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Martin Bruny am Freitag, den
6. April 2007 um 12:19 · gespeichert in Theater, Fotos

Na klar wird das ein Erfolg, kann man jetzt im Nachhinein sagen, angesichts all der ausverkauften Vorstellungen der Wiener Volksopern-Produktion “Tanzhommage an Queen” - und praktisch durchgehend positiven Kritiken nach der Premiere am 4. März 2007. Klar kann man mit Songs von Queen nur erfolgreich sein. Aber eine ganz so sichere Sache war es nun nicht wirklich. Die Musik von Queen ist zwar “in” wie nie - es gibt Musicalshows mit Queen-Songs, es gibt Events, bei denen ein Konzert der Gruppe auf riesigen Leinwänden in großen Konzerthallen gezeigt wird, durch die Planetarien der Welt tingelt eine Queen-Lasershow und und und - würde man aber all diese “Bearbeitungen” der Rockopernsongs von Queen besuchen, man wäre wohl vermutlich bald übersättigt - und auch von der extrem unterschiedlichen Qualität dieser Shows enttäuscht.
Was die Wiener Volksoper mit “Tanzhommage an Queen” bietet, zählt von der Idee und Umsetzung her sicher zu den Highlights all der von Queen inspirierten Performances.
Schon vor der Show merkt man, dass man es nicht mit dem, sagen wir mal “normalen” Volksopernpublikum zu tun hat. Das durchschnittliche Alter ist deutlich niederiger, ganz junge Kids stürmen geradezu die Shows und beleben das ganze Theater. Zu Beginn der Tanzhommage herrscht noch ein wenig Unsicherheit, so als würden sich manche fragen: Dürfen wir klatschen? Geht Szenenapplaus? Mit der zunehmend an Fahrt gewinnenden Vorstellung gehen diese Bendenken aber verloren. Szenenapplaus sowieso nach jedem Song, im zweiten Akt wird mitgeklatscht, was das Zeug hält.
Die nicht gar so beeindruckende Tonqualität der hausinternen Soundanlage stört im Laufe des Abends immer weniger, dafür sorgen die hervorragende Lichtregie und das einfallsreiche Set- und Videodesign von Dimitrij Simkin. Freddie Mercury ist praktisch die ganze Show über mehrfach auf der Bühne: durch seine Songs, als Projektion auf Leinwänden, als riesiges Abbild auf einem beweglichen Podest und verkörpert durch Darsteller. Eine weitere Dimension gewinnt das Spiel mit Queen durch die Variation mit Maßstäben. Mal zoomt man meterhoch in das auf Leinwände projizierte enthusiasmierte Gesicht von Mercury, mal liegt “er” überlebensgroß als Teil des Setdesign auf der Bühne, und die Darsteller tanzen auf seinen zur Landschaft geformten Knien.

Wenn dann am Beginn des zweiten Akts das Kinderballett zum Ballett der Wiener Volksoper und Staatsoper dazukommt, haben wir auch noch das dutzendfach personifizierte leibhaftige Kindchenschema auf der Bühne, und ab da ist auch das Publikum nicht mehr zu halten. Massenszenen auf der Bühne werden von der begeisterten Zuschauermasse gefeiert. Ist der eine oder andere am Anfang der Show vielleicht einen Moment lang enttäuscht, etwa weil bei der ersten Nummer “We Will Rock You” ein Tänzer tatsächlich selbst singt, und das nun nicht gerade wie Freddie Mercury, entwickelt die Show mit zunehmender Dauer auf so vielen Ebenen eine rasante Dynamik, dass man gar keine Zeit hat, um das, was man erlebt, zu hinterfragen. Man taucht einfach ein.
“Tanzhommage an Queen” ist in vieler Hinsicht eine Weiterentwicklung von Ideen, die in den Videos von “Queen” aufgetaucht sind, beispielsweise in den Szenen zu “Bicycle Race” oder “I want to break free”. Ganz ausgezeichnet sind aber jene Umsetzungen, die zwar auf der (Video-)Ästhetik Queens aufbauen, dann aber doch einen Crossover in eine völlig eigenständige tänzerische Gestaltung schlagen. Das gelingt beispielsweise mit “The Invisible Man” ganz hervorragend.
Star des Abends und der Sequenz “The Invisible Man” ist Daniil Simkin, in Ballettkreisen schon lange als “Wunderkind” gefeiert. Geboren 1987 in Nowosibirsk, hat er schon früh in Wien Wettbewerbe gewonnen und mit seinen nie endenwollenden Pirouetten und leichten Sprüngen sein Publikum begeistert. Seit vergangenen September ist er am Ballett der Wiener Staatsoper und Volksoper engagaiert. Bei der Produktion “Tanzhommage an Queen” ist es seinem Genie zu verdanken, dass dieser Abend für Momente ins Magische abhebt, wenn Tanzszenen von ihm auf die Bühne gezaubert werden, die man sonst nur von einer gefilmten Szene, reichlich nachbearbeitet mit Tricktechnik und ausgeklügelter Schnitttechnik, erwarten würde.
Gregor Hatala, Erster Solotänzer der Wiener Staatsoper, Mihail Sosnovschi, Halbsolist der Wiener Staatsoper, überzeugen vor allem in ihrer gemeinsamen Szene “Who Wants To Live Forever”.

Etwas viel Besseres kann man eigentlich nicht über eine Show sagen, als dass man während dieser kurzen Zeit, die viel zu schnell vergeht, alles andere um sich herum vergisst und am Ende bedauert, dass der Kartenschalter schon geschlossen ist und man die Tickets für die nächste Vorstellung erst frühestens am nächsten Tag kaufen kann. Die weiteren Vorstellungstermine: 11. April 2007, 20. Mai 2007, 14. Juni 2007.
Songs (Besetzung vom 13. März 2007):
God Save The Queen
Death On Two Legs
We Will Rock You (Patrick Hullmann, Ensemble)
Don’t Stop Me Now (Gregor Hatala, Ensemble)
Live At Wembley (Patrick Hullmann)
A Kind Of Magic (Patrick Hullmann, Karina Sarkissova, Dagmar Kronberger)
Crazy Little Thing Called Love (Emilia Baranowicz, Samuel Colombet, Andrà¡s Lukà¡cs, Ensemble)
My Melancholy Blues (Samuel Colombet, Emilia Baranowicz, Florian Hurler, Ensemble)
Love Of My life (Irina Tsymbal, Mihail Sosnovschi)
It’s A Hard Life (Mihail Sosnovschi, Ensemble)
Don’t Try So Hard (Daniil Simkin, Andrà¡s Lukà¡cs)
I Want To Break Free (Una Tubocic Vladimir Snizek)
You Take My Breath Away
Dear Friends (Mihail Sosnovschi)
Bohemian Rhapsody (Mihail Sosnovschi, Gregor Hatala, Karina Sarkissova, Ensemble)
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Innuendo
We Will Rock You (Studierende der Ballettschule der Wiener Staatsoper)
Tie Your Mother Down
Lazing On A Sunday Afternoon (Vladimir Snizek)
Seaside Rendezvous (Vladimir Snizek, Ensemble)
Radio Ga Ga (Ensemble und Studierende der Ballettschule der Wiener Staatsoper)
Killer Queen (Dagmar Kronberger, Andrà¡s Lukà¡cs)
Fat Bottomed Girls (Karina Sarkissova, Andrà¡s Lukà¡cs)
Bicycle Race (Ensemble und Studierende der Ballettschule der wiener Staatsoper)
The Invisible Man (Daniil Simkin)
Another One Bites The Dust (Daniil Simkin, Dagmar Kronberger, Ensemble)
In The Lap Of The Gods
Save me (Gregor Hatala, Mihail Sosnovschi)
Who Wants To Live Forever (Gregor Hatala, Mihail Sosnovschi)
Bijou
The Show Must Go On (Ensemble)
We Are The Champions (Ensemble)
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Choreographie, Inszenierung, Konzept, Kostüme: Ben van Cauwenbergh
Musik: Queen
Bühne, Konzept, Videoprojektion: Dimitrij Simkin
Licht: Thomas Märker, Manfred Straube
Choreographie des Kinderballetts: Nadia Deferm
Einstudierung: Ben van Cauwenbergh, Tom van Cauwenbergh; Michael Kropf (Kinderballett)
Es tanzen: das Ballett der Wiener Staatsoper und Volksoper sowie Studierende der Ballettschule der Wiener Staatsoper
Choreographische Assistenz und Abendspielleitung: Michael Kropf, Lukas Gaudernak, Ivan Jakus, Vesna Orlic
Regieassistenz und abendspielleitung: Rudolf Klaban
Inspizienz: Franziska Blauensteiner
Kinderbetreuung: Brigitte Lehr
Technische Gesamtleitung: Friedemann Klappert
Technische Einrichtung: Andreas Tuschl
Beleuchtung: Wolfgang Könnyü
Tontechnik, Videotechnik: Martin Lukesch, Wolfgang Vrbicky
Leitung Kostümabteilung: Doris Engl
Leitung Maske: Peter Köfler
Produktionsbetreuung Dekoration: Herbert Kienast
Produktionsbetreuung Kostüme: Stephanie Bäuerle
Dekorations- und Kostümwerkstätten der Theaterservice GMBH: Paul Zündel, Annette Beaufays
Premiere: 4. März
Martin Bruny am Sonntag, den
18. März 2007 um 13:54 · gespeichert in Fotos, Rezensionen, Theater, 2007

