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Archiv - Sprache

Jeder “Desperate Housewife” ihren Sondheim

Desperate Housewives, ab morgen im ORF zu sehen, wird wohl in den nächsten Monaten zum Gesprächsstoff Numero Uno all jener werden, die sich über Soaps auszutauschen pflegen. Dabei könnte man es vielleicht auch am besten belassen, aber es gibt für Musicalfans ein kleines Goodie bei dieser Serie: Die Titel der einzelnen Episoden sind großteils nach Songs von Stephen Sondheim benannt.
Die einzelnen Episoden (Episodenfolgen, benannt nach Sondheim-Songs, markiert mit einem Sternchen):

1 Pilot Episode
2 *Ah, But Underneath
3 *Pretty Little Picture
4 *Who’s That Woman
5 Come In, Stranger
6 Running to Stand Still
7 Anything You Can Do
8 Guilty
9 Suspicious Minds
10 Come Back to Me
11 *Move On
12 *Every Day a Little Death
13 *Your Fault
14 *Love is in the Air [What I Did For Love]
15 *Impossible
16 *The Ladies Who Lunch
17 *There Won’t Be Trumpets
18 *Children Will Listen

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“Blog” ist in den USA das Wort des Jahres. Es verbuchte auf der Webseite von Merriam-Webster, dem Duden der USA, die meisten Anfragen. +++++++++++++++ Eine “First Edition” Cast Recording CD der Off-Broadway-Revue “NEWSICAL” ist über diesen Link erhältlich. +++++++++++++++ BBC 2 wird demnächst die “Jerry Springer Show” senden, erwähnenswert vor allem vielleicht deshalb, weil im Rahmen dieser Show gezählte 3.168 Mal das “F***”-Wort über den Bildschirm geschossen wird, auch nicht übel. +++++++++++++++ Frank Wildhorn arbeitet derzeit mit Librettist/Regisseur Gregory Boyd an einem Musical mit dem Titel “Mary Shelley’s Frankenstein“. Ein Konzeptalbum wird angestrebt, erste Produktionen der Show wird es 2006 geben, in Kooperation mit Goodspeed Musicals und dem Alley Theatre in Houston/USA. +++++++++++++++ Ruben Studdard, Gewinner einer der amerikanischen Pop Idol-Staffeln, ist mit seiner neuen Produktion die neue Nummer 1 der amerikanischen Gospel-Charts. Clay Aiken, der damals Zweitplatzierte, ist mit seiner neuen CD Nummer 1 der amerikanischen Christmas-CD-Charts.

Wenn der “Charme der Begründung” …

… als Kriterium bei der Wahl zum “schönsten Wort” gilt, dann gilt vielleicht auch bald das schönste Kaffeehäferl, aus dem ein Maler beim Malen eines Bildes getrunken hat, als ausschlaggebender Faktor bei der Bestimmung des Marktwerts eines Kunstwerks.
Wenn “Habseligkeiten” “Geborgenheit” und “Liebe” sowie andere vielleicht wirklich “schöne” Worte auf die Plätze verweist, nur weil sich jemand eine reichlich konstruierte, wenn auch semantisch durchaus plausible Begründung dafür ausdenken kann, dass Habseligkeiten “schöner” als Liebe sind, dann könnte man ja auch annehmen, dass in Zeiten, die zur Befürchtung Anlass geben, dass man dereinst im hohen Alter praktisch ohne dem, was das schönste Wort ausdrückt, dastehen könnte, Geborgenheit und Liebe eben nunmal erst an zweiter und dritter Stelle kommen beziehungsweise von den Juroren gereiht werden. Es wäre kein Wunder gewesen, wenn auch “Angst” in den Top 10 gelandet wäre, eine Begründung dafür würde man sicher irgendwie basteln können.

