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Archiv - News

brut/Volkskundemuesum: Chesterfield

Während der Generalsanierung des Künstlerhauses zieht brut Wien für eine Saison um und umher und initiiert Projekte an unterschiedlichen Orten in Wien: In der ersten Saisonhälfte bespielt brut Theaterräume in Neubau und in der Leopoldstadt, Leerstände in Favoriten, ein Museum in der Josefstadt, einen Club am Donaukanal, eine Bushaltestelle in der Brigittenau und ein Schwimmbad in Hernals.

In den Räumen des Volkskundemuseums zeigt die Wiener Künstlerin Alix Eynaudi Anfang Dezember gemeinsam mit vier weiteren Performer*innen ihre neueste Arbeit: Chesterfield, ein choreografisches Projekt in Form einer performativen Ausstellung, deren Absicht es ist, poetische Beziehungen zwischen Tanzen, Lesen, dem Objekt Buch und dem Material Leder herzustellen.

Die Tänzer*innen lassen sich für Chesterfield von Pflanzenbüchern aus der viktorianischen Zeit und der Sammlung des Volkskundemuseums inspirieren, darunter u. a. von brandbemalten Lederobjekten, gestanzten Masken oder feinen Schnitzereien auf Tierhäuten. Aus diesen unterschiedlichen Inspirationsquellen collagieren sie das Stück Chesterfield, in dem ihre Körper wie tanzende Wörter und Zeichen erscheinen.

Die Choreografin und Tänzerin Alix Eynaudi lebt und arbeitet in Wien. Sie absolvierte eine Ausbildung zur Balletttänzerin an der Opà©ra national de Paris und studierte zeitgenössischen Tanz bei PARTS Brüssel. Sieben Jahre tanzte sie in Anne Teresa De Keersmaekers Compagnie ROSAS. Seit 2005 tourt sie erfolgreich international mit ihren eigenen Stücken. www.alixeynaudi.com

Chesterfield
Ein Projekt von Alix Eynaudi In Zusammenarbeit mit Mark Lorimer, Quim Pujol, Cà©cile Tonizzo, An Breugelmans, Bruno Pocheron Dank an Alessio Scandale, Jean-Luc Plouvier, Olivier Renouf, Elton Petri, Jacopo Lanteri, Clà©mentine Caudron, Beatrix Potter, Emily Dickinson, Margaret Gatty, Margaret Hamilton Produktion Sarah Blumenfeld für boà®te de production – Verein für zeitgenössischen Tanz und zeitgenössische Installationen Administration Smart – Das Büro für Künstler*innen und Kreative
Eine Koproduktion von Alix Eynaudi und brut Wien, danceWEB through Life Long Burning und BUDA Kunstencentrum. In Kooperation mit Tanzquartier Wien, La Place de la Danse – CDCN Toulouse/Occitanie (working studio), Volkskundemuseum Wien. Mit freundlicher Unterstützung der Kulturabteilung der Stadt Wien, des Bundeskanzleramts Kunst und Kultur und des Kulturprogramms der Europäischen Union.

Narziss, du Opfer!

Das Theater Drachengasse lädt junge Theatermacher ein, Konzepte für Kurzprojekte zum Thema »Narziss, du Opfer!« einzureichen.

Was du erstrebst, ist nirgends;
was du liebst, wirst du verlieren, sobald du dich abwendest.
Was du siehst ist nur Schatten, nur Spiegelbild.

Egoismus ist gut, Narzissten und Psychopathen sind erfolgreich, du bist deines Glückes Schmied – lautet das Mantra des Marktes. Wir konkurrieren, wir werten. Damit wir besser sein können, müssen andere schlechter sein. Wir sind Gewinner*innen oder Verlierer*innen, die Guten oder die Schlechten. So sollen wir funktionieren. So eindeutig soll es sein. Aber was, wenn wir nur in der Unsicherheit der Begegnung, im Prozess der Beziehung erfahren können, wer wir sind? Was, wenn eine Gruppe mehr weiß, als der Einzelne? Was, wenn eine solidarische Praxis möglich ist?

Die Gewinner des Wettbewerbs werden über Juryentscheid bzw. Publikumsabstimmung ermittelt. Der Jurypreis beträgt 5000 Euro und wird vom Kuratorium für Theater, Tanz und Performance für die weitere Ausarbeitung des Projektes bereitgestellt. Die Drachengasse stellt Bar&Co samt Infrastruktur für die Aufführung in der darauffolgenden Saison zur Verfügung: Proberaum für 3 Wochen, eine Spielserie von 16 Tagen. Bühne: 3,5 x 5 m, technische Grundausstattung vorhanden; PR, Werbung, Marketing; dramaturgische Betreuung
Der Publikumspreis beträgt 1000 €.

