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EM 2008: Unschickliche Zungenküsse/Teil 2

Foto: Martin BrunyEigentlich ist es ja zum Lachen, wenn es nicht so traurig wäre. Wie schon vor einigen Tagen erwähnt, forderte der österreichische Werberat den sofortigen Stopp der Plakatkampagne «Life is a Game!”, die von gantnerundenzi für den Wettenanbieter bet-at-home.com entwickelt wurde. Stein des Anstoßes war das Zungenspiel zwischen einem Fan der deutschen Nationalmannschaft und einer Österreicherin.

In der Begründung der Jury hieß es, dass das Sujet den «ethischen Grundsätzen der Werbung” widerspreche. Werbung im öffentlichen Raum habe «auf die Zielgruppe der Kinder Rücksicht zu nehmen”. «Ungewollte Nachahmeffekte” könnten hervorgerufen werden, so der Werberat.

Mittlerweile sind wir einen Schritt weiter (siehe auch STANDARD). Der Auftraggeber legte Einspruch ein, es kam zu einer nochmaligen Beurteilung des Werbeplakats, und die sieht folgendermaßen aus:

Der Österreichische Werberat fordert das Unternehmen und die Agentur auf, für zukünftige Werbemassnahmen im öffentlichen Raum mehr Sensibilität walten zu lassen und auf die Gefühle von Teilen der Bevölkerung mehr Rücksicht zu nehmen. Auf Grund des ‘Ablaufdatums’ des Plakats wird der Stopp zurückgezogen, gleichzeitig wird aber an den Auftraggeber appeliert, Printanzeigen mit dem gleichen Sujet abzuändern oder durch neue zu ersetzen.

Weiters heißt es, …

… das Plakat verstoße eindeutig gegen die allgemeinen Werbegrundsätze und des Selbstbeschränkungskodex sowohl gegen die allgemein anerkannten guten Sitten und bedient sich einer sexuell anstößigen Darstellung. Der Argumentation der beabsichtigen Polarisierung muss Effekthascherei auf Kosten von Gefühlen von großen Teilen der Gesamtbevölkerung entgegen gehalten werden. Dies entspricht nicht dem Selbstverständnis der im Werberat vertretenen Organisationen in bezug auf positiv wirtschaftliches Agieren und muss aufgrund der Notwendigkeit der Selbstregulierung hart verurteilt werden.

Werfen wir einen Blick in die Seelenwelt der “großen Teile der Bevölkerung”, das ist ganz einfach, wir werden auf der Website des Österreichischen Werberats fündig, wo die Volksseele brodelt:

Mein 11jähriger Sohn und seine Schulkollegen stehen jeden Tag in der Straßenbahnstation vor diesem Plakat und ich muß sagen, ich empfinde es als außerordentlich störend und auch bedenklich, dass unsere Kinder und Jugendlichen tagtäglich mit derlei obszönen und unschönen Darstellungen eines Kusses geprägt und reizüberflutet werden.

Da ich eine Leih-Oma bin, finde ich es nicht sinnvoll, dieses Plakat öffentlich zu zeigen, da die Kinder dazu neigen, alles nachzumachen was sie von den Eltern, Medien, Plakaten usw. sehen.

Schließe mich der Beschwerde über die Aufdringlichkeit der Nahaufnahme eines Zungenkusses an.
Die zwei genießen es, doch kein Grund diese Intimität der Gesellschaft aufzudrücken!!!!
Voyeuristisch und max. aufdringlich! Unterbinden Sie bitte derartige Werbung! D A N K E !!!!!

Meine Mutter hat mir erzählt wie ihr Enkerl zu Besuch kam ihr ein Busserl gibt
und plötzlich spürte sie voller Entsetzen die Zunge des Kindes in Ihrem Mund. Es ist schon sehr bedenklich wohin die weitere Entwicklung unserer Kinder mit solchen Werbeeinflüssen hinführen soll. Der Verfall der Moral und Ethik in unserer Gesellschaft, hat schon solche Dimensionen angenommen und ich empfände es sehr wünschenswert, diese Einflüsse auf unsere Kinder zu verhindern.

