Am Londoner West End läuft derzeit und noch bis zum 20. August 2011 Harold Pinters Schauspiel “Betrug” (”Betrayal”) aus dem Jahre 1978 – ein Revival, das auch 2011 zum Hit wurde. Die Produktionskosten beziffert Produzentin Sonia Friedman mit 350.000 Pfund (rund 565.000 Dollar). Dazu kommen rund 65.000 Pfund (105.000 Dollar) an laufend anfallenden Kosten pro Woche.
Ein Hit am West End landet nicht gar so selten am Broadway, auch Sonia Friedman hat diesbezügliche Pläne gemacht. Die Produktionskosten am Broadway allerdings würden für dasselbe Stück in derselben Besetzung (Filmstar Kristin Scott Thomas) 2,8 Millionen Dollar kosten sowie zusätzlich 260.000 Dollar laufend anfallende Kosten pro Woche.
Friedman dazu:
«Betrayal†is easily turning a profit in London. But on Broadway these days, even with a movie star, it’s very hard to survive.
Natürlich sind die teilweise hohen Ticketpreise am Broadway teilweise auf die hohen Produktionskosten zurückzuführen (manchmal freilich auch auf reine Gier), aber auch die hohen Ticketpreise ermöglichen es nur 20 bis 30 Prozent der Broadwayproduktionen, gewinnbringend zu spielen.
Schauspielstücke am Broadway kosten ein Minimum von 2,5 Millionen Dollar – Musicals sind teurer. In “Next to Normal” mussten 4 Millionen Dollar investiert werden, “The Book of Mormon” verschlang 9 Millionen. Doch damit ist noch nicht die Spitze erreicht. In “Shrek” packte Dreamworks satte 25 Millionen Dollar, und “Spider Man: Turn Off the Dark” verheizte 75 Millionen Dollar.
Auch Michael Kunze hat sich heute Gedanken über Produktionskosten und Ticketpreise gemacht. Auf seiner Site schreibt er unter anderem:
Gäbe es für das Musical eine entsprechende Subvention, würde ein Ticket nicht mehr als 25-45 Euro kosten. [Michael Kunze, Storyarchitekt]
Man darf annehmen, dass die Vereinigten Bühnen Wien “entsprechend” subventioniert werden. Dennoch sind sie von den 40 Euro nicht nur weit entfernt, nein, sie entfernen sich auch zunehmend von diesem Betrag. Sie entfernen sich nicht nur an der Spitze, bei den höchsten Eintrittspreisen, nein, was noch viel negativer einzuschätzen ist, sie heben die Eintrittsschwelle ins Theater laufend an, und Preiserhöhungen im billigsten Segment haben die größten Auswirkungen.
25 bis 40 Euro also, das wäre nett, aber klar, die VBW haben ja viel Personal, das bezahlt werden muss, beispielsweise eine Rechtsabteilung. Vielleicht wird einfach zu viel Zeit damit verbracht, kleine Blasmusikkapellen, die die Stärke einer liebenden Frau in einem Ballsaal rausblasen wollen, mit Klagen zu bedrohen, statt darüber nachzudenken, wie man die Explosion der Ticketpreise verhindern könnte.
Martin Bruny am Donnerstag, den
28. Juli 2011 um 21:45 · gespeichert in Musical, Deutschland
Um zehn Jahre mit Option auf weitere zwei Mal fünf Jahre hat Stage Entertainment die Mietverträge für die Musical-Theater in Stuttgart und Hamburg verlängert: in Stuttart für die Musical-Theater Apollo und Palladium im SI-Centrum, in Hamburg für das Theaterhaus Neue Flora.
Martin Bruny am Samstag, den
23. Juli 2011 um 11:47 · gespeichert in Musical, Deutschland
Nicht im Herbst, sondern bereits im August 2011 geht die Deutschland-Premiere von “Rebecca” über die Bühne. Aufgeführt wird das Musical von Sylvester Levay und Michael Kunze in Prüm, einer Verbandsgemeinde mit rund 23.700 Einwohnern in Rheinland-Pfalz.
