Hits von Led Zeppelin und Co. die man sowieso auf jedem billigen Sampler finden kann? Ja, ich kann mir selbst die Begründung dafür liefern, warum in acht Sendungen nur “The Greatest Hits” aus dem Musicalbusiness zu hören waren, aber das macht die Sache nicht besser. Ein bisschen hat mir das Commitment gefehlt, das zu einem Musicalcasting dazugehört. Es war beispielsweise eine merkwürdige Erfahrung, zu hören, dass von einem “Ballett” gesprochen wurde, wenn man das Tanzensemble meinte. Die Namen der einzelnen Mitglieder des Tanzensembles wurden bewusst nicht genannt, auch nicht auf Nachfrage, obwohl etliche bekannte Leute darunter waren, wie zum Beispiel Albert Kessler. Das Mischmasch aus in englisch und deutscher Sprache gesungenen Musicalsongs, obwohl es fast alle gut übersetzt auch in deutscher Sprache gibt, wie definitiv “Das Phantom der Oper” - alles Faktoren, die auf ein eher heilloses Durcheinander schließen lassen. Musterbeispiel dafür ist jenes “Cats”-Medley, das alle Kandidaten gemeinsam brachten, bei dem die Zuschauer aber teilweise mit Songs konfrontiert wurden, die mal beim Song Contest zu hören waren. Freilich hat der ORF verabsäumt, eine genaue Auflistung jener Lieder bereitzustellen, die in diesem Medley verarbeitet wurden. Vielleicht in der Annahme, dass das den Zusehern ohnedies völlig egal ist? Wenn man aber so an die Konzeption einer Show herangeht, dann kann auch nicht der Erfolg draus werden, der möglich gewesen wäre, trotz akzeptabler Quoten. Das trifft nicht zuletzt auch auf den Preis zu, den es zu gewinnen gab. Zuerst war es eine Rolle bei “We Will Rock You”, dann irgendeine Rolle, danach ein Geldbetrag, zweckgebunden an eine Ausbildung, schließlich sind es 50.000 Euro geworden, mit denen der Gewinner machen darf, was er möchte.

Es spricht an sich nichts dagegen, eine weitere Staffel dieses Castingformats irgendwann auf Sendung zu schicken, allerdings unter Einbeziehung jener Leute, die im Land die wichtigsten Positionen im Ausbildungs- und Arbeitsmarkt innehaben, also beispielsweise Theater und Schauspiel-/Musicalschulen leiten. Würde sich hier ein Weg finden, gemeinsam ein sinnvolles Konzept zu entwickeln, könnte das eine durchaus spannende Sache werden.

Manchmal hatte man, auch in der letzten Folge dieser ersten Staffel, den Eindruck, dass die Sendung fast zu einer Parodie des Genres Fernsehcasting abdriftete. Das macht sie teilweise sympathisch, denn bierernst könnte es ohnehin bald in Deutschland werden, wenn man da auf Sendung geht.

Die Songs:
Opener der Ausgeschiedenen mit Alfons Haider: “You Can’t Stop the Beat” aus “Hairspray”
Gudrun Ihninger: “Only You” aus “Starlight Express”
Vincent Bueno: “Grease Lightning” aus “Grease”
Eva Klikovics: “The Winner Takes It All” aus “Mamma Mia!”
Gudrun Ihninger: “Mein Herr” aus “Cabaret”
Vincent Bueno: “The Music of The Night” aus “The Phantom of the Opera”
Eva Klikovics: “All That Jazz” aus “Chicago”
Vincent Bueno & Eva Klikovics: “Boote in der Nacht” aus “Elisabeth”
Die Ausgeschiedenen: “Fame” aus “Fame”
Tanznummer: “Too Darn Hot” aus “Kiss Me, Kate”
Kandidaten und Ausgeschiedene: “There’s No Business Like Show Business” aus “Annie Get Your Gun”

2 Kommentare »

  Katharina wrote @ Januar 13th, 2008 at 11:52

Ich finde es auch richtig gut zusammengefasst! Großartig!

  markus wrote @ Januar 13th, 2008 at 10:28

exzellenter kann man es nicht zusammenfassen.
ich danke für die überaus gekonnte analyse aber auch für eine milde rückschau, die uns in 10 jahren vielleicht noch immer mit einem fragwürdigen lächeln daran erinnert warum wir unsere freitag-ausgehabende gegen couch und chips getauscht haben. :-)

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