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Archiv - April, 2003

Reach out and touch faith - Martin Gores Counterfeit²


Depeche Mode - mehr als Personal Jesus habe ich eigentlich nie gemocht, die Stimmung bei ihren Konzerten war nie das, was mir entspricht … und auf einmal “entdecke” ich Martin Gore. Counterfeit² ist der Titel seiner zweiten Solo-CD, und die kann man nur rundum empfehlen. Eigentlich ist das Ding noch gar nicht im Handel, aber der gute Martin bietet Streams seiner Songs auf seiner Page, und da habe ich mich in seine Interpretation von Kurt Weills Lost in the Stars verhört …
In einem Interview mit dem Magazin Alert erzählt Gore über seine Beziehung zu diesem Song und Kurt Weill:

Um das einmal deutlich zu sagen: Wenn ich zehn Songs von meinem neuen Album hätte runternehmen müssen, dann wäre der eine Song, der geblieben wäre, “Lost in the Stars” von Kurt Weill gewesen. (…) “Lost in the Stars” war der erste Song, der für mich feststand. Das war ganz klar, von Anfang an. Alle anderen Songs habe ich re-interpretiert und ihnen meine eigene Identität übergestülpt. Ich weiß bis heute nicht, was man an einem so perfekten Song ändern sollte. Ich meine, ich habe ihn ja immerhin als elektronisches Arrangement aufgenommen. Aber Kurt Weills Musik ist so komplex, und seine Akkordfolgen sind so einzigartig, dass das Auslassen eines Tons eine Lücke hinterlassen würde. (Nachzulesen in “Alert” Ausgabe 2/03, April/Mai 2003, Seite 44ff. - leider (noch) nicht online).

Bad Sex in Fiction Awards


Awards - fast so gut wie Listen, für uns Listenfetischisten. Einer der abstrusesten Awards: der Bad Sex in Fiction Award. Der Gewinner 2001 hieß Christopher Hart und fabrizerte in seinem Werk “Rescue Me” die folgende güldene Textstelle, die ihn zum würdigen Sieger machte:

Her hand is moving away from my knee and heading north. Heading unnervingly and with a steely will towards the pole … Ever northward moves her hand, while she smiles languorously at my right ear. And when she reaches the north pole, I think in wonder and terror — she will surely want to pitch her tent.

2002 konnte Wendy Perriam mit ihrem Roman “Tread Softly” den Preis für sich gewinnen. Auch sie hats wirklich drauf:

Weirdly, he was clad in pin-stripes at the same time as being naked. Pin-stripes were erotic, the uniform of fathers, two-dimensional fathers. Even Mr. Hughes’s penis had a seductive pin-striped foreskin. [story]

Desillusionierung à  la Jonathan Carroll


Hach, das Leben kann so trivial sein:

Frage an Jonathan Carroll: Hi Jon, I have never read any of your books, but I recently (today) discovered you. As you may have guessed, I was intrigued by the name of one of your characters. How did you come up with it? Do you know any other Michael Billas? I was a bartender for about four years in Portugal, Italy and New York. Can you see why I’m utterly enthralled by my discovery of your work? This blows my mind! Maybe I’m reading into this too much, but I do believe in certain symbols that manifest themselves in everyday life. And this looks like one of them to me. Please email me…curiosity is killing this cat. Thanks, Michael Billa PS: I make a killer Martini (figuratively speaking).

Antwort: Ah Michael, I hate to disappoint you, especially when it comes to magic, but the name Michael Billa comes from something very mundane. There is a large chain of supermarkets in Austria named “Billa.” The Michael I just tagged onto it because early in my career, a nasty critic said (among my many other literary failures) I gratuitously use strange names much too often. So Michael it was. But you know, the fact that you discovered my work and a character of mine with your name is a magic of sorts no matter what, you know? [story]

“DO NOT LET THEM” - Rocker Sebastian Bach aus Musical-Produktion “Jesus Christ Superstar” gekickt


Im Branchenfachblatt Playbill liest es sich ziemlich trocken: “Die Produzenten der US-Tourproduktion “Jesus Christ Superstar” haben Sebastian Bach gekündigt. Er wird nicht mehr im Rahmen der Produktion auftreten.” How come, fragt sich da der Musical-Fan.
Sebastian Bach gilt seit Jahren, nach einer erfolgreichen Laufbahn als Leadsänger der Rockgruppe Skid Row, als charismatischer Musical-Darsteller. Als Jekyll & Hyde sorgte er dafür, dass eine ganze neue Publikumsschicht den Broadway stürmte, in der “Rocky Horror Show” und als “Jesus” war er der schillernde Star der Produktion.

