Martin Bruny am Sonntag, den
20. Mai 2012 um 23:56 · gespeichert in Musical, Broadway, Wien
Ben Brantley, Journalist bei der New York Times, hat vor einigen Tagen unter dem Titel »Against Ovation Inflation« (siehe –> hier) ein Plädoyer für die »sitting ovation« geschrieben, mit dem wunderbaren Intro:
Something rare and wonderful happened at the opening night of the Encores! concert production of »Gentlemen Prefer Blondes« at City Center last week. At the end of the show, when the performers took their bows, the audience remained seated.
Warum hat er das bloß getan? Er kann es begründen:
Because we really have reached the point where a standing ovation doesn’t mean a thing. Pretty much every show you attend on Broadway these days ends with people jumping to their feet and beating their flippers together like captive sea lions whose zookeeper has arrived with a bucket of fish. This is true even for doomed stinkers that find the casts taking their curtain calls with the pale, hopeless mien of patients who have just received a terminal diagnosis.
The s.o. (if I may so refer to a phenomenon that no longer warrants the respect of its full name) has become a reflexive social gesture, like shaking hands with the host at the end of a party.
Or, to put in cruder and more extreme terms, it’s like having sex with someone on the first date, whether you like the person or not, because you think it’s expected of you.
Nicht, dass in Wien jede Vorstellung mit einer Standing Ovation abgefeiert würde, wir haben ja die Kampfkreischer und Kampfpfeifer, die mit Gewalt jedem zeigen müssen, wie begeistert sie sein können. Aber es ist manchmal eine wahre Wohltat, eine Show zu erleben, die von keinem einzigen Zwischenapplaus gestört wird, einfach, weil das Publikum erkennt, dass es unpassend wäre, und bei der es am Ende begeisterten und lang anhaltenden Beifall gibt, aber eben kein reflexhaftes Aufspringen der ganzen Bude. So geschehen heute bei der Premiere der neuen Fassung von »Wenn Rosenblätter fallen« im Wiener Off Theater. Übrigens wird das mal eine Vorstellungsserie sein, die jeder gern gesehen hätte, aber jetzt, da sie tatsächlich zu sehen ist, gibt es nach wie vor Tickets.
Martin Bruny am Sonntag, den
20. Mai 2012 um 14:01 · gespeichert in Theater, Pop
Drew Sarichs neuestes Projekt, der Songzyklus »Ugly Nina«, feiert am 20. Juni 2012 im Wiener Ost Klub Premiere.
Handlung
Nina is a sixteen year-old victim, kept prisoner by an abusive father. Her only options for escape are a photograph of her late mother, and the pages of her beloved comicbooks. Even in the dark, solitude of her bedroom, the books have plans for Nina.
Gemeinsam mit dem Insomnia Quartet (Sarah Grubinger, Michaela Girardi, Georg Wimmer, Matthias Bartholomey), einem klassischen Streichquartett, erzählt Sarich die Geschichte der sechzehnjährigen Nina. Die Songs, geschrieben von Drew Sarich, wurden von Klemens Bittann für Streicher arrangiert.
Tickets (zu 20 Euro) für die Show gibt es im Ost Klub. Vorverkauf in Wien gibt es bei Jugendinfo wienXtra!
Einlass: 19:30 Uhr, Beginn: 20:30 Uhr.
Martin Bruny am Samstag, den
19. Mai 2012 um 12:25 · gespeichert in Musical, Wien
Am 23. und 30. Mai sowie am 6. Juni 2012 hat man noch die Chance, ein Musical auf der Probebühne des Wiener Ronacher zu sehen, das man sich als am Musicalgenre ernsthaft Interessierter eigentlich nicht entgehen lassen sollte. »Der Urknall« lautet der Titel der Show – ein Comedy-Musical der feinsten Sorte, das Reinfried Schieszler (u. a. Regisseur bei den Uraufführungen von »BONIFATIUS – das Musical« und »ELISABETH – die Legende einer Heiligen«) im Rahmen einer Koproduktion mit den VBW auf die Bühne gebracht hat.