Projektbeschreibung:
Einreichfrist: 2. November 2017
Spielzeit: 28. Mai bis 16. Juni 2018, Di bis Sa, Beginn: 20 Uhr
Dauer: 20 Minuten. Keine Monologe.
Abgesehen vom allgemeinen Thema »Narziss, du Opfer!« keine inhaltlichen Vorgaben.
Teilnehmer: Theaterkünstler in Ausbildung oder am Beginn ihrer Berufslaufbahn. Fokus auf Text, Schauspiel und Regie (minimale bühnentechnische Anforderungen)

Unterlagen: Name und Kontakt der Gruppe, Projektbeschreibung (maximal 1 Seite), Info über Mitwirkende (Name, Alter, Kurzbiografien inkl. Ausbildung)
Projektvorschläge sind zu richten an: newcomer@drachengasse.at
oder per Post an: Theater Drachengasse, 1010 Wien, Fleischmarkt 22, Kennwort: Newcomer

Bronski & Grünberg 2017/2018

Kaja Dymnicki, Julia Edtmeier, Salka Weber und Alexander Pschill starten mit ihrem Theater Bronski & Grünberg in die zweite Saison. Die folgenden Premieren stehen am Programm:
»Richard III.« (Regie: Helena Scheuba)
»Rigoletto« (Regie: Alexander Pschill, Julia Edtmeier, Kaja Dymnicki)
»Kevin allein zu Haus« (Regie: Dominic Oley)
»Titanic« (Regie: Dominic Oley)
»Wiener Blut« (Regie: Ruth Brauer-Kvam)
»Kleist – Familie Schroffenstein« (Regie: Fabian Alder)
»Pretty Woman« (Regie: Calle Fuhr)
»Onkel Wanja« (Regie: Lorraine de Sagazanne)

Saisonstart: 22. September 2017 – Premiere »Richard III.«

Die nächsten Premieren:
8. Oktober 2017: »Der Spieler« (Wiederaufnahme)
24. November 2017: »Rigoletto«

brut, Schauspielhaus 2017/2018: »Dirty Dancing Faust« und die »Seestadt-Saga«

Die Programmpräsentation von Schauspielhaus und brut für die Saison 2017/2018 folgt im Herbst. Erste Ankündigungen gibt es schon:

brut: »A Dirty Dancing Faust«
Ende Oktober startet das Projekt »A Dirty Dancing Faust« von Nesterval (in Kooperation mit brut). Das Kollektiv, in Wien für seine immersiven Theater- und Stadtabenteuer gefeiert, wird das Publikum in einem leerstehenden Gebäude (Simmering-Donaustadt-Floridsdorf) für zwei Monate in eine Fusion aus Goethes »Faust« und »Dirty Dancing« involvieren und sich gemeinsam auf Ermittlungen rund um den Tod eines jungen Hotelangestellten begeben.

Schauspielhaus Wien: Seestadt-Saga
Eine Gruppe von jungen, in Wien lebenden Autoren diverser Herkunft konzipiert nach Vorgabe einer Storyline eine Film- und Theaterserie, die Seestadt-Saga, die in Echtzeit über Social-Media-Kanäle gepostet wird und das interaktive Rezipieren ermöglicht. Die virtuelle Auseinandersetzung wird begleitet von Performances, Partys, Versammlungen und Wohnungsbesuchen vor Ort.

Kammeroper Wien: A Quiet Place

22. März 2018
19:30bis22:30

Kammerfassung (2013)
Musik von Leonard Bernstein
Orchestrierung und adaptiertes Libretto von Garth Edwin Sunderland
Eine Produktion der Neuen Oper Wien in Koproduktion mit dem Müpa Budapest

Do, 22.03.2018, 19:30 Uhr PREMIERE
Weitere Vorstellungen: 24.3., 27.3., 29.3., 2.4., jeweils 19:30 Uhr
Wiener Kammeroper, Fleischmarkt 24, Wien 1010

Einführungsgespräche vor den Vorstellungen mit Walter Kobà©ra jeweils um 18:45 Uhr

