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Schi…t happens – Wie man Musicals besser nicht präsentieren sollte

Ein Musterbeispiel, wie man Musicals am besten nicht der Öffentlichkeit präsentieren sollte, lieferten die VBW gestern ab. Der Öffentlichkeit nämlich scheint die Präsentation von »Schikaneder«, einer Eigenproduktion der VBW für die Saison 2015/2016, völlig entgangen zu sein. Brav ist die APA ihrem Job nachgekommen und hat einen sehr ordentlichen Bericht erstellt, der vom KURIER publiziert wurde (siehe –> hier). Aber was machen die Damen, die den VBW-internen Pressespiegel erstellen wollten, heute mit all der freien Zeit? (Okay, sie haben noch ein paar Internetschnipsel der einschlägigen Musicalfan-Medien.) Zum Glück gibt es noch eine ORF Meldung (LINK). Aber wo sind die Zeiten hin, da der ORF Pressekonferenzen dieser Art zur Gänze aufgezeichnet hat und dann am selben Tag vom ORF ein ausführlicher Bericht ausgestrahlt wurde?

Interessant wäre es, zu hinterfragen, wie dieses Projekt überhaupt zustande gekommen ist. Oder anders formuliert: Was hat man eigentlich präsentiert und wie? Stephen Schwarz ist in den USA ein Superstar unter den Musicalkomponisten, freilich am Broadway nicht unumstritten, aber immer wieder äußerst erfolgreich. Die Cast-CD zum aktuellen Broadway-Revival von »Pippin« etwa liegt derzeit auf Platz 1 der amerikanischen Cast-CD-Charts. Schikaneder ist in Österreich sicher einigen Menschen ein Begriff, aber ich vermute mal, dass die meisten Wiener mit dem Wort Schikaneder vor allem das gleichnamige Kino verbinden, wenn überhaupt. Schikaneder als Musicalstoff? Warum nicht. Auch wenn man lieber nicht mit allzu vielen Reisebüropartnern aus Hintertupfing und Untergroßgurgel rechnen sollte. Auf der Hand liegt ein solches Thema aber nicht, und ob man für eine Show, die nicht als Long-Run gedacht ist, ausgerechnet einen internationalen Komponisten engagieren muss, ist eine andere Frage. Wollte Herr Struppeck sich nicht mit europäischen, vielleicht sogar, was für eine kühne Vorstellung, österreichischen Künstlern kurzschließen? (Und hier nicht den »Besuch der alten Dame« als Gegenbeispiel anführen, denn das ist eine Thuner Produktion, die von Chaos-Manager Struppeck wohl eher aus schierer Verzweiflung in die VBW-Pipeline gekippt wurde.) Aber auch der Kreativität so mancher Agency sind wohl engere Grenzen gesetzt, als sich das manche noch vor zwei oder drei Jahren vorgestellt haben.

Einigen wir uns also darauf, dass gestern vor allem Stephen Schwartz Superstar präsentiert werden sollte. Das ist mehr als legitim. Schwartz generell mit einem Musical zu beauftragen, ist eine hervorragende Idee. Und wo präsentiert man nun Stephen Schwartz den Medien? – In einer Kantine! Man will gar nicht daran denken, wo die Organisationstalente dieser PK in den 1970er-Jahren etwa Elvis präsentiert hätten, wäre der Mann damals auf die Idee verfallen, in Wien ein Konzert zu geben und zuvor eine PK. Vermutlich hätte er im Marchfelderhof posieren müssen.

Überhaupt mutet das Unternehmen, mitten im Sommer des Jahres 2013 ein Musicalprojekt für die Saison 2015/16 anzukündigen mehr als sonderbar an. Ist das tatsächlich das nächste anstehende Projekt? Wars das? Sonst gibt es noch nichts? Wenn es doch etwas gibt, wieso werden nicht Pläne, die sich noch lockerer in der Intendanz Struppeck verwirklichen lassen, vorgestellt? Oder dient eine solche PK etwa dem Zweck, eine vorzeitige Verlängerung der Intendanz zu unterfüttern? Dann wäre allerdings das, was tatsächlich geschehen ist, ein Grund, dies nicht zu tun. Schwartz in die miefige Atmosphäre einer Kantine zu zerren, ist völlig abstrus. Den Mann müsste man erstens auf großer Bühne vorstellen und zweitens mit einem zusätzlichen Showprogramm. Nicht, weils ein paar Musicalfans gerne hätten, sondern weil dann vielleicht auch wieder Medien berichtet hätten. Das Problem der VBW ist immer mehr das ihrer Marketing- und der Presseabteilung. Musicals zu produzieren und zu planen, reicht nicht. Man muss sie auch bekannt machen.

