Archiv - Tonträger
Martin Bruny am Donnerstag, den
22. Mai 2008 um 20:18 · gespeichert in Wien, Tonträger, Tonträger
Was sich wohl alles hinter den Kulissen bei den Produzenten (Martin Böhm, Ludwig Coss und Wolfgang Hülbig) der Doppel-CD “Musical Forever” abgespielt hat, bis man endlich auf Grün schalten, die weiße Flagge hissen und den Tonträger für den Verkauf freigeben konnte …
Nach drei umjubelten Konzerten (19. bis 21. Dezember 2007) der Stars und des Orchesters der Vereinigten Bühnen Wien im Wiener Museumsquartier gab es ein gar nicht so kleines Problem: Die meisten Interpretationen eines der Stars waren in ihrer Live-Version nicht wirklich CD-reif. Wie die Entscheidung gefallen ist, Uwe Kröger von sämtlichen Tonspuren auszuradieren, das muss uns hier nicht weiter kümmern. Was liegt, das pickt - das Resultat zählt.

Wie in einschlägigen Science-Fiction-Filmen, die ihre Spannung dadurch erzielen, dass Handlungen, die die Protagonisten in der Zukunft setzen, auf einmal die Vergangenheit beeinflussen (oder wars umgekehrt), ist Kröger also auf “Musical Forever” nicht zu hören, weder solo noch im Ensemble - so, als wäre er nicht dabei gewesen. Wieso man eines der von ihm interpretierten Lieder im Studio von Thomas Borchert nachsingen ließ, darüber kann man diskutieren. Haben wir eine tausendste Aufnahme von “Das Phantom der Oper” gebraucht? Andererseits, warum nicht? Borchert ist im Vollbesitz seiner vokalen Kräfte, das Lied ist ein Kinderspiel für ihn - lässt man aber die vorhandenen Aufnahmen Revue passieren, liefert der Musicalstar keine eigenständige, in irgendeiner Weise besondere Interpretation, die sich vom Vorhandenen abhebt.
Interessant, dass Krögers Gesangsspur beispielsweise auch bei “Sei hier Gast” gelöscht und - ebenfalls - durch Thomas Borchert ersetzt wurde. Bei der offiziellen Schlussnummer “Wenn ich einmal geh” singt Pia Douwes zusätzlich Krögers Part.
Im Vergleich zu den drei Konzerten vom vergangenen Dezember gibt es diverse Änderungen, Streichungen und Umstellungen auf der Live-CD. Das Medley mit Weihnachtsliedern, das als Zugabe gebracht wurde, hat man gestrichen, die Songreihenfolge im zweiten Teil des Konzerts wurde einigermaßen umgestellt. “Musical Chairs”, der eigentliche Opener, wanderte an die letzte Stelle, quasi als Zugabe, “Totale Finsternis” aus “Tanz der Vampire” reihte man nach vorn. Gestrichen wurden:
1.Akt:
- Die Musik der Dunkelheit aus “Das Phantom der Oper†- Uwe Kröger
- Somewhere aus “West Side Story†- Susan Rigvava-Dumas
- Conga aus “Wonderful town†- Orchester
- Der letzte Tanz aus “Elisabeth†- Uwe Kröger & Ensemble
2.Akt
- Just The Way You Are - Lukas Perman
- Hier in Wien aus “Mozart†- Ensemble
- Wie kann es möglich sein aus “Mozart†- Uwe Kröger
- Zugabe: Weihnachtslieder-Medley

Es ist ziemlich schwierig, bei dieser Aufnahme mit Sicherheit zu sagen, von welchen Songs es die Live-Aufnahmen auf die CD schafften, und welche Nummern das Resultat einer ein wenig tiefergreifenden Nachbearbeitung sind beziehungsweise welche Lieder in Studiosessions sagen wir nachjustiert oder gänzlich neu eingespielt wurden. Nachjustierungen bei Live-Aufnahmen sind nichts Ehrrühriges. Mikros fallen schon mal aus, Gesangsaufnahmen bei Tanzszenen sind auf Tonträger manchmal nicht ganz so akustische Leckerlis, wie man sich das wünschen würde. Insofern ist “Musical Forever” eine “Live”-CD, der man das “Live” nicht immer gar so anhört. Was LIVE tatsächlich bedeutet, hört man am besten bei alten Elvis-CDs aus den 70er-Jahren, da ist die Spannung, die in der Luft liegt, beinah zu greifen, und man hat das Gefühl mittendrin in der Halle zu sitzen. Das ist bei “Musical Forever” nicht ganz so gegeben.