MUSIKALISCHE LEITUNG Walter Kobà©ra
INSZENIERUNG Philipp M. Krenn
AUSSTATTUNG Christian Tabakoff
LICHT Norbert Chmel
CHOREINSTUDIERUNG Michael Grohotolsky

SAM Steven Scheschareg
DEDE Katrin Targo
JUNIOR Dà¡niel Foki
FRANCOIS Nathan Haller
FUNURAL DIRECTOR Pablo Cameselle
BILL Georg Klimbacher
SUSIE Rebecca Blanz
ANALYST Savva Tikhonov
DOC Johannes Schwendinger
MRS. DOC Veronika Dünser

ORCHESTER amadeus ensemble-wien
CHOR Wiener Kammerchor

Der Kartenvorverkauf im Online-Shop beginnt am 2.9.2017 (10:00 Uhr)
Tickets –> hier

Werk X-Eldorado: »Freaks«

(c) Matthias FueggerJoey Goebel (1980 geboren) startete seine künstlerische Laufbahn mit 16 Jahren als Frontman der Band The Mullets. Bis 2001 brachten er und seine Gruppe vier Alben auf den Markt. Danach versuchte er sich an Drehbüchern. Einen dieser Versuche, »The Anomalies«, arbeitete er in Romanform um. Er jobbte gerade auf einer Pferderennbahn, als ihn das Verlagshaus MacAdam/Cage 2003 verständigte, man wolle den Roman des 23-Jährigen veröffentlichen. – 2007 brachte Diogenes das Werk auf Deutsch unter dem Titel »Freaks« heraus. Am 27. März 2017 findet die Österreichische Erstaufführung der Bühnenversion der Popgroteske im Werk X-Eldorado in Wien statt.

Goebel erzählt in »Freaks« die Geschichte einer fünfköpfigen Band, in der ein Zyniker, eine greise Gitarristin, eine achtjährige wohlstandsverwahrloste Bassistin mit Gewaltfantasien, eine Stripperin für die Moral und ein emigrierter Iraker aufeinandertreffen. Auf der Bühne umgesetzt wird »Freaks« von der »offshore group« unter der Regie von Markus Kubesch.

Goebel, um das noch kurz auszuführen, hat sich im deutschen Sprachraum nicht mit »Freaks« etabliert. 2004 erwarb Diogenes auf der Frankfurter Buchmesse die deutschsprachigen Rechte für Goebels zweiten Roman: »Torture the Artist«, brachte ihn unter dem Titel »Vincent« heraus und landete mit mehr als 100.000 verkauften Büchern einen Hit. Erst danach kam »Freaks« auf den Markt, und Goebel avancierte mit seinen Lesungen in Punkrock-Clubs zum Kultautor. Musikalisch ging es bei Goebel auch nach dem Ende der Mullets weiter. Zuerst mit der Band Novembrists und danach solo als Dr. Lawyer.

FREAKS
Inszenierung: Markus Kubesch
Eine Produktion von offshore group in Kooperation mit WERK X
Dramaturgie, Produktion: Iris Raffetseder
Bühne: Christina Pointner
Kostüme: Valerie Liegl
Assistenz: Viktoria Klimpfinger
Mit: Cecilia Steiner, Caner Sunar, Malte Sundermann

Premiere: Mo 27.3.2017, 20.00 Uhr
Weitere Vorstellungen (jeweils 20.00 Uhr): 28.3., 29.3., 3.4., 4.4. und 5.4.2017
Ort: WERK X-Eldorado
Petersplatz 1, 1010 Wien
Tickets: 01 535 32 00 11, reservierung@werk-x.at, werk-x.a

Nathan Trent. War das nötig?