Forgive me father …

Man liest, dass dem Papst die Verleihung des Nobelpreises für Literatur an Elfriede Jelinek ein Dorn im Auge ist. Die vatikanische Tageszeitung “L’Osservatore Romano”, das Sprachrohr des Papstes, bezeichnet Jelinek als Fahnenträgerin des “absoluten Nihilismus”. Ihre Schriftstellerei sei durch die “scharfe Unannehmlichkeit des Obszönen” gekennzeichnet. Die österreichische Schriftstellerin beschreibe eine Frauenwelt “mit Szenen roher Sexualität, die nicht auf die Emanzipierung der Frau vom Erotismus hindeuten, sondern Sex und Pathologie, Macht und Gewalt verbinden”. “Die Vereinigung der Körper, kalt und düster und von Mangel an Kommunikation und von Übergriff gekennzeichnet, führt niemals zu Zartheit, zu einer Würde der Seele, oder der Intentionen”, meinte die Tageszeitung. (siehe ORF.at)

Ganz kurz könnte man darauf antworten, dass nicht das Werk einer Rosamunde Pilcher der Realität am ehesten entspricht, sondern vielmehr das einer Elfriede Jelinek. Man könnte auch meinen, dass all die Szenen “roher Sexualität” eine künstlerische Aufarbeitung von Verbrechen sind, die nicht zuletzt durch kinderschändende Pfarrer begangen werden. Scharf und unangenehm? Ja, Gott sei Dank gibt es solche Literatur. Freilich: eine Seligsprechung erwartet sich Elfriede Jelinek nicht, keine Bange. Sex und Pathologie, Macht und Gewalt von Pfarrern, die Minderjährige mißbrauchen, und ein Mangel an Kommunikation, der dazu führt, dass diese Verbrechen erst Jahrzehnte später ans Tageslicht kommen … wen wundert es da, dass es im Leben dieser Menschen keine Zartheit mehr gibt, dass die Würde ihrer Seelen erstochen vor sich hin blutet …

Von Vollkoffern, Austrokoffern und Literatur in Österreich

Wir leben in einer Zeit der Literatur-Koffer – in Deutschland sagt man etwas stilsicherer Kanon dazu, lässt Kritikerpapst Marcel Reich-Ranicki eine von ihm jederzeit erklärbare und fundierte Auswahl treffen, in Österreich plant man etwas plump einen Austrokoffer, wobei die Art des Herangehens an dieses Projekt eher etwas Vollkofferartiges an sich hat. Literatur, das sollte sich vielleicht mal bei Verlagen herumsprechen, verkauft man nicht wie Schweineschmalz oder Ochsenschlepp. 5 Kilo Literatur, darfs ein bisserl mehr sein? Österreichische Literatur mit lächerlichen Slogans wie:

… das kleine Österreich ist eine kulturelle Großmacht, der »Austrokoffer« enthält 18 Bände, 5000 Seiten, 130 Autoren …

anzupreisen, wirkt vulgär und marktschreierisch, in etwa so billig wie die Kinderwebsite, die zu Promotionzwecken erstellt wurde und bunt bis zum Exzess vor sich hinstrahlt. Gänzlich zur Farce wird das Projekt »austrokoffer« durch eine Anmerkung auf der »offiziellen Website«, die sich wie folgt liest:

Nieder mit der Schlechtschreibreform! Die Texte des Austrokoffers werden sämtlich in der »alten« Rechtschreibung publiziert. Der Austrokoffer und alle Kulturmenschen sind gegen die Schlechtschreibreform.

Erstens gibt es Autoren, die sich sehr wohl der neuen Rechtschreibung bedienen, doch selbst wenn dem nicht so wäre, der Argumentationsstil, der hier benutzt wird, ist einfach nur abstoßend. Kulturmenschen, wenn man diesen schrecklichen Begriff wirklich verwenden will, definieren sich ganz bestimmt nicht über die Rechtschreibung, und mit Sicherheit haben sie keinen »Austrokoffer« nötig. »Kulturmenschen« kennen vermutlich die bedeutendsten Werke der österreichischen Literatur bereits und erfreuen sich wohl eher an Hardcover-Originalausgaben, als billige Paperback-Agglomerate zu erstehen.

Aber nun schnell weg von diesem Unwort. Was ist denn die Hauptzielgruppe des Ueberreuter-Verlags? Sind es eventuell junge Menschen, die um wenig Geld »viel Literatur« erstehen wollen? Ist es nicht auch schon jene Generation, die in der Schule zu der neuen Rechtschreibung frönenden »Nicht-Kulturmenschen« erzogen wurde. Wie dreist, einer ganzen Generation Kultur abzusprechen. Und wie lächerlich.