Alain Boublils und Claude-Michel Schönbergs “Les Misà©rables” hat sich in den letzten Jahren zu einem Musical entwickelt, das auf praktisch jeder Bühne gespielt wird. 2007 gibt es eine wahre Unzahl an Produktionen im deutschsprachigen Raum. Wenn dieser Trend anhält, wird bald jede mittlere Bühne “Les Mis” im Repertoire haben. Am 17. Februar 2007 war Baden dran: Das Stadttheater brachte seine Premiere von “Les Misà©rables” an den Start.
Die Bühne des Stadttheaters ist eigentlich zu klein für “Les Mis”, es ist praktisch unmöglich, alle Darsteller von der Bühne aus agieren zu lassen, also hat man den “Chor” kurzerhand in die linke und rechte Balkonloge gepackt. Das ist eine Lösung, mit der man das Platzproblem in den Griff bekommt, die aber aus dem “Chor” tatsächlich so etwas wie einen (statischen) Chor macht, und das wiederum ist für den Flow der Inszenierung (Robert Herzl) nicht gerade förderlich. Eine weitere Lösung ist, das Prinzip der Guckkastenbühne aufzuknacken. Und so durchbrechen Darsteller alle paar Minuten die imaginäre vierte Wand, um durch den Zuschauerraum auf- und abzutreten, mal von links, mal nach rechts, mal von der Mitte. Eine Art Catwalk um den Orchestergraben sorgt zusätzlich für eine recht intime Nähe von Zuschauern und Darstellern. Nicht, dass das keine interessante Lösung wäre, aber durch die grelle Beleuchtung dieses Catwalks ist in den ersten Reihen dann doch recht viel an Ablenkung im Raum.
Bühnenerweiternde Elemente also sind es, die massiv eingesetzt werden und das Platzproblem lösen, aber selbst wieder eigene Probleme schaffen. Die intime Nähe führt ab und zu zu lustigen Beobachtungen. So hat sich eine Besucherin in der ersten Reihe während einer dieser Catwalk-Szenen mit ihrem Programmheft davor geschützt, mit eventuellen Flüssigkeiten des einen oder anderen Darstellers in Berührung zu kommen. Auf sowas muss man mal kommen.
Eines der Hauptprobleme jeder Aufführung in Baden ist das Nebeneinander von Profis und Laien. Nichts gegen Statisten auf der Bühne, aber auch dafür bedarf es einer gewissen Begabung. Eine brauchbare Stimme zu haben, aber sonst absolut nicht im Sinne eines Bühnenstücks agieren zu können, ist zu wenig. Man stelle einen unbegabten Statisten neben einen Profi, und die Szene verkommt zum Laienschauspiel, egal wie gut der Profi ist. Und genau das ist das Problem von “Les Mis” in Baden. Ja, es sind viele Rollen zu besetzen, und ja, mag sein, dass man da auf Statisten zurückgreifen muss, aber JA, sie müssen auch schauspielerisch etwas draufhaben, gerade bei “Les Mis”. Und das ist leider bei einem Großteil des Chors des Stadtheaters Baden nicht der Fall. So werden Szenen manchmal zur Lachnummer, so gehen emotionale Momente völlig unter und man wundert sich nur die ganze Zeit, wieso so viele Leute mit so ausdrucksfreier Mimik und Gestik auf der Bühne herumtrotten.
Lustig geht es im Orchestergraben zu, wenn man vom Schlagwerker und dem Mann am Xylophon auf den Rest schließen darf. Der Mann am Schlagzeug ist eine wahre Entertainmentmaschine. Keinen Moment scheint er auf sein Spiel fokussiert, ständig ist er damit beschäftigt, die Arbeit seiner Kollegen mit missbilligenden oder ermunternden Kopf-, Gesichtsmuskel- und sonstigen Bewegungen zu kommentieren. Dann
wieder lobt er den jungen Mann am Xylophon, scherzt mit ihm, lacht pausenlos, zuckt vor sich hin, kurz und gut: So kann man eigentlich kein perfekt musizierendes Orchester erwarten, wenn Leute dermaßen dauerabgelenkt agieren. Dementsprechend ist das auch so eine Sache, das mit den Noten und dem Orchester, ein klein wenig wie Hase und Igel. Man bemüht sich, zwar, alle Noten einzufangen, aber, naja, Schwamm drüber. Weit ärger ist das, sagen wir eigenwillige, Tempo, das von der Musikmaschinerie vorgelegt wird und die gesamte Aufführung in fast zeitrafferartige Momente zwingt.

Eine der größten Schwächen dieser Produktion ist die Rollengestaltung und -umdeutung des “Marius”. Mit Zoltà¡n Tombor hat man an sich leider einen etwas blass agierenden Darsteller engagiert, der in keinem Moment vermittelt, dass seine Rolle nicht gerade die unbedeutendste in diesem Musical ist. Das wahre Problem ist jedoch die Art und Weise, wie die Szene von Marius und Eponine auf der Barrikade umgedeutet wird. Als Eponine schwer verletzt zu Marius kommt, verzieht er angeekelt sein Gesicht und zuckt zurück, um nur ja kein Blut abzubekommen. Eponine stürzt zu Boden und stirbt, ohne dass Marius ihr zu Hilfe kommt. Das ist doch eine massive Rollenumdeutung, die man sich hätte sparen können. Sparen hätte man sich auch die diversen Änderungen und Streichungen können. Gestrichen unter anderem die komplette Hochzeitsszene, die Reprise von “Trink mit mir”, gestrichen weiters einzelne Zeilen … alle Textänderungen aufzuzählen würde keinen Sinn machen, genausowenig wie die Textänderungen selbst.

Mit Katrin Fuchs als Cosette verhält es sich so wie zwischen den Laien und den Profis auf der Bühne: die Homogenität fehlt. Katrin Fuchs hat so etwas von keiner Musicalstimme, dass man sich fragt, wie man auch nur auf die Idee kommen kann, sie für die Rolle der Cosette zu casten. Fuchs singt normalerweise Opern- und Operettenpartien, eine Fehlbesetzung, nicht mehr, nicht weniger.
Claudia Rohnefeld ist eine wunderbare Schauspielerin und Musicaldarstellerin, allein, sie ist kein kleiner Bub, die Rolle des Gavroche läuft also ebenso unter dem Titel Fehlbesetzung. Es gibt keine akzeptable Begründung dafür, Gavroche mit einer Frau zu besetzen.

