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VBW: Christian Struppeck übernimmt

Foto: Martin Bruny

Durchaus sympathisch hat sich der neue Intendant der Vereinigten Bühnen Wien, der Berliner Christian Struppeck, heute auf der Bühne des Wiener Ronacher, genau da, wo er vor fast 22 Jahren seine Schauspiel-Abschlussprüfung abgelegt hat, vorgestellt. Von klein auf schrieb, komponierte, übersetzte und textete Struppeck (geboren 1968), mit zwölf Jahren hatte er sein erstes Musicalerlebnis, da sah er »My Fair Lady« im TV, mit 14 analysierte er in der Schule »Evita« dramaturgisch – und machte sich damit nicht gerade zum Klassenliebling.
Zu Wien hat er eine »ganz besondere Beziehung«, sein erstes Musical hat er hier gesehen – »Cats” –, studiert hat er am Tanz- und Gesangsstudio Theater an der Wien, damals noch unter Peter Weck, unterrichtet wurde er von Lotte Ledl, Paulus Manker, Ida Krottendorf, Kim Duddy, Dennis Callahan; Michael Pinkerton war als Direktor des Studios tätig.
Fünf Jahre (1988–1992) verbrachte Struppeck in Wien, spielte hier seine ersten Engagements, etwa an der Wiener Volksoper in »La Cage aux Folles« mit Karlheinz Hackl und Frank Hoffmann, in Amstetten wurde er als Choreograph bei Heinz Ehrenfreunds »My Fair Lady« tätig. Öfter kam er auch danach nach Wien und Österreich. Wenn er jetzt also nach Wien zurückkehrt, so Struppeck, ist es ein bisschen wie nach Hause zu kommen und fühlt sich »richtig und gut an«.
Nach 13 Jahren auf der Bühne gründete Struppeck eine Produktionsfirma, kam ab vom Thema Choreographie und wandte sich der Regie zu. 2002 engagierte ihn Stage Entertainment als künstlerischen Direktor unter anderem der Entwicklungs- und Kreativabteilung. Hier entstand die erste große deutschsprachige Eigenproduktion von Stage Entertainment: »Ich war noch niemals in New York«. 2008 musste Struppeck Stage Entertainment verlassen und gründete mit Andreas Gergen die Firma »Creative Agency Berlin«.

Was kann man aus Christian Struppecks Antrittsrede an relevanten Zukunftsplänen entnehmen:
– Kathrin Zechners Projekte, die derzeit noch in der Produktionspipeline sind, werden einem Evaluierungsprozess unterzogen, den Struppeck mit seinem Team durchführt. Shows, die in Zechners Zeit konzipiert wurden, könnten noch zur Aufführung kommen, müssen aber nicht zwangsläufig. Zechners Planungen sind für Struppeck nur »Vorschläge«.
– 2013 wird es »höchstwahrscheinlich« die erste Neuproduktion der Ära Struppeck geben. Was das sein könnte, dazu verweigerte der Intendant jegliche Angaben, auch auf Nachfrage. Welche Projekte er in Arbeit hat, dazu verweigerte er jegliche Angaben, auch auf Nachfrage.
– Struppeck wird sich in seiner Arbeit auf die Bespielung des Raimund Theaters und des Ronacher konzentrieren. Eine Bespielung anderer Häuser, wie zum Beispiel des MuseumsQuartiers, ist nicht vorgesehen.
– Struppeck schließt nicht aus, die eine oder andere Produktion selbst in Szene zu setzen, dafür das Buch zu schreiben oder eine andere rein künstlerische Tätigkeit bei der Entwicklung von Stoffen zu übernehmen.
– Thema Stückeentwicklung: Struppeck möchte mit internationalen, aber auch mit heimischen Kräften zusammenarbeiten. Das freilich war ohnedies schon immer in Wien der Fall.
– Bezugnehmend auf die Art und Weise, wie Stücke produziert werden, nahm der Intendant Stellung zu seinen intensiven Kontakten zu Disney Theatricals, zur Blue Man Group und zu Franko Dragone, einem Mitbegründer des Cirque du Soleil, der von Belgien aus große Shows in Las Vegas entwickelt. Nicht, dass man hier zu sehr interpretieren sollte, aber mit dem Thema Musical haben diese Produzenten zwar auch zu tun, aber …
– Seltsam mutet die besondere Betonung der Produktion von international verwertbaren Produktionen an, war das doch prinzipiell schon seit Peter Weck das Ziel der Vereinigten Bühnen Wien, rühmte sich doch vor allem Kathrin Zechner immer damit, hier wesentliche Aufbauarbeit geleistet zu haben.
– Zu Struppecks Konzept fallen nur plakative Schlagworte: innovatives Musiktheater, kreatives Musiktheater, den Ruf der VBW auch im Ausland weiter festigen, ausbauen, auch international.
– Thema Produktionszeit: zwei bis vier Jahre dauert die Entwicklung einer Show, fünf Jahre hat es bei »Ich war noch niemals in New York« gedauert, bei »Wicked« sieben Jahre.
– Spielplan: Es wird auch weiterhin Lizenzproduktionen (deutschsprachige bzw. europäische Erstaufführungen) geben, im Wechsel mit Eigenproduktionen.