Grimms »Deutsches Wörterbuch« auf 2 CD-ROMs: für Österreicher zum »Wucherpreis«

49,90 Euro, so viel kostet das laut Marcel Reich-Ranicki “allerwichtigste Buch in deutscher Sprache” in digitaler Form in Deutschland, das Deutsche Wörterbuch von Wilhelm und Jacob Grimm. Das ist der Preis, den der Verlag, Zweitausendeins, festgesetzt hat. In Österreich kostet dasselbe Produkt 68 Euro, also um rund 35 Prozent mehr. Anfragen an den Verlag, warum es eine solch enorme Preisdifferenz für ein und dasselbe Produkt gibt, enden sehr unbefriedigend. In meiner ersten Anfrage erhielt ich zum Beispiel die folgende Auskunft:

Zweitausendeins liefert eigentlich nur direkt an den Kunden und nicht ueber Buchhandlungen. Die Preise bei uns sind sehr knapp kalkuliert um unseren Kunden die niedrigsten Preise offerieren zu koennen. Wenn eine Buchhandlung bei uns bestellt, so koennen wir keine Rabatte gewaehren und die Buchhandlung muss auch noch die Portokosten tragen. Dies fuehrt dann dazu, dass manche Buchhaendler, wenn sie denn bei uns bestellen, den Verkaufspreis unverhaeltnismaessig erhoehen.
Dies sollte aber in Zukunft nicht mehr passieren, da wir seit kurzer Zeit auch mit einem Auslieferdienst fuer Buchhaendler (ÖBZ) in Oesterreich zusammenarbeiten. Somit erhalten die Buchhaendler die Ware weit guenstiger und sind eigentlich auch der Preisbindung fuer Oesterreich unterworfen.
Nichtsdestotrotz scheint mir der Preis von Euro 68 zienlich unproportional erhoeht, auch wenn unsere Versandkosten nach Oesterreich Euro 8,80 betragen.

Nun, ich habe mein Exemplar des »digitalen Grimm« über das ÖBZ bestellt, und angenommen, dieser Auslieferer würde 8,80 Euro auf den Originalpreis von 49,90 draufschlagen, so würden wir bei 58,70 Euro liegen. Freilich gilt der »digitale Grimm« als Bestseller, und kein Kunde würde verstehen, wenn man auf Produkte, die ohnedies nicht extra für Einzelkunden bestellt werden müssen, noch Portokosten draufschlägt … Aber wie auch immer, bei 68 Euro würden wir nicht ankommen. Was das Ganze aber noch abstruser macht, ist der offizielle Eintrag für dieses Produkt im Verzeichnis Lieferbarer Bücher (VLB). Da kann man folgendes lesen:

Verlag : ZWEITAUSENDEINS
ISBN : 3-86150-628-9
Einband : CD-ROM
Seiten/Umfang : 14 schwarz-weiß Abbildung(en), mit 1 Begleitb. in Leinen: 131 Seiten, 1 Handb.: 44 Seiten - 24 à— 15,5 cm
Erschienen : 2. Auflage 08.07.2004
Gewicht : 300 g
Preisinfo : 49,90 Eur[D] / 68,00 Eur[A] / 140,00 sFr (unverb. Preisempfehlung

Oha, die 68 Euro sind also kein Produkt des Zufalls, kein Ergebnis eines Buchhändlers, der unverhältnismäßig viel Porto auf seine Produkte draufschlägt, nein nein, der Preis wurde vom Verlag selbst so festgesetzt. In der Regel ist es nämlich so, dass VLB-Einträge IMMER vom Verlag vorgenommen werden, und wieso sollte es in diesem Fall anders sein?
Gänzlich verwirrt richte ich eine neuerliche Anfrage an den Verlag “Zweitausendeins” und bekomme eine noch unverständlichere Antwort, die sich wie folgt liest:

