Ganz eigene Ansichten hat “Cats”-Pappi Sir Andrew Lloyd Webber in Bezug auf Darstellerschmieden. Er meint an der Performance jedes Absolventen (fast) erkennen zu können, an welcher Schule dieser seine Ausbildung abgeschlossen hat. Im Originalwortlaut:
Stage schools tend to turn out performers with a certain patina. There is a certain sameness. You can almost tell which school they have come from.
Lloyd Webber geht daher einen ganz eigenen Weg beim Casting für die Hauptrolle in der Londoner Neuproduktion von The Sound of Music. Mit der Sendung How Do You Solve A Problem Like Maria? will der Komponist im Rahmen einer Castingshow seine ideale Erstbesetzung finden. 4 Millionen Pfund kostet der Spaß, der ab dem 29. Juli 2006 über die Bühne gehen und von BBC1 ausgestrahlt wird. Der Gewinnerin der Show winkt ein Vertrag für sechs Monate, für 6 Shows pro Woche.
Lloyd Webber betreibt für seine Londoner Produktion von “The Sound of Music” Promotion der etwas anderen Art. Es ist nichts dagegen zu sagen, wenn er im Rahmen einer Castingshow neue Talente entdecken will. Schließlich ist das nichts Neues. Josh Strickland, derzeit als “Tarzan” in der blutleeren Broadway-Produktion des Disney-Musicals zu sehen, wurde im Rahmen der US-Castingshow “American Idol” entdeckt, Jennifer Hudson, ebenfalls “American Idol”-Teilnehmerin, wurde für die Verfilmung des Kultmusicals “Dreamgirls” gecastet, Lukas Perman hat einen Gutteil seiner Publicity ebenfalls einer Castingshow (”Starmania”) zu verdanken, wenngleich er eine fundierte Musicalausbildung hat, und das sind nur einige Beispiele.
Die Art und Weise, wie Llyod Webber generell die Musicalausbildung in seinem Heimatland England diskreditiert, hat viele der Verantwortlichen auf die sprichwörtlichen Barrikaden getrieben. Allein die Vorstellung, dass jemand ohne Ausbildung 6 Shows pro Woche durchsteht, ist völlig illusorisch. Wer wird sich also bewerben? Kommt die große Überraschung erst im Ernstfall, wenn die Auserwählte nach zwei Wochen dann nicht mehr kann. Sie wäre kein Einzelfall. Vor ein paar Jahren erst erlebte Martine McCutcheon in einer Londoner Produktion von “My Fair Lady” ihr ganz persönliches Waterloo, brachte es aufgrund ihrer angeschlagenen Stimme auf weniger Vorstellungen als ihre Understudies und musste ihre Verpflichtung vorzeitig beenden. Promotion also für ein “neues” Sendungsformat, okay, aber nicht auf Kosten jener Studenten, die jahrelang hart trainieren und oft am Existenzminimum leben, nur um dann bei einem Casting mitgeteilt zu bekommen, dass sie zu klein, zu groß, zu dick, zu dünn oder sonstwie nicht geeignet sind. So kontert denn auch Gerry Tebbutt, seines Zeichens “Head of Musical Theatre and Performance” am GSA Conservatoire von Guildford:
What is his point of reference? He should come here and see for himself, we seek out the individual and we look out for what is unique. We may not know what that is when they arrive, but we do when they leave.