Man muss sich angesichts solcher Postings fragen, ob diese besorgten Eltern auch Firmen wie DM und anderen Drogeriemärkten Briefe zukommen lassen, in denen sie den Verkaufsstopp von Kondomen in den normalen Geschäftsräumlichkeiten fordern. Andererseits ist jetzt schon eher verständlich, dass es auch heutzutage eine Vielzahl von Kindern gibt, die nicht von ihren Eltern, sondern von Dr. Sommer aufgeklärt werden.

4 Kommentare »

  sarika wrote @ Juni 30th, 2008 at 17:28

sowohl gegen die allgemein anerkannten guten Sitten und bedient sich einer sexuell anstößigen Darstellung.

ach? ich frag mich eher, was machen die ‘besorgten eltern’ mit all diesen plakaten wo - in der tat - halb naggische frauen … äh … was auch immer bewerben? stellenweise in xxxxl an kreuzungen oder sonstwo. mal abgesehen davon wo genau der unterschied zwischen dem und dem liegt … aber gut … wie schon mal gemeint, klar, eltern küssen oder umarmen sich wohl auch nicht in gegenwart ihrer kinder … das ist ja auch anstößig

  Gil wrote @ Juni 29th, 2008 at 16:00

Ich muss ganz ehrlich gestehen, dass ich immer wieder beim (gezwungenermassen jeden Tag auf dem Weg zur UBahn) näherem Betrachten des Plakats mir denke, dass es geschmacklos ist. Was hier dargestellt wird, ist eine klinische Darstellung der Handlung, ganz offensichtlich in einer Weise, die eine starke Reaktion verursachen möchte. Was für eine sei dahingestellt, ich schätze, dass vielleicht die Zielgruppe der Werbung mit “Oh, geil” Reaktionen antwortet. Wenn ein Eindruck von Harmonie und friedlicher Koexistenz als Fans gegnerischer Mannschaften erreicht werden sollte, hätte man das viel besser mit einem Bild erreichen können, auf dem die Models ca. 2cm näher aneinander wären und nicht die Zungen in den Wind halten würden.
Für mich ist dieses Plakat weder erotisch, noch lustig sondern reduziert die Handlung auf das Mechanische. Es ist sozusagen “Kusspornografie”. Es hat auch, meines Erachtens rein gar nichts mit dem in früheren Kommentaren von Herrn Kaden verlinkten Foto, welches lustig wirkte.
So viel zu meiner persönlichen Meinung.
Dazu muss ich aber sagen, dass das subjektive Empfinden noch kein Grund ist, ein solches Plakat zu verbieten. Es wird schon keinem schaden. Dieses Plakat zu verbieten würde heissen, dass Hässlichkeit ein Ausschlussgrund ist.

  Dominik Lapp wrote @ Juni 28th, 2008 at 20:32

Herrlich - sowohl der Werberat als auch die “besorgten” Eltern. Die Kinder werden immer frühreifer, Kinder bekommen Kinder usw. Bevor ein harmloser Zungenkuss als “Volksskandal” hingestellt wird, sollten die Eltern lieber aufpassen, dass ihre Kinder nicht zu früh mit Alkohol, Srogen und Sex beginnen. Vor allem sollten Kinder und Jugendliche vor wirklichen Gefahren geschützt werden, wie z.B. vor AIDS, Nikotin und Alkohol. Man sollte also auch künftig jegliche TV-Werbung z.B. von Alkopops wie CaB (Cola and Beer) stoppen. Nicht, dass sich die besorgte Oma nach dem Zungenkuss ihres Enkels auch noch Sorgen machen muss, dass er beim sonntäglichen Kaffeekränzchen statt einer heißen Schoklad ein unlöbliches Alkohol-Mix-Getränkt zu sich nimmt und vielleicht der Oma auch noch einen Schluck in die Wiener Melange mischt. ;-)

  Markus wrote @ Juni 28th, 2008 at 16:44

…und das in einem Land, in dem der braune Schmutz nur so von den Plakaten von Haider, Strache und Co. starrt. Oh ha!

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