Die private Musikschule Kalimba, gegründet 1995 von Petra Theis und Reiner Klein, spielt die Show vom 12. bis zum 14. August 2011 in der Kapelle des Konvikts in Prüm.
Die künstlerische Gesamtleitung hat Petra Theis. Weiters mit dabei: Dieter Thömmes (Klavier), Dominik Feltes (Schlagzeug) und Jonas Fleck (Gitarre) sowie die 20 Sänger der Gesangsklasse. Gegeben wird eine leicht gekürzte Version.
Der Vorverkauf für die Termine am 12. und 13. August um 19 Uhr und am 14. August um 15 Uhr startet Anfang August. Die Tickets können in der Buchhandlung Hildesheim und bei der Musikschule Kalimba in Prüm gekauft werden.
Update
Die weiteren Entwicklungen wurden –> hier behandelt.
“Rebecca”, das Musical von Sylvester Levay und Michael Kunze, wird im Frühjahr 2012 am Broadway Premiere feiern. Wunderbar! Sogar der New York Times war die Story ne Schlagzeile wert, und zwar die Geschichte der 4-Millionen-Dollar-Treppe - wurde doch, wie die New York Times schreibt, die Produktion von “Rebecca” am Broadway vor allem durch den Verzicht auf die sagenumwobene Treppe in diesem Mystery-Musical erst möglich:
A $16 million musical production of «Rebecca,†based on the classic 1938 novel by Daphne du Maurier, has been scaled down to a budget of about $12 million — largely thanks to the loss of a collapsing staircase special effect — and is now on track for Broadway, the producers announced on Tuesday. Preview performances at a Shubert theater still to be named are scheduled to begin March 27, 2012, with an opening night set for April 22.
Was ranken sich nicht für Geschichten um diese Treppe. Angeblich war eine Produktion in London nicht möglich, weil sämtliche Unterbühnen am West End nicht tief genug sind. Würde man sie tiefer bohren, wer weiß, vielleicht überflutete man dann glatt das kleine Inselchen.
Aber Gott sei Dank, Ben Sprecher hat für die Broadway-Produktion nun eine perfekte Lösung:
It would have been a phenomenal special effect, but it kept proving to be a gigantic and costly obstacle. But we’ll still have a large revolving staircase, and we’ll still have a fire unlike any Broadway has ever seen.
Drei Jahre hätten er und seine Kollegen mit den Feuerwehrkommandos New Yorks gesprochen, um ein paar der Bühnendarsteller und natürlich MANDERLEY in der Schlusszene effektvoll abfackeln zu können, aber:
We don’t want to say too much so we don’t spoil the magic, but rest assured we are going to burn Manderley eight times a week.
Was jetzt noch fehlt? Ganz klar: Während der Previews müssen sich ein paar Statisten oder sonstwer ein paar Haxen brechen, ein paar Mal muss der Feueralarm losgehen - wie beim lieben Spider Man! Promotion ist alles, und die Stiege, die Stiege, sie ist so wichtig! Denn, und das ist so sicher, wie das Amen in der Kirche, der Musik werden sich die Broadwaykritiker noch genug widmen.
Martin Bruny am Samstag, den
25. Juni 2011 um 02:04 · gespeichert in Musical, Deutschland
Wie empfinden die Absolventen der Bayerischen Theaterakademie ihre Rollen im Musical “Frühlings Erwachen”, wie haben sie sich vorbereitet? Einige Antworten gaben sie zwei Tage vor der öffentlichen Generalprobe.
Martin Bruny am Montag, den
20. Juni 2011 um 19:52 · gespeichert in Musical, Deutschland
Marcel Brauneis übernimmt im Juni 2011 die Rolle der jungen Dampflok »Rusty« in Andrew Lloyd Webbers Musical “Starlight Express”.
Schon seit zwei Jahren ist der Wiener in Bochum, dem einzigen Spielort des Rollschuhmusicals im deutschsprachigen Raum, engagiert – bisher als Bremswaggon »Caboose«. 2008 war er Finalist in der deutschen Castingshow »Musical-Showstar 2008«.