Das Libretto zu »Schikaneder« wird der Intendant der VBW verfassen. Really? Hat er als Intendant nicht genug zu tun? Was ist eigentlich seine Aufgabe als Intendant? Sein eigenes Libretto zu prüfen, ob es was taugt, und sich dann die Expertise selbst zu erstellen: »Super, Christian, das hast du gut gemacht!«? Warten wir ab, wie der Rechnungshof diese Vorgänge 2017/18 kommentieren wird. Mein Gott, wir haben doch Zeit. Wer interessiert sich schon dafür, was 2014/15 auf der Agenda steht.

Reaktionen
Erste Randnotiz: Wie so oft, wurden und werden Glossen des Kultur-Channels auch gerne im Forum der Musicalzentrale diskutiert. Man darf dabei nie vergessen, dass sich in diesem Forum im Schutze der Anonymität nachgewiesenermaßen auch schon mal Mitarbeiter der VBW getummelt haben und vielleicht auch noch tummeln, etwa vom Bereich Ticketing. Sie wechseln gerne ihre Identitäten, aber es scheint sich um eine lustige Truppe zu handeln. Vielleicht sollte ich mal persönlich vorbeischaun auf ein Schwätzchen. Ist ja nicht so, dass ich die handelnden Personen nicht kennen würde.
Zweite Randnotiz: Ohne jetzt jemanden als partiellen Analphabeten bezeichnen zu wollen: Es gibt einen Unterschied zwischen den Wörtchen »können« und »wollen«. Und selbstverständlich kann ich nicht im Detail darauf Bezug nehmen, was bei dieser Pressekonferenz, die wohl in die Geschichte der VBW eingehen wird (viel Input, null Output), genau passiert ist, aber über das Präsentierte kann ich selbstverständlich schreiben. Und natürlich will ich, das stand übrigens immer außer Frage.
Dritte Randnotiz: Ich bemängle übrigens nicht, dass man eventuell weniger Bustouris nach Wien bekommt. »Schikaneder« kann man schon machen. Die Frage ist aber dennoch, ob man damit das finanzielle Ziel, das jede Musicalproduktion der VBW hat (im Gegensatz zu den Opern im Theater an der Wien, wo Geld buchstäblich verbrannt wird), erreichen kann.
Vierte Randnotiz: Herzlichste Gratulation, nun hat auch der Standard ein paar Zeilen geschrieben. Siehe–> hier. Aber nochmals: Ich halte die Organisation dieser PK (und ob da ein Blogger mehr oder weniger eingeladen war, hat damit nichts zu tun) für das größte Versagen der Presseabteilung der VBW der letzten Jahre. Promotion und TV-Berichte hätte es in Massen gegeben, wenn man das auch nur halbwegs richtig aufgezogen hätte.
Fünfte Randnotiz: Nach wie vor ungeklärt: der Zweck der PK. These eines Märchenkönigs der »Musicalzentrale«: Eine PK für Insider und zur Belebung der Diskussion im Netz soll es gewesen sein. Jetzt ist mir alles klar. Besser beleben auch Putin & Scientology nicht das Netz. Gute These.

17 Kommentare »

  Andreas wrote @ Juni 20th, 2013 at 09:08

Das mit dem Marketing ist vermutlich eine historisch gewachsene Falle. Früher, in Zeiten des Musicalbooms hat es gereicht einfach den ORF zwei bis dreimal berichten zu lassen und Bahnhöfe in ganz Österreich mit Plakaten zu bekleben. Wer Musical sehen wollte ging dann schon hin.

Vermutlich hat man schlicht verschlafen dass Musical kein Selbstläufer mehr ist und dass es vernünftign Marketings bedarf, und zwar so wie man Marketing in 2013 eben macht. Es würde ggfs. Sinn machen hier ein paar echte Spezialisten zu ergänzen, die eine Strategie entwerfen. Mir kommt der Bereich Werbung recht lieblos vor derzeit. Nein eigentlicjh schon seit mehreren Jahren. Mehr so: “So haben wir das doch immer schon gemacht” als “wie macht man das heutzutag”.