Darius Merstein-MacLeod ist ein Valjean, der einen glaubwürdigen Alterungsprozess zu gestalten weiß. Das ist schon mal viel wert. Ich persönlich habe mit Merstein das Problem, dass bei Liedern mit vielen “L” seine Interpretationen für mich in den Schlagerbereich zu driften drohen, aber vielleicht hab ich ein latentes Karel-Gott-Syndrom, das bekanntlich als unheilbar einzustufen ist. Merstein ist jedoch zweifellos ein guter Valjean, auch wenn es ihm nur selten gelingt, zu berühren.
Chris Murrays Performance ist ganz und gar von Overacting geprägt. Wenn man von der Bühne weiter entfernt sitzt, mag das nicht sonderlich stören, sitzt man näher am Geschehen, ist die Mimik Murrays nicht weit von der Groteske entfernt. Stimmlich überzeugt er.
Wunderbar Patricia Nessy als Fantine, Johanna Arrouas als Eponine und Aris Sas als Enjolras. Vor allem Sas beweist, wie man mit Bühnenausstrahlung, glänzender Stimmtechnik und Schauspielkunst aus einer Rolle das Maximum herausholen kann.
Die Thà©nardiers (Franziska Stanner und Helmut Wallner) bleiben leider unterdurchschittlich. Sie schaffen es nicht, die volle Bandbreite an Ausgelassenheit, Frechheit, Vulgarität, Bosheit und was noch alles in diesen Glanzrollen steckt, auszuspielen. Schade drum.
Das Bühnenbild (Manfred Waba) ist eine Art Labyrinth aus Stiegen, kastenartigen Räumen, alles recht eng verschachtelt, aber mit ein wenig Phantasie dann doch als zweckmäßige Kulisse wahrnehmbar, die durch Projektionen recht interessant an die jeweiligen Szenen angepasst wird. Der Einsatz von Leinwänden, die ebenfalls mit Projektionen zu Kulissen werden, macht dieses Element zu einem bühnentauglichen Konstrukt. Bühnenumbauten gibt es keine. Das “Konstrukt” wird durch Projektionen, Leinwände etc. jeweils angepasst.
Passabel der Sound, auch wenn im hinteren Bereich des Theaters der Sound den Ticketpreisen maßgeschneidert angepasst erscheint.
Fazit: Musical in Baden ist ein Erlebnis, das man in den ersten Reihen des Theaters mit allen Sinnen genießen kann. Die Begeisterungsfähigkeit aller Mitwirkenden darf nicht unterschätzt werden, auch wenn man manchmal auf und unter der Bühne nichts davon mitbekommt. “Les Mis” auf die Bühne zu bekommen und die gesamte Laufzeit Wochen im Voraus auszuverkaufen, das ist eine Leistung, zu der man dem Team in Baden nur gratulieren kann.
Les Misà©rables - Ein Musical von Alain Boublil und Claude Michel Schönberg. Nach einem Roman von Victor Hugo.
Kreativteam:
Musik: Claude-Michel Schönberg / Buch: Alain Boublil, Jean-Marc Natel / Gesangstexte: Herbert Kretzmer / Deutsche Übersetzung: Heinz-Rudolf Kunze / Zusätzliches Material: James Fenton / Orchestrierungen: John Cameron
Musikalische Leitung: Franz Josef Breznik / Inszenierung: Robert Herzl / Ausstattung: Manfred Waba / Choreographie: Rosita Steinhauser / Choreinstudierung: Oliver Ostermann / Regieassistenz: Christa Ertl / Inspizienz: Denise Kaller / Technische Leitung: Ewald Baliko / Bühnenmeister: Franz Habres / Beleuchtung: Johann Quarda, Florian Neuber / Ton: Christoph Streicher / Sounddesign: Martin Mayer / Tonassistenz: Cornelia Ertl
Cast:
Johanna Arrouas (Eponine) / Katrin Fuchs (Cosette) / Darius Merstein-MacLeod (Valjean) / Chris Murray (Javert) / Patricia Nessy (Fantine) / Claudia Rohnefeld (Gavroche) / Aris Sas (Enjolras) / Zoltà¡n Tombor (Marius)
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Margarete Aron (Frau) / Beppo Binder (Bamatabois, Lesgles) / Elisabeth Drach (Kleine Cosette) / Mario Fancovic (Claquesous) / Franz Födinger (Seemann, Babet, Major Domus) / Zuzana Gyürky (Junge Hure) / Robert Herzl (Bauer, Joly) / Josef Kirschner (Wirt) / Galina Klingenberger (Wirtin) / Christina Köppl (Junge Hure) / Gabriele Marett (Frau) / Thomas Nestler (Brujon) / Artur Ortens (Vorarbeiter, Zuhälter, Combeferre) / Anna-Sophie Prosquill (Kleine Eponine) / Bettina Reifschneider (Alte Frau, Alte Bettlerin) / Walter Schwab (Polizist, Arbeiter, Seemann, Montparnasse) / Dietmar Seidner (Zuhälter, Courfeyrac) / Therese Spiegel (Kleine Eponine) / Franziska Stanner (Madame Thà©nardier) / Anghelusa Stoica (Hure) / Max Volt (Bischof, Jean Prouvaire) / Dessislava Valeva-Philipova (Fabrikmädchen, Hure, Madeleine) / Helmut Wallner (Monsieur Thà©nardier) / Stephan Wapenhans (Knecht, Arbeiter, Seemann, Grantaire) / Elisabeth Zeiler (Kleine Cosette) / Monika Zirngast (Hure) / Christian Zmek (Fauchelevant, Polizist, Feuilly)
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Sträflingskolonne, die Armen, Farbrikarbeiterinnen, Polizisten, Schaulustige, Huren und Hochzeitsgäste: Chor und Ballett des Stadttheaters
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Es spielt das Badener Städtische Orchester
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Martin Bruny am Samstag, den
23. Dezember 2006 um 01:21 · gespeichert in Fotos

Martin Bruny am Freitag, den
29. September 2006 um 17:48 · gespeichert in Musical, Wien, Fotos

Am Donnerstag, dem 28. September 2006, feierte “Rebecca”, das neue Musical von Sylvester Levay und Michael Kunze, basierend auf dem gleichnamigen Roman von Daphne du Maurier, im Wiener Raimund Theater seine Uraufführung. Die Story, eine Mischung aus Krimi und Love Story, spielt in den Dreißigerjahren des vorigen Jahrhunderts in einem fashionablen Hotel an der Cà´te d’Azur und auf dem englischen Landsitz Manderley.
“Ich”, ein junges, unbedarftes Mädchen, das als Gesellschafterin der reichen Amerikanerin Mrs. van Hopper nach Monte Carlo kommt, verliebt sich in Maxim de Winter, einen verwitweten englischen Adelsspross. Schon nach kurzer Zeit heiraten die beiden und ziehen nach Manderley, de Winters prachtvollem Herrensitz, irgendwo an der Küste, weitab von jeglichem Ort. Der Personalstab auf Manderley wird von der gestrengen Haushälterin Mrs. Danvers dirigiert. Der neuen Mrs. de Winter verhält sie sich kühl und abweisend gegenüber. “Ich” ist kaum in der Lage, die neue Herrin auf Manderley abzugeben. Sie hat Angst. Angst, eine neue Rolle zu übernehmen, Angst, weil sie eine wertvolle Porzellanfigur zerbrochen und die Scherben heimlich im Schreibtisch versteckt hat, Angst, dass sie gegen den offenbar immer noch großen Einfluss von Rebecca keine Chance hat. Und schnell muss sie auch begreifen, dass Mrs. Danvers alles tun wird, um sie aus dem Haus zu vertreiben. Als ein Maskenball in Manderley stattfinden soll, rät ihr Mrs. Danvers, sich ein Kleid schneidern zu lassen, das dem auf einem Gemälde im Haus gleicht. Als de Winter seine Frau in diesem Kleid sieht, reagiert er aggressiv, denn es ist ausgerechnet jenes Kleid, das Rebecca auf ihrem letzten Maskenball getragen hat.
Alles scheint sich zu ändern, als das Boot, mit dem Rebecca ums Leben gekommen ist, eines Tages gefunden wird. In der verschlossenen Kajüte findet man eine Leiche: Rebecca. Erst jetzt beichtet Maxim seiner Frau, was damals wirklich geschehen ist …

