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Louise FitzGerald; Melanie Williams (Hg.): »Mamma Mia! The Movie« – Exploring a Cultural Phenomenon

Zugegeben, der Titel des Buches – »Exploring a Cultural Phenomenon« – klingt etwas übertrieben. Das ist doch dieser Film mit den vielen Verrissen und mauen Kritiken? Ein Streifen, der immer wieder für seine technischen Fehler kritisiert wurde, Stichwort Dubbing, und der, was das Casting betrifft, äußerst fragwürdig scheint; ein Film, dessen Hauptdarsteller eher recht weit von respektablen Gesangsleistungen entfernt scheinen?
Doch betrachten wir den Film mal rein vom Einspielergebnis her: »Mamma Mia! The Movie« startete im Sommer 2008 in den Kinos und fand sich wenige Monate später in der Hitparade der weltweit erfolgreichsten Filme des Jahres 2008 auf Platz fünf, in Australien war er der zweiterfolgreichste Film des Jahres, und in England, dem Erscheinungsland des vorliegenden Buches, war »Mamma Mia! The Movie« nicht nur der erfolgreichste Film des Jahres 2008, sondern zu jenem Zeitpunkt auch der erfolgreichste Streifen aller Zeiten. An die 70 Millionen englische Pfund spielte die Filmversion des ABBA-Musicals bis heute in Großbritannien ein und liegt damit nach wie vor auf Platz 5 in der Liste der erfolgreichsten Filme aller Zeiten in diesem Land.
Rund 610 Millionen Dollar spielte »Mamma Mia! The Movie« weltweit bis heute ein und erwies sich bei Produktionskosten von 52 Millionen Dollar als eines der profitabelsten Projekte der Filmfirma Universal. Die DVD übertraf mit fünf Millionen verkauften Einheiten den Rekord, den »Titanic« aufgestellt hatte. Und auf die Frage, welches der erfolgreichste Musicalfilm aller Zeiten ist, lautet die Antwort nach wie vor (Stand: März 2013): »Mamma Mia! The Movie” – auch wenn Universal hart daran arbeitet, mit der Verfilmung von »Les Misà©rables« (derzeit knapp über 400 Millionen Dollar Einspielergebnis weltweit), »Mamma Mia!« auf den zweiten Platz zu verweisen.
Es gibt also gute Gründe, ein Buch über dieses »Cultural Phenomenon« zu veröffentlichen, einen Sammelband mit Beiträgen, die von den verschiedensten Blickrichtungen aus jene Gründe untersuchen, die den Film für bestimmte Zielgruppen so attraktiv erscheinen lassen.
Louise FitzGerald und Melanie Williams, die beiden Herausgeberinnen, konnten für ihr Buch zwölf Kollegen aus dem Universitätsbetrieb Englands, Frankreichs, Griechenlands und der USA gewinnen. Folgende Erfolgsfaktoren konnten sie ermitteln: Der Film kam in der gleichen Woche wie »Batman – The Dark Knight« in die Kinos, der vor allem das typisch junge, männliche Publikum anzog, während »Mamma Mia!« eher die weiblichen (und auch älteren) Zuschauer anlockte. Der Gender-Aspekt ist also der erste offensichtliche Punkt, und so beschäftigt sich Malcolm Womack in seinem Beitrag mit »Gender and ventriloquism in the songs of ‚Mamma Mia!‘ on stage and screen«, Melanie Williams untersucht »â€šMamma Mia’s!‘ female authorship«, Caroline Bainbridge nähert sich diesem Aspekt mit ihrem Beitrag »â€šKnowing Me, Knowing You’: reading ‚Mamma Mia!’ as feminine object«, während Betty Kaklamanidou über »The power of sisterhood: ‚Mamma Mia!’ as female friendship” schreibt.
Der Film wurde von männlichen Kritikern mehrheitlich verrissen und von weiblichen gelobt. Dass es gar nicht so einfach ist, zu begründen, warum man den Film hasst, demonstriert I. Q. Hunter in seinem Essay »My, my, how did I resist you?«, und Ceri Hovland versucht das Ganze so zu fassen: »Embracing the embarassment: ‚Mamma Mia!’ and the pleasures of socially unrestrained performance«. Eine These dieser beiden Artikel läuft darauf hinaus, dass es etwas geben muss, das Zuschauer an dem Film fasziniert, obwohl sie wissen: »If you love it, you have to prove how intelligent you are.« So gesehen kommt der Humor in all den Beiträgen, die jeweils mit einem Materialteil fundiert sind, nicht zu kurz.
In diversen Filmzeitschriften waren zum Filmstart Werbesujets zu »Mamma Mia!« und »Batman« auf gegenüberliegenden Seiten zu sehen. Hie der brachial- & bronchialgewaltige Batman, da Meryl Streep. Inwieweit die 17 Mal für den Oscar nominierte und drei Mal mit einem Oscar ausgezeichnete Schauspielerin zum Erfolg beigetragen hat, untersucht Deborah Mellamphy in ihrem Beitrag »See that girl, watch that scene: notes on the star persona and presence of Meryl Streep«.
Das Alter des Zielpublikums ist ein weiterer Faktor, der für den Erfolg von »Mamma Mia!« ausschlaggebend war. Claire Jenkins untersucht diesen Aspekt und nennt ihren Artikel »Not too old for sex? ‚Mamma Mia!’ and the ‚older bird’ chick flick«. Dem Thema Vater/Mutter widmen sich Sarah Godfrey und Louise FitzGerald in ihren Beiträgen »The hero of my dreams: framing fatherhood« und »What does your mother know? ‚Mamma Mia’s’ mediation of lone motherhood«.
Bleiben noch zwei Ansatzpunkte, um die Anziehungskraft des Blockbusters zu begründen. Der eine davon ist der Feelgood-Faktor. Die Verfilmung von »Mamma Mia!« war dermaßen erfolgreich, dass sie einige Male in der riesigen O2-Arena vor tobendem Publikum gezeigt wurde. Wer am ehesten für den Feelgood-Charme empfänglich ist, untersuchen Kate Egan und Kerstin Leder Mackley in »The same old song? Exploring conceptions of the ‚feelgood’ film in the talk of ‚Mamma Mia’s!’ older viewers”. Georges-Claude Guilbert bringt in seinem Essay noch eine letzte Zielgruppe ins Spiel: »Dancing queens indeed: when gay subtext is gayer than gay text«.
Von abfälligen Urteilen wie »Super Pooper« bis zu Statements wie »I met a woman the other day whose business was going belly-up, it was her birthday, she was bursting into tears – and her sister rushed in and said, ‘What can we do?’ This women cried out, ‘Just take me to Mamma Mia!‘« – mit diesem Buch werden »Mamma Mia!«-Fans ebenso eine Freude haben wie allgemein an Musicalverfilmungen Interessierte Diskussionsbeiträge zu einem Film finden werden, der nicht wirklich gut ist und doch für viele ein Hit. Sehr lesenswert.

Louise FitzGerald; Melanie Williams (Hg.): Mamma Mia! The Movie – Exploring a Cultural Phenomenon. I. B. Tauris & Co. Ltd. London 2012. 248 S.; (Hardcover) ISBN 978-1-84885-941-8. £ 55,72. [www.ibtauris.com]

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