  SabiMat wrote @ Juni 18th, 2013 at 14:21

bemerkenswert v.a. der Satz “das Problem der VBW ist immer mehr das ihrer Marketing- und der Presseabteilung…” der personalverlust infolge der epidemieartigen welle von bildungskarenzen, dauerkrankenständen und freiwilligen kündigungen in den vergangenen jahren geht an die substanz. und wo beginnt nochmal der fisch zu stinken?

  Klaus wrote @ Juni 18th, 2013 at 13:09

Wer sagt, dass dieser Plan auch aufgeht?

Dann verscherzt man es sich mit Stephan Schwartz.

  Rudolf II wrote @ Juni 18th, 2013 at 08:16

“Positive Werbung”?

Hier geht es um ein Stück, das für 2015/2016 geplant ist und wo man nicht mal sicher sein kann, ob die Arbeit auch fruchtet. Wer sagt, dass dieser Plan auch aufgeht? Vielleicht wird es ja nichts. Vielleicht entwickelt man unterschiedliche Vorstellungen und verabschiedet sich wieder.

Und wer weiß (oder wen interssierts) 2015/2016, was vor 3 Jahren wo in welchen Zeitungen stand???

  Garstinger wrote @ Juni 18th, 2013 at 01:12

Schikaneder?
Ja, eh…

Aber warum müssen auch bei europäischen Stoffen, amerikanische Komponisten herhalten? Mozart Zitate, Wr. Walzer…
Wie sehr das in die Hose gehen kann, hat doch schon Wildhorn eindrucksvoll bewiesen.
Und norddeutsches Wienerisch stelle ich mir schon jetzt lieber nicht vor…

  Klaus wrote @ Juni 17th, 2013 at 15:05

Stimmt auch wieder. Da ist eine “Breaking-News” Meldung noch ausführlicher.

  m.ganeider wrote @ Juni 17th, 2013 at 14:21

mit dem standard artikel wird gar nichts erreicht, die leser haben den artikel vermutlich bereits jetzt wieder vergessen!
positive werbung sieht anders aus!

  Klaus wrote @ Juni 17th, 2013 at 12:19

Ist jetzt eine reine Vermutung von mir. Aber ich glaube, man wollte mit dieser PK eher die Sponsoren und die Oppositionspartei der Gemeinde Wien beruhigen, in den man auf die Schnelle etwas “innovatives” präsentierte.

Man sollte nicht vergessen. Ende Juni soll ja eine externe Studie der VBW den Subventionsbedarf errechnen. Da scheinen die VBW in heissen Verhandlungen mit der Gemeinde Wien zu sein.
Anders kann ich es mir nicht erklären. Die Kurier oder mittlerweise auch die Standard-Leser dürften es schon bald vergessen haben. Sonst gab es ja nichts in den Medien der Tageszeitungen.
Vielleicht ist das ganze mal ganz böse ausgedrückt, ein Scheinprojekt.

Ist nur reine Spekulation meinerseits.

  Martin Bruny wrote @ Juni 17th, 2013 at 11:57

Die Frage müsste man zuerst ja einmal klären, aus welchem Grund es PKs etwa zum Sängerknaben-Musical gab und nun zu Schikaneder. Es ist alles mit Kosten verbunden. Die Wirkung ist gleich null.

  Andreas wrote @ Juni 17th, 2013 at 11:42

Oder anders gesagt: Ich glaube diese Ankündigung war eher dafür gedacht die interessierten Kreise zu erreichen, was ja offensichtlich auch geschehen ist. Der breiten Masse ist das zum derzeitigen Zeitpunkt erstmal egal.

  Andreas wrote @ Juni 17th, 2013 at 11:40

Ob das Stück jetzt was tolles wird oder nicht kann man zum derzeitigen Zeitpunkt weder wissen noch ahnen. Herr Schwartz hat schon mal mit einem Musical über einen Sohn Karl des Großen einen Broadway Hit gelandet, der mit einem Revival dieses Jahr ebenfalls nochmal punkten konnte. Ohne das Musical wüsste ich mit dem namen Pippin auch nix anzufangen.
Auch die Gattin eines argentinischen Diktators scheint mir keine attraktive Musicalfigur zu sein.