Gebaut ist “Rebecca” nach allen Regeln der Kunst, sehr feinspinnig und sehr feinsinnig. Sylvester Levay hat das Spiel mit Leitmotiven in “Rebecca” auf hohem Level in Szene gesetzt. Rebecca ist zu dem Zeitpunkt, an dem die Handlung einsetzt, bereits tot. Sie dennoch auf die Bühne zu bringen, das ist die Kunst von Regisseurin Francesca Zambello, Komponist Sylvester Levay, Texter Michael Kunze, Set- und Effekt-Design (Peter J. Davison, Andrew Voller, Sven Ortel, Hendrik Maassen).
Wie erwacht “Rebecca” zum Leben? Nun, die ersten Szenen des Stücks führen uns nach Monte Carlo. Wir erleben Maxim de Winter mit seiner jungen Frau in einer Berglandschaft, auf Hochzeitsreise in Frankreich und Italien, bevor die Handlung nach Manderley verlegt wird. Das Herrenhaus Manderley sehen wir als Projektion von außen, auf die Bühne selbst gestellt wird die Halle von Manderley, die Bibliothek, das Morgenzimmer von Mrs. de Winter, eine Suite im Ostflügel … und Rebeccas Zimmer, ihr Reich. Rebecca zum Leben zu erwecken, das erfolgt in Stufen. Bereits das erste Solo von Mrs. Danvers, der Haushälterin, gibt das Motto vor. Mit “Sie ergibt sich nicht” ist Levay/Kunze eines der glänzenden Leitthemen des Stückes gelungen. Die Haushälterin beschwört die Kraft der toten Rebecca:
Orchideen sind ganz besondere Blumen,
manchmal sehen sie aus, als wären sie tot.
Aber irgendwann, ganz unerwartet,
blühen sie wieder weiß und dunkelrot.
Sie starb, sagt man und glaubt daran,
doch ich weiß es besser.
Sie ergibt sich nicht,
man besiegt sie nicht,
sie ist stark, der Macht des Todes unterliegt sie nicht.
Nein, man sieht sie nicht,
doch ich spür, sie ist hier und lebt noch,
sie hört uns, sie sieht uns.
Sie ergibt sich nicht.
Orchideeen waren ihre Lieblingsblumen,
rätselhaft wie sie und fremdartig schön,
und auch die verblühten und verdorrten ließ sie immer
hier am Fenster stehn,
sie starb, sagt man und liege im Grab,
doch ich weiß es besser.
Sie ergibt sich nicht,
man besiegt sie nicht,
sie ist stark, der Macht des Todes unterliegt sie nicht.
Nein, man sieht sie nicht,
doch ich spür, sie ist hier und lebt noch,
sie hört uns, sie sieht uns.
Sie klagt und spricht mit mir.
Kein Mann dieser Welt war ihr je genug,
sie war stolz und frei,
sie war selbstbewusst und klug.
Kein Mann konnte für sie je wichtig sein,
diese Art von Liebe gab ihr nichts.
Sie ergibt sich nicht,
man besiegt sie nicht,
sie ist stark, der Macht des Todes unterliegt sie nicht.
Nein, man sieht sie nicht,
doch ich spür, sie ist hier und lebt noch,
sie hört uns, sie sieht uns.
Sie ergibt sich nicht.
man besiegt sie nicht,
Sie ergibt sich nicht.
Sie ergibt sich nicht.
Dieses Thema der “untoten Rebecca” wird als Underscore in vielfältiger Weise im Laufe des Stücks eingesetzt, um allein schon durch die Musik im Zuschauer jene Gefühle auszulösen, die dabei helfen, das auf der Bühne Dargestellte rein gefühlsmäßig zu interpretieren. Neben der Musik arbeitet das Leading Team von “Rebecca” mit satter Farbsymbolik.
In der 9. Szene des ersten Aktes, “Rebeccas Zimmer”, ist es soweit: Rebecca wird zum Leben erweckt. Mrs. Danvers erzählt “Ich” von Rebecca. Sie öffnet die Tür zum Balkon, man hört das Rauschen der Brandung, Wind strömt ins Zimmer - das Bühnenbild, eine Szenerie aus meterhohen Vorhängen in Weiß, beginnt zu leben. Strahlend blaues Licht, das ab dieser Szene zum Farbsymbol für Rebecca wird, flutet die Bühne. Wenn sich dann das Zimmer von Rebecca dreht (2. Akt, 2. Szene “Rebecca Reprise”), “Ich” und Mrs Danvers den Balkon betreten, sich die Innenansicht von Rebeccas Zimmer in eine Außenansicht des Herrenhauses von Manderley wandelt und die Fassade buchstäblich lebendig wird, durch Projektionen und den Chor, der verborgen in den Ranken auftaucht, die auf den Mauern des Hauses wuchern, dann ist es eigentlich “Rebecca”, die mittels Licht und Technik lebt. Das ist ohne Zweifel die hohe Kunst des Set Designs, der Regie und der Orchestrierung, die da auf der Bühne abläuft.
Opulent, das ist das passende Wort für die Bühnenbauten von “Rebecca”, sei es nun die prachtvolle luxuriöse Lobby des Hotels in Monte Carlo, die atmosphärische Bibliothek des Herrenhauses von Manderley oder die gespenstische Szenerie des Bootshauses. Da spielen die Vereinigten Bühnen Wien in der absoluten Oberliga mit. Peter J. Davison, der für das Bühnenbild verantwortlich zeichnet, ist gemeinsam mit Sven Ortel (Video Design), Andrew Voller (Licht Design) und Hendrik Maassen (Sound Design) ein großer Wurf gelungen.
Neben dem Lebendigwerden des Hauses und damit von Rebecca stellt das Abfackeln des Herrenhauses von Manderley am Ende der Show aus der Sicht der Bühnentechnik einen letzten großen Höhepunkt dar. Auch hier wird, diesmal in noch stärkerem Ausmaß, das ausgeklügelte, spektakuläre Set Design wieder zum alles dominierenden Hauptdarsteller. Flammen, als Projektionen, in Form von Licht und als tatsächliches Feuer auf der Bühne, Soundeffekte und, obwohl in dieser Szene nur Beiwerk, Uwe Kröger - spektakulärer kann man man die Höllenfahrt von Mrs. Danvers und Manderley nicht umsetzen, und wie bei einem regelrechten Showstopper bricht das Publikum in frenetischen Applaus aus, wenn Manderley in Schutt und Asche versinkt.

