Home RSS Go RED Go BLACK

»Munter geht die Sisi unter« – können Kritiker »durchfallen«?

Die Zeitschrift »Bühne«, sozusagen die »Hauspostille« des Wiener Bühnenvereins, dessen Präsident Thomas Drozda (VBW) ist, dessen Vizepräsidenten Georg Springer (Bundestheater Holding), Alexander Götz (Theater in der Josefstadt) und Michael Schottenberg (Volkstheater) sind, publizierte in ihrer jüngsten Ausgabe (Mai 2012) unter dem Titel »Todessehnsucht einer Kaiserin« eine Art Glosse von Paul Blaha, die dieser mit dem Statement beginnt:

»Munter geht die Sisi unter«, titelte seinerzeit der KURIER, »Kaiserinnen-Schmarrn« DIE PRESSE. Doch nicht das Stück ist am 3. September 1992 bei seiner Uraufführung durchgefallen, sondern die Kritiker.

Interessant. Kritiker können also durchfallen. Was würde das eigentlich bedeuten, wenn es wirklich so wäre? Dass der Wiener Bühnenverein nach 20 Jahren, natürlich ganz objektiv, herangeht und beurteilt, dass die Aussagen der Kritiker von anno dazumal »falsch« waren? Falsch nach welchen Kriterien? Was steckt da für eine Vorstellung über die Aufgaben eines Kritikers dahinter? Ist es seine Pflicht, vorherzusehen, wie einem imaginären Publikum eine bestimmte Show gefallen wird? Muss er dann abwägen, seine Analyse dieser Show zu formulieren, oder doch den »richtigen« Geschmack des Publikums in für das produzierende Theater güldene Worte zu fassen? Glaubt hier wirklich jemand, dass 20 Jahre danach »Elisabeth« unumstritten ist, sozusagen die gestreckte FAUST des Musicalgenres ins Gesicht der Kritiker?

Herr Blaha schreibt auch:

Genau 20 Jahre nach der Uraufführung kehrt dieser österreichische Exportschlager der Vereinigten Bühnen Wien an seinen Ursprungsort zurück, selbstverständlich in neuer Besetzung.

Zuletzt war die Show 2003 bis 2005 in Wien zu sehen, innerhalb der letzten 20 Jahre war »Elisabeth« an die 10 Jahre in Wien am Programm des Theaters an der Wien. Und was ist so selbstverständlich daran, dass die Show in neuer Besetzung kommt? Nichts, gar nichts.

10 Kommentare »

  Elisabeth wrote @ Mai 2nd, 2012 at 21:32

In Japan wurde die semi-konzertante “triester Fassung” von Elisabeth aufgeführt wenn ich das jetzt richtig im Kopf habe. Mit welcher die VBW diesmal gastieren werden scheint noch nicht bekannt zu sein und offensichtlich auch nicht sonderlich interessant neben der Premiere in Wien. Ausser der Haakvoort weiß ich nicht mal wer in Japan singen wird.

  Pattilla Ruth wrote @ Mai 2nd, 2012 at 10:02

@ jens mader : ja die Produktion von 2003 bis 2005 im Theater an der Wien, war aber erst 2007 in Japan,

  Pattilla Ruth wrote @ Mai 2nd, 2012 at 10:01

eher so “konzertante”, ein ganz reduziertes Ensemble im Kostüm mit so gut wie keinem Bühnenbild. so wirds eher werden…

  jens mader wrote @ Mai 2nd, 2012 at 03:20

welche version wird in japan gezeigt? die originale vom theater den der wien oder ne konzertante oder ne ganz neue version?

und war nicht mal die originale nach dem ende in wien in japan?

  Martin Bruny wrote @ Mai 1st, 2012 at 11:15

“The Producers” wurde von den Kritikern z B. gelobt. Es gibt auch die These, dass die Meinung von Kritikern oft wenig Einfluss darauf hat, ob eine Show besucht wird. Es ist vielmehr das Marketing, wie eine Show also vermarktet wird. Das sieht man bei den Megamusicals am Broadway, bei Disney-Produktionen. Das sieht man auch bei Elisabeth.

Dass Kritiker aufgrund ihrer Meinung angegriffen werden, damit hat niemand ein Problem, nur dass eine Show ein Publikumserfolg ist, bedeutet für das produzierende Theater nicht, dass es “recht” hatte. Fragt man heute jemanden von den alten Broadway-Kritikern, was sie von Les Mis und vielen Werken von Lloyd Webber halten, sie werden ihre Meinung nicht geändert haben.