Was das mangelnde Interesse bzw. den anscheinend sparsamen Rahmen für die PK angeht: Im Grunde gibt es ja noch nix zu vermarkten. Es lässt sich vermutlich auch nicht bis 2015/2016 ein großes Medienfeuerwerk aufrecht erhalten. Ich seh das eher im gleichen Rahmen wie frühere PKs wo Sängerknabenmusicals und Lumpazi-Vagabundus auf Wallstreet angekündigt wurden. Davon ist im Grunde auch nie irgendwo ein Sack Reis umgefallen. Allerdings, wenn das Stück dann fertig ist und es dann keine gescheite PK gibt, dann sollten wirklich Köpfe rollen.
Bislang ist das noch kein beinbruch.

  Martin Bruny wrote @ Juni 16th, 2013 at 23:59

Ja, würd ich auch so sehen. Schaun wir mal, was die Zukunft bringt.

  Matthieu wrote @ Juni 16th, 2013 at 22:41

Ich fände es übertrieben, ein Stück, von dem bisher nur die Idee existiert, schon im Vorfeld “klein zu reden”. Es hinge ja vom Namen des Musicals, von der Besetzung und eben der Vermarktung ab.

Ich habe selbst kritisiert, dass die VBW keine Eigenproduktion präsentieren und jetzt kommt sie, da warte ich erst einmal bis 2015 ab und sehe, wie es ist, falls es wirklich kommt.

Geben wir dem Intendanten eine echte Chance ;-) Bisher hat mich vieles aus der Ära Zechner enttäuscht. Aber: Wake up! war auch nicht sooooo der Hit…

Der Weck muss back!

  Martin Bruny wrote @ Juni 16th, 2013 at 20:53

Grundsätzlich kann natürlich alles ein Erfolg werden. Die Frage ist, ob man Leute aus den Bundesländern dazu bekommt, ein Ticket zu buchen und eine Reise in Kauf zu nehmen, um in Wien eine Show zum Thema Schikaneder zu sehen.
Nach den bombastischen Glanzstücken des Marketings der vergangenen Jahre kann man das natürlich trotzdem nicht gänzlich ausschließen, aber ob ich dran glaube? Eher nicht.
Mit dem »neuen Schwartz« wird man dagegen sicher alle am Musicalgenre Interessierten erreichen. Aber das hat man wohl auch zu einem Großteil im Fall von »Spring Awakening« geschafft.
Ein Unternehmen, das in den letzten Jahren in zunehmendem Maße auf Entertainment zu überhöhten Preisen setzt, darf sich nicht wunden, wenn es früher oder später krachen geht, denn was Entertainment betrifft, da schau ich mir lieber Elton John oder Eric Clapton am Krückstock an als 15 Musicaldarsteller mit einer Springschnur.

  Matthieu wrote @ Juni 16th, 2013 at 20:03

Warum kann “Schikaneder” nicht ein Erfolg werden, der auch die Bustouristen aus den Bundesländern anzieht? Das hängt ja wesentlich von der Vermarktung, nicht mal zwingend von der Qualität des Musicals ab (vgl. “Rocky” in HH).

Man darf gespannt sein, es wurde auch schon vieles angekündigt, was nie realisiert wurde…

  Markus wrote @ Juni 16th, 2013 at 00:17

Also wieder Struppeck holt Struppeck holt Gergen (letzteres wird wohl noch bekannt gegeben werden, oder zweifelt da jemand?) Die VBW sind ein Selbstbedienungsladen eines Paares geworden, eine echte Witzbude, über die man allerdings nicht lachen kann, weil einem dieses Lachen im Halse stecken bleibt.
Ich habe hier schon einmal gefragt: Fragt in Wien wirklich NIEMAND mehr kritisch nach, wie das sein kann, dass Struppeck/Gergen so aus dem Stand heraus die VBW zu ihrem privaten Eigentum gemacht haben? Unfassbar, solche Zustände.
Lange Jahre habe ich den VBW eiserne Treue gehalten, heute würde ich schon prinzipiell keinen Fuß mehr in ihre Theater setzen. Ein Trauerspiel.

  x wrote @ Juni 15th, 2013 at 16:01

für einen Moment wollte ich letztens schreiben … passend ich habe zur gleichen zeit ein Begräbnis zu besuchen.

lese ich das hier jetzt bleibt mir leider nur mehr zum Absatz vorm ps … berechtigte Frage iss berechtigt. dicht gefolgt von wie kam er gleich noch mal zu dem job. und2 … was ist drozdas agenda in den letzten Jahren eigentlich

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