Sylvester Levays ausgeklügeltes Spiel mit Leitmotiven zeigt sich idealtypisch in jener Szene, in der die neue Mrs. de Winter sich emanzipiert, die 6. Szene des 2. Akts. Im Morgenzimmer treffen Mrs. Danvers und die neue Mrs. de Winter aufeinander. Die neue Mrs. de Winter hat das Regiment auf Manderley übernommen. Alles, was an Rebecca erinnert, wird entfernt. Mrs. Danvers kann nicht glauben, was sie sieht und bietet der neuen Herrin anfangs trotzig Paroli - bis auch das letzte Symbol, das an Rebecca erinnert, krachend im Umzugskarton landet, der Armor, eine der Lieblingsfiguren der ehemaligen Herrin von Manderley. Ab diesem Zeitpunkt ist Mrs. Danvers in der Defensive. Ab diesem Zeitpunkt wird aus dem Duett “Mrs. de Winter bin ich” ein Quodlibet. “Ich” singt ihre Emanzipationshymne “Mrs. de Winter bin ich”, Mrs. Danvers singt dazu eine Reprise von “Sie ergibt sich nicht”, das Leitmotiv von Rebeccas Status auf Manderley. Diese Szene ist musikalisch gesehen eines der Glanzstücke des Kreativteams der Show, allen voran Sylvester Levay. Durch die Musik schafft er es, im Zuschauer sowohl Freude für die gewonnnene Selbstsicherheit der neuen Mrs. de Winter auszulösen, als auch Mitleid mit Mrs. Danvers, die in jenem Augenblick, als der Armor zerbricht, zum ersten Mal ihre Fassung verliert und ihr Selbstverständnis als die wahre vertretende Herrscherin auf Manderley zerbrochen sieht. Das ist Theaterkunst auf höchstem Niveau, ein Zusammenspiel von Darsteller, Musik, Text und Regie, in Szene gesetzt auf einer Bühne wie aus dem Phantasialand des Set Designs, wo alles erlaubt ist.
Sein Gespür für Leitmotivkunst beweist Levay auch in den Szenen mit Ben. Ben, hervorragend gespielt von Norberto Bertassi, ist ein geistig zurückgebliebener Mann, den Mrs. de Winter in der Bucht von Manderley in der Nähe des Bootshauses trifft. Er weiß über das wahre Schicksal von Mrs. de Winter Bescheid. Sein ihm eigenes Leitmotiv ist so lange Symbol der Bedrohung des Glücks von Maxim und “Ich”, bis sich die Handlung dreht und dem Glück von Maxim und seiner Frau nichts mehr im Wage steht, in diesem Augenblick spiegelt sich die Wende in der Handlung auch in der Musik und das zuvor so bedrohende Leitmotiv wird zur erlösenden orchestralen Hymne.
Ein wenig problematisch ist die “Inszenierung” so mancher Songs der Show. Zu sehr konzentriert sich Francesca Zambello auf die Inszenierung der Handlung, zu wenig auf die effektvolle Gestaltung von Showstoppern. Gerade “Rebecca” ist ein Reigen von erstaunlich vielen potentiellen Musicalklassikern, die vielleicht in den nächsten Jahren im Rahmen von Musicalkonzerten gerne gesungen werden. Fast jeder Song, abgesehen von einigen Ensemblenummern, hat das Zeug zum Showstopper, letztlich wurde hier aber auf allzu viele Einzeleffekte zugunsten einer zügigen Handungsführung verzichtet. Manch Melodie geht so einfach unter.
Wer seine Chance auf eine gut inszenierte Solonummer bekommt, nützt sie meistens. Carsten Lepper zum Beispiel: Als schmieriger, zynischer Jack Favell legt er mit “Eine Hand wäscht die andre Hand” eine broadwayreife Performance hin. Da stimmt jede Geste, da passt das Licht, das ist eine gut getimte, gut ausgeleuchtete Einzelszene, genau choreografiert. Lepper gehört in “seinem Moment” die Bühne.
Anders verhält es sich bei einer der musikalisch schönsten Nummern des Musicals, gesungen von Andrà© Bauer in der Rolle des Frank Crawley. “Ehrlichkeit und Vertrauen” verplätschert in knapp zwei Minuten auf der Bühne. Das ist nicht die Schuld Bauers, und auch nicht die Schuld des Komponisten, absolut kein Problem wäre es gewesen, hier mehr draus zu machen. Gut aufbereitet, adäquat in Szene gesetzt wäre das eine der stärksten Solonummern der ganzen Show. Doch der Song hat Zukunft, und vielleicht wird in einer der nächsten Inszenierungen mehr Augenmerk darauf gelegt.
Carin Filipcic darf als Mrs. van Hopper gleich zwei Showstopperchen ihr eigen nennen: “Du wirst niemals eine Lady” und “I’m An American Woman”. Freilich sind es eher Genrenummern, flotte teils chicagoesque Lieder, harmlos, vermutlich dazu gedacht, die Stimmung etwas aufzulockern. Was freilich durch das Talent Filipcics gelingt, aus meiner Sicht aber zum Teil übertrieben wird. Nehmen wir als Beispiel die Szene “Golfclub” mit dem Song “Wir sind britisch”. Das Lied fällt völlig aus dem Rahmen, hat absolut keine zwingende Aussage, trägt zum Handlungsfortgang nichts bei und führt den Begriff “DramaMusical”, den Michael Kunze geprägt hat, ad absurdum. Freilich liegt diese Wir-machen-jetzt-mal-auf-Spaß-Szene zwischen der aufwendigen 9. Szene “Rebeccas Zimmer” und der ebenfalls aufwendigen 11. Szene “Bootshaus”, und so dürfte es sich beim “Golfclub” um einen Pausenfüller handeln, der nötig ist, um den Bühnentechnikern genügend Zeit zu geben, die nächste Szene vorzubereiten. Das ist dann leider eine sehr schwache Idee gewesen. Die Spannung sinkt in den Keller. Leider muss man auch sagen, dass die reinen Dialogszenen nicht Kunzes Stärke sind. Sie kommen etwas holprig und aufgesetzt daher.
Kerstin Ibald mit ihrem Solo “Was ist nur los mit ihm?” und dem Duett “Die Stärke einer Frau” (gemeinsam mit Wietske van Tongeren) gibt die etwas gluckenhafte, sehr gefühlsbetonte und einfühlsame Beatrice souverän.