Inhalt
Ein Komponist und ein Autor nutzen das Apartment ihrer Wiener Freunde, um zusammen mit ihrem Pianisten Sponsoren für ihr ultimatives VBW–Musical zu gewinnen. Ihre Show mit den höchsten Produktionskosten aller Zeiten soll in zwölf Stunden die ganze Weltgeschichte präsentieren. Vom Urknall bis bis Woodstock. Sie haben potentielle Geldgeber in das Apartment geladen und geben Ihnen in 90 Minuten eine Probevorstellung ihrer Gesangs,- und Tanzrevue über die Geschichte der Zivilisation…
»DER URKNALL« (»THE BIG BANG«) feierte 2002 am Fairbanks Theater in New York Premiere, nachdem das Stück schon 1997 unter dem Titel »FREE FOOD & FRONTAL NUDITY« in Durham/North Carolina getestet wurde. Der Komponist Jed Feuer und der Autor Boyd Graham spielten selbst. Für die Aufführungsserie auf der RONACHER/ Probebühne erstellte der Regisseur Reinfried Schieszler eine »Wiener Fassung«.
Schon wenn man von der Himmelpfortgasse mit dem Aufzug fast ganz oben, einen Halbstock unter der Kantine, angelangt ist und durch die Pforte in den Aufführungsraum kommt, in dem sich alles abspielt, ist es, als ob man in eine andere Dimension gelangen würde. Wir alle kennen die Entertainment-Variante der Begrüßung, wie sie heutzutage im Big-Sister-Act-Ronacher und im Matrosen-Raimund-Theater üblich ist. Man sieht fesche kostümierte Billeteure und Billeteusen, wird von einer Oberbilleteuse eventuell zusammengestaucht, weil man nicht gleich folgsam an der Garderobe alles abgegeben hat, was immer man, je nach Billeteur (das ist schon bis zur Aufforderung, das Sakko abzugeben, gegangen), abgeben muss, man kommt an Gummientchen und anderem Getier vorbei – und wundert sich eventuell über all diese an ein Musicaldisneyland erinnernden Lächerlichkeiten. Sicher, ohne Geld kein Musical, aber die gelackte Entertainment-Variante im Faschingsmodus 365 Tage im Jahr ist doch eher … sagen wir auf krude Weise amüsant.
Wenn man im »Urknall«-Saal anlangt, wird man von swingenden Klavierklängen begrüßt. Wolfgang Gattringer an den Keyboards ist schon am Werk, die beiden Hauptdarsteller stehen bereit, um uns, jeden einzelnen von uns, zu begrüßen. Wir sind die Investoren, wir wollen ihrer Showpräsentation beiwohnen – und die Show hat schon längst begonnen, bevor sie noch begonnen hat. Das alles hat etwas von echtem Musicalfeeling, wie man es oft in London erleben kann. Man fühlt sich wohl, es hat diese gewisse Atmosphäre, man ist gespannt auf das, was folgt.
Worum es im »Urknall« geht, kann man –> hier nachlesen. Eine Kritik zur Show wird in der nächsten Ausgabe von »musicals« erscheinen. Und da ich hier nicht vorab dasselbe schreiben kann wie in meiner Kritik, die erst in rund zwei Wochen publiziert wird, ein paar ergänzende Bemerkungen.
Wenn man als Zuschauer beim Musical mal nicht über Millionen teure Treppen oder zerplatzende Flugzeuge staunt, sondern über die sprühende Phantasie einer Künstlertruppe und ihr Können, mit größtmöglicher Präzision im Vorfeld und in der Show größtmöglichen Spaß zu erzeugen, dann sind das schöne Momente im Leben eines Musicalbegeisterten.