»Ich musste erst einmal Rollschuhfahren lernen«, erinnert sich Marcel. »Dafür stand ich vier Monate lang täglich zehn Stunden auf Skates.« Dazu kamen Tanz-, Gesangs- und Choreographietraining. »Nirgendwo sonst bin ich so sehr an meine Grenzen gegangen wie hier.«
Im Alter von zehn Jahren begann Marcel Brauneis mit dem Tanztraining am Performing Center Austria in Wien. Danach ging er nach Los Angeles. Dort lernte er an renommierten Tanz- und Schauspielschulen wie dem Edge Performing Arts Center und der Stella Adler Academy of Acting and Theatre. Zurück in Europa spielte er 2006 bei den Sommerfestspielen in Greifswald den Walter im Musical »Hair« und war als Link auf Mallorca in »Hairspray« zu sehen.
Martin Bruny am Freitag, den
10. Juni 2011 um 08:43 · gespeichert in Musical, Deutschland
Keine Ruhe mehr scheint Bischof Heinz Josef Algermissen aus Fulda zu finden. Brachte er seine Meinung schon vor einiger Zeit recht deutlich auf den Punkt (siehe –> hier), legt er nun in einem Interview mit Osthessen-TV noch deutlicher nach:
Es ist ein dummer, saudummer literarischer Stoff. Und dass man das jetzt so hier in Fulda grade, nur weil da so ein paar Seiten in Fulda spielen, aus diesem Roman, uraufführt, in Fulda uraufführt, ist eine Geschmacksfrage. Es ist eine frivole Geschichte, die so nicht stattgefunden hat. Das wissen Historiker allesamt, und sie wird trotzdem aufgeführt. Und manche Leute, die die Glaubenssubstanz verloren haben, glauben das dann. Das ärgert mich natürlich. Hätten wir mit gläubigen Menschen allesamt zu tun, dann würd ich sagen, lasst es doch laufen. Vielleicht freuen sich viele nur an der Musik, aber der Stoff ist Unsinn.
Die Musik, hab ich noch nicht gehört, kann ganz schön sein, der Stoff ist ein frivoler Unsinn.
Martin Bruny am Samstag, den
4. Juni 2011 um 00:27 · gespeichert in Musical, Deutschland
Gar nicht begeistert zeigt sich die katholische Kirche vom Musical “Die Päpstin”, das am 3. Juni seine Uraufführung feierte. Der Bischof von Fulda, Heinz Josef Algermissen, seines Zeichens Ritter des Ritterorden vom Heiligen Grab zu Jerusalem, meint zur Show:
Ich bin mir sicher: Wo der Glaube an den Erlöser und Heiland ein Menschenleben nicht mehr prägt, stehen dem Aberglauben Tür und Tor offen. Das war im 8. Jahrhundert, zur Zeit des Bonifatius, so, das gilt heutzutage, wo viel Absurdes für wahr gehalten wird. Als Beispiel nenne ich den Roman »Die Päpstin« von Donna Cross, der 1996 die Bestsellerlisten stürmte, ebenso auch die Romanverfilmung von 2009. Eine Frau auf dem Stuhl Petri – Wirklichkeit oder banales Märchen?
Die heutige Geschichtswissenschaft ist eindeutig: Es gibt keinen, wirklich überhaupt keinen Beweis für die Existenz einer Päpstin Johanna. Alles ist reine Fiktion und beruht auf Legenden. Im Gegenteil: Die seriöse Geschichtswissenschaft hat den Fall der Päpstin längst zu den Akten gelegt. Gleichwohl wird dieses Märchen immer wieder aufgekocht und geglaubt. Wenn daher am 3. Juni, bezeichnenderweise sozusagen am Vorabend des Bonifatiusfestes, im Fuldaer Schlosstheater das Musical »Die Päpstin« zur Uraufführung kommt, ist das ein weiterer Mosaikstein einer frivolen Fiktion.