Wietske van Tongeren ist eine entzückende Mrs. de Winter. Sicher wäre es möglich, schauspielerisch noch ein wenig mehr aus der Rolle herauszuholen, aber Strahlkraft hat sie, und mit der zauberhaften Art, wie die Holländerin manche Wörter betont (immer schon ein Teil des Erfolgsrezepts der holländischen Musicalstars im deutschen Sprachraum), ihrer rehhaften Grazie und mit Wiens Leading Man des Herzens, Uwe Kröger, gemeinsam bietet sie eine überzeugende Rollengestaltung.
Uwe Kröger schließlich interpretiert Maxim de Winter äußerst bühnenwirksam. Genau das hat er in den letzten Jahren perfektioniert, unter anderem durch die Entwicklung von Soloprogrammen. Er kennt die Wirkung kleiner Gesten und ist, wie meistens, wenn er die Möglichkeit hat, ausreichend lange eine Figur einzustudieren, in Bestform. “Hilf mir durch die Nacht”, “Jenseits der Nacht” im Duett mit Wietske van Tongeren, seine Solonummern “Gott, warum?”, “Keiner hat sie durchschaut” - Kröger überzeugt und wird aufgrund seiner Popularität dafür sorgen, dass es wieder schwer wird, gute Plätze im Raimund Theater zu bekommen.
Der Star des Abends ist Susan Rigvava-Dumas. Nicht nur, dass sie die gefühlsgewaltigsten Songs hat, schafft sie es mit einem recht überschaubaren Repertoire an schauspielerischen Ausdrucksmitteln ein Maximum an Wirkung zu erzielen. “Sie ergibt sich nicht”, “Rebecca”, “Sie war gewohnt, geliebt zu werden”, “Nur ein Schritt”, “Mrs. de Winter bin ich” (Duett mit Wietske van Tongeren) - Dumas interpretiert ihre Nummern mit enormer Stimmgewalt und hat das Glück, dass alle ihre Songs aufs Bühnenwirksamste umgesetzt werden. Manchmal hat man das Gefühl, dass Dumas, würde man ihr freie Bahn lassen, Manderley auch allein mit der Wucht ihrer Stimme ins Nirwana donnern könnte. Sie hat Charisma und prägt durch die sie umgebende geheimnisvolle Aura Szenen selbst dann, wenn sie nur im Hintergrund zu sehen ist. Rigvava-Dumas ist eine geradezu idealtypische Mrs. Danvers und Wiens neue Leading Lady.
Mischt man sich in der Pause der Show und nach der Vorstellung unters Publikum, hört man immer wieder Sätze wie “Vieles hat mich an Elisabeth erinnert”. Ist das tatsächlich so? Sicher hat jeder Komponist seinen Stil, im besten Fall wird er zur Trademark, ist erkennbar, prägt einen neuen Stil, wird unverwechselbar. Inwiefern Sylvester Levay jenen Status hat, kann man schwer beurteilen, ob allerdings Songs aus “Rebecca” tatsächlich an “Elisabeth” erinnern, bezweifle ich sehr. Hier blitzt dann doch der Wunsch so mancher Fans auf, “Elisabeth 2″ serviert zu bekommen. Da wird in jede Geste, in jede Gefühlsregung hineininterpretiert, was das Zeug hält.
Nein, mich erinnert “Rebecca” nicht an “Elisabeth”. Aber selbst wenn man sich an “Elisabeth” erinnert fühlt, halte ich es für eine etwas merkwürdige Einstellung, das gegen den Komponisten zu verwenden. In der Popmusik kann einem Komponisten nichts Besseres passieren. Wenn man Songs aus der Feder eines Komponisten auf Anhieb erkennt und schätzt, hat er es geschafft. Ein Henry Mancini, Elton John, Stevie Wonder, etc. - sie alle sind zur Trademark geworden. Wenn man dennoch Vergleiche anstellen will, so halte ich “Rebecca” für die bessere Show.
Hier in Wien wird man uns in den nächsten Tagen vermutlich erklären, wie kitschig und mittelmäßig “Rebecca” ist. So ist das nunmal in Wien. Man kann es nur immer wieder wiederholen: Die Musicalkritik hat in diesem Land keine Tradition. In der Premiere sitzen einerseits Opernfetischisten und andererseits Grunge- und Rockfans - beides Gruppen, die selbstverständlich nichts mit dem Musicalgenre anzufangen wissen. Weder muss sich das Musicalgenre mit jenem der Oper messen, noch mit einem anderen. Musicals funktionieren nach eigenen Gesetzen und Regeln. Entweder man nimmt das Musicalgenre ernst und bewertet Musicals nach legitimen Kriterien oder man lässt es lieber ganz. Eine ernsthafte Auseinandersetzung mit Musicals ist am ehesten noch am Broadway gegeben, wo zwar das Urteil noch schärfer und prägnanter sein kann, aber wenigstens inhaltlich begründet und meistens fundiert ist. Insofern meine ich, dass “Rebecca” einen ähnlichen Erfolgszug antreten wird wie “Elisabeth” und “Mozart!” und im Ausland dann jene Beurteilung erfährt, die dem Stück tatsächlich angemessen erscheint.
Martin Bruny am Dienstag, den
26. September 2006 um 18:30 · gespeichert in Theater, Pop, Fotos

Ein Doppelkonzert, das stand am Programm des Theaters am Spittelberg vor rund einer Woche, am 15. September 2006. Den ersten Teil des Abends gestalteten Anne-Marie Höller und Mario Berger mit ihrem Programm “Die 20 schönsten Lieder der Welt”, den zweiten Teil Tini Kainrath & Geri Schuller mit “A Tribute To Burt Bacharach”.
“Die 20 schönsten Lieder”, das hört sich an wie die gesammelten Schmachtfetzen der letzten 40 Jahre, tatsächlich jedoch war die Songauswahl eine ganz andere. Songs aus Frankreich, Spanien, Portugal, eine wahre Vielfalt an Musikstilen und Sprachen, das wurde in der ersten Stunde dieses kurzweiligen Abends geboten. Mario Berger gilt als einer der besten Gitarristen (zumindest) Österreichs. Es gibt kaum eine heimische Popgröße, die er nicht schon live oder im Studio begleitet hat. Er war mit Georg Danzer, Rainhard Fendrich, Mo, Joe Zawinul und vielen anderen auf Tour, komponierte für Sandra Pires, Marianne Mendt, Manuel Ortega, … Ihm zuzuhören ist immer wieder ein Vergnügen, im Duo mit Anne-Marie Höller gestaltete er ein relaxtes Konzert zwischen Soul und Jazz über Chansons und lateinamerikanische Musik bis hin zu klassischen Gitarrenstücken.

Zu hören unter anderem “Find my love” von Fairground Attraction, die Eigenkomposition “Take it easy”, eine Arie aus Mozarts “Zauberflöte”, gespielt von Mario Berger auf der Gitarre. Ein virtuoses Wohlfühlkonzert erster Güte, das die beiden hoffentlich bald wieder in Wien spielen werden.

Bei Tini Kainrath und Geri Schuller stand alles im Zeichen von Burt Bacharach, einem der erfolgreichsten Pop-Komponisten der USA, bekannt durch Welthits wie “Raindrops Keep Falling On My Head”. Kainrath und Schullers Performance muss man trennen in das, was man Moderation nennen könnte - und in die tatsächliche Performance.

Wenn man einen Abend über Burt Bacharach gestaltet, so könnte man normalerweise ja davon ausgehen, dass es sich um eine Art Hommage handelt. Das war an diesem Abend definitiv nicht der Fall. Die Interpretationen der größten Hits von Bacharach waren zwar vom Feinsten, die Moderationen allerdings nur zum Lachen, Weinen oder Ärgern, je nachdem, wie man drauf war.
Burt Bacharach, einen der größten Songschreiber aller Zeiten, als Schlagerkomponisten abzutun, ist schon etwas dreist, dann noch zu behaupten, keiner seiner Songs wäre in dem, was die Amerikaner als “The Great American Songbook” nennen, also die “Hall of Fame” der Songs der letzten, sagen wir 100 Jahre, ist schlichtweg falsch. Da kann man den beiden Künstlern nur das Buch “America’s Songs” von Philip Furia & Michael Lasser empfehlen, ein Standardwerk zum Thema “The Great American Songbook”, und selbstverständlich ist darin auch Burt Bacharach aufgenommen worden. Das Ärgerliche an diesem zweiten Teil des Konzerts war die Art und Weise, wie mit dem Publikum umgegangen wurde. Da wird von den Veranstaltern ein Konzert mit Liedern von Burt Bacharch angekündigt, und die erste Frage der Interpreten lautet: “Wer kennt denn Burt Bacharach überhaupt?” Dass auf eine solch doofe Frage niemand antwortet, ist klar. Weswegen war ich gleich nochmal auf diesem Konzert? Kenne ich eher Oscar-Preisträger Bacharach oder einen Geri Schuller? Nun, die Nichtreaktion des Publikums war natürlich eingeplant, denn das Motto des Abends schien zu lauten: “Burt Bacharach ist ein altbackener Schlagerkomponist, der in den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts ein paar Hits hatte, dann Pferde züchtete und gut ist.”
Normalerweise sollte man da eigentlich aufstehen und gehen, aber das war noch nicht alles. Nicht nur Burt Bacharach ist laut Kainrath & Schuller ein Spießer, auch beispielsweise Hal David war ein richtiger, also wirklich wirklich richtiger spießiger Geselle, der nur schlechte und frauenfeindliche Texte verbrochen hat. Jaja, gemeint ist Hal David, verantwortlich für die Texte von Welthits wie “Raindrops Keep Falling on my Head”, “This Guy?s in Love With You”, “I’ll Never Fall in Love Again”. Für “Raindrops” wurde David mit einem Oscar ausgezeichnet, Lieder wie “Don?t Make Me Over”, “Close to You” and Walk on By” wurden in die “Grammy Hall of Fame” aufgenommen. “What The World Needs Now” wurde noch 2004 von der “Songwriters Hall of Fame” als “The Towering Song” bezeichnet, mit folgender Begründung: “distinguished by its unforgettable melody and prayerful plain-spoken words that sound utterly contemporary today when conflict is so wide-spread around the world, even though it was written in 1965″.
Wenn man einen Abend über Bacharach gestaltet, so müsste man meiner Ansicht nach auch ein bißchen sicher sein, was seine Biographie betrifft, und nicht ständig Falsches in den Raum stellen. So wird zwar Carole Bayer Sager als “seine Frau” bezeichnet, ohne aber darauf Bezug zu nehmen, dass er zuerst einmal mit dem Kinostar Angie Dickinson verheiratet war. Was wäre das doch für eine treffende Überleitung zu Filmkompositionen Bacharachs gewesen, hat ihn doch Dickinson dazu gebracht, für Filme zu komponieren. Lustig auch die Bemerkung der beiden Künstler, Bacharach hätte sich nach seinem Hit “Arthur’s Theme” vom Komponieren abgewandt und der Pferdezucht zugewandt und das wars mit seiner Karriere. Woher haben die beiden diesen Schmonzes nur? Gerade in den 80ern nach “Arthur’s Theme” konnte Bacharach einige seiner größten Hits erzielen. Und Carole Bayer Sager, die Schuller & Kainrath den ganzen Abend mit so viel Begeisterung als die viel bessere Texterin lobten, nun mit ihr arbeitete er erst ab “Arthur’s Theme” zusammen, die beiden heirateten 1982.
Bacharach, so viel sei gesagt, ist nach wie vor kreativ tätig, Ende 2005 ist seine viel beachtete Solo-CD “At This Time” erschienen, auf der er mit aktuellen Trendsettern wie Rufus Wainwright zusammengearbeitet hat.
Fazit: Musikalisch war das Doppelkonzert vom Spittelberg ein Fest, was die Anmoderationen des zweiten Teilkonzerts betrifft, so sollte man das lieber vergessen und hoffen, dass dieses Event ein einmaliges bleibt. In den Raum gestellt wurde von Kainrath & Schuller die Idee, ein “Great Austrian Songbook” als Konzert zu veranstalten. Viel Spaß dabei, das dürfte ein kurzer Gig werden.