Auf der Bühne und nun auf Tonträger: die “Stars der VBW” - und das, ja das ist so ein richtig schwammiger Begriff, denn auf der Bühne waren natürlich einige weinige Stars der VBW, aber auch im Publikum waren viele “Stars der VBW”, was also sind “die Stars der VBW”? Sicher wäre es schön gewesen, wenn man den Original-Alfred Aris Sas oder auch Conny Zenz im Rahmen dieser Show hätte erleben können. Angelika Milster hätte man ruhig auch einladen können oder Old-Deuteronomy Gordon Bovinet. “Das Beste aus zwanzig Jahren Musical”, da gehören sie und viele andere dazu.
Ja, die VBW haben kein fixes Ensemble, wer aber mit “seinen Stars” wirbt, hat de facto eben doch eine Art von Ensemble und sollte es auch schätzen - und auch casten. Warum war beispielsweise Rob Fowler nicht auf der Bühne, warum nicht Mate Kamaras. Es gibt vergleichbare Shows dieser Art, in der gerade das Großaufgebot an Stars den Musicalliebhabern einen besonders beeindruckenden Abend beschert hat. So muss man sagen, dass eine Chance verpasst wurde, wie auch beim Programm, das großteils an das angeknüpft hat, was man alljährlich beim Donauinselfest zu hören bekommt - dort allerdings bei freiem Eintritt.
Natürlich ist die vorliegende CD technisch praktisch einwandfrei produziert. Die VBW und MG-Sound verbindet nun schon eine langjährige kreative und erfolgreiche Partnerschaft, kaum ein Musicalunternehmen produziert derart viele Tonträger wie die Vereinigten Bühnen Wien. Witzigerweise sind am Anfang der Ouverture von “Freudiana”, während die Bläser spielen, ganz leise Gesprächsfetzen, Nebengeräusche und ein Summen zu hören. Aber wer wird sowas bemängeln, ist das (und der eine oder andere nicht wirklich astreine Ton, und ein ganz falscher) doch eben der beste Beweis, dass von dieser Nummer tatsächlich die Live-Aufnahme verwendet wurde.
Was bei einem Titel wie “Das Beste aus zwanzig Jahren Musical” etwas merkwürdig anmutet, ist der eine oder andere Song. Aus welchem Musical ist nochmal gleich “All by myself”? Susan Rigvava-Dumas singt ihn atemberaubend, das Orchester der Vereinigten Bühnen Wien spielt natürlich nicht 365 Tage im Jahr NUR Musical, aber, wenn man schon ein Programm “Das Beste aus zwanzig Jahren Musical” nennt, warum dann nicht … naja, einfach Musical? Wieso ein Song von Queen, aber keiner aus HAIR, zumindest hat man bei HAIR nicht nur das Theater vermietet.

Eines der Highlights der CD ist Marjan Shakis “Nur für mich” (”Les Misérables”), das entdeckt man quasi im Nachhinein beim Hören dieses Mitschnitts. Ob da nun die Liveaufnahme verwendet wurde oder nicht, egal - das ist das, was, die Amerikaner als “pure” bezeichnen, makellos schön. Wieviele schöne Lieder man da aus “Les Misérables” anschließen hätte können, und es kommt ausgerechnet “Ich bin Herr im Haus”, das schon im Set auf der Bühne völlig untergegangen ist und auf der CD sicher eines der Tiefpunkte ist. Witzig ist nur der kleine Texthänger, den Thomas Borchert hatte. Ja, diese Nummer ist ganz offensichtlich live auf Tonträger gewandert.