  Matthias wrote @ Mai 1st, 2012 at 09:33

Naja, ich seh es aus einer anderen Perspektive: Kritiker haben natürlich das Grundrecht, zu kritisieren. Sie müssen und sollen sich eine Meinung über ein Stück bilden, und die Meinung ist einfach nie objektiv, sondern immer subjektiv. Wie jeder Mensch, hat jeder so seine Vorlieben oder Eigenschaften die er nicht mag. Ich mag Uwe Kröger nicht, und trotzdem gibt es unzählige Menschen die Uwe Kröger lieben.

Und meiner Meinung nach ist genau das bei vielen Kritiken oder Analysen das Problem: prinzipiell wird immer alles zuerst einmal kritisiert, egal ob jetzt von Kritikern die ihre Meinung veröffentlichen, oder “normalen” Theaterbesuchern. Und genau da liegt meiner Meinung nach das Grundproblem: welche Produktionen der VBW wurden in den letzten Jahren wirklich lobend erwähnt? Rudolf: zerrissen, obwohl es aus meiner Sicht eines der besten Musicals ist das ich kenne (meine subjektive Meinung - jeder den ich kenne und der es gesehen hat war begeistert), trotzdem von den Kritikern vernichtet. Viele haben sich aus dem Grund das Musical erst gar nicht angesehen, weil es einfach mal so in aller Öffentlichkeit vor Beginn vernichtet wurde.

Es ist das Recht von Kritikern zu kritisieren, aber leider ist es häufig so, das alles kritisiert wird. Dann wundert man sich, warum es immer schwieriger ist, Menschen dazu zu animieren, in Theater zu gehen. Warum soll ich für 2 Perosnen zwischen 150 und 200€ zahlen, wenn ohnehin in der Zeitung, im Internet und überall steht, dass es nicht gut, zu laut, zu leise, zu fad, zu schrill, zu eintönig etc. ist? Viele bilden sich dann gar keine Meinung mehr…ein Stück vernichtet, weil vielleicht einige Kritiker eben Personen, einen Stoff, die Musik nicht mögen. Dennoch entscheidet diese handvoll Menschen oft über Sieg oder Niederlage - obwohl Kritiker meiner Meinung nach eine ganz andere Herangehensweise an Stücke haben als die meisten Menschen: die meisten Menschen sehen viel seltener ein Stück, wollen einfach einen schönen Abend und haben nicht so hohe Ansprüche - hinterfragen nicht alles…

Die Menschen müssen sparen, und was sie kennen und ihnen gefällt, lassen sie sich auch nicht schlechtreden (siehe Tanz der Vampire: auch kritisiert: “schon wieder”, “nichts neues” etc. - und trotzdem war es extrem gut besucht). Und bei Elisabeth wird es auch wieder so sein, egal ob die Kritiken gut oder schlecht sein werden oder sie es vor 20 Jahren waren.

Ich halte nichts von IWNNINY oder Sister Act, habe von Anfang an keine gute Meinung gehabt, habe es mir aber angesehen, um mir eine Meinung zu bilden, mir haben beide zwar nicht zugesagt, aber es war nicht so schlecht wie ich es mir gedacht habe. Trotzdem würde ich nie jemanden abraten es sich anzusehen, oder alles zu hinterfragen, Geschmäcker sind verschieden….und Kritiker schreiben subjektiv, jedoch ist das häufig ganz anders als die Meinung von Menschen die einfach einmal oder zweimal im Jahr ein Musical sehen wollen…denen ist egal ob der 1. Trompeter statt forte fortissimo spielt, oder ob da vorne ein hoch kompexes und literarisch tolles Werk präsentiert wird oder eine Geschichte wie in IWNNINY..und die Menschen gehen zum Spaß in ein Musical, und meiner Meinung nach sollte man die Menschen animieren dorthinzugehen, und nicht einfach von Anfang an alles außeinanderzupflücken was nur möglich ist und sie so abschrecken…Kritik ist wichtig und gut, aber es sollte nicht die Überhand nehmen…