Lässt man die Pressekonferenz einmal auf sich wirken, dann fällt auf, dass über die Konzepte, mit denen Christian Struppeck das Auswahlverfahren gewonnen hat, nichts gesagt wurde. Kein Wort. Bedenkt man, dass der Intendant davon spricht, dass er Kathrin Zechner schon letztes Jahr ausführlich kennen lernen durfte, bekommen die Gerüchte, dass die Nachfolge schon im November 2011 fixiert gewesen sein könnte, eine neue Bedeutung. Man könnte auch die Frage stellen, nach welchen Kriterien die engagierte Recruitingfirma die Einreichungen der Kandidaten überprüft und bewertet hat, der »Neue Merker« fragt zum Beispiel, warum es bei der Intendantenwahl nicht möglich war, eine heimische Lösung zu finden. Wie denn auch, wenn nicht einmal alle heimischen Kandidaten zu einem Gespräch über ihre Konzepte eingeladen wurden?

Man wird also abwarten müssen, wohin das Boot segelt. Die allzu euphorischen Einschätzungen in den einschlägigen Foren, allen voran jene des selbsternannten Musicalspezialisten Dominik Lapp auf einer von vielen unsäglichen Musicalplattformen, die sich als »kompetent« titulieren, kann ich nicht teilen. Ja, Christian Struppeck ist ein Mann vom Fach, vom Theater, das ist wunderbar, aber dieses Nichts an inhaltlicher Konzeption, an Fakten über sein Konzept ist enttäuschend.