Instrumentales Highlight der CD ist das von Caspar Richter arrangierte Leroy Anderson-Medley, das man von den begeisternden Weihnachtskonzerten der Vereinigten Bühnen Wien kennt. Bei “Totale Finsternis” hat man Thomas Borcherts Vocals dorthin abgemischt, wo sie auch hingehören, etwas in den Hintergrund. Er ist, keine Frage, ein begnadeter Musicalsänger, aber bei den Konzerten hat er den Tonmeistern wohl so die Ohren zugebrüllt, dass sie vergessen haben, dass der Song ein Duett ist. Auf CD hört man nun tatsächlich auch Marjan Shaki, und auf einmal klingt alles auch gleich viel besser.
Fazit: “Musical Forever” ist natürlich eine sehr empfehlenswerte CD. Die Stars und das Orchester der Vereinigten Bühnen Wien liefern zum Teil wunderbare Interpretationen und bieten im Idealfall auch schon mal Songs, die nicht aus ihrem typischen Repertoire stammen. Zugabe!
weiterlesen »
Martin Bruny am Mittwoch, den
31. Oktober 2007 um 23:47 · gespeichert in Tonträger, Tonträger
Nur als Import ist die CD des Monats schlechthin erhältlich: “Best of Friends” von Jools Holland. Der englische Pianist, Bandleader und Moderator hat auf seiner neuesten und zwölften CD die besten jener Aufnahmen zusammengestellt, die er mit der Elite der Jazz-, Pop-, R&B- & Crossover-Szene in den letzten Jahren aufgenommen hat. So finden sich als Gaststars auf dieser CD George Harrison, Bono, Tom Jones, die Blind Boys of Alabama, Edwin Starr, Lulu, Ruby Turner, die Stereophonics, Norah Jones, Chrissie Hynde, Sting, Indie.Arie, Eric Clapton, der legendäre Shane Mc Gowan, der unsterbliche Solomon Burke und viele andere.
Holland war als Keyboarder Gründungsmitglied der Band Squeeze. Seine Solokarriere startete er 1978 mit der EP “Boogie Woogie ‘78″. 1987 gründete Holland seine 18-köpfige Tourband “The Rhythm & Blues Orchestra”, die oft durch die Sängerinnen Sam Brown und Ruby Turner verstärkt wird. Seine Karriere als Fernsehmoderator begann Holland als Co-Moderator der Musiksendung “The Tube” zusammen mit Paula Yates. Seit 1992 präsentiert er die Sendung “Later with Jools Holland”, in der er sowohl bekannte Künstler als auch Newcomer verschiedenster Musikrichtungen vorstellt. Und dass er ein Gespür dafür hat, was gut ist, beweist unter anderem die Tatsache, dass der englische Neo-Superstar Mika bei “Later with Jools” seinen ersten TV-Auftritt hatte.
Ein paar kurze Videoclips von den Studioaufnahmen für diese CD bietet Amazon.co.uk. Allein die Art und Weise, wie Jools Holland aus dem alten Hadern “Tuxedo Junction” eine irre, funkensprühende Nummer zaubert, ist den Kauf der CD wert. Weitere Anspieltipps: “Horse to the water” (eine der letzten Aufnahmen, die George Harrison vor seinem Tod eingespielt hat), “Just to be home with you” (gemeinsam mit Shane McGowan) oder die wunderbare Coverversion des Ewan McColl-Hits “First Time Ever I Saw Your Face”, die Holland mit den Stereophonics aufgenommen hat.