Der Hintergrund ist leicht zu erläutern. Zweitausendeins liefert in Deutschland nicht über den Buchhandel aus, sondern nur über den Versand und die Zweitausendeins-Läden. Wir verzichten also auf buchhändlerische Infrastruktur und müssen sie deshalb auch nicht bezahlen: Unser deutscher Ladenpreis enthält weder Zwischenhändlerrabatte noch Buchhandelsrabatte.
Dafür kann man unsere Produkte auch nicht bequem innerhalb von einem Tag in jeder Buchhandlung bekommen.
Der ganze Service, den der Buchhandel leistet, wird mit den Rabatten finanziert (dazu natürlich auch das Buchhandelsunternehmen: Gehälter, Miete, Betriebskosten).
Wie gesagt: Wir machen da nicht mit, deshalb sind unsere Bücher billiger.
Das ÖBZ ist nicht unsere (!) Auslieferung. Zweitausendeins liefert selbst nicht an den Handel.
Seit ein paar Monaten gibt es eine engagierte Österreicherin, die unsere Bücher auf Ihr Risiko nach Österreich importiert und dort im Buchhandel anbietet. Diese Dame muß rechnen wie jeder andere Verlag auch: Sie muß das ÖBZ bezahlen (Auslieferungskosten), den Buchhändlern Rabatt vom Verkaufspreis geben und auf eigene Kosten reisen und die Bücher als Vertreterin anbieten.
Da wir selbst diese Kosten nicht in unserem Preis drin haben, bekommt sie unsere Bücher nur zu einem Preis, der all diese Kosten nicht deckt. Darum legt unsere Vertragspartnerin für Österreich höhere Preise fest (wir machen das nicht).
Wir haben mit ihr ausgemacht, daß wir Privatkunden von Deutschland aus zu deutschen Preisen beliefern dürfen, österreichische Buchhandlungen werden von ihr zu ihren Preisen beliefert. Beide Preise sind im Verzeichnis lieferbarer Bücher von uns angegeben. Unsere eigenen Euro (D)-Preise sind jederzeit in unserem Katalog und auf unserer Homepage www.Zweitausendeins.de nachzusehen.
Wer also in Österreich in die Buchhandlung geht, zahlt einen höheren Preis, als wenn er bei Zweitausendeins direkt bestellt. Bei niedrigpreisigen Büchern hat er dennoch einen Vorteil, weil der Ladenpreis niedriger als eine Einzelbestellung plus Porto ist. Und er kann sich die Titel gleich in der Buchhandlung anschauen.
Bei teureren Titeln lohnt sich das Nachrechnen und Bestellen in Deutschland.

Fazit: Ob das ÖBZ nun Auslieferer von Zweitausendeins ist, wissen wir nicht. Man scheint sich da selbst bei Zweitausendeins nicht sicher zu sein, vielleicht sollte man auch das ÖBZ bitten, den Eintrag aus der Kundenliste zu löschen. Auf der Strecke bleibt jedenfalls der Konsument, denn wer rechnet schon damit, dass ein und dasselbe Produkt um 35 Prozent teurer als im Ursprungsland verkauft wird.

Update 2012
Mittlerweile ist der »digitale Grimm« völlig gratis im Netz verfügbar –> hier.

Deutsche Sprache - schwere Sprache oder Das Rhetorikdefizit der Politiker

ÖVP und FPÖ verlangen den Rücktritt von SPÖ-Nationalratsmandatar Josef Broukal. Der Abgeordnete hatte am Freitag im Nationalrat bei einem Zwischenruf in Richtung ÖVP und FPÖ gemeint, es sei ihnen unbenommen, dem Nationalsozialismus nachzutrauern. Der genaue Wortlaut:

“Also ich sage Ihnen ganz ehrlich: Wenn ich an einem 5. Mai entscheiden muss, ob ich mit einer Bande Neo-Nazis vor den Heldenplatz in Wien ziehe oder mit einem französischen Politiker für die endgültige Befreiung Europas vom Nationalsozialismus mit Champagner anstoße, dann sage ich Ihnen: Her mit dem Champagner Glas! Es ist Ihnen unbenommen, den Nationalsozialisten nachzutrauern, aber es ist unser Privileg, die Befreiung Europas auch heute noch als denkwürdiges Ereignis zu feiern!”

Die deutsche Sprache ist vielleicht für Politiker ZU schwer. Wer aus obigem Zitat herausliest, dass Herr Broukal jemandem unterstellt, Nationalsozialisten nachzutrauern, hat keine Ahnung von der deutschen Sprache. “Es ist Ihnen unbenommen” ist eine dermaßen unverfängliche, offene Formulierung, dass man damit völlig unangreifbar ist. Natürlich ist es jedem “unbenommen”, Verwerfliches zu tun, gar nicht drückt man damit die Vermutung aus, derjenige würde das auch tatsächlich tun, ganz im Gegenteil, man kann damit auch durchaus aussagen wollen, dass es jedem zwar unbenommen ist, aber man würde sich schon wundern, wenn …
Sollte nicht das Hohe Haus eine Hochburg der Rhetorik sein? Ich vermute stark, dass die meisten Politiker beim Begriff “Ellipse” ausschließlich an Darstellende Geometrie und ihren Mathematik-Unterricht zurückdenken.
Was die Regierungsparteien ihrerseits nun Broukal unterstellen, beruht auf purer und, wie ich es empfinde, eher böswilliger Interpretation. Eigentlich traurig, dass auch noch eine Entschuldigung von Broukal erzwungen wurde, die wie folgt ausfiel:

“Ich habe Dinge gesagt, die man Ihnen gegenüber nicht sagen darf und nicht sagen soll und bitte um Entschuldigung”.