Martin Bruny am Samstag, den
16. September 2006 um 21:35 · gespeichert in Musical, Wien, Fotos

Am 28. September 2006 feiert “Rebecca”, das neue Musical von Sylvester Levay und Michael Kunze, seine Premiere im Wiener Raimund Theater. Mit der bestandenen Film- und Fotoprobe am 16. September 2006 gehen die Vorbereitungen für die Uraufführung in die Endrunde. Ab 20. September steigen die Previews, Karten für einige dieser begehrten und spannenden Voraufführungen sind für Musicalclub-Mitglieder nach wie vor zum halben Preis über Wien-Ticket oder an den üblichen Vorverkaufsstellen der Vereinigten Bühnen Wien erhältlich.
Bei der Film- und Fotoprobe wurden folgende Songs präsentiert:
1) “Ich hab geträumt von Manderley” (Wietske van Tongeren [Ich])
2) “Die neue Mrs. de Winter” (Ensemble)
3) “Hilf mir durch die Nacht” (Wietske van Tongeren [Ich], Uwe Kröger [Maxim de Winter])
4) “Gott, warum?” (Uwe Kröger [Maxim de Winter])
5) “Rebecca” (Wietske van Tongeren [Ich], Susan Rigvava-Dumas [Mrs. Danvers])

Rebecca - Leading Team
Musik und Orchestrierung: Sylvester Levay
Buch und Liedertexte: Michael Kunze
Inszenierung: Francesca Zambello
Choreographie: Denni Sayers
Musikalische Leitung: Caspar Richter
Musical Supervisor: Seann Alderking
Bühnenbild: Peter J. Davison
Kostüme: Birgit Hutter
Licht Design: Andrew Voller
Video Design: Sven Ortel
Sound Design: Hendrik Maassen
Es spielt das Orchester der Vereinigten Bühnen Wien.
Dirigenten: Caspar Richter, Adrian Manz, Walter Lochmann und Michael Römer
Rebecca - Besetzung
“Ich”: Wietske van Tongeren
Maxim de Winter: Uwe Kröger
Mrs. Danvers: Susan Rigvava-Dumas
Jack Favell: Carsten Lepper
Mrs. van Hopper: Carin Filipcic
Beatrice: Kerstin Ibald
Frank Crawley: Andrà© Bauer
Ben: Noberto Bertassi
Oberst Julyan: Thomas Bayer
Giles: Marcel Meyer
Horridge: Kai Peterson
Frith: Andreas Kammerzelt
Robert: Oliver Mülich
Ensemble
Kathleen Bauer, Bettina Bogdany, Sigrid Brandstetter, Michaela Christl, Katharina Dorian, Nathalie Kleeberger, Claudie Reinhard, Jana Stelley, Joana Fee Würz, Andreas Kammerzelt, Robert D. Marx, Marcel Meyer, Oliver Mülich, Kai Peterson, Tim Reichwein, Henrik Sehnert, Christoph Sommersguter, Lucius Wolter
Swings
Matilda Hansson, Katrin Mersch, Tina Schöltzke, Simon Eichenberger, Noud Hell, Karsten Kammeier, Fritz Schmid
In weiteren Besetzungen
“Ich”: Jana Stelley, Joana Fee Würz
Maxim de Winter: Tim Reichwein, Lucius Wolter
Mrs. Danvers: Kerstin Ibald, Michaela Christl
Mrs. van Hopper: Katharina Dorian, Claudie Reinhard
Jack Favell: Kai Peterson, Tim Reichwein
Beatrice: Michaela Christl, Kathleen Bauer
Frank Crawley: Marcel Meyer, Andreas Kammerzelt
Ben: Fritz Schmid, Noud Hell
Martin Bruny am Sonntag, den
9. Juli 2006 um 10:09 · gespeichert in Musical, Wien, Fotos










Weitere Fotos
Martin Bruny am Freitag, den
21. April 2006 um 13:59 · gespeichert in Musical, Wien, Fotos
Eine Slideshow von rund 70 Fotos, die im Rahmen der “Rebecca”-Pressekonferenz entstanden sind, kann ab sofort hier abgerufen werden. Die Pics kann man sich auch einzeln ansehen, dann am besten hier klicken. Viel Spaß!
Martin Bruny am Montag, den
20. Februar 2006 um 14:16 · gespeichert in Musical, Wien, Fotos, 2006