Was streckt nun hinter dem plötzlichem Rausschmiss? Die Antwort: “Rock’n'Roll”. Bach ist es zu verdanken, dass Rock’n'Roll-Fans Musicals stürmten und ihn wie ein Rockidol feierten, cause er hatte Flair, … letzen Endes war das den Produzenten und eifersüchtigen Kollegen Bachs zu viel … sie mobbten ihn und kündigten ihn. Sie wollten den Rock’n'Roll aus der Show großteils streichen, vor allem aber die umjubeten Zugaben Bachs am Ende jeder Show. Macht aber nichts, so wird die Produktion im Nirvana des Musicaldurchschnitts verdümpeln, und Sebastian Bach wird im Steilflug einem neuen Karrierehoch entgegenfliegen, wie er in seiner Message an all seine Fans durchaus anklingen lässt. Bis dahin unterschreibe ich Bachs flammende Message:

But if they want to USE my fans & take your money without any consideration of what you are coming to see, then my advice to you is DO NOT LET THEM!

Nick McDonell - Das neue literarische Wunderkind


Es war einmal … Benjamin Lebert (was wurde eigentlich aus ihm?), der als Teenager mit seinem Roman Crazy den Buchmarkt und die Filmbranche in Furore versetzte. Seitdem hat man von Teenager-Bestseller-Autoren nicht mehr viel gehört … bis, ja bis Nick McDonell auftauchte und im Jahre 2002 im Alter von 17 Jahren mit seinem Roman “Twelve” (”Zwölf”) in den USA einen Bestseller landete. Sein Werk verfasste er in den Sommerferien, aber lassen wir ihn selbst schildern:

Part of it was that I only had the summer holidays. It’s hard to write when you’re going to school full-time. Part of it was out of necessity and I wanted to finish it before I had to go back to school and part of it was that it came quickly. The plot came all at once. I still have the paper I had the plot written on before I started the book and it hasn’t changed. The thing was I really wrote this book because I really wanted to do it so that will always be the case. I’m not going to do something just for the sake of doing it if I’m not passionate about it.

McDonells Debüt kommentierte die New York Times einfach so:

So schnell wie Speed und so erbarmungslos wie Acid.

Der Playboy meint:

A dramatic debut. . . . An enthralling read about apathetic youth who have everything and nothing. [Patty Lamberti, Playboy]

Und worum gehts in “Zwölf”? Das lassen wir uns mal erzählen:

Paris ist viel besser als New York”, schreibt der heute 18-jährige Nick McDonell im Nachwort zu “Zwölf”. McDonell muss als Jugendlicher enorm an New York gelitten haben. Entsprechend düster ist das Porträt der Stadt, das er in seinem Romandebüt entwirft. Um den Drogendealer White Mike bildet sich eine Gruppe von reichen weissen Highschool-Schülerinnen und -Schülern, die von Party zu Party ziehen und sich unter anderem mit der Droge Zwölf volldröhnen. Höhepunkt ist die Silvesterparty bei Chris, wo es zu einem eigentlichen Feuerwerk kommt. McDonells Buch ist flott geschrieben und mit den zwei Erzählsträngen - da White Mikes Leben, dort die letzten vier Tage vor Silvester - spannend strukturiert. Doch das Werk ist als Verschnitt von Irvine Welshs Bestseller «Trainspotting» und Larry Clarks New-York-Film «Kids» nicht allzu originell. Die Originale überzeugen mehr: «Trainspotting» hat mehr Tiefgang, «Kids» ist realistischer. (net)”

Mittlerweile studiert McDonell in Harvard, “Zwölf” wurde in 11 Sprachen übersetzt, demnächst steht eine Verfilmung an, und das nächste Buch ist bereits in Arbeit - wobei das College für Nick Vorrang hat. Unter das Kapitel “leider zu spät” fällt folgende Veranstaltung: “29. März: Nick McDonell (18, USA) liest zusammen mit Tom Schilling (21, D) aus seinem Bestseller “Twelve”. Türöffnung 20h. Eintritt CHF 25.–. Studierende CHF 20.– Vorverkauf über Ticketcorner. Abendkasse geöffnet ab 20h. Zürich, Säulenhalle, Limmatstrasse 266, (Tram 4 bis Dammweg), 21h” [schade schade]

Mannheim bekommt Pop-Akademie

Mannheim ist nicht eben eine Stadt, die man weit über deutsche Grenzen hinaus kennen würde. Kulturell reiht es sich in keine der deutschen Hochburgen ein. Noch! Aber schon ab dem Wintersemester 2003/04 wird man in Mannheim an einer Pop-Akademie studieren können, wie sie es landesweit kein zweites Mal gibt.