Audiostreams der Pressekonferenz
Vizebürgermeisterin Magistra Renate Brauner

Kulturstadtrat Dr. Andras Mailath-Pokorny

VBW-Generaldirektor Mag. Thomas Drozda

Christian Struppeck

Links
- ORF Wien Heute: Neuer Musical-Chef
- ORF ZIB2: Intendant Struppeck bestellt
- orf.at: Struppeck neuer Musical-Intendant
- oe1.orf.at: Christian Struppeck neuer Musical-Intendant
- KURIER: Mister Mistoffelees: Bei den Vereinigten Bühnen geht es um viel mehr als um den Intendanten.
- KURIER: Musical ist Struppecks “Traum und Leben”
- diepresse.at (APA-Artikel): VBW: Christian Struppeck wird neuer Musicalintendant
- diepresse.at: Gebürtiger Berliner wird Wiens Musical-Intendant
- diepresse.at: Mit 14 hat er »Evita« analysiert
- Wiener Zeitung: Christian Struppeck neuer Wiener Musical-Intendant
- Wiener Zeitung: Christian Struppeck wird neuer Musicalintendant der VBW
- Wiener Zeitung: Kür des Entertainers
- derstandard.at: Christian Struppeck ist neuer Musicalintendant
- derstandard.at: Christian Struppeck ist Musicalintendant
- derstandard.at: Drahtiger Aficionado des Musicals
- Kleine Zeitung: VIDEO: Künstlerintendant Struppeck für Wiens Musical
- Kleine Zeitung: Künstler leitet das Wiener Musicalimperium
- Der Neue Merker: Bekommt er heute den Traumjob?
- Der Neue Merker: Zur Pressekonferenz sind wir gleich gar nicht gegangen
- austria.com: Eine kurze Geschichte des Wiener Musicals
- austria.com: Struppeck: Deutscher mit starkem Wien-Bezug
- Oberösterreichische Nachrichten: Christian Struppeck neuer Musical-Intendant in Wien
- Salzburger Nachrichten: Christian Struppeck neuer Wiener Musical-Intendant
- ots.at: Vereinigte Bühnen Wien: Christian Struppeck ist künftiger Musical-Intendant
- ots.at: VP-Leeb: Ein echter Neuanfang für das Musical in Wien
- ots.at: Werner-Lobo: Grüne Wien begrüßen Entscheidung für Musical- Intendanz
- live-pr.com: Vereinigte Bühnen Wien: Christian Struppeck ist künftiger Musical-Intendant
- live-pr.com: Werner-Lobo: Grüne Wien begrüßen Entscheidung für Musical- Intendanz
- musicalvienna.at: Christian Struppeck ist der künftige Musical-Intendant
- Rathauskorrespondenz: Vereinigte Bühnen Wien: Christian Struppeck ist künftiger Musical-Intendant
- wien.gv.at: Neuer Leiter für die Musicalbühnen Raimund Theater und Ronacher
- noodls.com: Vereinigte Bühnen Wien: Christian Struppeck ist künftiger Musical-Intendant
- Oe24.at: Struppeck wird neuer Musical-Intendant
- europeonine-magazine.eu: Berliner Struppeck wird Musical-Intendant in Wien
- bezirke.co.at: Vereinigte Bühnen Wien: Christian Struppeck ist künftiger Musical-Intendant
- vbw.at: The Viennese Musical as an Export Hit
- relevant.at: Christian Struppeck neuer Wiener Musical-Intendant
- kultur-online.net: Christian Struppeck neuer Musical-Intendant der Vereinigten Bühnen Wien
- dbn.at: Vereinigte Bühnen Wien: Christian Struppeck ist künftiger Musical-Intendant
- Wirtschaftsblatt: Struppeck wird neuer Musical-Chef
- oe-journal.at: Vereinigte Bühnen Wien: Christian Struppeck ist künftiger Musical-Intendant

13 Kommentare »

  Martin Bruny wrote @ Februar 16th, 2012 at 16:55

@Nina: Nein, mit Musik von Udo Jürgens, wobei offen ist, ob es neue Musik sein könnte, weil ja, “die großen Hits weg sind”, oder eben doch weitere Lieder aus dem Jürgens Songkatalog.

  Nina wrote @ Februar 16th, 2012 at 16:18

Ein zweiter Teil zu IWNNINY? Zu den Hits von DJ Ötzi, mit dem Titel “Ach, wär ich doch daheim geblieben”? ;-)

  Martin Bruny wrote @ Februar 16th, 2012 at 15:59

Stage-Nähe wird man ihm vermutlich nicht unterstellen können heute, nein. Niemand hat auch Herrn Struppeck, wie das ebenso unterstellt wurde in Foren, auf “Ich war noch niemals in New York” “reduziert”, aber wenn es um international verwertbare Produktionen geht, die von ihm kommen, ist das ein wesentlicher Faktor, und wenn im neuen NEWS quasi der 2. Teil bzw. ein Nachfolger dieser Revue angedeutet wird, dann weiß man, wohin es wohl gehen könnte.

  Andreas wrote @ Februar 16th, 2012 at 15:52

Ich hab eigentlich nicht soooo stark den Eindruck gehabt, dass in Internetforen - von einlennen Idioten abgesehen - so eine starke Tendenz da ist alles was Anti-Struppek gesagt wird als Schlag gegen die Deutschen zu verstehen.

Was die Stage-Nähe angeht: Herr Struppek ist ja mit der Stage nicht gerade im besten Verhältnis auseinandergegangen soweit ich mich erinnere.

  Martin Bruny wrote @ Februar 16th, 2012 at 15:23

@Nina: Ich bin ziemlich sicher, dass da Struppeck gemeint war, und er hat definitiv unter den Kampfpostern im Internet viele Fans. Leider kennen die die Wiener Realitäten nicht und glauben, dass jede kritische Stimme, die aus Österreich nun gegen Struppeck bzw. seine Bestellung kommt, eine Stimme gegen Deutschland ist. Manchmal frag ich mich da wirklich, wer eigentlich die Komplexe hat. Aber gut.
Die andere Frage ist, wenn es die Entscheidung Drozdas war und er sich diese nicht aus der Hand nehmen lassen wollte, wieso engagiert er ein Recruitingunternehmen, das, mit welchem politisch gefärbten Personal auch immer, wesentliche Vorentscheidungen getroffen hat.