weiterlesen »
Martin Bruny am Freitag, den
22. Juni 2007 um 00:59 · gespeichert in Pop, Newcomer, Tonträger, Castingshows, Tonträger
Welcher österreichische Sänger bzw. welche Sängerin bekommt schon mal die Chance, ein Lied von Komponist Frank Wildhorn interpretieren zu dürfen. Nun, beispielsweise Nadine Beiler, Starmania-Siegerin des Jahres 2007. Auf ihrer ersten Solo-CD “Komm doch mal rüber” (Veröffentlichungsdatum: 25. Mai 2007) findet sich der Song “Was wir sind”. Dabei handelt es sich um die deutsche Version von “Something to believe in”, einem Lied, das Linda Eder 1997 erstmals für ihre Solo-CD “It’s time” aufgenommen hat. Im Booklet zu “It’s time” schreibt Linda Eder über “Something to believe in”:
One of my greater worries over the last three years has been that someone else would record this song before I got the chance. It was written at the same time as the material for my last album “AND SO MUCH MORE” (remember that “batch” thing) but I had no place on that album. I close every performance with that piece, because I like what it says, and because my soul just loves that song
Was mich am meisten an Beilers Version (zu hören als Stream auf ihrer Website) stört, sind diese wirklich ekelhaft billigen Synthesizer im Refrain. Wenn man kein Geld hat für Streicher, was ja keine Schande ist, dann bitte, um Himmels Willen, wenigstens nicht dieses Puppendigiquatschorchester. Es macht jedes Lied zur Lachnummer, egal, was sonst noch zu hören ist.
Beiler tritt mit dieser Nummer, ob sie will oder nicht, gegen Linda Eder an (Eders Version ist auf YouTube zu sehen). Songs von Frank Wildhorn leben von der Interpretation. Man kann alles aus ihnen machen. Ein schlechter Sänger macht Schlager draus, ein guter Sänger unvergesslichen Pop, Linda Eder Pop/Gospel-Crossover vom Feinsten.
Beilers “Was wir sind” wurde am 4. Mai 2007 als Singleauskopplung veröffentlicht. Am 18. Mai 2007 stieg sie auf Platz 15 der Austria Top 75 ein, konnte sich danach aber platzmäßig nicht mehr verbessern. Am 22. Juni 2007 ist sie noch auf Platz 43 zu finden.
Beilers Interpretation ist nett, aber hinterlässt keinen Eindruck. Gefühlsmäßig eine Nullnummer. Zusätzlich störend sind Probleme, die sie mit ihrer Artikulation hat - all das scheint am Produzenten vorbeigegangen zu sein. Schade um die vertane Chance.
Martin Bruny am Sonntag, den
16. Juli 2006 um 10:06 · gespeichert in Musical, Rezensionen, Tonträger, 2006

Im April 1994 startete “The Walt Disney Company” das “Unternehmen Broadway”. Manche bezeichnen jene Produktionen, die seit damals alle paar Jahre den Broadway entern, lieber als “Theatrical Shows”, um den Begriff “Musical” zu vermeiden, aber letzten Endes, was solls.
“Beauty And The Beast” (1994)
Die erste Produktion - mit 9 Tony Award-Nominierungen war der Beginn gar nicht übel. Gewonnen wurde zwar nur eine Trophäe für “Best Costumes”, aber man konnte sich wenigstens damit trösten, dass der Tony für “Best Musical” tatsächlich an ein solches gegangen ist: “Passion”, von Stephen Sondheim, und: “Beauty And The Beast” läuft auch heute noch am Great White Way.
[Musik: Alan Menken/Lyrics: Howard Ashman; Tim Rice]
“The Lion King” (1997)
11 Tony Award-Nominierungen, 6 davon konnte man für sich entscheiden, darunter “Best Musical”. Auch “The Lion King” läuft nach wie vor am Broadway.