Der »Urknall« ist ein auf so vielen Ebenen intelligent gemachtes Comedy-Musical. Es kommen etwa keine Stellen vor, in denen ein Ensemblemitglied von rechts nach links über die Bühne geht, nur damit etwas auf der Bühne passiert, während vorne gerade der Hauptdarsteller sein wichtigstes Solo singt und sich Abend für Abend ärgert, dass auf einmal alle auf den hinten vorbeiflanierenden Statisten glotzen, statt sich auf seine Darbietung zu konzentrieren. Darsteller laufen nicht sinnlos in Balladen ein paar Schritte nach links, um dann plötzlich stehen zu bleiben und wieder zurückzutrippeln und ihren Song fertig zu singen, nur weil dem Choreographen nix Sinnvolleres eingefallen ist. [Mehr dazu in »musicals«]
Neben all den parodistischen Elementen, auf die ich in »musicals« eingehe, ist unter anderem auch eine herrliche Nummer in der Show, die die Stupidität mancher Musicaltexte aufs Korn nimmt, die auch den Trend parodiert, Nummern aus Shows in einer radiotauglichen Variante auszukoppeln. Eine sogenannte Selbstläufernummer, also ein garantierter Hit, wird uns, dem Publikum, vorgestellt, mit dem kolossal dämlichen Refrain: »Das Heut war gestern noch ein Morgen, und heut ist morgen schon vorbei, das heut ist morgen schon ein Gestern, und morgen ist gestern und nicht heut.« Zwei Varianten hören wir, eine, wie sie in der Show vorkommt, und eine Pop-Variante, die, ja, etwa Alfons Haider und Uwe Kröger singen könnten. Die Parodie auf textlicher und musikalischer Ebene, und auch auf gesanglicher Ebene, wenn Martin Berger und Artur Ortens die beiden Varianten interpretieren – ein Riesenspaß.
Musik von Jed FEUER
Text von Boyd GRAHAM
zusätzliche Arrangements und Orchestrierung von Albert AHRONHEIM
Deutsche Fassung von Bernd SAMLAND und Alfons NOWACKI
Links
- Jed Feuer
- Archiv der Wiener Kammerspiele: »Der Urknall«
- The Big Bang (Video einer Produktion mit Patrick Herlihey, Pier Debes und Eric Lander) bei –> YouTube
Martin Bruny am Freitag, den
18. Mai 2012 um 07:57 · gespeichert in Musical
Hat jemand wirklich verstanden, warum die ORF-Show »Dancing Stars« nicht öfter für Musical-Promotion, etwa für jene der VBW, verwendet wurde? Immerhin, in der heutigen Sendung (ORF 1, ab 20.15 Uhr) nutzt Alfons Haider die große Chance, »A Chorus Line«, seine letzte Produktion für die Stockerauer Festspiele, zu promoten. In den einschlägigen Ankündigungen liest man das wie folgt:
Außerdem wird Alfons Haider mit “One” aus “The Chorus Line” im Showprogramm zu sehen sein. [ORF]
Martin Bruny am Donnerstag, den
17. Mai 2012 um 15:54 · gespeichert in Musical
Wir erinnern uns: In der Zeit der Megamusicals wurde das Publikum durch »gewagte« Produktionsstunts wie fallende Kronleuchter, krachende Hubschrauber, in letzter Zeit durch ulkige Wendeltreppen beeindruckt. Nein, diese Zeit ist jetzt vorbei. In der kommenden Stage-Entertainment-Produktion »Rocky« gibt es zwar einen rollenden Boxring, aber der wahre Star der Produktion wird der Zuschauer sein. Wir werden uns anschauen, einander anerkennend auf die Schultern klopfen und uns dabei denken: »Jo, schee bled samma, dass ma 159 Euro dafür zoit hom.«
159,44 Euro (+ Spesen) kostet am Wochenende für das »Rocky«-Musical in Hamburg ein »Golden Circle«-Ticket, das einen mittigen Sitzplatz garantiert an genau jener Stelle, wohin dann im Laufe der Show der mobile Boxring gerollt wird. Die Zuschauer verpflichten sich mit dem Kauf der Karte, zu bestätigen, dass sie ihrerseits mobil genug sind, ihren Platz zu verlassen, wenn der Boxring kommt, und eine Treppe zu einem neuen Sitzplatz zu besteigen. Wo das sein wird, liest sich folgendermaßen:
Alle Besucher mit einem Golden Circle-Ticket ( Preiskategorie 5) dürfen nun neue Plätze auf einer Tribüne direkt am Ring einnehmen und bilden damit den “Golden Circle” direkt am Ring. Sie erleben den finalen Kampf hautnah – ähnlich den VIPs beim richtigen Boxkampf. Dies sorgt für ein einzigartiges Theatererlebnis.