“Hurt”

I hurt myself today
to see if I still feel
I focus on the pain
the only thing that’s real
the needle tears a hole
the old familiar sting
try to kill it all away
but I remember everything
what have I become?
my sweetest friend
everyone I know
goes away in the end
you could have it all
my empire of dirt

I will let you down
I will make you hurt

I wear my crown of thorns
on my liar’s chair
full of broken thoughts
I cannot repair
beneath the stain of time
the feeling disappears
you are someone else
I am still right here
what have I become?
my sweetest friend
everyone I know
goes away in the end
you could have it all
my empire of dirt

I will let you down
I will make you hurt

if I could start again
a million miles away
I would keep myself
I would find a way

(Nine Inch Nails, performed by: Johnny Cash)

Tante Käthchen platzt der Kragen oder Warum auch Deutsche Ozzy Osbourne lieben - Ein Dramolett

0:0, das Fußballspiel Deutschland-Island ist vorbei. Der Nationaltrainer des deutschen Teams muss zum Interview. Was folgt, ist eine gelungene Mischung aus Freakshow Marke Ozzy Osbourne und einer schwächeren Folge der Lindenstraße, gewürzt mit etwas Schimanski. Vorhang auf:

1. Akt
Delling, das ist eine Sauerei, was der sagt. Die Geschichte mit dem Tiefpunkt, und nochmal ein Tiefpunkt. Da gibt’s nochmal einen niedrigen Tiefpunkt. Ich kann diesen Scheißdreck nicht mehr hören. Das muss ich ganz ehrlich sagen. Da stelle ich mich vor die Mannschaft. Natürlich war das heute nicht in Ordnung. Aber ich weiß nicht, woher die das Recht nehmen, so etwas zu sagen. Das verstehe ich nicht. Dann soll er doch Samstagabend Unterhaltung machen und keinen Sport, keinen Fußball. Dann soll er ‘Wetten dass …’ machen und den Gottschalk ablösen.

2. Akt
Aber ich kann diesen Käse nicht mehr hören nach jedem Spiel, in dem wir kein Tor geschossen haben, dann ist noch ein tieferer Tiefpunkt. Das ist das Allerletzte. Wechselt den Beruf, das ist besser. Ich sitze jetzt seit drei Jahren hier und muss mir den Schwachsinn immer anhören. Das ist einfach so.

3. Akt
Wir haben 0:0 gespielt beim Tabellenführer. Das ist sicher ein Tick zu wenig für unsere Ansprüche, wir sind Vizeweltmeister. Da muss ein bisschen mehr kommen. Aber der Scheiß, der da immer gelabert wird. Da sollten sich alle wirklich mal Gedanken machen, ob wir in der Zukunft so weitermachen können. Immer diese Geschichte, alles in den Dreck ziehen, alles runterziehen. Das ist das Allerletzte - und ich lasse mir das nicht mehr so lange gefallen, das sage ich euch ganz ehrlich.

4. Akt
Wieso müssen wir denn die Mannschaften klar beherrschen? Die Isländer sind Tabellenführer, das weißt du, Waldi, oder nicht? Sind sie Tabellenführer oder nicht? Na also. Und da müssen wir den Gegner auswärts beherrschen. In welcher Welt lebt ihr denn alle. Ich habe doch die Mannschaft kritisiert, das war heute nicht in Ordnung. Ihr müsst doch mal von eurem hohen Ross runterkommen, was ihr euch immer alle einbildet, was wir für einen Fußball in Deutschland spielen müssen. Der Günter (Netzer, Anm.), was die früher für einen Scheiß gespielt haben, da konntest du doch früher überhaupt nicht hingehen, die haben doch früher Standfußball gespielt.