Die Musical-Revue Ain’t misbehavin’ feierte im Jahre 1978 ihre Broadway-Premiere. Vom 28. April 1978 bis zum 21. Februar 1982 brachte sie es auf 14 Previews und 1604 reguläre Vorstellungen. Nell Carter, Andrà© De Shields, Armelia McQueen, Ken Page und Charlaine Woodard bildeten die Premierenformation. Ihr Lohn: “Best Musical” bei den Tony Awards 1978, Nell Carter “Best Featured Actress in a Musical”, eine Nominierung in derselben Kategorie für ihre Kollegin Charlaine Woodward. Die Auszeichnung “Best Direction of a Musical” ging an Richard Maltby Jr., eine Nominierung für die Kategorie “Best Choreography” gab es für Arthur Faria. Weitere Auszeichnungen: 2 Theatre World Awards (Nell Carter und Armelia McQueen), 3 Drama Desk Awards (”Outstanding Musical, “Actor in a Musical” [Ken Page], “Outstanding Actress in a Musical” [Nell Carter]) sowie Nominierungen in 3 weiteren Kategorien. Outer Critics Circle Award 1978 als “Best Musical” und ein “Obie Award” in der Kategorie “Best Musical”.
In Wien feierte die Show am 8. Juni 1982 im Theater an der Wien im Rahmen der Wiener Festwochen ihre Premiere - es war das Jahr, in dem auch “Evita” und “Jesus Christ Superstar” im Theater an der Wien zu sehen waren.
Am 9. August 1988 ging der Vorhang zum Broadway-Revival der Show auf, doch nach 8 Previews und 176 regulären Vorstellungen war Schluss - immerhin gab es eine Nominierung für den Tony Award als bestes Revival, doch zum Zeitpunkt der Preisverleihung am 4. Juni 1989 war die Show schon Geschichte.
In der Wiener Kammeroper ging die Premiere von “Ain’t misbehavin” am 16. Februar 2006 über die Bühne. Noch bis zum 24. März 2006 steht die Show am Programm. Seit einigen Jahren produziert die Kammeroper in einer als “Kammer-Musical” benannten Programmnische durchwegs sehenswerte Musicals. Angefangen von der “Cole Porter Story” (2003) über Stephen Sondheims “Company” (2004) bis hin zum Vorjahreserfolg “Avenue X”.
“Ain’t Misbehavin’”, im Untertitel “The Fats Waller Musical Show” basiert auf einer Idee von Murray Horwitz und Richard Maltby Jr. Es handelt sich dabei nicht um ein herkömmliches Bio-Musical, das die Lebensgeschichte eines Künstlers anhand von gespielten Szenen nacherzählt, vielmehr werden die Zuschauer ins Harlem der 30er Jahre, in einen Nachtclub entführt, in die goldene Zeit des Jazz und Swing. Rund 30 Songs aus der guten alten Zeit des Jazz werden interpretiert, darunter 19 Kompositionen von Fats Waller (”Honeysuckle Rose”, “The Jitterbug Waltz”, “Black and Blue” u. v. a.). Die Lieder erzählen die Geschichte, die Performer lassen die Geschichte, das Flair der alten Jazzclubs durch ihre Interpretation der Songs lebendig werden.
Im Bühnenhintergrund sehen wir die 7-köpfige Band (deren Mitglieder im Programmheft und auf der Website nicht angeführt sind) unter der Leitung von Michael Schnack, der am Piano brilliert. Die Bühne (Ausstattung: Cordelia Matthes) kommt ohne großartige Requisiten aus. Eine Theke, ein paar Sessel, eine Discokugel, das wärs dann auch schon. Ein Glitzervorhang (eigentlich zwei davon) darf nicht fehlen, den Rest erledigt die großartige Lichtregie (Harry Michlits). Mal wird der Saal in eine dunkle, verruchte Atmosphäre getaucht, mal knallen weiße Spots auf die Protagonisten; eine clevere Mischung aus dem Flair eines Nachtclubs der 30er Jahre und modernem High-Tech-Lichtdesign in Black & Blue, White & Pink. Schlichtheit und Eleganz, kühle Präsenz und brodelnde Atmosphäre, eine wohl durchdachte Einheit von Ausstattung und Lichtdesign.
Fünf Darsteller tragen die Show: Carole Alston, Aisha Lindsey, Amanda Whitford, Alvin Le-Bass und Previn Moore.

Previn Moore kennen Musical-Fans schon lange, und man schätzt ihn. Er hat die Fähigkeit, einen Song ins Magische zu treiben, er ist ein Meister der Mimik, der Gestik. Moore hat die seltene Gabe, die Spannung eines Songs sukzessive aufzubauen und dann mit vollem Körper- und Stimmeinsatz in Bruchteilen von Sekunden zu entladen. Previn Moore ist imstande, wie eine stimmliche Naturgewalt zu wirken, und das schaffen nicht viele im deutschsprachigen Raum arbeitende Künstler.

Alvin Le-Bass zeigt im Laufe des Abends immer neue Facetten seiner Darstellungskunst. Seine seidensamtene Stimme, die in manchen Momenten ein wenig an Lou Rawls erinnert, ist im Ensemble die perfekte Ergänzung zu Previn Moore. Die Tanzszenen mit ihm, blendend choreografiert von Giorgio Madia, sind atemberaubend, “The Viper’s Drag” ist einer der Höhepunkte des Abends - eine hervorragende Komposition aus Lichtdesign, Regie, Bühnentechnik und Darstellerkunst. Le-Bass singt auf einem Sessel sitzend. Es ist fast dunkel im Saal. Langsam wird der Sessel hochgefahren, während der Darsteller über den Köpfen der Zuschauer seine laszive Interpretation abzieht. Perfekt.

Carole Alston, die schon im Vorjahr bei “Avenue X” mitgewirkt hat, ist seit 1982 in Wien ansässig. Sie unterrichtet seit 1988 an der Ballettschule der Wiener Staatsoper. Als Sängerin reicht ihr Repertoire von “Kiss me Kate” über “West Side Story” und “Jesus Christ Superstar” bis zu Partien in zeitgenössischen Opern, so sang sie in Nancy Van der Vates Oper “Venal Vera” sowie die Partie der Lil in der Oper “Cocaine Lil”. 2004 verkörperte sie Billie Holiday in dem von ihr selbst konzipierten und geschriebenen Stück “Tribute to a Blue Lady” in Joe Zawinuls Birdland. 2005 präsentierte sie in ihrer Show “Ladies, you’re on!” Soul- und Jazzklassiker. Ihre Stimme wirkt in ihren besten Momenten, als würde sie von einem Klangkörper aufsteigen, der aus einem wogenden, unendlichen Meer geformt ist.

Amanda Whitford, in New York geboren und aufgewachsen, studierte Journalismus und Gesang. Mit der Broadway European Tour “Little Shop of Horrors” kam sie nach Europa, blieb in Deutschland und ist seitdem freischaffend in vielen Musicalproduktionen zu erleben, wie z. B. in “West Side Story”, “Hair”, “Jesus Christ Superstar” und “Les Misà¨rables”. Dank ihrer deutschen Sprachkenntnisse tritt sie auch als Schauspielerin (”Hexenjagd”, “Kleiner Mann, was nun?”) auf. Soloprogramme mit ihrem Pianisten und ihrer Band sowie Galaabende mit Sarah Brightman gehören genauso zu ihrem Repertoire wie Bridget Fogels “The Gospel Experience”.

Aisha Lindsey ist ausgebildete Tänzerin und Sängerin aus New York. Sie war Mitglied der Duke Ellington Dance Company in Washington D. C. von 1993-1997. Aisha Lindsey absolvierte einen BA in Musik (Vocal performance) am New England Conservatory in Boston/Mass. von 1997-2002. Sie war Mitglied der Harlem Gospel Singers, hat als Background-Sängerin u. a. für Stevie Wonder und in verschiedenen Musicalproduktionen in den Vereinigten Staaten gesungen. 2004 hat Aisha Lindsey ihr Theaterdebut in Wien als “Sandrina” in der Mozart-Oper “Die Gärtnerin aus Liebe” am Schlosstheater Schönbrunn im Rahmen ihrer Weiterbildung an der Universität für Musik und darstellende Kunst gegeben.
Wäre “Ain’t misbehavin’” in Flaschen abgepackt erhältlich, könnte Red Bull einpacken. Es gibt kaum eine Show, die energiegeladener, witziger, berührender und so hemmungslos exaltiert ist wie dieses “Fats Waller Musical”. Gute Laune ist garantiert. Wäre Wien nicht Wien, hätten die Leute am Ende der Show auf den Stühlen getanzt, alte Omas würden mit ihren Krückstöcken zum Takt auf den Boden gestampft haben, ein paar völlig enthusiasmierte Fans wären auf die Bühne gestürmt, um mit den Performern Party zu machen. So aber gabs frenetischen Applaus, Bravo-Rufe und lautes Johlen, und hey, das ist für Wien gar nicht so übel!
Martin Bruny am Donnerstag, den
16. Februar 2006 um 14:23 · gespeichert in Musical, Wien, Fotos

Ein kleiner Rückblick auf “Once On This Island”, eine Produktion der Konservatorium Wien Privatuniversität, ist ab sofort online verfügbar. 39 Fotos der Derniere vom 2. Februar 2006 sind als Slideshow oder auch als Einzelfotos bei Flickr.com abrufbar.
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