Martin Bruny am Montag, den
3. Juni 2013 · Filed under Musical, Wien
Die Pressekonferenz der Vereinigten Bühnen vom 27. Mai 2013 Wien musste einige Tage einsickern … perfekt hatten die meisten lieben Online-Musical-Medien alles, was nicht pure »Berichterstattung« war, aus ihren Postings gefiltert, brav wurde nachgebetet, was sich die Marketingstuben ausgedacht hatten. Etwas kritischer analysierten einige Tageszeitungen das Auftreten und die Ankündigungen der VBW-Spitze … und nun, man möchte fast sagen, endlich, ist die ÖVP an einem Punkt der Ankündigungen hängen geblieben, der es durchaus wert ist, diskutiert zu werden (siehe —> hier).
Zuerst muss man festhalten, dass die ÖVP derzeit die einzige ernst zu nehmende Opposition in der Wiener politischen Landschaft ist. Alles, was rechts ist, zählt in diesem Medium schon aus Prinzip nicht, und die lieben Grünen, ja, die sind, seit sie in der Stadtregierung stecken, zur Lachnummer geworden. Man könnte das anhand diverser Beispiele demonstrieren, aber kommen wir zur ÖVP und ihrer Kritik an der Ankündigung der VBW-Premiere »Der Besuch der alten Dame« zurück.
Als »mieser Taschenspielertrick« wird der Versuch der VBW bezeichnet, die Thuner Uraufführung der Musicalversion eines Dürrenmatt-Klassikers den Wienern 2014 als Eigenproduktion andrehen zu wollen, diese österreichische Erstaufführung als Uraufführung bezeichnen zu wollen. Bestenfalls könnte man scherzhaft sagen, es handelte sich um eine deutschsprachige Erstaufführung, aber in Thun ist ja eine durchwegs internationale Cast am Start. Es ist reine Rhetorik, Thun als Try-out zu bezeichnen und auf eine amerikanische Musicalkultur Bezug zu nehmen. In Europa laufen Musicalentwicklungen so nicht ab, und schon gar nicht, wenn dieser Ablauf das Ergebnis eines Chaos-Managements ist, hektisch geplant, weil man schlicht nicht weiß, was man nach dem Flop »Legally Blonde« möglichst schnell ins Theater schießen kann.
Die ÖVP hat noch einen weiteren Kritikpunkt. Christian Struppeck als Intendant und Mitautor des Stückes, Andreas Gergen als Regisseur. Wo bleibt die kritische Instanz bei einer solchen Konstellation, die unabhängig von Persönlichem wertet, was gelungen ist und was nicht. Man verweist auf einen Kontrollamtsbericht aus dem Jahre 2008 (bezugnehmend auf Vorgänge in der Ära Klausnitzer), in dem es heißt: »Das Kontrollamt wies in diesem Zusammenhang auf ein nicht unbedenkliches Naheverhältnis zwischen Auftraggeberin (VBW) und dem auftragnehmenden ehemaligen Geschäftsführer/Intendanten hin …”
ÖVP Wien Kultursprecherin LAbg. Isabella Leeb:
Wir werden im Gemeinderat eine Anfrage stellen, wie es sein kann, dass das Kontrollamt Kritik übt und fünf Jahre später die Geschäftsführung der VBW offenbar nichts dabei findet, den gleichen Fehler wieder zu begehen. Das Naheverhältnis von Auftraggeber und Auftragnehmer ist als Autor eminent und eigentlich nicht akzeptabel.
Ich bezeichne das als Wiederholungstat, die im Wissen um die Problematik bewusst gesetzt wurde. Dafür kann es eigentlich keinen vernünftigen Entschuldigungsgrund mehr geben.
Permalink
Klaus wrote @ Juni 4th, 2013 at 20:39
Zitat PA ÖVP: «Im Kontrollamtsbericht des Jahres 2008 wurde kritisiert, dass der
Intendant, damals Rudi Klausnitzer…â€
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@Patrick: Dass hast Du leider falsch verstanden. Es ist so zu verstehen, dass der Kontrollamtsbericht von 2008 den damals damaligen Intendanten Rudi Klausnitzer …. kritisiert hat.