…wie gesagt, auch das, ist meine subjektive Meinung, das Kritiker auch Kritik vertragen können müssen, dass eben KEINER auf dieser Welt die Weisheit mit Löffeln gegessen hat und für andere entscheiden kann, ob ein Stück gut oder nicht gut ist, man darf kritisieren, aber auch loben, und dazwischen einen Weg zu finden ist leider oft sehr schwer…aber wenn ich meine Meinung oder Kritik öffentlich kundtue, muss ich auch damit rechnen, dass Menschen es anders sehen und es doch zu einem Erfolg wird -und dann haben sich eben die Kritiker auch mal getäuscht oder besser gesagt: ihre subjektive Meinung wurde von der subjektiven Meinung vieler anderer Menschen überstimmt…

  Andreas wrote @ April 30th, 2012 at 17:49

Das war mir schon klar und hab ich auch so verstanden.
Und Sie haben ja recht. Meinungsäußerung an sich kann nur scheitern, wenn sie nicht stattfindet.

  Martin Bruny wrote @ April 30th, 2012 at 17:17

Mir geht es auch eigentlich nicht mal um den Inhalt der Kritiken, sondern ums Grundsätzliche und den Rahmen. Das ist es, was mich stört.

  Andreas wrote @ April 30th, 2012 at 16:19

Die eigentliche Ironie der Geschichte liegt m.E. woanders:
Die Kritiker haben seinerzeit so kreative Headlines geprägt, dass selbst nach 20 Jahren diese Headlines noch in den Köpfen der Menschen sind, während die Inhalte der Kritiken völlig vergessen sind. Das Ganze mit freundlicher Unterstützung derer, die von den Headlines in Grund und Boden geschrieben werden sollten, da diese immerwährend daran erinnert haben, was über den Erfolg Elisabeth bei seiner Veröffentlichung geschrieben wurde.

So gesehen ist die Marke “Munter geht die Sisi unter” eng mit der Marke “Elisabeth” verheiratet, wobei beide das Schicksal teilen, dass die Breite Masse sich nicht an den ganzen Inhalt dahinter im Detail erinnern kann.

  Pattilla Ruth wrote @ April 30th, 2012 at 15:20

Selbstverständlich war es auch nicht für viele Musicaldarsteller, die unter anderem auch in der Produktion im Theater an der Wien von 2003 bis 2005 mitwirkten. Denn viele Darsteller waren auch bei der Audition dabei und wollten nun mal einen Job, weil wie bekanntlich, Musicaldarsteller sich oft um neue Jobs umsehen müssen. Die aber wurden alle nicht genommen, Ensemble wie Hauptrollen, sie hatten gar keine Chance. Auch wenn sie besser waren, als die, die jetzt genommen wurden. Meiner Meinung nach war das Ensemble von der Produktion 2003 bis 2005 im Theater an der Wien, das beste Ensemble von allen Produktionen. Vor allem stimmlich! Um jetzt keinen Namen zu nennen, aber trotzdem eindeutig zu sein (warum auch immer): eine bestimmte Holländerin, die die Hauptrolle eines Romanes im Raimund Theater kreiert hat, hat die Elisabeth nicht bekommen. Eine Sängerin, die stimmlich viel mehr zu bieten hat, als die zukünftige Besetzung.

Aber wie man auch hört, hatten die VBW auch Schwierigkeiten neue Darsteller zu finden, da es zwar unzählige Bewerber gab, aber nicht wirklich gute Bewerber. Und frische Abgänger von den Wiener Musialausbildungsstätten haben auch Ensetzten über deren Leistung ausgelöst.

Was meiner Meinung nach aus “dreist” von den VBW war, ist das es eine Auditon gab für die Produktion im Raimund Theater, allerdings wurde gleichzeitig auch für die Japan-Tourne gecastet. Was sich dann natülich herumgesprochen hat, aber wirklich erfahren, haben es die Bewerber nicht von den VBW. So wurden eben auch alle eingeladen, die das Stück schon mal gespielt haben in Wien. Die dann für Japan zu nehmen um eine kürzere Probenphase zu haben. Ein wirtschaftlicher Gedanke steckt dahinter, aber gegenüber den Bewerbern finde ich es falsch. Denn man bewirbt sich für eine Wiener Produktion und wird dann für Japan eingeteilt? Klar man muss nicht, aber dann kann man ja gleich im Ronacher für Natürlich Blond eine Auditon machen und in Hamburg für Sister Act eingesetzt werden. Wofür gibt es offizielle offene Audition?

So, soviel dazu. :)

Eure Patilla

Ihr Kommentar

Abonniere ohne zu kommentieren

HTML-Tags:
<a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <code> <em> <i> <strike> <strong>