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Mel Brooks’ Monstertaktiken: Premium Tickets & Gagenkürzungen

Young Frankenstein - Mel BrooksMel Brooks’ jüngste Musicalproduktion rund um das Monster “Young Frankenstein” scheint finanziell so ganz und gar nicht den Erwartungen des Meisters zu entsprechen. Nicht einmal Monsterticketpreise bis zu 450 Dollar versprechen die Show mittelfristig am Leben zu halten.

Was all die Awards betrifft, die in den letzten Wochen vergeben wurden und noch vergeben werden - Mel Brooks war dieses Jahr eher nicht willkommen. Zu sehr hat er anscheinend in den Augen der Verantwortlichen gestört, denn sonst hätte er für seine Show, die musikalisch genauso gähnend aufregend ist wie “The Producers”, ein paar Preise mehr abstauben bzw. Nominierungen einfahren müssen (3 Tony-Awards-Nominierungen). Das muss man jetzt nicht unbedingt negativ auffassen. Niemand kann gezwungen werden, die Einspielergebnisse seiner Shows bekannt zu geben - und Brooks hat sich eben dafür entschieden, es nicht zu tun. Seine Entscheidung, und die Entscheidung anderer, das nicht wohlwollend aufzunehmen. Keine große Sache.

Ende August laufen nun die Verträge der derzeit für “Young Frankenstein” engagierten Stars aus, und der neueste “Geniestreich”, um die Show noch profitabel zu machen: Brooks bietet seinen Stars eine Vertragsverlängerung an, aber nur dann, wenn sie auf 50 Prozent ihres bisherigen Salärs verzichten. Betroffen davon unter anderem: Roger Bart (Dr. Frankenstein), Shuler Hensley (das Monster), Fred Applegate (Inspector Kemp, Blind Beggar) und Christopher Fitzgerald (Igor). Und Brooks rechnet mit allem, so hat er sich mit möglichen Ersatzdarstellerinnen für Andrea Martin (die für einen Tony Award nominiert ist) bereits getroffen.

Die Situation, die Brooks schafft, ähnelt ein wenig jener, die Österreichs Studenten vorfinden. Wer möchte, kann ab Herbst seine Studiengebühr in Form von Nachhilfe ableisten. Der Staat bietet dafür 6,30 Euro pro Stunde. 60 Stunden sind abzuleisten. Die Nachfrage? Keine vorhanden. Logischerweise. Eine Häuslfrau im Raimund Theater würde wohl anständiger entlohnt werden, wenn es diesen Posten denn gäbe. Freilich haben Studenten die Wahl, sie finden mit Sicherheit recht rasch einen lukrativeren Nebenjob. Darsteller hingegen können sich die Musicals, in denen Jobs frei werden, nicht einfach selbst schreiben. Wer meint, Roger Bart & Co. könnten einfach abwinken und zur nächsten Produktion Ja sagen, scheint eher von eigenen Verhältnissen auszugehen. Es ist fast ärgerlich, in einschlägigen Foren dann lesen zu müssen, wie verständlich doch die Vorgehensweise der Produzenten ist. Wie bei der Nachhilfe wird auf das Publikum bzw. die Kunden absolut keine Rücksicht genommen. Das heißt nun nicht, dass jemand, der um 6,30 Euro pro Stunde Nachhilfe gibt oder um 50 % weniger Gehalt nicht volle Leistung bringt, aber generell scheint das einmal aus Produzentensicht völlig unerheblich. Darsteller werden rein als Waren betrachtet.

Mel Brooks hat mit seiner Premium-Ticket-Strategie das Ticketpreissystem nachhaltig beeinflusst, und das bis nach Europa, bis nach Wien. Wenn heute gewisse Plätze in gewissen Theatern gar nicht mehr in den Verkauf kommen, weil sich Billigkarten ohnedies nicht lohnen und der Absatz der teuren Tickets reicht, um eine Produktion durchzubringen, dann ist das eine radikale Abkehr von jener Ticketpreisgestaltung, die man hierzulande mühsam eingeführt hat. Bisher war es eine auch von der Kulturpolitik unterstützte Strategie, die Leute ins Theater zu locken und die preisliche Hemmschwelle möglichst niedrig zu halten. Das hat im Musicalbereich ein Ende gefunden. Man wird sehen, ob diese Kostenrechnung letztlich aufgeht.

Zemanta Pixie

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