[Musik: Elton John/Lyrics: Tim Rice]
“Aida” (2000)
Was für ein Desaster. “Aida” schickte man vor dem Broadway-Start nach Atlanta zum Try-out, wo die Show schlichtweg geschlachtet wurde. Dabei hatte man es doch so gut bzw. innovativ gemeint und zum ersten Mal ein Musical produziert, das nicht auf einem Film basiert. Mit viel Mühe konnte man die Show doch an den Broadway bringen, 5 Tony Award-Nominierungen waren die Belohnung, allerdings wurde die Produktion nicht für die Kategorie “Best Musical” zugelassen. 4 Awards konnte man einfahren, darunter “Best Score”. “Aida” läuft längst nicht mehr am Broadway.
[Musik: Elton John/Lyrics: Tim Rice]
“Tarzan” (2006)
Tarzan ist nach der deutschen Produktion “Der Glöckner von Notre-Dame” [Musik: Alan Menken/Lyrics: Stephen Schwartz] und dem Tour-Musical “On the Record” die jüngste Disney-Show am Broadway. Als Komponist konnte man den Oscar- und Grammy-Preisträger Phil Collins gewinnen. Der hat 1999 für den Zeichentrickfilm “Tarzan” 5 Songs komponiert: “Two Worlds”, “Son of a man”, “Trashin’ the cam”, “Strangers Like Me” und “You’ll Be In My Heart”.
“You’ll Be In My Heart” holte sich 2000 den Oscar als “Song of the Year” und belegte in den USA 10 Wochen den Spitzenplatz der Billboard Adult Contemporary Charts, in weltweit 14 Ländern war der Song Nr. 1. Der Soundtrack erreichte in den USA Doppelplatin, der Film: ein internationaler Erfolg; Einspielergebnis: weltweit 447 Millionen Dollar. Von der DVD konte man 13 Millionen Einheiten absetzen.
Für sein Broadway-Musical ließ sich Collins 9 weitere Songs einfallen: “Who Better Than Me”, “For the First Time”, “Everything That I Am”, “Waiting for This Moment”, “No Other Way”, “I Need to Know”, “Sure as Sun Turns to Moon”, “Different” und “Like No Man I?ve Ever Seen”.
“Tarzan”, die Cast-CD
Disney ist ein Medienunternehemn, das seine Produkte meistens perfekt vermarktet. Kein Wunder also, dass die “Tarzan” Cast-CD seit 27. Juni (USA) bzw. 14. Juli (Europa), also bereits wenige Wochen nach der Uraufführung (10. Mai 2006), erhältlich ist. Für Theaterbesucher zum Beispiel neben einem Kaffeebecher ideal.
Ich muss gestehen, dass ich kein übergroßer Phil Collins-Fan bin und mit seinem “You’ll Be In My Heart”, einer Endlos-Leier eines mediokren Refrains, nicht viel anfangen kann. Ich mag Balladen, aber sie sollten einen gewissen Spannungsaufbau haben, dem Interpreten Möglichkeit geben, etwas daraus zu machen und nicht nur einfach lauter werden, das hat die Haus- und Hoftruppe von Phil Collins, Genesis, früher einmal ganz gut verstanden, aber bei diversen Collins-Solosingles stellt sich bei mir vor allem eines ein: Langeweile. Und auch gefühlvoll gesungene Langeweile ist letzten Endes eines: Langeweile. Genau so hört sich auch der Titelsong auf der “Tarzan” Cast-CD (”You’ll Be In My Heart”, Track 2) an. Merle Dandridge (als Kala) interpretiert ihn, als würde sie einen Schnellkurs im Fach “Wie singe ich besonders kitschklebrig” belegt haben. Sie versucht noch gefühlvoller als gefühlvoll zu singen und tut damit dem Lied nichts Gutes, und leider keinem einzigen Song, bei dem sie auf dieser CD beteiligt ist. Sie schleimt sich in jede Zeile des Refrains derart rein, dass das Schmalz schon nach 1 Minute alles flutet. Der Chor im Background macht den Song für Kiddies zur Einschlaf- und für den Rest wohl zur Lachnummer. Am Schluß seufzt bzw. stöhnt sie noch ein “Always” drauf. Das kann doch einfach nicht wahr sein! Alles Schlechte, was man je dem Genre “Musical” nachgesagt hat, es findet sich in diesem Song gebündelt wieder. Bei so viel falschem Schleim muss man erst einmal schlucken. Track 3, “Who better than me”, präsentiert uns den “jungen Tarzan”, ebenfalls mit einem völlig harmlosen, wenigstens etwas poppigeren Liedchen. Daniel Manche, auf diesem Track als junger Tarzan zu hören, singt wie die personifizierte amerikanische Barbiepuppe, ohne Gefühl, einfach nur quietschig.