  Nina wrote @ Februar 16th, 2012 at 15:16

Ja, das mit der Regierungsbeteiligung nebst Gesinnungswandel der Grünen in Wien ist mir im Nachhinein auch klar geworden. Ich Naivling!

Dafür fiel mir heute beim Zahnarzt das PROFIL von vor 3 Wochen in die Hände, und darin stand unter anderem (sinngemäß):
1. dass die Bestellung eines Bewerbers mit allzu großem Naheverhältnis zur STAGE wohl nicht eintreten werde, da dies die Eigenständigkeit der VBW gefährde
und
2. dass Herr Drozda die Endentscheidung als die Seine erachtet und er sich sicher nicht von der Politik dreinreden lasse.

Die Interpretation dessen überlasse ich jetzt mal jedem einzelnen.

  Andreas wrote @ Februar 16th, 2012 at 10:06

Wäre ich gerade eben neuer Intendant geworden und hätte ein Konzept vorgelegt das mich dorthingebracht hätte wo ich jetzt bin… ich würd auch in meiner Antrittspressekonferenz erstmal vage bleiben und mich selbst vorstellen.

Musical ist Teamwork und es ist zweifelhaft ob sich auch nur eines der vorgelegten Konzepte 1 zu 1 umsetzen lässt oder nicht doch noch adaptiert werden muss. Da ist es sicher besser nicht das ganze Unternehmen zu “überfahren” wie ein Sonnenkönig sondern sich intern erstmal abzustimmen und über konkrete Sachen dann zu reden, wenn sie konkret sind.

  Martin Bruny wrote @ Februar 16th, 2012 at 03:11

Die Grünen sind ja jetzt in der Wiener Stadtregierung und erweisen sich da wie jede beliebige Partei, sie passen sich den Umständen an. .-)

  Nina wrote @ Februar 15th, 2012 at 22:13

P.S. Dass ausgerechnet die Grünen irgendetwas in Richtung Musical begrüßen, macht mich stutzig. Musical per se ist für die Grünen doch seit jeher der Gott-sei-bei-uns der Kulturszene. Wie kommt’s? Sind die jetzt im Glücksrausch angesichts der momentanen U-Ausschuss-Enthüllungen?

  Nina wrote @ Februar 15th, 2012 at 22:09

Dass der Mann Ahnung vom Metier hat, sei ihm unbenommen. Ich bin jetzt mal neutral. Entweder überwiegt seine Liebe zum Musical oder jene zur massenwirksamen Geldkuh. Wobei klar ist, dass er sich nicht allein der brotlosen Kunst verschreiben kann, aber ich hoffe wirklich sehr, dass Terrains wie “Mamma Mia” oder IWNNINY abgehakt sind. Ich bin generell kein Freund der Wiederverwertung bereits bestehender Musik und Zusammenflicken derselben in eine aufgesetzte Handlung. Sowas sei Hollyday on Ice vorbehalten.
Gefallen hat mir, dass er Zechners Zukunftspläne nicht für in Stein gemeißelt betrachtet. Das gibt Hoffnung, dass er doch seinen eigenen Kopf hat.

  Martin Bruny wrote @ Februar 15th, 2012 at 21:33

. «Ich freue mich darüber, dass es eine solche Reihe qualifizierter und sehr guter Bewerber gibt”, unterstrich Drozda und hob hervor, dass alle Interessenten ein eigenes Konzept für die Intendanten-Position vorgelegt hätten.

  Klaus wrote @ Februar 15th, 2012 at 21:25

Welches grossartige Konzept soll es auch schon geben? Es gibt zwei Häuser, die mit Musicals bespielt werden sollen. Wie und auf welche Art, wird sich ja noch zeigen. Aber jedenfalls wurde mein Gebet erhört, dass es kein Quereinsteiger ist.

[…] Update Eine Analyse der Pressekonferenz anlässlich der Präsentation des neuen Musicalintendanten gibt es –> hier. […]

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