5. Akt
Die Schärfe bringt ihr doch rein. Müssen wir uns denn alles gefallen lassen? Du sitzt hier locker auf deinem Stuhl, hast drei Weizenbier getrunken. Natürlich war das von dem einen oder anderen nicht so, wie ich mir das vorgestellt habe. Es kann doch keiner verlangen, dass wir hierher fahren und die Isländer 5:0 wegputzen. Aber so redet ihr doch alle. Das ist doch richtig, dass wir sicherlich in den letzten Monaten Spiele abgeliefert haben, die nicht in Ordnung waren. Nur wehre ich mich dagegen, dass man nach solchen Spielen alles total in den Dreck zieht. Das ist das Allerletzte, unterste Schublade.


Epilog

Gewisse Dinge gehören sich einfach nicht. Ich bin auch nicht so wie der Erich Ribbeck und der Berti Vogts, die jahrelang an ihrem Stuhl festgehalten haben, egal was die Journalisten geschrieben haben oder im Fernsehen gesagt haben. Das ist mir das Ding nicht wert.


Beim Abgehen

Das ist so ein bisschen ein Ausbruch von mir gewesen, das lag mir schon lange auf der Seele. Es war Pech für Delling/Netzer, dass die beiden es gerade waren. Das ist doch schon lange so im deutschen Fußball, das geht doch gar nicht so sehr nur um die deutsche Nationalmannschaft. Alle Gurus, diese Ex-Gurus, die irgendwann mal Fußball gespielt haben. Ob’s der ‘Kaiser’ (Franz Beckenbauer, Anm.) ist, den ich ja mag, der ja mein Trainer war, der mich nicht kritisieren würde. Der aber öfter in seinen Aussagen absolut überzieht, ob es bei Bayern ist oder bei uns. Und der Günter ja auch, und der Breitner auch. Natürlich sind sie Fußballexperten. Aber es gibt bei uns im Moment in Deutschland eine Steilkurve nach oben, diese Häme, diese Kritik, gerade von Ex-Trainern oder Spielern, die früher große Karrieren hatten. Natürlich müssen sie ihren Lebensunterhalt verdienen, da habe ich absolutes Verständnis dafür. Aber ich finde es eben total überzogen.
Ich könnte es mir einfach machen, mich kritisiert ja keiner. Da wird der Sturm kritisiert, da wird der kritisiert, da wird die Abwehr kritisiert. Ich könnte mich locker zurücklehnen und sagen: Och, ich hab ja nichts damit zu tun. Aber da wäre ich natürlich an der falschen Position. Da müsste ich sofort aufhören. Da wäre ich als Trainer untragbar. Und dieses ganze Gebilde, unsere Nationalmannschaft, die muss ich in Schutz nehmen.
Was ich absolut ein Unding finde: dieser absolut fehlende Respekt auch vor unseren Gegnern. Natürlich haben wir schlecht gespielt und Glück gehabt, dass wir nicht verloren haben, aber diese ganzen Gurus. Wenn ich immer höre, wie gut die früher waren. Gegen die Isländer und gegen die Albaner haben sie alle nur hoch gewonnen früher. Das ist für mich eine absolute Sauerei. Das ist eine Meinungsmache. Das ist das Allerletzte. Das lasse ich mir nicht gefallen. Ich habe mit dem Berti Vogts ein sehr gutes Verhältnis, mit dem Erich Ribbeck sowieso, aber die haben sich das alles gefallen lassen. Die mussten das alles immer runterschlucken. Die haben sich nicht gewehrt. Und das mache ich nicht. Das ist mir die Geschichte nicht wert.

Xavier Naidoo interpretiert Andre Heller

20 Jahre hat sich Andre Heller dem Plattenmarkt verweigert, nun hat er offenbar wieder was zu singen. Im November erscheint eine Dreifach-CD mit 21 selbstgeschriebenen Songs, auf einer zweiten Scheibe interpretieren diverse Künstler, unter anderem auch Xavier Naidoo, Thomas D. und die Walkabouts, alte Hits des Phantasiegartenzauberers, auf der dritten sind die Originalfassungen zu hören.. Ein Projekt jenseits von allem, was man sich vorstellen kann. Aber Heller wusste es schon immer: Die wahren Abenteuer sind im Kopf, und sind sie nicht in Deinem Kopf, dann sind sie nirgendwo … [story]

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