“No other way” (Track 4), auch hier keine brauchbare Melodie. Shuler Hensley, Darsteller des Kerchak, hantelt sich von einem langgezogenen Ton zum nächsten, als müsse er sich auf einen Stock stützen, um den nächsten dieser elenden langgezogenen Töne zu schaffen; die aufgesetzte Pseudodramatik in der Intonation ist nervig. Kann ein Erwachsener derart schlecht und überzogen gespielte Dramatik wirklich ernstnehmen? Jeder (Mini-)Dialog auf dieser CD ist derart unecht, dass man den Eindruck gewinnt, es handle sich dann doch eher um die Persiflage einer Cast-CD eines Disney-”Musicals”.
Der junge Tarzan, diesmal Alex Rutherford, singt uns mit Track 5 ein Sololiedchen: “I need to know”. Wieder ein Nichts von einer Melodie, die Stimme des Jungen könnte auch ein geklonter R2D2 sein, ohne eigenen Charakter, piepsig, weiter nichts. Dass auf das langsame Nichts ein etwas rhythmischer dahinschlurfender Song kommt, war klar. “Son of man” nennt er sich. Viel Rhythmus, wieder eine 08/15-Melodie, die man schon dreitrillionenmal gehört hat, scheinbar billig mit Synthesizern produziert, zumindest hört es sich so an. (Gefakte) Bläser lassen an von Phil Collins gern verwendete sussudieske Schemata zurückdenken, aber selbst dazu reichts nicht. Allerdings kommt Chester Gregory II, Interpret des Terk, gut rüber und macht auch mit seinen anderen Songs auf dieser CD (”Trashin’ the Camp”, “Who better than me (Reprise)”) einen ausgezeichneten Eindruck.
Jenn Gambatese als Jane ist neben Chester Gregory II die positive Überraschung auf dieser Cast-CD. Mit “The First Time” hat sie einen Song, aus dem sich stimmlich zumindest ein wenig mehr als aus vielen anderen der Collins-Panzer machen lässt. Josh Strickland interpretiert seine Songs ganz angenehm, aber Wiedererkennungswert hat er nur bedingt.
Das Grundproblem der “Tarzan” Cast-CD ist die Unbrauchbarkeit der Collins-Kompositionen für ein Musical. Jeder Versuch, in seine Songs Dramatik “hineinzusingen” (beispielsweise in “Everything That I Am”), lässt sie kippen und unglaubwürdig erscheinen. So haben wir mehr oder weniger nur einen wirklich überzeugenden Song auf dieser CD: Track 19, “Everything That I Am”, ein Bonustrack, diesmal von Phil Collins selbst gesungen, und wenn man die Augen schließt, sieht man nicht Tarzan, Jane oder irgendwelche Affen, sondern man ist in einem Stadion, Phil Collins steht auf der Bühne, einfach als Phil Collins, und macht den Job, den er am besten kann - als Interpret der von ihm geschriebenen Songs, und wie heißt es so schön in “Everything That I Am”: “The future is clear for me to see, to be the man I’m meant to be.”
« zurueck