An Gergen als Regisseur ist auch nicht dagegen zu sagen. Man kann es natürlich drehen und wenden wie man will, es ergibt eine schiefe Optik. Und man kann mir nicht erzählen, dass ein Herr Struppeck keinen weiteren Regisseur kennt.
Patrick wrote @ Juni 4th, 2013 at 14:54
Bezeichnend dafür wie wenig Ahnung die ÖVP vom Thema Musikalisches Unterhaltungstheater hat und dass es bei dieser Kritik an DBDAD wieder einmal nur darum geht, politisches Kleingeld zu machen - Zitat PA ÖVP: “Im Kontrollamtsbericht des Jahres 2008 wurde kritisiert, dass der
Intendant, damals Rudi Klausnitzer…”
Klausnitzer war jedoch nur bis ins Jahr 2002 Intendant, 2008 war längst Kathi Zechner nachgefolgt. Hier wird in einer PA also ganz einfach Falsches behauptet, in der Hoffnung die Medien würden es einfach unkritisch wider geben. An einer solch fragwürdigen Informationsvermittlung stößt sich der Kultur-Channel aber sonderbarerweise nicht, sondern verlinkt sich auch noch.
Die Vorwürfe betreffend die Ära Klausnitzer sind viel umfassender gewesen als sie hier aus dem Zusammenhang gerissen angeführt werden, da ging es nur am Rande um Tantiemen. Das ist aber mit der Situation um DBDAD kaum zu vergleichen. Im vorliegenden Fall wird das gemacht, was dieser Onlineblog immer wieder gefordert hat - es wird kein teures Broadway-Stück in Bausch und Bogen eingekauft, sondern eine günstige Alternative mit einem anspruchsvollen Stoff gefunden. Es ist nicht nachzuvollziehen, was dagegen sprechen soll, dass ein Intendant selbst Libretti schreibt, noch dazu einer, der dies schon zuvor gemacht hat. Im übrigen: Angestellte Dramaturgen machen auch nichts anderes. Und was die Kritik daran betrifft, dass Andreas Gergen zwei konzertante Kurzproduktionen an den VBW inszeniert und nächstes Jahr eine dritte Produktion, die er für die Schweiz inszeniert hat, auch an die VBW kommt, scheint schon ein wenig an den Haaren herbei gezogen, wenn man bedenkt, was Gergen sonst noch alles inszeniert. Eine inhaltliche Kritik, warum er nicht als Regisseur geeignet wäre, wird jedenfalls nicht vorgebracht.
Dass die ÖVP eine ernst zu nehmende Oppositionspartei ist, wie Herr Bruny vermeint, darf daher zumindest in Hinblick auf den Bereich Musical stark in Zweifel gezogen werden.
Alles in allem erscheint dieser Beitrag als eine Fortsetzung des allgemeinen VBW-Bashing-Kurses, der darin besteht, dass man aus Prinzip alles was dort geschieht, kritisiert, selbst wenn es das Gegenteil von dem ist, was man noch vor einem halben Jahr selbst kritisiert hat. Nunmehr geschieht das Ganze eben mit Unterstützung aus der ÖVP.
Der Kultur Channel ist oftmals eine spannende Seite was den Bereich Musikalisches Unterhaltungstheater betrifft, insbesondere wenn die besprochenen Produktionen Off-Off-Größe nicht überschreiten. Ich würde mir aber wünschen, dass auf dieser Seite ganz generell - auch betreffend größerer Produktionen - wieder mehr inhaltlich berichtet, gerne auch konstruktiv kritisiert wird (Betonung auf konstruktiv), aber sie nicht als Präsentationsplattform für politische Parteien herhalten muss.
Klaus wrote @ Juni 4th, 2013 at 06:51
Die VBW degradieren ganz ohne Schamgefühl Thun als Try-Out Stätte um es als Urfaufführung in Wien promoten zu können.
Was bei der Leeb noch nicht ganz durchgesickert sein dürfte, dass ein Regisseur (egal welches Verhältnis dieser zu Struppeck hat) innhalb von fünfzehn Monaten gleich drei Produktionen der VBW betreut haben wird.
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