Als am Montag, dem 27. Februar, ein Video von Österreichs Beitrag zum Song Contest auf YouTube auftauchte, dachte ich mir: Gutes Lied. Vielleicht ist es ja mal wieder möglich, einfach mit einem guten Lied zu punkten.
Aber, es wäre nicht der ORF, wenn er nicht am Tag danach eine passende »Story« zu diesem Lied geliefert hätte: In einer »Krise nach seinem Musicalstudium« sei der Song entstanden, meinte Nathan Trent, der Sänger. Er habe nach Abschluss seines Studiums nicht gewusst, was er machen soll. Um diese Aussage einzuschätzen, muss man ein paar Dinge wissen:
– Der Begriff »Musical« ist für die den Song Contest bestimmenden Leute ein Feindbegriff. Es gibt unvergessliche Szenen, wie Musicalsänger bei diversen Castingformaten des ORF regelrecht vorgeführt wurden, wie ihre Ausbildung, ihre Attitude allein deswegen kritisiert wurden, nur weil sie ein einschlägiges Musicalstudium absolviert hatten. Kam von dieser Richtung also der Tipp, dem Song mit dieser Story Sinn zu geben?
– Nathan Trent hatte vor seinem Musicalstudium reichlich Gelegenheit, ins Popstar-Business reinzuschnuppern. 2011 nahm er als 19-Jähriger am Castingformat »X Factor« teil und belegte den 11. Platz. Damals schien ein Musicalstudium danach durchaus Sinn zu haben.
– Trent hatte nach dem Abschluss seines Musicalstudiums eine Hauptrolle in einem Musical in Amstetten (»Footloose«). Er hatte schon während seines Studiums Rollen in Baden, im Theater in der Josefstadt und im Metropol. Er wird diese Chancen wohl auch seinem Studium zu verdanken haben. Ist es nun notwendig, seine Musicalausbildung in ein derartiges Licht zu stellen, selbst wenn das Ganze vielleicht falsch rübergekommen sein sollte. Hätte man die Musicalausbildung nicht ganz im Gegenteil in einem positiven Kontext erwähnen können? Andere mit vielleicht ebenso großem Talent und einer abgeschlossenen Musicalausbildung verdingen sich bei Musicaltankern wie den VBW als Ticketabreißer. Es ist schon richtig, was mir der Leiter eines anderen Ausbildungszentrums für Musicaldarsteller unlängst gesagt hat: »Wir bilden Leute aus, die auch in den Job wollen.« Vielleicht geht das nur, wenn man dafür auch zahlt und zwar richtig viel im Gegensatz zum Kons, an dem Trent seine Ausbildung absolviert hat. Ja, man kann ein Musicalstudium auch als Persönlichkeitsbildung ganz allgemein ansehen, aber solche Leute nehmen anderen Talenten dann einfach einen Platz weg. Talenten, die nicht gleich in eine Sinnkrise stürzen, wenn sie nicht als Johnny Awesome zum Instant-Musicalstar mutieren.

Zwei Chancen für Austin McKenzie 2017

Am Broadway war er 2015 als Melchior Gabor im Broadway-Revival von »Spring Awakening« zu sehen, einer Produktion des Deaf West Theatre, in der mit Gebärdensprache gearbeitet wurde (McKenzie hat Gebärdensprache am Columbia College Chicago studiert). 2017 startet der Film »Speech & Debate« mit ihm in den US-Kinos, und die Mini-TV-Serie »When We Rise« des Senders ABC, in der er ebenfalls zu sehen ist, soll eines der TV-Highlights des Jahres werden.

Premiere und Destruktion am Beispiel Bronski & Grünberg: »Anti_Gone« oder Warum zerstören wir nicht die VBW

Im neuen Wiener Theater Bronski & Grünberg feiert heute die Produktion »Anti_Gone«, Text/Dramaturgie und Musikalische Leitung: Aristoteles Chaitidis, Premiere. Der interessante Plot des Stücks, das die antiken Klassiker »Iphigenie« und »Antigone« in die Jetztzeit transferiert, liest sich wie folgt:

Im Wartezimmer von Prof. Freud sitzt die gelangweilte Iphigenie. Mit dem Handy in der Hand und manchmal in Zeitschriften blätternd, wartet sie auf ihre Mutter Klytämnestra. Als sich wenige Minuten später die unbändige Antigone, wegen zwangsverordneter Therapie, ebenfalls in den Wartebereich gesellt, wird sie von der jugendlich-naiven Iphigenie in therapeutischen Rollenspielen mit ihrem Schicksal konfrontiert. Antigone, beunruhigt, versucht immer wieder Sicherheit im Konsum einer Zigarette zu finden, doch Rauchen ist nicht gestattet. Und wieder sieht sie sich zerrissen zwischen dem Wunsch nach Freiheit und der gesellschaftlich kollektiven Vereinbarung. Dieser Konflikt lässt sich ohne Gewalt nicht lösen.

