Würde es auch einen Sieger der vierten Folge von “Musical! Die Show” geben und nicht nur eine Verliererin, dann wäre es für mich Werner Mai. Einfach deswegen, weil er am wenigsten Fehler gemacht hat. Einfach, weil ihm die im Vergleich zu den anderen Kandidaten völlig überzogene Kritik durch die Juroren nichts anhaben kann.
“Gold von den Sternen” aus “Mozart!” musste er performen, ein Lied, das normalerweise eine Frau singt. Zusätzlich hätte man auch gerne noch mehr Körpereinsatz gehabt. Das ist völliger Humbug, denn kaum würde er das geben, käme als Retourkutsche die Anmerkung, unmotivierte Musicalgesten doch zu unterlassen. Werner Mai, das muss jeder bemerkt haben, der dem Auftritt Aufmerksamkeit widmete, hat das Lied dargestellt. Damen und Herren, wir sind im Fernsehen, da bedient man sich anderer Mittel als im Theater, und entweder weiß Werner Mai das gut für sich zu nützen oder er macht es intuitiv richtig. Manche schaffen mit ihren Augen, was andere gar nicht schaffen.
Mai ist der klassische Underdog, den es in den meisten Castingshows gibt. Nicht immer gewinnen sie den Wettbewerb, aber sie machen die Show, und oft auch Karriere. Insofern muss man sich um Mai keine Sorgen machen.
Nazide kopierte Jennifer Holliday (nicht Melanie, wie Alexander Goebel meinte), sie kopierte Gesten, sie kopierte sogar die Art und Weise, wie die legendäre Holliday sich den Song zu eigen machte. Natürlich scheiterte Nazide mehr als deutlich, ihre Stimme, die sonst so ausdrucksstark wirkt, kam bei “And I am telling you” sehr sehr schwach rüber. Wenn jemand tatsächlich mal Jennifer Holliday gehört und gesehen hat, dann weiß er, wie unverwechselbar diese Darstellerin ist. Holliday grunzt vor Verzweiflung, sie schreit, sie ächzt, sie stöhnt, sie LEBT den Song. Kopieren war der falsche Weg. Wer einfach nur kopiert, fühlt nicht.
Ansonsten ist zur Show nicht viel zu sagen. Vincent Bueno kann tanzen, das wissen wir alle, stimmlich schien er indisponiert. Ein Graus waren die Darbietungen von Eva (”Holding out for a hero”) und Gudrun (”Bohemian Rhapsody”).
Alexander, der einen Falco-Song gab, als “wunderbar” zu bezeichnen (Fuhrmann), halte ich für blanken Hohn. Text vergessen, wieder falsch gesungen, klassisches Overacting - DAS ist also Musical?
Entzückend wie immer Caroline Vasicek als Gastjurorin, die am Ende der Show aufgewühlter schien als die Kandidaten selbst.
Raus musste Nazide. “And I am telling you” aus “Dreamgirls” ist eine einsame Song-Liga, die nur ganz wenige Ausnahmekünstlerinnen in Angriff nehmen. Nazide wurde “And I am telling you, I’m not going” zum Verhängnis. Zu 80 Prozent ist diese Entscheidung der Liedwahl durch den ORF zuzuschreiben. Wie auch immer, sie musste gehen.