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vienna theatre project zeigt Patrick Marbers “closer” (”Hautnah”)

1997 schrieb der Schriftsteller, Regisseur und Schauspieler Patrick Marber das Theaterstück “closer”, das seit seiner Uraufführung am Royal National Theatre für heftige Diskussionen sorgt. So war in einer Rezension der “taz” anlässlich der deutschen Produktion von “Hautnah” anno 2000 im Oldenburgischen Staatstheater unter dem Titel “Wie das Lotterleben so spielt - sie fickten und sie schlugen sich” Folgendes zu lesen:

Männer lassen die Hosen runter, Frauen brechen durch eine riesige Leinwandvagina auf die Bühne. So hinterrücks defloriert prangen die gespreizten Schamlippen dem Oldenburger Publikum direkt ins Gesicht. Die Premiere von Patrick Marbers “Hautnah” löste unter der Regie von Urs Odermatt den Titel des Stückes ein und trennte dadurch nach der Pause im Oldenburgischen Staatstheater zartbesaitetere TheatergängerInnen von den aufgeschlosseneren. Die bildeten dann aber eine klare Mehrheit und quittierten die Inszenierung mit viel Beifall.

2004 kam eine Verfilmung des Stoffes in die Kinos, die ganz offensichtlich weit weniger unzüchtig angelegt war, dafür aber mit hübschen Darstellerinnen und Darstellern (Julia Roberts, Jude Law, Natalie Portman und Clive Owen) sowie einem süffigen Soundtrack aufzuwarten hatte.
2007 feiert “closer” seine Wien-Premiere am Ensembletheater, einer kleinen, ambitionierten Wiener Bühne, die praktisch immer sehenswerte Produktionen bietet. Als Gastspiel des vienna theatre project geht die Premiere von “closer” (in englischer Sprache) am 7. Mai 2007 über die Bühne. Im Pressetext zur Produktion wird der Stil des Stücks von Marber wie folgt skizziert:

“Marber schreibt in “sound bites” … seine Sprache würde Uwe Kröger erröten lassen. Eines sollten Sie wissen: das ist kein viktorianisches Salondrama, das ist das Spiel zweier Paare – jede/r von ihnen ist in jemand anderen verliebt und fühlt sich gleichzeitig auch zum anderen des anderen hingezogen.

Nun, was “closer” auch nur im Ansatz mit Uwe Kröger zu tun hat, werden wir vermutlich nie erfahren, aber das macht nichts. Worum es in “closer” geht, kann man auch ohne Musicalbezug formulieren (denn mit Musical und Musicaldarstellern hat dieses Stück sowas von nichts zu tun):

Es beginnt in der Notaufnahme eines Krankenhauses, wohin Dan Alice brachte, nachdem er beobachtet hatte, wie sie auf der Blackfriars Bridge niedergefahren worden war. Dan schreibt Nachrufe, und sieht sich als zukünftiger Schriftsteller, der gerade auf der Suche nach einem passenden Thema ist. Alice ist eine junge, hübsche Stripperin, hinter deren verwundbarem Auftreten ein eherner emotionaler Absolutismus verborgen liegt. Dan zieht bei Alice ein, schreibt ein Buch über sie – und verfällt dann ganz der Photographin Anna, die für ihn Photos für die Werbekampagne seines Buches schießen soll.
Als er sich daraufhin im Internet als eine sexbesessene Phantasie-Anna ausgibt, steuert er sie unbeabsichtigt in eine Beziehung mit Larry, einem etwas ungehobelten, aber herzlichen Arzt – der rein zufällig Alice in der ersten Szene behandelt hatte.
So beginnt eine mitreißende und oft wilde Quadrille von Liebe und Betrug. Was Marbers Stück so besonders macht, ist seine schonungslose Darstellung der Brutalität von Beziehungen. Sexueller Neid und Eifersucht zeigen hier offen ihr hässliches Gesicht. Hilflos verfängt sich Larry in Grausamkeit und Selbsterniedrigung, als er zurückgewiesen wird. Dan und Anna werden als feige Lügner entlarvt. Nur Alice bleibt bis zum Ende ehrlich, wofür sie bezahlen muss. Marber deutet an manchen Stellen an, dass die fehlende Treue seiner Charaktere Ausdruck eines in der Gesellschaft unausweichlichen Kompromisses sei. Das wirkt doch sehr pessimistisch, aber »closer« ist nur selten so düster. Das Stück ist gespickt mit trockenem Humor und wahnwitzigen Verwicklungen.

»Closer«
von Patrick Marber
Ensemble Theater, Petersplatz 1, 1010 Wien
7. bis 19. Mai 2007 - Vorstellungsbeginn: 19.45 h.
Premiere: 7. Mai 2007, Spielfreie Tage: 13. und 14. Mai

Kreativteam
Prdn. Mgr: Alina Cibea
Lighting Design: Wolfram Zoettl
Photography: Ine Gundersveen
Asst. to the Director: Nina Kusche
Front of House Mgr: Sharron Aubrey
Lighting Technician: Ensemble Theater
Stage Manager: Pamela Schermann
PR, Sponsorship: Joanna Seidl, Sarah Hayes, Mariyana Radeva, Natalie Cantini
Teacher Material: Juliet Najjar
Teacher Liaison: Natalie Cantini

Cast
Michael Smulik (Dan)
Howard Nightingall (Larry)
Katharina Sporrer (Alice)
Heike Brunner (Anna)

Tickets ticket@viennatheatreproject.at

1 Kommentar »

  M. Alexandra Turgat wrote @ Mai 8th, 2007 at 10:16

Last night was the premiere - went to see it and it was really good! Good directing, very modern set and the actors put on a great performance. Though it’s a drama that makes one reconsider the meaning of love, truth, betrayal, lies etc., it has many hilarious moments.
I can only recommend it further - it’s really worth seeing!

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