Regie: Steve Schmidt
Text/Dramaturgie/Musikalische Leitung: Aristoteles Chaitidis
Choreographie: Rino Indiono

Mit: Aleksandra Corovic (Antigone), Julia Edtmeier (Iphigenie), Jan Walter (Wächter), Alfred Pschill (Klytämnestra)
Musik: Antonio Chorbadzhiyski 
Kostüm: Katharina Kappert 

Nähere Infos –> hier

Destruktion
Neues am Theatersektor entsteht in Wien oft durch die Vernichtung alter Strukturen. Ein wunderbares Beispiel ist ebenjenes Theater, Bronski & Grünberg, in dem heute »Anti_Gone« zum ersten Mal über die Bühne geht. Dieses Theater konnte in den Räumlichkeiten, die es bespielt, entstehen, weil ein Wiener »Beamte« sich vor einigen Jahren entschlossen hatte, dem ehemaligen International Theater, das an die 27 Jahre ebenda gespielt hatte, die Zuschüsse zu kürzen, und zwar um 50.000 Euro pro Jahr. Das International Theater verlor damit seine Existenz.
Nicht immer gelangen Meldungen über finanzielle Maßnahmen vonseiten der Stadt an die Öffentlichkeit. Oft hört man, dass Theaterfreaks reihenweise ihre Theater einfach so aufgeben wollen, natürlich nie unter Druck, versteht sich. Unter die Zuständigkeit desselben »Beamten« fiel ja auch die Schließung des stadtTheaters in der Walfischgasse. Da wollte die Leiterin einfach nicht mehr. Jaja, das kann schon passieren. Man investiert lange Jahre sein Herzblut in ein Theaterprojekt, und dann will man halt einfach nicht mehr. Aus dem Theater Walfischgasse wurde eine Nebenstelle der Wiener Staatsoper, und aus dem International Theatre wurde vorerst mal nichts. Zumindest aus den Räumlichkeiten. Denn als »Nachfolger« der dem International Theatre gewährten finanziellen Mittel etablierte sich rund um den gebürtigen Steirer Eric Lomas der Theaterverein »Open House Theatre«, der diverse Räumlichkeiten bis heute bespielt, aber nicht jene des »Vorgängers«. Lomas’ Pläne waren groß, aber nach ein paar Jahren verabschiedete er sich von dem Theaterverein, der freilich weiterhin existiert, laufen doch die Förderungen noch.
Destruktion ist ein wesentliches Arbeitsmittel im Kulturleben der Stadt. Stichwort Ateliertheater. Stichwort Interkulttheater. Stichwort Kammeroper. Aktuell ist das Stadtkino bedroht. 150.000 Euro weniger an Subventionen bekommt es 2017 vom zuständigen »Beamten«, der sich laut Presseberichten nicht einmal zu einem Treffen mit den Leitern des Stadtkinos bereiterklärt.

Zerstören wir die VBW?
Was haben doch die VBW für ein Glück, dass sie ihre Subventionen auf andere Wege erhalten. Noch. Denn das Prinzip Destruktion würde auch in diesem Fall Wunder wirken. Wie? Das einzige Asset, über das die VBW verfügen, ist das Orchester. Selbst da wurde an Strukturen in den letzten Jahren so viel unwiederbringlich zerstört, dass man auch das infrage stellen könnte. Aber gehen wir davon aus, dass das Orchester jenes Asset ist, das bleiben muss. Wir haben zwei Theater und ein Orchester (für den Musicalbereich). Was wir nun brauchen, ist ein Plan. Und eine Vorgehensweise. Der Plan lautet, aus den VBW ein Unternehmen zu machen, das Musical als Kunstform auffasst. Dessen Leiter das Schaffen von Musicals, den kreativen Prozess, nicht als »Denksportaufgabe« bezeichnet. Er mag dies beim Bingospielen oder sonstwo in privatem Rahmen machen, aber nicht in einem Interview mit einer Tageszeitung. Um das zu erreichen, ist es notwendig, die VBW zu zerstören – und natürlich wieder aufzubauen.
Denken wir zurück an die 1980er-Jahre. Peter Wecks großes Verdienst war es, das Long-Run-Musical in Wien zu etablieren. Und die Idee, Musicals in Auftrag zu geben, die ebenso lange liefen wie internationale Erfolgsshows. Seinem Nachfolger ist das weniger gut geglückt, und spätestens in der Ära Zechner hätte man merken müssen: Wenn wir es nicht schaffen, für die VBW eine Leitung zu engagieren, die ähnlich innovativ wie damals Peter Weck denkt, dann müssen wir neue Wege gehen. Sehen wir uns das Theater an der Wien an. Da protzt der Leiter damit, dass er genau ausrechnen kann, wie viele Zuschauer pro Produktion möglich sind, und genau so viele Vorstellungen werden dann angesetzt. Zwei, drei, vielleicht vier. 20 Schließtage pro Monat (oder etwas weniger)? Kein Problem. Warum? Es handelt sich um Opern und um höchste Qualität (und demgemäß um eine andere Organisationsstruktur). Und das ist das Grundübel in der Wiener Musicallandschaft. Musical wird nicht der Stellenwert beigemessen, den es haben könnte. Aufgabe der VBW muss es sein, die Kunstform Musical zu bedienen, nicht »Elisabeth« nach Shanghai und Llanfairpwllgwyngyllgogerychwyrndrobwllllantysiliogogogoch zu exportieren, auch wenn die Gemeinde in Wales sicher recht hübsch ist. Dazu ist es nötig, neu zu denken. Es gab diesen Plan, es gab einen Mann, der das Unternehmen VBW neu denken wollte, aber er kam bei der letzten Intendantenwahl nicht zum Zug. Die Spaltung der VBW in Musical und Oper muss aufgebrochen werden, das Theater an der Wien, das Raimund Theater und das Ronacher müssen Oper und Musical zur Verfügung stehen. Es gilt neue Strukturen zu schaffen. Wenn Long-Run nicht mehr funktioniert, dann wird dieses Prinzip aufgegeben. Es kann nicht das Modell der Kulturstadt Wien sein, Musical als Quatschtheater zu finanzieren. Das mag vielleicht noch eine Zeit lang gutgehen, aber dann wird man die finanziellen Mittel anders verteilen, und aus dem Ronacher wird vielleicht wirklich ein Schwimmbad, wie das in einer Musicalparodie der VBW schon einmal herbeifantasiert wurde.