Ob nun Gesang, Management oder Konzertveranstaltung – alles lässt sich für 500 Euro Semestergebühr theoretisch und auch praktisch an der neuen Akademie erlernen. 55 Studenten sollen jährlich nach jeweils drei Jahren Ausbildung ihren Bachelor of Arts machen. Diese 55 Studienplätze stehen schon jetzt 1000 Bewerbern gegenüber.

Als Dozent stellt sich u. a. Xavier Naidoo, Sohn der Stadt Mannheim, zur Verfügung. Er hätte es zu schätzen gewusst, erklärte der Soul-Sänger, hätte er seinerzeit die Möglichkeit gehabt, von Leuten zu lernen, die er respektiere.

Als »Starschmiede« versteht sich die Akademie ausdrücklich nicht. Aber als Sprungbrett in eine vielleicht doch erfolgreiche Zukunft wird sie sicher dem einen oder anderen eine kleine oder auch große Hilfe sein.

DAVID ROTT - das Juwel der “Agenten”

Neben August Diehl ist mir bei meinen Theaterbesuchen in den letzten Jahren ein Schauspieler aufgefallen, der meiner Meinung nach das Zeug hat, ein ganz Großer zu werden: David Rott. Vor ein paar Jahren noch war er wohl nur Wiener Theaterbesuchern ein Begriff, mittlerweile jedoch hat er einen Film gedreht (”Ganz und Gar”), erhielt dafür 2003 den Preis für den besten Nachwuchsdarsteller auf dem Max Ophüls Festival und ist Ensemblemitglied des renommierten Deutschen Theater Berlin - und wie hieß es lange Zeit so schön: “Wer es ans Deutsche Theater geschafft hat, ist angekommen. Endstation DT - im positiven Sinn”.

David Rott, Jahrgang 1977, absolvierte in Wien das Max Reinhardt Seminar, wo er unter anderem von den Schauspielerlegenden Inge Konradi und Klaus Maria Brandauer unterrichtet wurde. Nach Engagements am Landestheater St. Pölten, in Bregenz, Bremen und Altaussee wurde Rott mit Beginn der Spielzeit 2000 ans Burgtheater Wien engagiert. Er spielte dort unter anderem in Sarah Kanes “Gier” und den Moritz Stiefel in Christina Paulhofers Inszenierung von Frühlings Erwachen.

War er am Wiener Burgtheater in nicht allzu vielen Produktionen zu sehen, so scheint er am Deutschen Theater Berlin gut ausgelastet zu sein. Derzeit ist er als Happy in “Tod eines Handlungsreisenden”, als Haimon in “Antigone”, als Kurt in “Totentanz” und als Orin Mannon in “Trauer muss Elektra tragen” zu erleben. Einer großen Karriere steht nun nichts im Wege. Auch sein Management kann sich sehen lassen. Einer seiner “Kollegen” bei den Agenten ist kein Geringerer als August Diehl.

6 Schriftsteller, 6 Regisseure, 24 Schauspieler und 24 Stunden Zeit


… das sind die wichtigsten Zutaten für die “24 HR. Plays”. Rechnet man die Production Staff dazu, kommt man auf zirka 50 Leute.
Wie entsteht nun so ein “24 HR. Play”? Nun, wenn einmal der Tag der Produktion der 24-Stunden-Schauspiele gekommen ist, treffen sich alle Beteiligten um 22 Uhr am Vorabend der Aufführung zur Initialisierung ihres Rituals. Man bespricht am Ort des Geschehens (also im Theater) die Details und lässt danach die 6 Schriftsteller alleine. Ihre Aufgabe ist es, bis 7 Uhr morgens je ein 10-Minuten-Schauspiel zu verfassen. Punkt 7 Uhr morgens treffen die Regisseure ein und übernehmen. Sie lesen die brandneuen Werke, besprechen sich und beginnen mit dem Casting. Um 8 Uhr morgens stoßen die Schauspieler zur Gruppe, die Proben beginnen um 9 Uhr. Von 17 Uhr bis 19:30 finden die letzten Proben statt, pünktlich um 19:45 wird das Publikum eingelassen. Um 20 Uhr beginnt die Vorstellung.
Seit 1995 sind auf diese Art und Weise über 200 10-Minuten-Schauspiele entstanden und zur Aufführung gebracht worden. Keine üble Idee das. Wann steigt Schlingensief ein?

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