Es liegt an uns, den neuen Stars, das alles mitzumachen oder zu sagen: Nö, jetzt reicht es dann mal mit den Preisen, ne?
Martin Bruny am Donnerstag, den
17. Mai 2012 um 15:10 · gespeichert in Musical
»In the early 1940s, a group of artists — among them writer Carson McCullers, composer Benjamin Britten, poet W.H. Auden, author Paul Bowles and burlesque celeb Gypsy Rose Lee — participated in an experiment in communal living in a ramshackle Brooklyn brownstone home at 7 Middagh St.
It’s the subject of the musical “February House,” receiving its world premiere at New Haven’s Long Wharf Theatre, opening Feb. 22. After the show finishes its run March 18, it moves to off-Broadway’s Public Theater where it opens in May.«
It’s the music that makes the magic in «February House†(…)
What saves »February House« from annoying gaucheness and pretension is the obvious affection that its creators feel for their subjects. This show suggests a sweet collection of fans’ notes, set to music that is something more than that. As a lyricist, Mr. Kahane, a singer-songwriter who eludes pigeonholes, may hardly be on a level with Auden, three of whose poems he courageously uses as the basis for songs.
But the music he writes artfully captures the spirit of the years in which «February House†is set. The style of his music, performed by a wonderful onstage band, might be described as sentimental modernism, both lyrical and tense, delicate and harsh. It’s the sound of the age of anxiety, echoing through the voices of artists who can’t avoid feeling its tremors. [Ben Brantley, The New York Times]
Martin Bruny am Mittwoch, den
16. Mai 2012 um 23:51 · gespeichert in Musical, Broadway
Das war’s für »Priscilla Queen of the Desert«. Eigentlich viel länger, als zu erwarten war, hielt die Show am Broadway durch. Am 24. Juni 2012 ist aber nun Schluss. 23 Previews und 526 reguläre Vorstellungen werden dann seit der ersten Preview am 28. Februar 2011 über die Bühne gegangen sein. Die 15 Millionen Dollar Produktionskosten konnten nicht hereingespielt werden. Ein Flop!
Aber es gibt auch erfreulichere Neuigkeiten. Mit acht Tony-Award-Nominierungen in der Tasche und bombastischen Vorverkaufszahlen müssen die Produzenten der Show »Newsies« nun nicht mehr tiefstapeln. Ab sofort läuft das Musical am Broadway »open end«. Fünf Millionen Dollar hat diese Produktion gekostet, 7,9 Millionen Dollar hat sie bereits eingespielt. Ein Hit!
Martin Bruny am Mittwoch, den
16. Mai 2012 um 23:27 · gespeichert in Musical, Pop, Tonträger
Am 25. Mai 2012 veröffentlicht Jeremy Schonfeld seine neue CD »Iron & Coal« in Österreich (Vertrieb Hoanzl). Das Album wurde zur Gänze in Wien von Beat4Feet produziert, Jeremy wird Songs daraus am Life Ball (19. Mai 2012) im Rathaus nach der großen Show um 0.15 Uhr präsentieren.