Vergangenheitsbewältigung: Daniel Kehlmann, Matthias Hartmann und Anna Badora

Am Sonntag, dem 29. Januar 2017, war Daniel Kehlmann Gast bei den Josefstadtgesprächen, einer monatlich stattfindenden Diskussionsveranstaltung von Eva-Maria Klinger in den Sträußelsälen des Theaters in der Josefstadt. Dabei kamen Kehlmann und Klinger auf Kehlmanns erste Arbeit fürs Theater, »Die Geister in Princeton«, zu sprechen.

Klinger: Ich glaube, dieses Stück hätte bei den Salzburger Festspielen 2010 uraufgeführt werden sollen. Nun haben Sie sich aber 2009, damals waren Sie bereits als Eröffnungsredner der Salzburger Festspiele geladen, ziemlich vehement gegen das Regietheater geäußert. Angeblich haben dann alle Regisseure abgesagt. Keiner wollte ein Stück von Ihnen inszenieren …
Kehlmann: Das war genau so.
Klinger: Das wär natürlich schön gewesen … das erste Stück als Uraufführung bei den Salzburger Festspielen, und insofern, für Sie gesehen, vielleicht ein Pech.
Kehlmann: Es war insofern kein Pech, als es dann Anna Badora [in Graz] so gut gemacht hat, dass ich einfach überglücklich war.
Klinger: Und die hat sich getraut?
Kehlmann: Sie hatte eigentlich überhaupt keine Angst. Weder vor mir noch vor der möglichen Feindseligkeit der Presse. Sie mochte einfach das Stück und wollte es machen. Und sie hat es wirklich großartig gemacht. Insofern kann ich es nicht bedauern, dass das Stück nicht in Salzburg uraufgeführt wurde. […] Damals habe ich mich natürlich auch geärgert. Es war fest abgesprochen, dass Matthias Hartmann es inszeniert. Er hatte nach der Rede auch nochmal Thomas Oberender bestätigt, dass er das machen wird, dass ihn die Rede nicht abhält … Nur hatte er längst schon ein anderes Stück [»Phädra« von Jean Racine, Anm.], das er bei den Festspielen machen wollte, und hat dann genau zu dem Zeitpunkt, als Oberender nicht mehr anders planen konnte, gesagt: »Ich mach nicht Geister von Princeton, ich möcht’ was anderes machen. Und hat damit Oberender eigentlich erpresst. Als dann Matthias Hartmann in die Bredouille kam, von der wir alle gehört haben, fand ich es interessant, das ihn kein einziger Schriftsteller verteidigt hat. Gleichzeitig nach meinen eigenen Erfahrungen mit ihm wusste ich, wieso.

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